Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten

In Durchgeblättert werfen wir regelmäßig einen kritischen Blick auf Neuerscheinungen, Geheimtipps oder Klassiker aus der vielfältigen Welt der Graphic Novels. Diesen Monat begleiten wir unter anderem Santa Klaus auf seinem Streifzug für die Gerechtigkeit, entdecken die Ursprünge der Menschheit und Zivilisation und erleben die Höhenflüge eines ganz besonderen jungen Mannes.

Gerade jetzt in der Winterzeit gibt es oftmals nichts Schöneres, als es sich zu Hause mit einem guten Buch gemütlich zu machen oder – in unserem Fall – mit einer ansprechenden Graphic Novel! Um euch die Auswahl zu erleichtern, haben wir uns einige aktuelle Titel von Splitter, Panini, Cross Cult und Co. genauer angesehen. Begleitet uns in diesem ersten Teil der Dezember 2017 Ausgabe von Durchgeblättert auf eine Reise, die von der Urzeit bis in die Moderne reicht und der Geschichte einer der wichtigsten Sagengestalten aller Zeiten auf den Grund geht.

Es war einmal… Der Mensch, Band 1, Die Urzeit

Erinnerungen an die Kindheit werden wach, sobald man dieses Werk von toonfish in den Händen hält. Gerade Kindern der Achtziger und Neunziger dürften die verschiedenen Ableger der Serie Es war einmal… noch in guter Erinnerung sein. Diese vom französischen Regisseur Albert Barillé geschaffenen Zeichentrickserien vermittelten Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unterschiedlichste Wissensgebiete, vom menschlichen Körper bis hin zum Universum.

Dieses Prinzip greift der vorliegende Band ebenfalls auf, wobei der Leser den weisen Maestro und dessen Gruppe auf seiner Erzählung durch die Anfänge der Menschheitsgeschichte begleitet. So erlebt man, natürlich stark vereinfacht dargestellt, die Entstehung des Lebens auf dem Planeten Erde, die Entwicklung unserer Vorfahren hin zu Jägern und die Entdeckung von heute selbstverständlichen Dingen, wie Feuer und gekochtem Essen. Hierbei darf man nicht verwundert sein, dass Es war einmal… es mit der historischen Genauigkeit nicht zu ernst nimmt und sich viel künstlerische Freiheiten bei der Darstellung nimmt. So darf beispielsweise bezweifelt werden, dass das Feuer tatsächlich so entdeckt wurde, wie in der Geschichte beschrieben.

Doch trotz des sehr einfachen Schreib– und Erzählstils kann diesem Band nicht vorgeworfen werden kein Wissen zu vermitteln. Der Leser erhält einen sympathisch illustrierten Kurzüberblick über unsere ältesten Vorfahren und deren Leben. Aufgelockert werden die Fakten immer wieder von Aktionen von Maestros Zuhörern, welche den narrativen Rahmen für das vermittelte Wissen bilden. Der kindliche und simple Zeichenstil fügt sich dabei harmonisch in die vermittelte Geschichte ein und macht dabei das Lesen zu einem angenehmen Erlebnis für zwischendurch.

Es war einmal… Der Mensch, Band 1, Die Urzeit ist damit ein kurzweiliger und gleichzeitig informativer Zeitvertreib für junge und jung gebliebene Leser.

Die harten Fakten

  • Verlag: toonfish
  • Autor(en): Jean-Charles Gaudin
  • Zeichner(in): Jean Barbaud, Minte, Afroula Hadjiyannakis
  • Seitenanzahl: 48
  • Preis: 9,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon, Splitter Shop

 

Unterm Sternenzelt

Diese Graphic Novel ist etwas Besonderes in dem Sinne, dass sie gemeinsam mit der Stiftung Perce-Neige gestaltet wurde, welche sich für behinderte Menschen und deren Familien einsetzt. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass das Leben eines Menschen mit körperlichen Einschränkungen ein wichtiger Bestandteil des Bandes ist. Der junge Nicolas hat das Down-Syndrom und steht nach dem Tod seiner Mutter ohne eine fürsorgende Person da. Zumindest bis der Obdachlose Amédée als Erbe des nun freistehenden Hauses ausgemacht wird. An die Erbschaft wird die Vormundschaft für Nicolas geknüpft. So sieht sich der ältere, leicht reizbare Mann auf einmal einer ungewohnten Herausforderung gegenüber, die er gemeinsam mit seinen beiden Freunden meistern muss. Denn Nicolas hegt Zeit seines Lebens eine Begeisterung für den großen Kosmonauten Juri Gagarin und lässt nichts unversucht, um es seinem großen Idol nachzutun. Sein erklärtes Ziel ist der Weltraum!

Unterm Sternenzelt erzählt eine Geschichte von schweren Schicksalen und Vorurteilen gegenüber Menschen mit Einschränkungen sozialen und körperlichen Ursprungs, aber auch von Verantwortung, Willensstärke und Aufopferungsbereitschaft. Getragen wird die Geschichte von einem Ensemble an skurrilen (aber liebenswerten) Figuren, unter denen besonders Amédée und seine obdachlosen Freunde hervorstechen. Leider wird die Geschichte jedoch, meiner Meinung nach, ihrem Anspruch nicht gerecht Nicolas und seine Empfindungen in den Vordergrund zu rücken, da ihm zu wenig direkte Zeit gewidmet wird. Zwar dient der am Down-Syndrom erkrankte Junge als Katalysator aller Ereignisse, wird jedoch dabei selbst nicht detailliert genug beleuchtet. Dies fand ich schade, da die Figur definitiv zu den interessantesten gehört.

Ein weiterer Schwachpunkt des Bandes ist der deutliche Fokus auf den franko-belgischen Markt. Die Geschichte enthält viele Anspielungen auf Organisationen, Personen oder Events, welche im deutschsprachigen Markt nicht unbedingt geläufig sind. Zwar werden diese in Form von Fußnoten erläutert, aufgrund der gehäuften Anzahl unterbricht dies aber immer wieder den Lesefluss.

Positiv hervorzuheben ist der sehr individuelle Zeichenstil von Anlor, der eine angenehme Kombination von Detailreichtum und Überzeichnung bietet. Besonders Emotionen und Mimik sind ausgezeichnet gestaltet, was bei der Vielzahl an Gefühlsausbrüchen (im positiven, wie im negativen Sinne) deren Eindruck weiter verstärkt. Dies führt im Gesamtbild zu einem sehr markanten Panel – und Charakterdesign.

Zusammenfassend ist Unterm Sternenzelt eine zum Nachdenken anregende Geschichte, der es aber nicht an Herz mangelt. Das schwierige Thema wird angemessen und würdevoll behandelt, wobei man aber die von der Krankheit betroffene Person noch stärker hätte in den Vordergrund rücken können.

Die harten Fakten

  • Verlag: Splitter
  • Autor(en): Aurélien Ducoudray
  • Zeichner(in): Anlor
  • Seitenanzahl: 98
  • Preis: 22,80 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon, Splitter Shop

 

Klaus – Die wahre Geschichte von Santa Claus

Gleich zu Beginn muss ich leider den Spielverderber spielen, indem ich stark anzweifle, dass dies tatsächlich die wahre Geschichte von Santa Claus ist. Zumindest hoffe ich das, da sonst einige unbekannte Gefahren und Monstren auf unserer schönen Erde hausen! Denn diese Graphic Novel von Starautor Grant Morrison (bekannt durch viele Batman-Werke) und Zeichner Dan Mora erzählt eine düstere Geschichte voller Missgunst, Tyrannei und Gewalt.

Der Leser begleitet die titelgebende Figur Klaus auf seinem Kreuzzug gegen den skrupellosen Lord Magnus. Dessen diktatorische Edikte haben aus dem ehemals fröhlichen Dorf Grimsvig einen Ort ohne Freude gemacht, in welchem nicht mal mehr Kindern ihr Spielzeug gestattet wird. Gegen den Widerstand der Autoritäten setzt Klaus nun alles daran, dem Nachwuchs des Dorfes wieder ein angemessenes Julfest zu schenken und dem finsteren Herrscher zu trotzen. Er kann kaum wissen, dass ihm dieses Aufbegehren alles abverlangen und ihn in Konflikt mit uralten Mächten des Bösen bringen wird …

Klaus ist eine herrliche Interpretation eines klassischen Sagenstoffs für ein erwachsenes Publikum. Während der Geist der Weihnacht bzw. des Julfestes ein zentrales Thema ist, werden eine fesselnde Story und spannende Action nicht vernachlässigt. Besonders imposant ist es den Schöpfern gelungen, die modernen Markenzeichen von Santa Klaus (beispielsweise seine rot-weiße Kleidung oder die Angewohnheit durch den Kamin zu kommen) in die Handlung einzubauen und logische Begründungen für diese zu geben.

Gleichzeitig muss man sich dessen bewusst sein, dass man hier ein sehr klassisches Fantasy-Werk mit einem klar definierten Schwarz-Weiß-Bild erhält. Auch wenn die Schurken gegen Ende des Bandes einige Facetten dazugewinnen, wird ihre boshafte Natur doch nie angezweifelt. Im Gegenzug dazu ist Klaus immer der strahlende und ehrenhafte Held, welcher selbstlos für die Schutzbedürftigen eintritt. Im Hinblick auf das Ausgangsmaterial passt dies aber absolut ins Gesamtbild.

Die Zeichnungen von Klaus können nur als exzellent bezeichnet werden. Landschaften, Figuren und Szenen sind mit einem sehr hohen Detailgrad gezeichnet und bieten ein episches Lesevergnügen. Mein persönliches Highlight waren die großflächigen Panels des Dorfes Grimsvig, die, dank grandioser Hingabe, scheinbar jeden einzelnen Dachziegel zeigen. Die Farbgestaltung fügt sich harmonisch in das Gesamtbild und die Handlung ein, wobei auch hier stark mit Stereotypen gespielt wird. So erkennt man die Schurken der Geschichte nach wie vor an sehr vielen dunklen Tönen.

Als Gesamtfazit lässt sich für Klaus eine unbedingte Empfehlung an alle Liebhaber fantastischer Graphic Novels aussprechen. Die Story, wenn auch klischeebeladen, weiß zu fesseln und wird von einem grandiosen visuellen Stil begleitet. Nicht nur hinsichtlich des Themas ein perfektes Werk für die (vor-)weihnachtliche Zeit.

Die harten Fakten

  • Verlag: Panini Comics
  • Autor(en): Grant Morrison, Marc-Oliver Frisch
  • Zeichner(in): Dan Mora, Claudia Sartoretti
  • Seitenanzahl: 208
  • Preis: 29,00 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon, Panini Shop

 

Zwischenfazit des Monats

Gerade im Hinblick auf die Vielfalt der angebotenen Themen und Szenarien liefern uns die Verlage aktuell eine Fülle an Angeboten. Während Klaus das vorweihnachtliche Thema in einem actiongeladenen Epos aufarbeitet, führt uns Unterm Sternenzelt abermals die Bedeutung von Familien, Freunden und Träumen vor die Augen. Gleichzeitig gestattet Es war einmal… Der Mensch vielen Kindern der Achtziger und Neunziger nostalgische Erinnerungen an diese klassische Zeichentrickserie.

In der zweiten Hälfte der Ausgabe von Durchgeblättert für diesen Monat werden wir einer der bekanntesten Metal-Bands begegnen, die alten Götter kennenlernen und eine dramatische Expedition ins All unternehmen. Bleibt gespannt!

 

Artikelbilder: Splitter, Panini Comics
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein