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Die vierte Deutsche Meisterschaft des Miniaturen-Brettspiels Krosmaster Arena stellt einen gewissen Neubeginn dar: Erstmals in Limburg und als einzige Meisterschaft des Spiels ohne Verlag aus der Community heraus organisiert. Michael war wie bereits zuvor als Judge dabei und nun auch in die Orga eingebunden – hier sein Hintergrundbericht.

Dabei wollte ich eigentlich gar nicht anfangen mit dem Spiel. Sammelbar, Booster? Ist doch ein Groschengrab. Aber mit Beginn des Organized Plays über Pegasus Spiele im August 2014 bin ich dann doch einmal zu einem Turnier gegangen, einem Boosterdraft. Dafür brauchte ich ja nicht einmal eine Grundbox! Es hat irre Spaß gemacht, und als es drei Monate später hieß, dass wohl jeder Teilnehmer der ersten Deutschen Meisterschaft zehn Promo-Figuren bekommt, bin ich spontan nach Nürnberg gefahren. Mangels Figuren und Erfahrung grandios schlecht abgeschnitten, aber egal – es war ein tolles Wochenende, mit einer entspannten Stimmung, die gemütlicher war als bei einigen anderen Spielen schon im lokalen Bereich. Mit vielen Bekanntschaften, mit denen ich auch heute noch Kontakt habe, befreundet bin und auch abseits von Krosmaster zu tun habe.

2015, als ich zeitweise durchaus ganz gut spielte, fand die größte Deutsche Meisterschaft statt, und während einige gute Spieler überraschend weit hinten lagen, schaffte ich es bis in die Top 32. Was aber auffiel: Es gab zu wenige Judges, und vor allem gab es zu wenige mit Spiel- und Turniererfahrung. Da ich damit rechnete, aufgrund mangelnder Zeit perspektivisch nicht mehr besser zu werden, aber das Problem mangelnder Judges zumindest ein wenig abmildern könnte, meldete ich mich nach dem Turnier dafür an. Und so war ich 2016 erstmals im Team, was ein ziemlich anderes Erlebnis war. 2017 fand keine Meisterschaft statt, da die nationalen Meisterschaften vom Herbst  auf den Anfang des folgenden Jahres verschoben wurden. Dafür wurde zum Jahresende aber öffentlich, dass Pegasus Spiele die Linie nicht fortführen würde, und künftig zunächst alles über den Lizenzgeber Ankama im Frankreich laufen müsste. So wurde die SPIEL in Essen genutzt, um die nächste Meisterschaft und die Zukunft des Spiels in Deutschland zu besprechen – hier begann unsere Road to the National, bei der ich selbst auch eingebunden war. Die einzige Meisterschaft, die aus der Spielerschaft selbst organisiert wurde – und wie auch bei Rollenspiel-Cons fällt dabei einiges an Arbeit an!

In einer Partie Krosmaster Arena auf der Meisterschaft 2018
In einer Partie Krosmaster Arena auf der Meisterschaft 2018

Was, wo, wie?

Noch auf der SPIEL gibt es erste Brainstorms. Einer der ersten Wünsche ist es, eine neue Heimat für die Meisterschaft zu finden – zentraler als Nürnberg, so sehr es uns auch für die aktive Nürnberger Spielerschaft leidtut –, die aber dennoch stark vertreten sein würde. Zwei Orte werden anvisiert, von dem jedoch nur einer eine geeignete Location zur anvisierten Zeit frei hat. Das Kolpinghaus in Limburg an der Lahn ist dabei schön mittig in Deutschland und nett in der Altstadt gelegen. Wir haben unseren Spielort!

Was wir aber noch brauchen, ist ein Team. Hier zeigt sich eines der größten Probleme. Zwar gibt es einige engagierte Turnierausrichter und Judges, die aber in der Regel selbst auf der Meisterschaft spielen wollen– verständlich, sind doch nicht wenige auch sehr gute Spieler, für die es zum Teil auch um benötigte Punkte für eine Qualifizierung zur Weltmeisterschaft geht. Zudem muss ein neuer Headjudge bestimmt werden, da der bisherige zum Jahresende diesen Posten abgibt. Erwartet wird zudem, dass die Teammitglieder sich auch im Vorfeld einbringen. Schließlich muss diesmal alles vom Team gemacht werden, statt dass vieles von Pegasus erledigt wird – lediglich die Finanzierung läuft nun über Ankama im Rahmen eines vorgegebenen Budgets. Und natürlich wollen wir nicht nur „irgendwie“ das Turnier machen, sondern ein tolles Event schaffen, was möglichst alle begeistert und auch Nebenevents und etwas für Besucher bietet.

