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Erfolg im Hobby steigert das Selbstbewusstsein und macht Lust auf neue, spannende Projekte. Aber kann überhaupt jede und jeder erfolgreich cosplayen? Ist man erst erfolgreich, wenn man Geld verdient? Kann man auch einfach nur Spaß haben? Überhaupt: Was ist Erfolg im Cosplay überhaupt?

Erfolgreich sein ist schön. Erfolge werden gefeiert! Ob in der Schule, in Ausbildung oder im Job – erfolgreich sein ist ein großes Ziel.

Und auch im Hobby ist es ein schönes Gefühl, Anerkennung und Wertschätzung zu erfahren. Es gibt in so ziemlich jedem Hobby Messlatten, die man an sich selbst und an anderen anlegt, um einzuschätzen, wie erfolgreich man ist.

Erfolg? Was ist das überhaupt?

Im Cosplay gibt es da aber durchaus kontroverse Ansichten. Viele geißeln den „Wettbewerbsgedanken“, der hinter dem ewigen Blick darauf liegt, wer denn nun mehr Erfolg hat. Das kann zu Neid, Missgunst und auch Gefühlen der eigenen Unzulänglichkeit führen. Sollte man sich also auf den eigenen Spaß an der Sache beschränken und aufhören, im Hobby nach Erfolg zu streben?

Das mag für manche eine Lösung sein, doch Spaß ist sehr individuell. Und es gibt genug Leute, die gerne in einen Wettbewerb einsteigen. Nur – welcher Erfolg ist denn überhaupt Erfolg im Cosplay?

Da kommen natürlich schnell messbare Werte in den Sinn: Wer den 1. Platz auf einem Wettbewerb macht, 100.000 Follower auf Instagram angesammelt hat oder sogar den ganzen Lebensunterhalt mit Cosplay bestreiten kann, der muss ja sehr erfolgreich sein.

Online-Erfolg in Social Media

In den letzten Jahren hat die Allgegenwart der sozialen Medien einen einfach messbaren Erfolg ermöglicht: Hohe Follower- und Klickzahlen stehen für eine große Sichtbarkeit und damit für ein erfolgreiches Cosplay. Der Fokus des Diskurses über erfolgreiche Cosplayern hat sich immer stärker auf jene verschoben, die mit beeindruckenden Zahlen auf allen Kanälen unterwegs sind. Dabei wird jedoch gerne übersehen: Social Media-Erfolg ist nur eine einzelne Art von Erfolg, die eigenen Regeln folgt. Diese Regeln sind erlernbar – erfordern aber auch viel Arbeit.

Jesscia Nigri auf Instagramm
Jesscia Nigri auf Instagramm

Jede große Plattform wird heute von Algorithmen gesteuert, die Unmengen an Inhalten so sortieren und aufbereiten, dass ein angeblich interessanter Mix für den individuellen Betrachter zusammengestellt wird. Das bedeutet: Wer möglichst vielen Leuten angezeigt werden und damit oben in den Rankings landen möchte, muss Inhalte liefern, die algorithmusgerecht aufbereitet sind. Das beginnt damit, dass man zu bestimmten Uhrzeiten posten sollte, eine bestimmte tägliche oder wöchentliche Menge an Posts kontinuierlich liefern muss und Themen wählen sollte, die nicht nur eine kleine Nische ansprechen, sondern die breite Öffentlichkeit interessieren. Wie viele Tags man setzen sollte, in welcher Reihenfolge, welche Stichworte man vermeiden muss, wie man Beschreibungstexte suchmaschinengerecht macht, all das sind Details, die für den Erfolg in diesem Feld oft wichtiger sind als die Qualität irgendeiner Naht am eigentlichen Cosplay.

Was man sich bei den großen Zahlen besonders vor Augen führen sollte: Oft stammen viele Klicks nicht aus der Cosplay-Szene, sondern aus einem viel breiteren Fandom, das Cosplay genauso (wenig) aufmerksam konsumiert wie den darüber erscheinenden Post von einem beliebigen Twitter-Zitate-Account.

