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2018 stand unsere LARP-Umfrage ganz unter dem Thema: Wie larpt ihr eigentlich? Dabei haben wir euch ausgiebig zu Vorlieben und Interessen, aber auch statistischen Daten befragt. Dank über 2000 Teilnehmer haben wir reichlich spannende Erkenntnisse gewonnen. Hier stellen wir euch die ersten Ergebnisse des LARP-Zensus vor.

Bereits zum dritten Mal luden wir euch zu einer großen LARP-Umfrage ein. Die ersten beiden haben schon viele spannende Einblicke in das deutschsprachige LARP gegeben. Mit der vorliegenden Umfrage konnten wir nochmals deutlich mehr Teilnehmer gewinnen und die Trennschärfe erhöhen, um einen echten LARP-Zensus zu erstellen. Die Menge der Daten wird uns noch eine ganze Weile mit interessanten Erkenntnissen versorgen. Doch die ersten Ergebnisse wollen wir euch nicht vorenthalten.

Für eine Handvoll Zahlen mehr – die Basisdaten

Keine Lust auf soziodemographische Daten und ein bisschen statistische Theorie? Dann fix weiter zum nächsten Punkt. Für alle anderen: Willkommen auf der Datenschatzinsel!

Eine Handvoll Daten mehr ist natürlich übertrieben. Die LARP-Umfrage 2018 konnte nochmal ganz ordentlich ihre Datenbasis erhöhen: 2028 Teilnehmer und 1677 vollständig ausgefüllte Fragebögen erhöhen die Basis um circa 50% im Vergleich zu 2017 und rund 160% zu 2016. Umstritten ist nach wie vor die Anzahl aktiver LarperInnen im deutschsprachigen Raum, besonders in Deutschland. Fundierte Annahmen orientieren sich an Teilnehmerzahlen der großen Cons, Thilo Wagners LARP-Kalender und den nackten Zahlen in den relevanten sozialen Netzwerken. Je nach Methode bewegt man sich dabei zwischen 25.000 und 60.000 LarperInnen. Dabei gehen wir von rund 1.000 bis 2.000 aktiven LarperInnen in Österreich aus und in der Schweiz zwischen 500 und 1.000. Daraus resultiert eine Teilnahmequote von 3,4% bis 8,3%. Beides ausgezeichnete Werte für eine Analyse, bedenkt man, dass Statistiken großer Umfrageunternehmen oftmals nur im Promillebereich liegen.

Soziodemographische Daten: Wer larpt eigentlich?

Die Daten aus den vorherigen Umfragen konnten wir erneut bestätigen, so dass diese als zutreffend betrachtet werden können. Rund 58% der Larper sind demnach männlich und 0,71% ordnen sich keinem binären Geschlecht (fest) zu. Damit ergibt sich bei den binären Geschlechtern eine Abweichung von 2%, die vollkommen innerhalb der Toleranz liegt.

Genauer eingrenzen konnten wir diesmal das Alter. 32 Jahre alt ist der durchschnittliche Larper. Das zeigt deutlich, das Hobby wird älter. Dies ist jedoch ein ganz natürlicher Prozess. Das höchste Alter lag übrigens bei 66, der oder die jüngste TeilnehmerIn gab 14 an. Auch das zeigt: LARP ist ein Hobby für alle Altersschichten.

Ebenfalls bestätigt werden die bisherigen Zahlen zum Berufsstand und der Branchenverteilung. Einzig auffällig ist der Bereich öffentlicher Dienst, der einen Zuwachs von 8% auf 12% verzeichnet. Dies liegt jedoch vermutlich an der Neuordnung der Branchen in der aktuellen Umfrage.

Die Länderbetrachtung indes ergibt nur bedingt Aufschluss. Mit lediglich 96 TeilnehmerInnen aus Österreich und 62 aus der Schweiz, sind landesspezifische Aussagen auf diese Staaten zunächst mit Vorsicht zu betrachten. Aus Liechtenstein gab es gar nur einen Fragebogen zurück.

Zusammenfassend kann man also sagen, der durchschnittliche Larper aus dem deutschsprachigen Raum ist 32 Jahre alt, männlich mit Hochschulabschluss und Angestellter im schulischen oder universitären Bereich beziehungsweise im öffentlichen Dienst.

Was kostet die Welt? Daten zum LARP-Verhalten

Larper larpen selten. Das war eine Erkenntnis aus unserer letzten Umfrage. Hieran hat sich nichts geändert. Rund 75% aller LarperInnen sind maximal sechs Mal pro Jahr auf einer Con. Fast die Hälfte sogar nur vier Mal pro Jahr. Auf nur ein LARP pro Jahr gehen immerhin noch 7%. Genauso viele besuchen einmal im Monat und öfter eine Con. Schaut man genauer in die Zahlen, erkennt man, dass Viellarper im Schnitt 3 Jahre jünger sind als der Durchschnitt. Erklären lassen dürfte sich das durch die Lebensumstände, zum einen dürfte das eigene Einkommen für eine höhere Confrequenz ausreichen, zum anderen könnte familiäre Ungebundenheit für mehr frei verfügbare Zeit sorgen.

Aber wo findet man die ganzen LarperInnen und wie viel Zeit und Geld fließen in das Hobby?

Wer larpt wo?

Vorweg, die meisten LarperInnen sind reisefaul. Grade mal 22% der TeilnehmerInnen larpen auch mal im Ausland. Das passt auch ganz gut zu den Reiseschmerzgrenzen, denn weiter als 500 km sind nur noch 25% bereit zu reisen. Dazu kommen in einigen Fällen sicher noch Sprachhemmnisse. Die am ehesten akzeptierte Reisedistanz liegt im Mittel bei 300 km, das sind immerhin rund die Hälfte aller LarperInnen bereit auf sich zu nehmen.

Den größten Teil der Larper findet man dann auch auf einer der größeren Cons im deutschsprachigen Raum. Die Platzhirsche sind dabei ganz klar das DrachenFest und das ConQuest. Nach langem Abstand folgen dann das Epic Empires, welches mehr oder minder teilnehmerbeschränkt ist, und das Zeit der Legenden.

Interessant ist hier vor allem, dass insbesondere DrachenFest und Epic Empires im Schnitt jüngere Menschen anziehen und das Jenseits der Siegel eher von SpielerInnen über dem durchschnittlichen Alter besucht wird.

Zeit ist Geld

LARP ist nicht das günstigste Hobby, das man haben kann. So überrascht es wenig, dass die Bereitschaft Geld auszugeben nicht allzu gering ist. Immerhin 60% der TeilnehmerInnen geben pro Jahr, ohne Fahrtkosten, um die 500 EUR für das Hobby aus. Fast 8% sogar über 1.500 EUR. In diesem Bereich sind es auch vor allem Männer, die bereit sind hohe Beträge in das Hobby zu stecken. Wenig überraschend, je älter der oder die TeilnehmerIn ist, desto mehr Geld investieren sie in LARP. In der Realität dürfte der Wert etwas höher liegen, da grade kleinere Ausgaben zwischendurch meist nicht berücksichtigt werden.

Bekanntermaßen ist Zeit auch Geld, zumindest, wenn man Benjamin Franklin glaubt. Unstrittig ist sie jedoch ein kostbares Gut. Im Schnitt ist LarperInnen das Hobby sechs Stunden pro Woche Wert, ohne Cons wohlgemerkt. Das sind immerhin 13 volle Tage im Jahr.

Erfreulich ist dabei, dass vieles der Zeit wohl in ehrenamtliche Arbeit für das Hobby fließt. Lediglich 37% der Teilnehmenden gaben an, sich nicht im Hobby zu engagieren. Der größte Teil ermöglicht dabei anderen Larpern erst das Hobby: Als Orga oder SpielleiterInnen.

Eine Frage des Geschmacks – Vorlieben von LarperInnen

Seit seinen Anfängen in den frühen 90ern hat sich LARP zu einem extrem vielfältigen Hobby entwickelt. Manch einer lässt sich sogar zu der Aussage hinreißen, LARP ist eine Vielzahl an Hobbys. Dem wollten wir ein bisschen auf den Grund gehen und haben auch nach euren Vorlieben gefragt. Hier erhielten wir mitunter die spannendsten Ergebnisse, zumindest, wenn man in die Details geht.

Nackte Zahlen

Betrachtet man zunächst nur die Zahlen, findet man wenig Überraschungen. Fantasy-Cons sind die Platzhirsche unter den Settings. Dabei gibt es jedoch eine deutliche Vorliebe für Low-Fantasy mit 77% zu 60% High-Fantasy. Danach kommt eine ganze Weile lang nichts mehr. Mit 25% folgt dann auf Rang 3 Endzeit, dicht gefolgt von historisierendem oder historischem LARP mit 22%. Die restlichen Settings bewegen sich dann bei deutlich unter 20%. Interessant in dem Kontext ist, dass unter Sonstiges nur Western-LARP noch einen messbaren Anteil ausmacht.

Auch im Bereich Genre gibt es wenig Überraschendes, denn über 80% der Teilnehmenden stehen auf Abenteuer-Cons. Dem folgen in großem Abstand Schlachten-Cons und Tavernen. Jenseits von Tavernen und Hofhaltung geben dann nur 2% an Ambienteveranstaltungen zu bevorzugen. Spannend ist jedoch, dass LARP mit Grenzerfahrungen, die gerne auch der Nordic-LARP-Szene zugeordnet werden, immerhin 30% der Teilnehmenden ansprechen.

Auf den Cons selber werden dann Rätsel, Plot und Konflikte als Spielinhalt klar favorisiert. Doch selbst Schlachten als Spielinhalt mit dem niedrigsten Umfrageergebnis reizen noch rund 30%.