Hier wird mit den von mir geschriebenen Regeln gespielt!
Hier wird mit den von mir geschriebenen Regeln gespielt!

Schnell haben wir eine geschlossene Planungsgruppe und einen Chat für den fixen Austausch sowie einen Finanzplan. Eine lange Excel-Liste mit Themen und Zuständigkeiten entsteht, und auch Ideen sind bald abgestimmt. Darunter auch zwei besondere Nebenevents: ein kämpferisches Rennspiel sowie ein kooperatives Spiel gegen spezielle Figuren, die den OP-Manager und das DM-Team repräsentieren sollen. Das Motto: Hau die Judges!

Wir sind noch voller Elan und Tatendrang. „Das wird die geilste DM aller Zeiten!“, hoffen wir, und bis Mitte März ist scheinbar noch viel Zeit. Unser Team komplettiert sich und besteht aus sechs Leuten – alle mit eigenen Stärken und Aufgabenbereichen. Unser OP-Manager kümmert sich um Koordinierung, den Schriftverkehr mit Ankama und die generelle Planung. Er soll, ebenso wie unser Mann aus Limburg, vor allem im Vorfeld aktiv sein und auf dem Turnier spielen können. Verträge, Örtlichkeit und Details, wie einen zuverlässigen Lieferdienst zu finden, obliegt unserem Lokalhelden. Seine Lebensgefährtin kümmert sich um grafische Gestaltungen und wird auf dem Turnier vor allem den Getränkeausschank und die damit einhergehende Kasse betreuen. Als Judges sind neben mir zwei weitere vorgesehen: einer soll das Turnier leiten, einer ist zusätzlich für die Technik und Videoaufzeichnungen zuständig, und meine Zusatzaufgaben sind die Berichterstattung und das Schreiben der Regeln für die Sonder-Events.

Details, Probleme und Regeln

Doch nicht alles funktioniert so wie gewünscht. Es ist unsere erste Meisterschaft, und obwohl wir ein spannendes Format für den zweiten Tag finden, welches auch international sehr positiv aufgenommen wird, bleiben ein paar Punkte länger offen als geplant. Krankheit, Überstunden und Uni-Prüfungen kosten Zeit, die nicht mehr in die Vorarbeit fließen kann. Ich selbst schreibe zwar verspätet die Regeln für das erste Sonder-Event, komme dann jedoch wieder länger nicht dazu, am zweiten zu arbeiten – letztlich springen hier zwei andere ein. Ein geplantes drittes Sonder-Event zum Release des neuen Spiel-Ablegers Boufball wird zudem nicht stattfinden können, da sich die Veröffentlichung verschiebt.

Eine exklusive von Teammitgliedern gestaltete Promokarte

Es gibt aber exklusiv auf der Meisterschaft eine Promokarte zu erwerben, die von Teammitgliedern gestaltet wird. Überaus glücklich sind wir jedoch allgemein nicht – sei es, weil wir unseren Aufgaben nicht so nachkommen können wie wir wollen, oder weil jene Ausfälle kompensiert werden müssen, was anderen mehr Arbeit macht.

Zumindest eines steht aber fest: Wir kommen voran, der Kern steht, und wir haben alles soweit vorbereitet, dass wir keinen Zweifel haben, dass alles reibungslos und zufriedenstellend laufen wird. Und je näher unser Event rückt, umso besser läuft es auch wieder. Wir haben den Leitfaden rechtzeitig fertig, unser OP-Manager teasert die Spieler auf Facebook heiß, und auch eine neue Community-Managerin findet sich, auch wenn diese erst während der DM als solche offiziell vorgestellt wird.

In der letzten Skype-Konferenz vor der Meisterschaft gehen wir nochmal alle Punkte durch und sind zufrieden. Alle Punkte, die wir im Vorfeld bearbeiten können, sind erledigt. Die Preise sind da, ein Beamer ist organisiert, mehrere Rechner stehen zur Verfügung, der Druck unserer Promokarte ist abgeschlossen, der Zeitplan (den wir eingehalten haben!) gemacht, der Lieferdienst geklärt (inklusive Rabatt), die Haftpflichtversicherung abgeschlossen und die Sonderfiguren für ein Nebenevent werden aktuell noch bemalt. Wir sind erleichtert, haben jedoch noch ein letztes Problem zu klären: Einer der drei Judges wird wahrscheinlich ausfallen. Unser OP-Manager opfert sich (wieder einmal) und erklärt sich bereit, zu judgen statt zu spielen. Und letztlich wird auch rechtzeitig vor dem Turnier eine Entscheidung seitens Ankama getroffen, wer künftig deutscher Headjudge sein wird. Wir sind vorbereitet – die Meisterschaft kann kommen!

