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Die vierte regeltechnische Erweiterung zum Warhammer 40.000-Skirmish Kill Team widmet sich laut Titel Elite-Auswahlen. Und tatsächlich finden wir eine ordentliche Menge neuer Profile für unsere Aufstellungen. Doch daneben steckt noch mehr im Buch, was es potenziell zur bisher besten Erweiterung macht.

Obwohl Kill Team bereits zum Release im letzten Jahr ein durchaus gutes Spiel war, das auch unter der Spielerschaft einigen Anklang fand, gab es Grund zur Kritik. Insbesondere das vermeintliche Fehlen diverser Einheiten, die man in der 2016er-Vorgängerversion noch einsetzen konnte, wurde mit Enttäuschung aufgenommen. Auch die Einordnung vieler beliebter Space-Marines-Orden wie beispielsweise der Space Wolves unter der Oberkategorie „Adeptus Astartes“ stieß bei den jeweiligen Spielern auf wenig Gegenliebe. Auch wir kreideten dies in unserer Rezension an:

Andererseits sind wir nun auf jene Modelle beschränkt, die im Buch vorhanden sind, was einige Modelle diesmal außen vor lässt, die wir 2016 noch wählen konnten. Hier hätten wir uns durchaus einige weitere Auswahlen und (Unter-)Fraktionen gewünscht.

Spaß hatten wir und viele andere Spieler trotzdem, und schon damals rechnete man damit, dass in Kürze eine Erweiterung erscheinen und uns mit neuen Auswahlen versorgen würde. Nach einer großen Box mit neuen Regeln und zwei neuen Fraktionen (Rogue Trader), der Option, besondere Anführer einzusetzen und zu individualisieren (Kommandeure) und besonders ausbalancierte Spiele für Turniere zu ermöglichen (Arena), ist es nun soweit: Kill Team Elite verspricht uns, dass wir endlich mehr Einheiten zur Auswahl haben werden.

Neue Einheiten

Und tatsächlich bekommen wir davon eine ordentliche Menge: Ganze 67 Datenblätter sind enthalten – rund ein Drittel mehr als im Grundhandbuch insgesamt vorhanden waren! Abseits der Harlequins erhalten alle Fraktionen des Grundspiels neue Auswahlen. Die später mit Rogue Trader eingeführten Fraktionen gehen leider leer aus.

Viele der neuen Auswahlen sind Kommandeure – eine spezifische Art von Modell, die mit der gleichnamigen Erweiterung eingeführt wurde. Beispielsweise finden nun Captains, Spiritseer oder Masters of Execution Einzug ins Spiel. Mit Sly Marbo, Tech-Priest Manipulus und anderen schaffen es auch einzelne namenhafte Figuren in das 144-seitige Buch – wobei letzterer bereits im Starter des Adeptus Mechanicus veröffentlicht wurde.

Tatsächlich sind fast 30 der neuen Auswahlen Kommandeure, die nur mit der entsprechenden Erweiterung nutzbar sind. Dies sollte Käufern bewusst sein – Elite ist nicht nur eine Erweiterung zu Kill Team selbst, sondern auch eine Erweiterung zur Erweiterung. Dies wird allerdings nicht anders kommuniziert, so dass man als Käufer nicht überrascht sein dürfte, sofern man zuvor die Beschreibung gelesen hat. Dass man nun aber für einige Einheiten gleich in drei Büchern blättern muss (da Fähigkeiten aus dem Grundbuch hier nicht erneut beschrieben werden), ist dennoch unhandlich.

Rechnet man die Kommandeure hinaus, bleiben immerhin noch knapp 40 neue Einheiten übrig. Immer noch eine recht starke Anzahl. Darunter sind weitere Primaris-Marines, Veteranen, Terminatoren und viele mehr. Allein diese vielen Auswahlen machen das Buch zu einer der lohnendsten Kill Team-Erweiterungen und behebt zumindest zu Teilen das Manko fehlender Auswahlen.

Auch eine neue Fraktion wird eingeführt: Der Adeptus Custodes, auch bekannt als die Leibwache des Imperators selbst. Neben einem Shield-Captain als Kommandeur sind Custodian Guard und Allarus Custodian als Datenblätter vorhanden. Die elitären Krieger sind aber natürlich nicht günstig – und auch wenn regeltechnisch eine Aufstellung unter 100 Punkte möglich ist, so ist es doch gut, dass es inzwischen auch Missionen für höhere Punktezahlen gibt.

Weitere Inhalte

Für jede der enthaltenen Fraktionen – außer der Deathwatch, die jedoch statt fraktions-spezifischer Modelle „nur“ Modelle des Adeptus Astartes nutzen darf – gibt es eine einleitende Seite mit kurzer Beschreibung der Fraktion beziehungsweise der neuen Einheiten. Für viele, die „ihre“ Fraktionen kennen, sicher nicht unbedingt nötig, aber zum Reinlesen in andere Fraktionen oder für Einsteiger zumindest ganz nett.

