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Es ist so weit: Die Erde ist unbewohnbar – die Menschheit muss gerettet werden, wir suchen einen neuen Planeten. Er soll mit vielen Ressourcen bebaut werden, damit wir in der Gunst unseres Konzerns aufsteigen. Wer sammelt die meisten Medaillen auf dem eigenen Planet Unknown und setzt sich damit an die Spitze?

2021 konnte Strohmann Games mit Beyond the Sun sein erstes Weltraumspiel lokalisieren. Zwei Jahre später holt der junge Verlag mit Planet Unknown und der Raumstation S.U.S.A.N. eine innovative Spielausstattung nach Deutschland und erhält den Deutschen Spielepreis 2023. Raumstation drehen – Plättchen nehmen – entsprechende Ressource erhalten: Das ist im Wesentlichen alles, was bei Planet Unknown passiert. Klingt erstmal simpel, hat aber das Potenzial für jede Menge Denksport.

Triggerwarnungen

Keine

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Spielablauf

Die erste Partie von Planet Unknown startet mit einem unbekannten Planeten KSB-4156 und dem Universal Coalition-Konzern. In der Mitte des Tisches steht das Herzstück des Spiels: die Raumstation S.U.S.A.N. (Simultaneous Unit Selection Axial Node). Zu Spielbeginn legen alle den eigenen dreieckigen Marker vor einen Sektor, so dass im Laufe des Spiels immer sichtbar ist, welche Person aus welchem Bereich der Raumstation Plättchen nehmen darf. Jetzt fehlen nur noch der Rover und die fünf Ressourcenwürfel und schon kann es losgehen.

S.U.S.A.N. hat sechs verschiedenen Sektoren, jeweils mit einem inneren und einem äußeren Kreis.
S.U.S.A.N. hat sechs verschiedenen Sektoren, jeweils mit einem inneren und einem äußeren Kreis.

Wer am Zug ist, dreht die Raumstation und sucht ein Plättchen aus dem eigenen Sektor aus. Die Mitspielenden wählen in der gleichen Runde ein Plättchen aus ihrem Sektor. So sind in jeder Runde alle gleichzeitig dran und es entsteht kaum Downtime. Das Plättchen wird nach ein paar simplen Legeregeln auf den Planeten gelegt, und pro abgebildeter Ressource auf dem gewählten Plättchen kann der zugehörige Marker auf dem Konzern ein Feld nach oben gerückt werden.

Wegen des Plättchens mit Biomasse- und Technologieressource sind der grüne und weiße Stein jeweils ein Feld nach oben gewandert.
Wegen des Plättchens mit Biomasse- und Technologieressource sind der grüne und weiße Stein jeweils ein Feld nach oben gewandert.

Jede der fünf verschiedenen Ressourcenleisten enthält unterschiedliche Boni, die freigesetzt werden, wenn der Würfel auf oder über das entsprechende Meilensteinfeld rückt. Bei der schwarzen Bevölkerungsleiste darf je nach Stufe eine Karte ausgesucht werden, die entweder sofort oder am Spielende einen Bonus verschafft. Die Wasserleiste bringt viele Siegpunkte, im Spiel Medaillen genannt. Rückt der Stein auf der Biomasseleiste vor, besteht die Möglichkeit 1×1 große Bonusplättchen zu bekommen, um lästige Löcher zu verschließen. Auf der Rover-Leiste können Rover auf den Planeten freigespielt oder bewegt werden. Und die Technologieleiste schaltet verschiedene Vorteile frei. Auf jeder Leiste ist außerdem ein bunter Kreis zu finden, der sogenannte Synergieschub, mit dem ein beliebiger Würfel ein Feld vorrückt werden kann.

Standardplanet und -konzern für die erste Partie.
Standardplanet und -konzern für die erste Partie.

Bei der Wahl der Puzzleteile geht es also nicht nur darum, den Planeten so voll wie möglich zu bebauen, sondern auch die passenden Ressourcen zu erhalten. Dabei haben zwei Gebiete eine Besonderheit. Das Energiegebiet, das keine eigene Ressourcenleiste hat, sondern angrenzende Gebiete aktivieren kann. Und das Wassergebiet, bei dem der Wassermarker auf der Ressourcenleiste nur hochgerückt werden darf, wenn das Wassergebiet über ein Eisfeld gebaut wurde. Auf manchen Plättchen schlagen außerdem Meteoriten ein, die genauso mit dem Rover eingesammelt werden müssen, wie die blauen Rettungskapseln, die zu Beginn auf dem Planeten lagern.

Das Spiel endet, wenn ein Sektor keine Puzzleteile mehr hat oder auf dem ersten Planeten kein Plättchen mehr verbaut werden kann. Dann kommt es zur Wertung der Medaillen, erhalten durch Bevölkerungskarten, eingesammelte Rettungskapseln und Meteoriten, Ressourcenleisten und geschicktes Puzzeln. Am Ende bringt eine Reihe oder Spalte nur Punkte, wenn dort keine Meteoriten oder Rettungskapseln mehr liegen und sie komplett bebaut wurde. Außerdem gibt es noch Zielkarten, die zu Spielbeginn je nach Spieler*innenanzahl verteilt wurden und ebenfalls Medaillen bringen. So viel zum Standardspiel.

Im Spiel zu zweit liegen drei Ziele für beide aus. Mit mehr als zwei Personen legen wir zwischen zwei Spielende jeweils ein Ziel.
Im Spiel zu zweit liegen drei Ziele für beide aus. Mit mehr als zwei Personen legen wir zwischen zwei Spielende jeweils ein Ziel.

Für mehr Abwechslung bietet das Spiel verschiedene Varianten und Module. So kann wahlweise im Spiel zu zweit die S.U.S.A.N. nur einen Sektor im Uhrzeigersinn weiter gedreht oder nach Schwierigkeitsbelieben einen Ereigniskartenstapel aus 20 Karten zusammen gestellt werden. Im gut funktionierenden Solospiel sind diese beiden Varianten obligatorisch. Dort wird jedes Mal eine Ereigniskarte gezogen, bevor ein Plättchen aus dem Sektor gewählt wird.

Wird nicht solo gespielt, schafft zum einen die Raumstation Verbindung zu den Mitspielenden, zum anderen die zu erreichenden Ziele, bei denen es gilt, die Mitspielenden zu übertrumpfen. Eine hohe Interaktion entsteht bei Planet Unknown aber nicht, denn alle puzzlen eher solitär vor sich hin. Das Spiel funktioniert dafür mit jeder Anzahl an Spielenden gut.

Neben den Standardplaneten und -konzernen bietet Planet Unkown außerdem noch sechs weitere unterschiedliche Planeten und Konzerne, jeweils mit verschiedenem Schwierigkeitsgrad. Und damit auch die Raumstation genug Abwechslung bietet, kann der innere Ring der S.U.S.A.N. gedreht werden, so dass auch die Sektorauswahl variabel ist. Es gibt also fast unendliche Möglichkeiten im Weltall.

Ausstattung

Bei der Ausstattung sticht sofort S.U.S.A.N. ins Auge. Die Raumstation hat einen enormen Aufforderungscharakter und lädt sofort ein, sie zu drehen. Neben S.U.S.A.N. gibt es zudem noch anderes schönes Spielmaterial.

Wer auf tolles Spielmaterial steht, wird spätestens bei den Rovern schwach.
Wer auf tolles Spielmaterial steht, wird spätestens bei den Rovern schwach.

Die Plättchen sind stabil und griffig und die Boards der Konzerne sind doppellagig, so dass kein Ressourcenwürfel verrutschen kann. Von den Boards gibt es sechs Stück, auf einer Seite jeweils mit dem Standardkonzern, auf der anderen mit einem der sechs Spezialkonzerne. Auch die sechs Planeten haben jeweils eine Vorderseite mit Standardversion und eine Rückseite mit Spezialplaneten.

Die Rettungskapseln und Meteoriten sind aus Holz, genauso wie der Kommandomarker, der anzeigt, wer gerade an der Reihe ist. Nicht ganz so nachhaltig sind die Rover, dafür aber sehr hübsch und niedlich!

Die Anleitung von Planet Unknown hat einen gut strukturierten Grundaufbau, der mit farblichen Kästen für eine schnelle Übersicht sorgt, wenn etwas nachgeschlagen werden muss. Auf dem Rückblatt ist ein Glossar abgedruckt, das ebenfalls schnell Hilfe verschafft. Die Module, Spezialkonzerne und -planeten werden allerdings nur kurz erklärt, so dass manche Fragen – trotz FAQ am Anleitungsende – offen bleiben.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Strohmann Games (Adam’s Apple Games)
  • Autor*in(nen): Ryan Lambert und Adam Rehberg
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 70 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 1 2 3 4 5 6
  • Alter: ab 10 Jahre
  • Preis: ca. 69,90 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Die deutschen Regeln gibt es auf der Seite von Strohmann Games zum Download. Auf Grund der Schriftart kommt bei der digitalen Variante allerdings Verwirrung auf, ähneln 6 und 9 der 8 doch sehr. Mit dem Wissen darum ist es aber leicht, sich alles logisch zu erschließen.

Mit ein bisschen Spaß und Übung lässt sich mit Övermätt die Schachtel ordentlich halten.
Mit ein bisschen Spaß und Übung lässt sich mit Övermätt die Schachtel ordentlich halten.

Auf BoardGameGeek ist eine dreiseitige Kurzanleitung und der Wertungsblock als PDF-Datei zu finden. Damit spielen wir Planet Unknown bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter.

Ebenfalls auf BGG: eine Datei für den 3D-Drucker, damit beim Transport oder hochkantiger Lagerung nicht mehr alle Teile aus der S.U.S.A.N. fliegen. Eine Alternative bietet die Silikonabdeckung Övermätt vom schwedischen Möbelhersteller.

Fazit

Wie viel Varianz soll ein Spiel bieten? Planet Unkown: „Ja!“ Wir könnten jetzt ausrechnen, wie viele verschiedene Spielmöglichkeiten durch die Zusammenstellung unterschiedlicher Planeten und Konzerne plus Innenringdrehung der Raumstation möglich sind. Oder wir nutzen die Zeit besser und spielen das Spiel einfach in jeder Variante, denn die vielen Möglichkeiten machen auf jeden Fall Lust auf noch eine Runde, und noch eine, und noch eine.

Horizon Group Spezialkonzern mit Arashi Spezialplanet: Hier wird mit vier Rovern gespielt und kein Plättchen darf vollständig auf dem Planetenring liegen.
Horizon Group Spezialkonzern mit Arashi Spezialplanet: Hier wird mit vier Rovern gespielt und kein Plättchen darf vollständig auf dem Planetenring liegen.

Planet Unknown macht mit seiner Kombination aus Plättchen legen und Leistenklettern einen sehr guten Job im Bereich Denkarbeit und hat dabei das Potenzial, wenig Downtime entstehen zu lassen, egal wie viele Mitspielende wir haben. Durch die verschiedenen Schwierigkeitsgrade können Vielspielende und Neulinge im Bereich Kenner*innenspiel zusammen kommen und dabei alle auf ihrem individuellen Level gefordert werden.

Die Anleitung ist gut strukturiert und übersichtlich, was das Standardspiel betrifft. Die Beschreibung der Spezialplaneten und -konzerne fällt allerdings sehr knapp aus, wodurch einige Fragen offen bleiben. Ein paar Beispiele und Erklärungen hätten hier wirklich nicht geschadet. Bei manchen Spezialplaneten und -konzernen können wichtige Infos dafür nur in der Anleitung gefunden werden, was sich mit ein wenig mehr Text oder auch Ikonografie auf den Tableaus sicher hätte anders lösen lassen. Wer auf kleine nette Texte steht, ähnlich denen auf den analogen Terraforming MarsKarten, wird die Anleitung an der ein oder anderen Stelle aber zum Lächeln bringen.

Da stört es auch nicht, dass das Thema doch recht beliebig und das Cover etwas irreführend ist. Denn anders als das Titelbild vermuten lässt, ist das Spiel doch recht idyllisch. Nur wenn die Mitspielenden die Raumstation an genau dem falschen Sektor stoppen, kann es schon mal zu ein bisschen Aufregung kommen. Aber auch das macht den Reiz des Spiels aus. S.U.S.A.N. schafft es, in jeder Runde ein bisschen Spannung ins Spiel zu bringen, wenn wir den Sektor nicht selbst aussuchen dürfen.

Ärgerlich ist die die fehlende Abdeckung für die Raumstation. Wird das Spiel mal zu einem Spieleabend mitgenommen, kann es deswegen vorkommen, dass die Plättchen wild verteilt in der Schachtel liegen. Das macht auch die hochkantige Lagerung zu einer ungewollten Puzzleparty.

Alles in allem macht Planet Unknown mit seiner S.U.S.A.N. aber sehr viel richtig und vor allem sehr viel Spaß. Deswegen bekommt es vier von fünf sehr hübschen und niedlichen Rovern!

  • hoher Wiederspielreiz

  • anpassungsfähiger Schwierigkeitsgrad

  • wenig Downtime

 

  • offene Regelfragen

  • fehlender Deckel für S.U.S.A.N.

  • irreführendes Cover

 

Artikelbilder: © Strohmann Games
Layout und Satz: Kai Frederic Engelmann
Lektorat: Nina Horbelt
Fotografien: Nele Peetz

Dieses Produkt wurde privat finanziert.
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Über die Autorin

Nele Peetz liebt Spiele, Geschichten und Quatsch und kann das glücklicherweise privat und beruflich ausleben. Sie hat eine Schwäche für liebevoll gestaltete Spiele mit niedlichem Material und freut sich dabei besonders, wenn Wert auf Diversität gelegt wurde. Ist dann noch alles gut sortiert, kann sie stundenlang in Spielwelten eintauchen und sich darin verlieren.

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