Geschätzte Lesezeit: 11 Minuten

Geister und Dämonen überschwemmen das Land. Nur eine kleine Anzahl Menschen hat den Exodus überlebt und in den wenigen Siedlungen kämpfen die Bewohner ums tägliche Überleben. Mittendrin ruchlose Gangster, die nur auf der Suche nach dem schnellen Geld sind. Kommt mit und besucht mit uns Blades in the Dark.

Wer sich das Cover von Blades in the Dark ansieht, weiß sofort, auf welche Art von Setting er sich einstellen muss: Eine in eine dunkle Kutte gehüllte Gestalt mit Messern in den Händen begrüßt jeden Leser mit einem verschmitzten Lächeln auf dem Gesicht. Als ich das Artwork sah, war ich sofort interessiert. Als Fan der Thief-Reihe und generell düster angehauchten Szenarien wollte ich am liebsten sofort mit meiner Gruppe loslegen und die Stadt Duskvol erkunden. Ein paar Monate später haben wir es dann endlich geschafft und konnten zwei Abende damit verbringen, einen Auftrag für einen reichen Kunden durchzuführen. Aber der Reihe nach.

Das Setting

Die Stadt Duskvol, der Hauptschauplatz von Blades in Dark, ist eine der letzten sicheren Horte der Menschheit auf der Erde. Außerhalb der Stadt befinden sich lediglich noch einige wenige Siedlungen, der Rest der Welt ist in Dunkelheit getaucht. Geister und Dämonen beherrschen die Einöden. Nur die wagemutigsten Menschen suchen außerhalb der schützenden Energiebarriere nach Reichtümern, oder wagen sich auf riesigen Schiffen auf die dunkle See hinaus, um Energiequellen für die Städte zu sichern. Die Sonne wurde am Himmel schon sehr lange nicht mehr gesehen.

Im Chaos der Städte greifen immer mehr kriminelle Organisationen nach der Macht. Gangs beherrschen die Straßen, treiben Schutzgeld ein oder verkaufen Drogen. Die Stadtwachen, die sogenannten Blue Coats, wachen schon lange nicht mehr über die Stadt, sondern halten lieber ihre eigenen Geldbeutel für Spenden auf. Auch die Spieler schlüpfen in Blades in the Dark in die Rolle von Mitgliedern einer Gang, die sie sich obendrein noch selbst erstellen dürfen.

Die Charaktere und die Crew

Am Anfang jeder Rollenspiel-Kampagne steht natürlich erstmal die Erstellung der Charaktere. Das ist bei Blades in the Dark nicht anders und geht extrem flott von der Hand. Als erstes wählt jeder Spieler eins von insgesamt sieben Playbooks aus. Diese stellen die Klassen des Systems dar und können auch später noch miteinander vermischt werden. Nachdem jeder Spieler zusätzlich noch eine Herkunft und einen Hintergrund ausgewählt hat, können noch insgesamt 4 Punkte auf die verschiedenen Fähigkeiten verteilt werden. Außerdem steht jedem Spieler zu einem Playbook eine Auswahl von acht verschiedenen Spezialfähigkeiten zur Verfügung, von denen eine von Beginn an genutzt werden kann. Darüber hinaus wählt jeder Spieler zum Start der Kampagne einen Kontakt und einen Feind aus. Diese können entweder aus den Vorschlägen auf dem Charakterbogen gewählt oder komplett selbst ausgedacht werden. Zum Schluss bekommt jeder Charakter noch ein sogenanntes Vice, eine Sucht oder ein Laster, sowie einen Namen und dann kann es auch schon losgehen.

Da ich generell einen Hang zu etwas ausgefallenen Charakteren habe, wählte ich den Whisper als mein Playbook. Der Whisper spezialisiert sich auf die Interaktion mit übernatürlichen Wesenheiten und kann übernatürliche Präsenzen in der Welt wahrnehmen. Meine Mitstreiter bestanden in diesem Abenteuer aus einem Hound (klassischer Kämpfer), einem Leech (Erfinder und Saboteur) und einem Lurk (Spezialist für Schleichen und andere Aktionen in dunklen Schatten).