Unterfraktionen

Bedeutender sind dagegen die neuen Regeln für Unterfraktionen. Gemeint sind hiermit tiefergehende Untergliederungen – beispielsweise für verschiedene Orden des Adeptus Astartes, Fabrikwelten des Adeptus Mechanicus oder Craftworlds der Asuryani (Eldar). Zumindest hier werden auch die Harlequins bedacht.

Abseits der Fraktionen, die ohnehin eine eigene Untergliederung darstellen (z. B. Grey Knights oder Death Guard), erhalten alle Grundhandbuch-Fraktionen derartige Untergliederungen, womit sie gestärkt werden – für die nicht bedachten Fraktionen ergibt sich de facto eine Schwächung.

Die neuen Unterfraktionsregeln sind relativ stark und lassen sich leicht anwenden: Man kann für jedes Modell eine Unterfraktion wählen, und wenn alle Modelle in Gefechtsordnung derselben entstammen (beispielsweise Ultramarines oder Space Wolves), erhalten sie die entsprechende Sonderregel. Um beim Beispiel zu bleiben: Ultramarines addieren 1 auf den Moralwert und können zudem (eingeschränkt) schießen, auch wenn sie ausgewichen sind oder sich zurückgezogen haben. Space Wolves hingegen addieren unter bestimmten Umständen 1 auf Trefferwürfe im Nahkampf und profitieren stärker von einer speziellen Kommandeurstaktik.

Generell eine schöne Idee, um zumindest ein wenig vom unterschiedlichen Spielgefühl innerhalb der Fraktionen herzustellen. Schade bloß, dass spezifische Einheiten von Unterfraktionen weiter nicht ins Spiel gelangen.

Weitere Regeln und Missionen

Als zusätzliche Erweiterung zu Kommandeure wird eine weitere Spezialisierung namens „Legendärer Jäger“ eingeführt. Insgesamt fünf namenhafte Figuren nutzen diese Spezialisierung – und haben auch keine Option auf andere. Nicht einmal die Stufe darf ausgewählt werden.

Auch neue Taktiken für die Fraktionen sind enthalten (außer für die Harlequins). Die Anzahl reicht dabei von 1 bis 12 pro Fraktion, wobei sich viele Taktiken auf bestimmte Auswahlen beziehen.

Die Taktiken sind inzwischen leider etwas, was für Gelegenheitsspieler und Einsteiger eher undurchsichtig geworden ist und das Spiel ziemlich ausbremsen kann. Dies liegt an der breiten Verteilung über die Publikationen sowie die angesammelte Menge.

Beispiel Astra Militarum: Zu den sechs generellen Taktiken kommen je eine für Anführer und die drei möglichen Spezialisten auf der ersten Stufe. Hinzu kommen vier fraktionsspezifische – allein mit dem Grundhandbuch sind wir also bei 14 Taktiken. Im Fraktions-Starter finden wir sieben weitere Taktiken, die exklusiv in dieser Box enthalten sind – so sind wir bereits bei 21.

Wollen wir mehr Abwechslung hinsichtlich der Modelle haben, erweitern wir unser Spiel um Kommandeure und Elite – dies ist schließlich der Sinn dieser Erweiterungen. Zu den drei generischen Kommandeurs-Taktiken kommt mindestens eine der Spezialisierung sowie eine modell-spezifische. Mit Elite kommt eine weitere hinzu. Insgesamt sind wir so bei 27 möglichen Taktiken, verteilt auf drei Bücher und mehrere Karten aus einer Box. Mit höherstufigen Modellen und Kommandeuren wächst die Zahl natürlich.

Zweites Beispiel Necrons. Im Grundhandbuch finden wir sechs Fraktions-Taktiken, im Fraktionsstarter ebenfalls sieben exklusive Karten. Zwischenstand: 23. Beide Kommandeur-Optionen bringen zwei eigene Taktiken mit, so dass wir hiernach bereits bei 29 sind. Elite bringt nun zwei weitere (eigentlich sieben, von denen fünf jedoch bereits im Fraktionsstarter waren), so dass wir bei 31 landen – und ggf. mehr, wenn wir beispielsweise einen höherstufigen Kommandeur nutzen.

Ergebnis: Während des Spiels schaut man ständig auf seine Karten und in die Bücher, sofern man nicht schon zigmal mit seinem Trupp gespielt hat und dessen Taktiken dadurch inzwischen quasi auswendig weiß. Das Spiel wird spürbar ausgebremst. Als leichter Einstieg ins Tabletop-Hobby für die Zielgruppe der (Gelegenheits)-Spieler mit weniger Zeit funktioniert Kill Team immer weniger. Zumal durch Gelände und Missionen ja nochmals weitere Taktiken hinzukommen können.

Dies ist natürlich keine spezifische Schwäche von Elite, sollte Spielern aber bewusst sein, wenn sie die Kill Team-Erweiterungen nutzen wollen, aber nicht regelmäßig spielen.

Für Modelle in Reserve gibt es eine weitere Taktik – immerhin finden wir nun auch Regeln für Reserve-Aufstellungen. Diese dürfen generell genutzt werden, es sei denn, die Regeln für besonders beengte Räume finden Anwendung – beispielsweise in Kill Team Arena, welches in allen Missionen diese Regeln nutzt.

Zuletzt finden wir auch wieder neue Missionen: drei für das freie Spiel sowie jeweils vier für erzählerisches und ausgewogenes Spiel. Die Missionen machen dabei durchaus einen guten Eindruck und haben uns Spaß gemacht. Punktemäßig begrenzen die Missionen die Kill Teams auf teils 125, teils 200 Punkte. In einigen ist ein Kommandeur optional, in anderen sogar Pflicht.

Bislang sind 200 Punkte übrigens die Höchstgrenze bei den Missionen. Seltsamerweise, denn einige hochstufige Kommandeure kosten allein schon fast so viel. Ein reguläres Team (mindestens drei Modelle) ist somit gar nicht aufzustellen. Ergo: Entweder ist die Punktegrenze der Missionen zu klein und muss mittels Hausregeln angepasst werden, oder einige Kommandeure sind einfach so teuer, dass sie nie legal gespielt werden können. Das Problem hatte bereits die Kommandeure-Erweiterung – Elite reiht sich hier quasi nur ein. Das Anheben des Punktelimits sollte natürlich in der Praxis niemanden vor ein Problem stellen. Wenn es aber schon Punktegrenzen für die Missionen gibt, dann sollte es sie auch so vielfältig geben, dass alle Modelle eingesetzt werden können.

Ausstattung

Das 144-seitige A4-Buch ist im gewohnten Stil der bisherigen Kill Team-Bücher gehalten und fügt sich dort nahtlos ein. Die Seiten sind angenehm stabil, der Farbdruck ohne Mängel und für ein Softcover macht es einen durchaus guten Eindruck.

Einige Illustrationen lockern die Seiten zuweilen auf, was den guten Eindruck verstärkt, ohne dass die Bilder im Fokus stehen oder aufdringlich wirken würden. Auf insgesamt zehn Seiten finden sich zudem Bilder bemalter Modelle, was in Zeiten des Internets sicher nicht spektakulär, aber auch nicht unpassend ist. Auf der letzten Seite finden sich Muster-Einheitenkarten. Diese Seite darf zum persönlichen Gebrauch kopiert werden. An dieser Stelle wäre es allerdings schöner gewesen, wenn die Karten auf weißem oder zumindest hellem Grund wären statt auf schwarzem.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Games Workshop
  • Autor(en): keine Angabe
  • Erscheinungsjahr: 20109
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 30–60 Minuten
  • Spieleranzahl: 2
  • Alter: keine Angabe
  • Preis: 32,50 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Es sind keine Bonus- oder Downloadinhalte verfügbar. In der gleichen Wave sind jedoch – wie üblich – einige neue Boxen erschienen:

  • Sector Sanctoris – eine Geländebox, inklusive doppelseitigem Bodenplan, spezifischen neuen Missionen, passenden Geländeregeln und 12 Taktiken zur Nutzung beim Spiel mit diesem Set.
  • Die Fraktalklingen, Zahnreißas Piratenz und Die Überträger der Marter – Starterboxen für Thousand Sons, Orks und Death Guard, jeweils inklusive etwas Gelände, neuen Missionen und mehreren, teils exklusiven Fraktions-Taktikkarten.

Die neuen Starterboxen basieren allesamt auf der Elite-Erweiterung und enthalten Modelle, die in dieser eingeführt wurden. In Kürze werden wir uns zwei dieser Starter noch genauer ansehen.

Übrigens sind im White Dwarf kürzlich neue exklusive Regeln für Kill Team veröffentlicht worden: In der Juni-Ausgabe finden wir Regeln, um Kill Team-Partien auf den Bodenplänen des Brettspiels Blackstone Fortress zu spielen, im Juli sind Regeln für den Einsatz von Chaos-Dämonen und Inquisitor Eisenhorn vorhanden.

Fazit

Elite erweitert Kill Team in erster Linie um fast 30 neue Kommandeure und fast 40 neue Einheiten – was die Erweiterung allein schon empfehlenswert macht. Mit den neuen Unterfraktionen und Taktiken wird aber noch mehr geboten, ebenso sind wieder neue Missionen dabei. Dass man inzwischen einiges an Regeln und Taktiken quer über Bücher und Karten verteilt hat, ist zwar unschön, jedoch kein Problem einer einzelnen Erweiterung. Ebenso wäre es schön wenn man hochstufige Kommandeure in offiziellen Missionen spielen könnte, ohne die dortigen Punktegrenzen ignorieren zu müssen.

Dies soll Elite aber nicht abwerten, zumal die Missionen vielmehr ein Bonus sind. Für 32,50 EUR erhält man viele neue Optionen, was diese Erweiterung zur bislang besten macht – sofern man Kommandeure bereits besitzt. Falls nicht, sollte dies gleich miterworben werden, um auch alle Inhalte von Elite nutzen zu können. Aber selbst ohne Kommandeure bringt Elite immer noch soviel Neues, dass der Kauf sich lohnt und für alle Kill Team-Spieler zu empfehlen ist.

Artikelbilder: © Games Workshop
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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