Bei Congrößen zeigt sich auch, dass kleinere Cons grundsätzlich den Vorzug vor mittleren und großen Cons bekommen. Was aber, wie man gesehen hat, nur rund 20% der Teilnehmenden davon abhält doch auf die großen Cons zu fahren.

Besonders interessant war für uns die Fragestellung nach den Spielphilosophien. Hier zeigt sich „Play to Flow“ als klarer Favorit. Gefolgt von „Play to struggle“ mit ordentlichen 42%. Mit über 16% gibt es aber auch eine ganze Reihe LarperInnen, die viel Spielspaß aus dem Zusehen und wenig aus aktiver Interaktion ziehen.

Bis auf ein paar Zahlen überrascht also der erste Blick nicht direkt. Um die wahren Schätze zu finden, mussten wir etwas tiefer graben.

Auf Schatzsuche: Wer hat welche Vorlieben

Settings

Geht man nach den Settings, ist Cyberpunk eindeutig von Männern bevorzugt; Horror, Mystery, World of Darkness und die Wizarding World (meistens Harry Potter) werden häufiger von Frauen bevorzugt. Letztere scheint auch ein Magnet für junge Menschen zu sein, denn überdurchschnittlich häufig haben Schüler, Studenten und Azubis dieses Setting als eines ihrer Liebsten angegeben. Auch interessant: Menschen die Low-Fantasy-Cons bevorzugen sind im Schnitt jünger, als jene die es nicht bevorzugen. Junge Menschen neigen also eher nicht zu High-Fantasy-Cons.

Wenngleich auch die Teilnahmezahlen aus Österreich nicht sehr groß waren, zeigt sich aber ganz deutlich, dass LarperInnen aus Österreich eine ganz klare Vorliebe für historisierende oder historische LARPs haben.

Genre

Bei den Genres entscheiden sich Frauen häufiger für Utopien. Wohingegen Schlachten-Cons ganz deutlich von Männern bevorzugt werden. Hier sind es dann auch meist jüngere Teilnehmende, die Schlachten bevorzugen. Menschen, die sich keinem der binären Geschlechtern zuordnen (wollen), tendieren dabei zu LARPs mit Grenzerfahrungen.

Congröße

Die Congröße spielt für viele LarperInnen eine große Rolle. Dabei zeigt sich, dass 43% aller Frauen kleinere Cons bevorzugen. Männer teilen diese Vorliebe zwar, aber nur mit 36%. Wirft man ein Blick auf das Alter, sind jüngere Menschen tendenziell eher für größere Cons zu begeistern. Insbesondere das DrachenFest als auch das Epic Empires zeigen hier deutliche Abweichungen und die Teilnehmer der beiden großen Cons sind im Schnitt jünger. Das Epic Empires zieht zudem überdurchschnittlich viele Azubis und Studenten an.

Das Jenseits der Siegel hingegen zieht im Schnitt ältere LarperInnen und besonders auch Frauen an. Auffällig viele Hochschulabsolventen gaben zudem an, dass sie gar keine Großcon besuchen und eher geschlossene Welten für ihr Spiel bevorzugen.

Ein weiter Weg

Bereits mit diesen ersten Analysen haben wir ein gutes Bild darüber erhalten, wie in deutschsprachigen Ländern gelarpt wird. Dabei werden sicher viele Vermutungen nun mit Fakten bestätigt, andere Zahlen haben, zumindest uns, überrascht. Fest steht jedoch bereits, dass auf der vorliegenden Basis noch viele weitere Analysen stattfinden können, die der deutschsprachigen Szene hilfreich sein können. Dazu wird es in den kommenden Monaten sicher noch weitere Veröffentlichungen geben. Es ist also noch ein weiter Weg, bis alles ausgewertet ist, und wir werden euch auf dem Laufenden halten.

Statistische Daten

Umfragezeitraum: 23.04.2018 – 01.07.2018
Fragebögen: 2028, davon 1677 vollständig
Männer: 972
Frauen: 693
Anderes Geschlecht: 12

Analysen zum Umgang und Erfahrungen mit phantastischen Hobbys: 

LARP & Berufswelt Teil 1
LARP & Berufswelt Teil 2
LARP & privates Umfeld
Cosplay & Berufswelt

Über den Co-Autor

Dr. Jeremias Weber war lange empirischer Bildungsforscher im Bereich Physikdidaktik an der Uni Frankfurt. Inzwischen setzt er als Lehrender seine Erfahrungen vor Schulklassen um. Im LARP ist er seit 2000 im Fantasy-Umfeld unterwegs, ein halbes Jahr länger im Tischrollenspiel und Vampire Live. Gerne verwirklicht er sich im Engonien e.V. als Organisator oder Spielleiter (beispielsweise Grenzwacht), aber oft ist er einfach nur Spieler mit einem Hang zu religiös angehauchten Rollen. 

mit freundlicher Unterstützung der LARPzeit und des DLRV e.V.

Artikelbild: ©Teilzeithelden

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