Maul Cosplay auf Instagramm
Maul Cosplay auf Instagramm

Für nicht wenige alteingesessene Cosplayer, die fantastische Kostüme erstellen können, ist es oft frustrierend gewesen, zuzusehen, wie neue Accounts raketenhaft aufgestiegen sind, während die eigenen Profile über Jahre gepflegt nur minimal mehr Leute angezogen haben. Es ist aber schlicht so, dass Social Media-Optimierung letztlich eine andere Fähigkeit ist als das Anfertigen von Cosplays. Nicht jeder hat die Zeit, sich in das Thema einzuarbeiten oder die Lust, die eigenen Inhalte unbedingt so anzupassen, dass sie mehr Erfolg auf Social Media ermöglichen.

Kurzum: Es ist eine Art von Erfolg, die ein eigenes Set von Fähigkeiten erfordert. Sich in das Thema einzuarbeiten und das Gelernte umzusetzen kann zu beeindruckenden Ergebnissen führen, die auch außerhalb des Hobbys nützlich sind. Viele Unternehmen machen sich heute genau diese Kenntnisse der Mechanismen von Social Media zu Nutze, um ihr Marketing auf diesen Plattformen zu optimieren. Mehr als nur ein paar erfolgreiche Instagrammer haben so Jobs als Social Media Manager in Werbeagenturen oder anderen Unternehmen gefunden.

Wettbewerbe

ECG Preisverleihung auf der Connichi 2018
ECG Preisverleihung auf der Connichi 2018

Schon seit den Frühzeiten der internationalen Cosplayszene sind Cosplay-Wettbewerbe das Spielfeld derer, die sich direkt miteinander messen wollen. Schon früh kamen die ersten internationalen Wettbewerbe auf, inzwischen kann sich die geneigte Cosplayerin aus einem bunten Blumenstrauß von Wettbewerben genau den heraussuchen, der zum eigenen Interessengebiet passt.

Das Regelwerk des Wettbewerbs bestimmt dabei, welche Fähigkeiten man braucht, um erfolgreich zu sein. Die Deutsche Cosplay-Meisterschaft ist zum Beispiel legendär dafür, dass die akkurate und technisch einwandfreie Umsetzung der Originalvorlage hochgehalten wird. Wettbewerbe wie der  Clara Cow‘s Cosplay Cup mit Finale auf der Animecon in Den Haag legen hingegen großen Wert auf einen unterhaltsamen Auftritt.

Die Wettbewerbe finden in den Besuchern der austragenden Convention ihr Publikum, allerdings folgen gerade innerhalb der Szene auch viele andere Cosplayer den Social Media-Accounts der Wettbewerbe und in der Folge auch den öffentlich verkündeten Gewinnern der Wettbewerbe. Die im Wettbewerb unter Beweis gestellten Fähigkeiten und durch die Teilnahme gesammelten Erfahrungen sind auch oft relevant, wenn man sich z.B. als Workshopleiter auf einer Con bewirbt.

Gewinner der internationalen Wettbewerbe werden in Szene-Medien und teilweise sogar der allgemeinen Presse gefeiert, das Interesse kann auch weit über die Szene selbst hinaus strahlen. Auf der Gamescom hat es auch schon für Fotos mit Angela Merkel gereicht, das hat nun auch nicht jeder Cosplayer auf dem Kaminsims stehen.

Juroren bei der DCM
Juroren bei der DCM

Geld verdienen

Die in der gesamten Gesellschaft mit Erfolg verknüpfte Messlatte ist natürlich Geld. Wer viel Geld verdient, hat viel Erfolg. Und dann auch noch Geld verdienen mit Cosplay, dem eigenen Hobby? Klingt traumhaft!

Auch hier ist das Ganze nicht für jedermann die beste Lösung – und mit Cosplay den eigenen Lebensunterhalt komplett bestreiten ist etwas, was nur eine verschwinden geringe Minderheit von Cosplayern bewerkstelligen kann. Doch mit Prints und Patreon ist zumindest ein auskömmlicher Nebenerwerb durch Cosplay für immer mehr Leute greifbar geworden.

© Van „Chikara-chan“ Tran
© Van „Chikara-chan“ Tran

Wer Prints oder Fotobücher verkaufen möchte, muss sich mit der Aufbereitung von Bildmaterial für den Druck zumindest einigermaßen auskennen. Zudem muss ein Webshop erstellt bzw. ein Webshop-System mit den eigenen Inhalten bestückt werden, man muss sich um Rechnungen, Zahlungseingänge und Versand kümmern. Das ist Arbeit, die zusätzlich zur eigentlichen Arbeit am Cosplay und den Bildern selbst entsteht. Um zumindest den Webshop und die damit verbundenen Themen zu vermeiden, kann man sich auch primär mit einem Stand auf Conventions präsentieren, inzwischen gibt es dafür auch in Deutschland ein passables Angebot. Aber auch hier verzichtet man für die Dauer dieser Convention auf freie Zeiteinteilung und hat primär Arbeit, da der Stand fast durchgehend besetzt sein muss. Zudem fällt meist Standmiete an, und natürlich die allgemein mit der Con verbundenen Kosten wie Anfahrt, Hotel, Essen. Wenn man die Con nicht frei genießen kann, sind das auch Kosten, die man tendenziell wieder durch den Verkauf hereinholen will, ob sich das tatsächlich für jeden lohnt, ist fraglich.

Geht man den Weg der reinen Online-Vermarktung gegen Geld, braucht man ein ansprechendes Angebot, das die Leute dazu motiviert, diesen „Mehrwert“ auch tatsächlich zu bezahlen. Freiwillige Geldsammlungen wie Ko-Fi können zwar ab und zu ein nettes Schmankerl sein, und so mancher mag über GoFundMe oder Kickstarter auch für konkrete neue Cosplays Geld sammeln können. Die konsequenteste Art, wirklich Geld mit Cosplay-Content online zu verdienen, ist aber die Paywall für allen neuen Content, über Patreon oder vergleichbare Seiten.

Hierfür braucht man zunächst aber auch öffentliche Inhalte, die Leute anlocken und interessieren, und zudem einen interessanten Mehrwert, der die generell interessierten Leute dazu bringt, auch Geld zu zahlen. Dieser Mehrwert-Content fällt generell in zwei grobe Kategorien: Lewd oder Tutorials.

Lewd oder „sexy“ Inhalte sind Bilder und ggf. auch Videos von meist weiblichen Cosplayerinnen, die etwas oder etwas mehr Haut zeigen. Dabei sind Kenntnisse von Make-up, Posing und Selbstinszenierung wichtig, aber gerade auch ein Körper, der stereotypen Schönheitsidealen recht weitgehend entspricht. Der Unterschied zu „normalen“ Camgirls ist nicht unbedingt groß, die Zielgruppe sind nicht unbedingt Leute, die fest in der Fanszene verwurzelt sind, sondern die die Anime-Ästhetik im Rahmen ihres Erotik-Konsums reizvoll finden.

Meist sind auch nicht alle Patreon-Posts dieser Cosplayerinnen nur und immer sexy und aufreizend, aber reguläre Cosplay-Bilder gibt es in solcher Hülle und Fülle auf Instagram etc. zu sehen, dass sich damit nur sehr schwer eine zahlende Kundschaft generieren lassen wird. Zumal aufwändig anzufertigende Kostüme schlicht einen derartigen Zeitaufwand bedeuten, dass man sich schwertut, in einer Geschwindigkeit neue Kostüme und Fotos zu generieren, dass die Kundschaft dauerhaft bereit ist, das monatliche Abo-Konzept von Patreon zu finanzieren, wenn nicht regelmäßig entsprechend hochqualitativer Content bereitgestellt wird.

Die andere Art, Leute zum Bezahlen für Mehrwert zu bekommen, sind Anleitungen und Tutorials. Hierfür braucht es ein recht breites Wissen zu den entsprechenden Themen, sowie die Zeit und Mühe, um jeden Arbeitsschritt zu fotografieren oder zu filmen, und dieses Material dann zudem noch für ein Tutorial passend aufzubereiten. Wer hieran aber generell Spaß hat, kann immense Synergieeffekte auch für Print-Produktionen nutzen, denn sorgfältig gemachte Tutorial-Fotos können auch gedruckt vermarktet werden, und die Nachfrage nach spezifischen Cosplay-Tutorial-Büchern ist durchaus vorhanden.

Die letzte Gruppe derer, die mit Cosplay Geld verdienen, und die tendenziell auch jene sind, die damit tatsächlich ihren kompletten Lebensunterhalt bestreiten, sind Leute, die quasi den Job von Requisitenbauern oder Kostümbildnern für das Marketing der Firmen übernehmen, die ihre Serien und Spiele (insbesondere auf Messen) vermarkten wollen. Gerade im Videospielbereich, aber auch für Hollywood-Franchises ist die Nachfrage in den letzten Jahren sehr hoch gegangen – beziehungsweise hat sich von traditionellen Messebauern etc. in Richtung Cosplayer verschoben. Aber auch hier muss man beachten, dass es sich normalerweise nicht um Festanstellungen handelt, sondern eine Selbstständigkeit. Wer den Lebensunterhalt damit bestreiten will oder muss, muss von einem größeren Auftrag ggf. auch mehrere Monate leben können, weil größere Aufträge nicht jeden Monat sicher sind. Wer in diese Richtung gehen will, sollte sich viele Gedanken zur Preisgestaltung der angebotenen Dienste machen, und unter Umständen sogar einen kompletten Businessplan erstellen und durchrechnen.

Dabei kann die Vergütung von Requisitenbauern und ähnlichen Berufsfeldern durchaus als Referenz hinzugezogen werden. Diese Berufe gibt es schon länger, auf deren Erfahrungen zurückgreifen ist legitim und sinnvoll!

Persönliche Ziele

Doch wo bleibt bei all dem noch der Spaß? Wenn man jeden Tag an Kostümen und Props arbeiten muss, um den Lebensunterhalt zu finanzieren, kann das auch dazu führen, dass die Begeisterung schwindet. Das scheinbar ultimative Ziel, auf jeden Fall Geld mit dem Hobby zu verdienen, ist absolut nicht die einzige Motivation, Cosplay dauerhaft zu betreiben. Es ist gerade in der deutschen Szene sogar eher die seltene Ausnahme.

© Van „Chikara-chan“ Tran
© Van „Chikara-chan“ Tran

Jeder Mensch ist aus anderen Gründen heraus motiviert, und wie bereits oben dargelegt: Es braucht auch sehr unterschiedliche Fähigkeiten, um die aufgezeigten Erfolge herbeizuführen.

Das muss nicht jedermanns oder jederfraus Sache sein. Es gibt auch den ganz persönlichen Erfolg: Die eigenen Fähigkeiten erweitern, eine neue Technik erlernen, ein lang geplantes Traumcosplay umsetzen. Jeder noch so kleine Schritt kann ein persönlicher Erfolg sein – und es ist auch vollkommen legitim und sogar sinnvoll, sich kleinere, erreichbare Ziele zu stecken!

Viele Cosplayer haben schnell eine lange Liste von Kostümen, die sie gerne noch umsetzen möchten, und die Zeit reicht selten für alle. Das kann demotivieren, ebenso wie danebengegangene Props, und natürlich die scheinbar endlose Reihe von überaus guten Cosplayern, die man auf Instagram zu sehen bekommt. Sich selbst ein paar Erfolgserlebnisse zu verschaffen, ist da hilfreich und heilsam.

Was man persönlich als Erfolg erlebt, ist sehr individuell. Für mache mag das auch schon das Zusammensein auf einer Convention sein, für andere muss es eine komplette Cosplay-Gruppe mit allen Charakteren sein, oder eben eine erste Platzierung bei einem Cosplay-Wettbewerb. Nichts davon ist verkehrt! Geht in euch und überlegt, was euch im Zusammenhang mit Cosplay glücklich gemacht hat. Das kann für manche auch mehr das Fertigstellen des Kostüms als das Tragen sein. Ihr werdet sicher etwas finden wo ihr sagt: Das will ich (wieder) erleben!

Daraufhin zu arbeiten, dass dieses Ziel verwirklich wird, kann dann mit ganz anderer Motivation geschehen. Und wenn dieses Ziel dann erreicht ist, habt ihr euren ganz eigenen Erfolg im Cosplay!

Lasst euch nicht einschüchtern von den vielen Followern und scheinbar perfekten Bildern der anderen. Cosplay ist, was ihr draus macht. Und den persönlichen Erfolg, den kann euch wirklich niemand wegnehmen!

Artikelbild: Depositphotos |ra2studio, mentatdgt, Bearbeitet von Verena Bach

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