Die Erstellung der gemeinsamen Crew erforderte etwas Vermittlungsarbeit von unserem Spielleiter. Letztendlich entschieden wir uns für eine Bande von Schmugglern, die sich auf Kunstgegenstände spezialisiert hatten. Ausgestattet mit einem Ziegenkarren für den Transport der Waren und einem Hausboot an einem Pier der Amüsiermeile Silkshore mussten wir lediglich noch einen Namen für unsere Crew finden. Nach langer Diskussion entschieden wir uns letztendlich für Silkroad Transportation Inc.

Der Auftrag und der Plan

Unser erster Auftrag ließ dann auch nicht lange auf sich warten. Ein halbwegs gut gekleideter Mann mit spiegelnden Augen bat uns, eine Kiste mit ominösem Inhalt von unserem Hauptquartier bis in den Stadtteil Charhollow zu bringen. Ein kurzer Blick auf die Karte enthüllte uns allerdings gleich zwei Probleme, die es zu lösen galt: Erstens führte uns unser Weg durch den Stadtteil Crow‘s Foot, welcher berüchtigt für seine Bandenaktivität ist, und zweitens wurde dementsprechend die einzige Brücke zwischen Silkshore und Crow‘s Foot gern von den Stadtwachen kontrolliert.

Bei der Verhandlung um die Aufwandsentschädigung für den Transport machte uns unser Spielleiter auch direkt mit dem einfachen, aber effektiven Würfelsystem von Blades in the Dark bekannt. Bei jeder Probe würfelt der Spieler mit sechsseitigen Würfeln. Die Anzahl der Würfel wird einerseits durch die Punkte in den relevanten Attributen bestimmt, andererseits kann der Spielleiter zusätzlich Bonuswürfel vergeben oder Würfel als Strafe abziehen. Es zählt immer nur der höchste Wert auf den geworfenen Würfeln. Bei einer Eins bis Drei ist die Probe nicht erfolgreich. Bei einer Vier oder Fünf gelingt die Probe zwar, allerdings mit einem negativen Nebeneffekt. Bei der Verhandlung hätte der Auftraggeber so dem höheren Preis zugestimmt, würde sich aber unter Umständen über den Tisch gezogen fühlen und an anderer Stelle mit Unterstützung geizen. Bei einer Sechs gelingt die Probe ohne Nachteile. Zusätzlich kann der Spieler sich dazu entscheiden, sich entweder anzustrengen, was einen Bonuswürfel für zwei Punkte Stress geben würde, oder sogar einen so genannten Devil‘s Bargain einzugehen. Dabei macht der Spielleiter dem Spieler (oder umgekehrt) ein Angebot für einen negativen Effekt beim Misslingen der Probe im Austausch für einen besonders guten Effekt, falls die Probe gelingt. Stress wiederum generiert jeder Spieler während des Spiels. Erreicht das Stresslevel dabei eine bestimmte Grenze, erleidet der jeweilige Spieler ein Trauma, welches sich auf seine Spielweise auswirkt. Da ich es allerdings schaffte eine Sechs zu würfeln, gelang die Verhandlung ohne Probleme und wir könnten uns über eine Anzahlung freuen.

Um die Ware sicher durch Crow‘s Foot hindurch zu bringen, entschieden wir uns für eine Ablenkungstaktik. Während wir die eigentliche Ware, versteckt in einem eigens angefertigten Industrieboiler, über den Landweg transportieren wollten, schickten wir ein Boot über den Fluss in Richtung eines anderen Stadtteils, um mögliche Gegner zu verwirren und die geldgierigen Banden der Stadt auf eine falsche Fährte zu locken. Um den Plan in die Tat umzusetzen, mussten wir einerseits die Verkleidung für die Ware bauen, andererseits die Information über das Boot in der Stadt streuen. Zusätzlich beschwor ich noch einen Geist, der nach einer kurzen Verhandlung einwilligte das Boot zu überwachen und uns zu benachrichtigen, falls dem Boot irgendwas zustoßen sollte. So waren wir vorbereitet, auch wenn wir nicht sicher waren, ob unser Plan tatsächlich aufgehen würde.