In einer Partie Krosmaster Arena auf der Meisterschaft 2018
In einer Partie Krosmaster Arena auf der Meisterschaft 2018

Es geht los!

Am Freitag vor dem Turnier geht es dann vor Ort los. Wir müssen aufbauen, was dank tatkräftiger Unterstützung mehrere Spieler, die bereits angereist sind, schneller vonstattengeht als erwartet. Autos sind schnell ausgeladen, kurz darauf stehen Tische, Stühle, Spielbretter und nicht einmal zwei Stunden nach Beginn sind wir fertig. Wir suchen ein Restaurant, was gar nicht einfach ist – viele Restaurants machen kurioserweise schon vor 19 Uhr zu.

Am Samstagmorgen werden die letzten Kisten angeschleppt und wir treffen uns eine Stunde vor Beginn der Anmeldung. Letzte Vorbereitungen werden getroffen, und wir sprechen noch einmal alles durch.

Laufende Partien während der Deutschen Meisterschaft 2018
Laufende Partien während der Deutschen Meisterschaft 2018

Trotz einiger kurzfristiger Absagen haben wir 20 Spieler mehr vor Ort als bei der letzten Meisterschaft – ein Erfolg aus unserer Sicht. Die Spieler sind zwischen 7 und 48 Jahre alt, und wieder einmal überzeugt die angenehme Atmosphäre, die von ihnen geschaffen wird. Neben Spielern aus ganz Deutschland sind auch einige aus Belgien angereist – ein erster Vorbote der kommenden Internationalisierung, die sich im nächsten Jahr noch deutlicher zeigen wird, wenn die nationalen Meisterschaften durch Opens (wie im Tennis) ersetzt werden.

Der erste Tag des Turniers läuft überaus entspannt. Zeitlich passt alles, der Lieferdienst ist pünktlich und schafft es, alle mit warmem Essen zu versorgen. Die aufkommenden Regelfragen können problemlos beantwortet werden, und unser Team ist von der Größe genau richtig. Die Location findet fast nur positiven Zuspruch – die Räume sind von der Größe nahezu perfekt für unsere Bedürfnisse. Ein Spieler stellt seinen Kaffeebecher als Aschenbecher vor der Tür auf, einige Besucher lassen sich das Spiel erklären und freuen sich über geschenkte Figuren für den Einstieg. Letztlich sind wir zufrieden – auch wenn sich bereits unsere Liste mit Verbesserungen füllt. An einiges wurde schlicht nicht gedacht, wie beispielsweise die Frage, ob E-Zigaretten in der Lokalität erlaubt sind.

Am Abend bauen wir – erneut mit Hilfe einiger Spieler – etwas um für den zweiten Tag, wenn die Top 32 im Hauptsaal weiterspielen, geben noch vor Ort die Teamlisten des ersten Tages zur Online-Veröffentlichung ein und besprechen uns kurz. Zuletzt schnappe ich mir gegen Mitternacht, als ich bei meiner Schlafgelegenheit zu Hause bin, den noch amtierenden Deutschen Meister für einen Blog-Beitrag unserer Community-Seite und entlocke ihm ein paar schöne Zitate. Gegen 1:30 Uhr bin ich dann auf der Luftmatratze – noch fast 5 Stunden, bevor ich aufstehen muss!

Es geht weiter

Übermüdet mit Energy-Drink geht es am Sonntag weiter. Der tolle Kunstbäcker ist geschlossen, Schokoriegel vom Vortag sind nun mein Frühstück. Noch bevor unser Team vollständig ist – wir treffen uns wieder eine Stunde vor dem offiziellen Beginn – sind einige Spieler vor Ort. Wir besprechen uns noch einmal und stecken schon bald im Trubel. Den zweiten Tag verbringe ich im Nebenraum, wo die Side-Events stattfinden. Während im Hauptraum die Top-Spieler um WM-Punkte, Ruhm und Ehre spielen, finden bei mir Mini-Turniere statt, wo der reine Spaß im Vordergrund steht, obgleich es Preise gibt, die durchaus von einigen als wertiger angesehen werden als jene der Top-Spieler.

Die Stimmung ist gut, wir albern auch mal herzhaft rum.

Die Stimmung ist gut, wir albern auch mal herzhaft rum und freuen uns mit dem kleinen Jungen, der es in die Top 32 geschafft und dort einen der Belgier besiegt hat – und nur durch schlechteren Tie-Breaker den Einzug in die Top 16 verpasst. Nebenbei werden Figuren und Promo-Material getauscht, und viele nette Gespräche ergeben sich im Laufe des Tages. Nachteil: Ich bekomme kaum etwas mit von dem, was im Hauptraum passiert. Zwischendurch höre ich von Spielern, wie sie gespielt haben – einen vernünftigen Überblick habe ich jedoch nicht. Zumindest erfahre ich, dass ein Halbfinale 90 Minuten überzieht und wer im Finale spielt – es sind der amtierende Meister, der mir noch am Vorabend gesagt hat, er wäre nicht ambitioniert genug für eine Top-Platzierung, sowie sein Vorgänger, den ich auch bereits einmal interviewt hatte. Zu jener Zeit ist es bei mir auch schon etwas leerer, da viele Spieler ab dem frühen Nachmittag und danach nach Hause fahren. Und etwas später steht der OP-Manager vor mir und ruft mich hoch, um Fotos zu machen – wir haben einen Meister!

Alter und neuer Deutscher Meister: Sebastian „Basti“ Geiger
Alter und neuer Deutscher Meister: Sebastian „Basti“ Geiger

Das Ende – nicht für uns

Nach den Fotos geht es für uns weiter mit Aufräumen. Viele Spieler haben die Spielbretter bereits eingepackt, und mit Hilfe räumen wir die Tische zurück, fegen, schnüren Mülltüten und packen zwei große Wagen mit Kartons voll. Bevor wir aufbrechen, sitzen wir noch einmal zusammen und ziehen ein erstes Resümee. Und es ist positiv! Die Spieler waren zufrieden, organisatorisch lief nahezu alles glatt und unsere Orga wurde auch mehrfach gelobt, auch von Spielern, die selbst schon einige Großturniere auf die Beine gestellt haben – wir sind erleichtert und glücklich: Wir haben gezeigt, dass wir auch mit einem kleinen Team aus der Community erfolgreich organisieren können.

Ansprache auf der Bühne während der Deutschen Meisterschaft 2018
Ansprache auf der Bühne während der Deutschen Meisterschaft 2018

Gegen 23:30 Uhr bin ich beim OP-Manager zu Hause, wir räumen sein Auto leer und das Wohnzimmer voll und ziehen zumindest ein Siegerbild auf den Rechner, um es noch schnell bei Facebook zu posten. Gleichzeitig sprechen wir auch schon über erste Verbesserungsmöglichkeiten, bevor wir ins Bett fallen. Am Montagmorgen geht es dann auch für mich heim – mit melancholischer Stimmung. Es hat einfach zu viel Spaß gemacht, obwohl es zugleich auch anstrengend und zuweilen stressig war. Es folgt das Durchgehen der Kommentare und Nachrichten in den sozialen Medien, das Nachbearbeiten der Fotos, das Verfassen einer Pressemitteilung, ein Skype-Interview mit dem alten und neuen Deutschen Meister und das Vorbereiten auf die umfassende Nachbesprechung. Unsere Community-Managerin schreibt einen langen Blog-Beitrag, und unser Headjudge bereitet Teamlisten und Statistiken für die Veröffentlichung vor.

Schlussgedanken

Während unsere Spieler hoffentlich alle gut heimgekommen sind, hatten wir noch Stunden an Arbeit zu investieren, genau wie bereits im Vorfeld. Das Turnier selbst war dabei der geringste Part des Ganzen – alles, was wir im Vorfeld und Nachgang an Zeit investiert haben, toppt das locker. Aber ich bereue es nicht. Es hat Spaß gemacht, und es ist ziemlich zufriedenstellend, wenn es dann gut läuft und sich die Arbeit auszahlt. Egal, ob internationale Top-Spieler zusammenkommen und spannende Partien spielen, Spieler bei den Side-Events ihre Sammlungen an Promo-Material vervollständigen, ganze Familien ein schönes Wochenende verbringen können oder man beim Verabschieden in glücklich strahlende Gesichter blickt. Ich gebe ja zu, dass ich auch einen Moment lang innerlich geseufzt hab am Samstag – umgeben von den Spielern, die mein Lieblingsspiel zocken, während ich nur zusehen kann.

Aber dieser Moment ging vorbei, und ich bin zufrieden. So gerne ich auch mal eine Runde gespielt hätte: das Drumherum, die Orga-Sachen, all das würde mir fehlen. Und so kann ich mit Überzeugung sagen: Ich bin gerne in der Rolle als Judge und Mitorganisator. Und freue mich schon auf das nächste Jahr, wenn wir mit unseren gesammelten Erfahrungen erst recht das Event rocken und – so ambitioniert darf man wohl sein – die Messlatte noch einmal höher legen werden!

Fotografien: Michael „Miku“ Fuchs

 

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