Die Stadt Doskvol

Bei anderen Systemen steht bei der Vorbereitung eines Plans auch immer Ausrüstung mit im Mittelpunkt der Überlegungen. Bei Blades in the Dark funktioniert dies etwas anders, was dazu führt, dass man sich in Vorbereitung auf den Auftrag kaum mit dem Thema beschäftigen muss. Hier wählt man lediglich eine von den drei Kategorien:  leichte, mittlere oder schwere Ausrüstung. Jeder Kategorie ist ein Punktwert zugeordnet, den man dann während des Scores für Ausrüstung ausgeben kann. Zusätzlich besitzt jede Klasse noch einige Ausrüstungsgegenstände, die sie kostenlos mitnehmen kann. Wir entschieden uns für eine leichte Ausrüstung, um nicht zu sehr aufzufallen. Schließlich transportierten wir ja nur wertlosen Metallschrott.

Nachdem alle Vorbereitungen ausgeführt wurden, machten wir uns ans Werk.

Der Score

Planmäßig schickten wir unser Ablenkungsmanöver los und beluden unseren Karren. Wie erwartet hielten uns die Blue Coats direkt an der ersten Brücke an, um sich die Ladung einmal näher anzusehen. Mit einer gehörigen Portion Schmeichelei und besonders gut gefälschten Papieren, welche wir uns bei der Erschaffung der Crew gekauft hatten, ließen uns die Wachen aber schnell passieren.

In Crow‘s Foot angekommen blieb zwar der erste Ärger aus, allerdings bemerkten wir erst zu spät, dass wir durch das gezielte Platzieren von Straßenblockaden in die dunkleren Gassen des Stadtteils gelotst wurden. Ehe wir reagieren konnten, wurden wir auch schon von einer Gruppe finster aussehender Gestalten angehalten. Wir identifizierten den Anführer der Gruppe als Hellas Ulfried, einen bekannten Söldner. Um aus dem Schlamassel wieder herauszukommen, nutzten wir einen so genannten Flashback. Bei Blades in the Dark hat man die Möglichkeit auf Probleme zu reagieren, indem man kleine Zeitreisen unternimmt. Wenn ein Problem auftaucht, kann jeder Charakter Stress erhalten, um sagen zu können, dass er eine bestimmte Vorkehrung in der Vergangenheit getroffen hat, ohne dass dies in der Vorbereitung explizit genannt wurde. So nutzten wir den Flashback, um eine Kiste mit teurem Whiskey auf dem Wagen zu deponieren. Mit einem glücklichen Wurf konnten wir schließlich Hellas Ulfried davon überzeugen, dass der Whiskey das eigentlich Wertvolle an der Ladung war. So mussten wir den Whiskey zwar abgeben, konnten aber mit der eigentlichen Ladung unseren Weg fortsetzen.

Ein paar Minuten später tauchte plötzlich unser Geist auf. Er berichtete uns davon, dass das Ablenkungsmanöver durchschaut und das Boot zerstört worden war. Gleichzeitig war er leider sehr erbost darüber, dass der Bootsführer ebenfalls getötet wurde. Als Gegenleistung für seine Hilfe hatte ich dem Geist eigentlich den Körper des Bootsführers als Gefäß versprochen. Nun forderte der Geist eine Alternative. Da wir diese nicht liefern wollten, entbrannte ein Kampf zwischen uns und dem Geist.

Blades in the Dark bei DriveThru

Ein weiteres wichtiges Element von Blades in the Dark sind die Clocks. Dabei handelt es sich natürlich nicht um tatsächliche Uhren, sondern um Kreise, die in mehrere Bereiche unterteilt sind, welche den Fortschritt einer Aufgabe anzeigen. Im Falle des Kampfes war die Aufgabe z.B. „Besiegt den Geist oder entkommt ihm“ und die Clock hatte 6 Felder, die es mit erfolgreichen Proben auszufüllen galt. Für jede solcher Proben werden außerdem eine Ausgangsstufe und der Grad des Erfolgs festgelegt. Hier kann der Spielleiter zwischen kontrollierten, risikoreichen oder verzweifelten Handlungen wählen. Je risikoreicher die Aktion, desto schlimmer sind die Folgen bei einem Misserfolg. Der Grad des Erfolges bestimmt im Falle der Clocks, wie viele Felder am Ende der Aktion ausgefüllt werden.

Während unser Fahrer der Ziege die Zügel gab und so zwei der sechs Felder der Clock ausfüllen konnte, entschieden unser Hound und ich uns dazu, den Geist zu bekämpfen. Ich erreichte einen schweren Treffer, welcher drei weitere Felder ausfüllte und unser Hound gab dem Geist dann schließlich den Rest. Da er allerdings bei dem Angriff keine Sechs würfelte, schaffte es der Geist noch, ihn zu verletzen, bevor er sich in Ektoplasma auflöste. Aber der Geist war besiegt und der Weg zu unserem Zielort frei.

Ohne weitere Zwischenfälle übergaben wir dann die Ware und machten uns auf den Weg zurück, um den wohlverdienten Feierabend zu genießen und das verdiente Geld zu feiern.

Die Belohnung und die Downtime

Nach den jeweiligen Scores kommt in Blades in The Dark die Downtime. Hier gibt es nicht nur die Gelegenheit, seine Belohnung in Form von Erfahrungspunkten und Geld zu kassieren, sondern auch die Möglichkeit Stress abzubauen oder andere Aktivitäten wahrzunehmen. Außerdem können die Spieler hier Rollenspiel außerhalb der eigentlichen Scores betreiben.

Während der Hound einen Arzt aufsuchte, um seine Geisterverletzung zu kurieren, bastelten der Leech und der Lurk an eigenen Konstruktionen. Der Leech begann, eine Betäubungsgranate für spätere Abenteuer zu entwickeln, während der Lurk sich daranmachte, versteckte Klingen zu konstruieren. Beide Projekte wurden in Clocks festgehalten und können so nach zukünftigen Scores weiter vorangetrieben werden. Ich entschied mich dazu, meine Überredungskünste etwas zu verfeinern und zusätzlich frönten wir alle unseren Lastern, um Stress abzubauen.

Am Ende verteilten wir noch Erfahrungspunkte für die einzelnen Charaktere und die Crew. Hierbei hat jede Klasse direkt auf ihrem Charakterbogen Aktionen, für welche sie mit Erfahrungspunkten belohnt wird. Im Falle meines Whispers wurde ich z.B. für das Nutzen meiner arkanen Fähigkeiten belohnt. Zusätzlich bekommt jeder Spieler für das Ausspielen seiner Herkunft oder seines Hintergrundes weitere Erfahrungspunkte spendiert.

Fazit

Am Ende der zwei etwa zweistündigen Sessions waren wir alle im Grunde sehr zufrieden. Wir alle hatten das Gefühl, lediglich an der Oberfläche von Blades in the Dark gekratzt zu haben. Die Weiterentwicklung unserer Crew sowie Konflikte mit anderen Gangs konnten wir bisher noch nicht ausprobieren und das Rollenspiel kam auch noch etwas zu kurz. Letzteres lag allerdings eindeutig daran, dass wir alle erst einmal die Regeln lernen mussten. Was uns allerdings etwas negativ aufgestoßen ist, ist das teilweise listenartige Abarbeiten von unterschiedlichen Phasen. Hier haben wir uns teilweise an ein Tabletop erinnert gefühlt, wenn „Vorbereitungsphase“ auf „Scorephase“ auf „Downtimephase“ wechselte und jede Phase erst einmal damit begann, bestimmte Dinge abzuhandeln. Mit etwas Erfahrung lässt sich dies allerdings mit Sicherheit auch etwas schneller und flexibler gestalten.

Insgesamt waren wir aber alle sehr angetan von Blades in the Dark. Das Setting ist einzigartig und extrem spannend und der Variantenreichtum in der Erstellung der Charaktere und der Crew bietet unendliche Möglichkeiten zur Individualisierung. Auch das Regelsystem ist schnell verstanden. Lediglich die Clocks und das etwas indirektere Spielen sind Gewöhnungssache, aber wir waren uns einig, dass wir Blades in the Dark definitiv noch mehr unserer Zeit widmen wollen.

Artikelbilder: Evil Hat Productions/ One Seven

 

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein