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Die SPIEL steht kurz bevor, und es wird wieder frustrierend. Supporter, die bei jeder Frage hektisch in der Anleitung blättern, ständig nur an anderen Tischen sind und generell Ahnungslosigkeit verkörpern – wer kennt es nicht? Dabei kann es oft gar nicht anders sein, meint Michael, der selbst seit Jahren auf der SPIEL erklärt.

Ich supporte nun schon einige Jahre. Was damit begann, dass ich mein Lieblingsspiel unterstützen wollte, ist heute fast schon ein eigenes Hobby geworden. Während ich privat mit einem Projekt inzwischen tatsächlich als Hobby auf Cons gehe, um Spiele zu erklären, arbeite ich dennoch ab und an auch noch gegen Bezahlung – mindestens auf der SPIEL, wo ich inzwischen für mehrere Verlage aus dem In- und Ausland als Spieleerklärer Erfahrungen sammeln durfte.

Meine Erfahrungen schwanken dabei zwischen sehr gut und sehr chaotisch. Und tatsächlich habe ich, bevor ich selbst Supporter wurde, auch ganz andere Vorstellungen gehabt, als sie in der Realität anzutreffen sind, gerade bei einem Neuheiten-Event wie der SPIEL.

Der Idealfall

Als wir Krosmaster Arena supportet haben, lief das gut. Wir – das war eine Gruppe von Spielern, die das Spiel liebten. Wir waren alle aktiv in der Community, besaßen alles was es davon gab und waren überaus turniererfahren, als Spieler und teils auch als Judges. Als Fans des Spiels hatten wir uns auch schon früher um neue Spieler bemüht und waren daher nicht nur regelfest, sondern auch mehr oder weniger versiert darin, anderen das Spiel zu erklären.

Krosmaster Arena auf der SPIEL 2016 - Foto Michael Fuchs
Krosmaster Arena auf der SPIEL 2016 – Foto Michael Fuchs

Nur hektisch war es. Mit zwei Spieltischen pro Supporter – jedenfalls, wenn keiner Pause machte – konnte das schon stressig werden. Immerhin benötigt man bei diesem Spiel einige Zeit, um es zu erklären, die ersten Züge anzuleiten und aufkommende Fragen zu beantworten. Hinzu kamen immer wieder Fragen von Interessierten, die an der Standfläche vorbeikamen. Gleiches gilt für Spieler, die die Messe als gute Gelegenheit sahen, endlich mal ihre Fragen zu einigen Regeln loszuwerden und kompetente Antworten zu erhalten.

Aber zumindest fiel es uns leicht, all diese Fragen zu beantworten, und ebenso leicht war es, strukturiert zu erklären, so dass es möglichst einfach war, das Spiel kennen zu lernen. Ungewöhnlich fand ich schon da, dass jemand meinte, wir wären etwas Besonderes – weil wir spürbar für das Spiel brennen und unsere eigene Begeisterung transportieren. War das denn so ungewöhnlich? Am Sonntag erhielt ich das Feedback, wir wären die ersten Supporter, die man an den vier Tagen getroffen hätte, die tatsächlich Ahnung hätten von dem was sie tun und auch fähig wären, Nachfragen zu beantworten. Und das am vierten Tag, wow. Ich meine, dort habe ich mich das erste Mal damit beschäftigt, warum das so sein könnte.

1. Problem: Zu wenig Supporter

Man sollte meinen, dass es doch wohl mehr als genug Spieler gibt, die sich eine Kleinigkeit dazuverdienen wollen mit ihrem Hobby. Leider ist dem nicht so. Und so ist es nicht nur üblich, dass es auf den Seiten großer Messen wie der SPIEL Jobbörsen gibt, sondern die Verlage nutzen auf der Suche nach willigen Erklärern mitunter auch ihre Social-Media-Kanäle und Endkunden-Newsletter. Selbst Branchengrößen wie Asmodee gehen diesen Weg.

So kann auch die schönste Planung von der Realität abweichen: Ein Tisch, ein Supporter? Naja, sagen wir zwei Tische. Oder drei. Dass einige Verlage schon von Beginn an so kalkulieren und je nach Art der vorgestellten Spiele mehr oder weniger Supporter planen, macht es auch nicht besser. Ein Supporter für sechs Spieltische? Ja, kommt vor. Und selbst wenn es einfache, schnelle Kinder- oder Familienspiele sind: Man kann sich dennoch leicht denken, dass es schwierig wird, sechs Tische gleichzeitig zu bespaßen.

Eine weitere Konsequenz aus dem Supporter-Mangel ist das Pausen-Problem. Rechtlich muss eine Pause gemacht werden. Aber bei vielen Verlagen klappt dies nicht. Kein Wunder, denn man ist ja ständig beschäftigt und will natürlich auch keine Leute abweisen. Außerdem will man die Mit-Supporter nicht damit belasten, x weitere Tische betreuen zu müssen. Also werden zuweilen statt einstündiger Pausen nur schnelle Raucherpausen gemacht, oder die Pause wird sogar ganz weggelassen. Da viele Verlage eine Stunde Pause bezahlen, wird zuweilen getrickst, und der Dienstbeginn findet schon morgens im Zug statt.

2. Problem: Unerfahrene und unzuverlässige Supporter

Aus dem Problem, dass unzählige Verlage von klein bis groß händeringend Supporter suchen, ergibt sich direkt das nächste Problem. Idealerweise habe ich Supporter, die ich bereits kenne, sei es nur als Spieler. In der Praxis nehmen die Firmen aber letztlich potenziell jeden, der sie kontaktiert und ihnen schreibt, dass er für sie arbeiten würde. Kompetenz, Zuverlässigkeit, Auftreten? Egal, wird schon klappen, Alternativen gibt es eh nicht.

Leider kann man so auch an Leute geraten, die eher weniger gut im Erklären von Spielen sind. Das jedoch ist noch das geringste Problem – im Team lernt man schnell und wird versiert darin. Schlimmer ist es, wenn die neuen Unbekannten unzuverlässig sind, zu spät auftauchen, keine Motivation haben, zu lange Pausen machen – oder gar nicht auftauchen. Gerade, wenn die begehrten Ausstellerkarten schon in den eigenen Händen liegen, gibt es zuweilen Leute, die man danach nie wiedersieht.

So sehen glückliche Hobby-Supporter aus - auf der AniRo Con 2019 - Foto AniRo-Con
So sehen glückliche Hobby-Supporter aus – auf der AniRo Con 2019 – Foto AniRo-Con

Auf der Gegenseite gibt es jedoch auch Verlage, die auf den guten Willen der Spieler setzen, und tatsächlich nichts bezahlen als die Ausstellerkarte und vielleicht noch Verpflegung. Dies mag begrenztem Budget geschuldet sein, aber wie wir schon festgestellt haben: Supporter sind ein knappes Gut, und wer nicht bereit ist, seine Messe-Mitarbeiter zu bezahlen, braucht sich nicht wundern, wenn einige entsprechend unzuverlässig sind – schließlich machen sie das in ihrer Freizeit.

Hinweis: Ich möchte explizit betonen, dass das nicht auf alle zutrifft. Es gibt durchaus Fans, die begeistert ehrenamtlich arbeiten – um dem Verlag, eher aber ihren Lieblingsspielen zu mehr Popularität zu verhelfen.

Und generell – jeder Supporter, egal wie erfahren, hat irgendwann zum ersten Mal supportet. Niemand muss perfekt sein! Traut euch ruhig, gerade im Team sammelt man schnell Erfahrung, und es ist ein ganz anderes, interessantes Erlebnis einer Messe!

3. Problem: Zu viele Spiele

Ein häufiges Problem ist die schiere Fülle an Spielen, die ein einzelner Verlag oft zeigen möchte. Natürlich, man will ja seine Neuheiten zur Messe, die Neuerscheinungen der letzten Monate und am besten auch noch seine Klassiker zeigen.

Leider kann dann ein wenig die Qualität leiden. Erlernt ein Supporter ein Spiel, um es zu erklären, oder zehn? Leicht auszumalen, in welchem Fall der Supporter besser in der Thematik drinsteckt. Eine Kernkompetenz eines guten Supporters ist daher oft, dass man Spiele schnell versteht und anderen vermitteln kann. Und auch viele Spiele müssen nicht unbedingt dazu führen, dass ein Supporter sie schlechter erklärt – alles eine Frage der Vorbereitung.

4. Problem: Mangelnde Vorbereitung

Schön wäre es, wenn man sich im Vorfeld gut vorbereiten kann. Wenn man schon Monate vorher die Anleitungen der neuen Spiele als PDF erhält und wenigstens ein paar Wochen vor dem Event die Spiele zum Testspielen bekommt. So kann man mit anderen Supportern und seinen Freunden ausgiebig spielen, aufkommende Fragen entdecken und klären und auch lernen wie man am besten erklärt.

Nun bitte einmal lachen! Es gibt zwar durchaus Verlage, die den Supportern vorab Spiele zusenden – aber die Regel ist das leider nicht. Oft ist dies auch gar nicht möglich, denn einige Spiele werden quasi auf den letzten Drücker produziert, um sie zur SPIEL fertig zu haben. Bei Kinderspielen mag zum Verstehen die kurze Anleitung genügen, bei komplexen Expertenspielen mit viel Spielmaterial reicht das oftmals allerdings nicht aus.

So ist es ein gewohnter Anblick, am Mittwochabend vor der Messe Supporter zu sehen, die das erste Mal spielen was sie am Folgetag erklären sollen. Je nach Komplexität und Menge der Spiele darf man sich ausmalen, wie „gut“ diese Supporter sein werden. Aber was ist die Alternative, wenn die Spiele erst zur Messe eintreffen?

Pegasus veranstaltet beispielsweise im Vorfeld der SPIEL ein Supportertreffen in der Firmenzentrale. Bei diesem Treffen werden Neuheiten vorgestellt, und die Supporter können gezielt die Spiele spielen, die sie wenige Wochen später erklären sollen. Mitunter geschieht dies noch mit Prototypen – aber zumindest kann man sie spielen. Mit Verpflegung und dem Wiedertreffen seiner vielen Support-Kollegen eine tolle Sache, die überaus Spaß macht – auch wenn man dafür mitunter eine längere Strecke fahren muss. Natürlich funktioniert so etwas nicht für alle Verlage, und nicht jeder Supporter wird dafür Zeit haben. Außerdem kann es auch mit guter Vorbereitung letztlich immer noch anders kommen.

5. Problem: Messe-Chaos

Die beste Vorbereitung kann hinfällig sein, wenn sich etwas ändert. Und das kann es immer wieder tun. So kann es passieren, dass an einem Morgen doch noch ein neues Spiel eintrudelt – und man es vor Messebeginn schnell versucht zu lernen. Oder dass aufgrund der Nachfrage einige Spiele abgebaut werden, um mehr Demorunden für ein anderes Spiel zu ermöglichen – da ist es egal, wie gut der Supporter sich für das andere Spiel vorbereitet hat. Und von Krankheitsausfällen wollen wir erst gar nicht reden!

Mitunter landen Supporter in ganz anderen Bereichen als geplant, müssen sich entsprechend kurzfristig morgens einlesen und alle Pläne sind dahin. Aber was soll man machen? Gerade bei großen Verlagen kann kein Supporter alle Spiele können, und wenn Personen ausfallen oder andere Änderungen eintreten – tja, dann muss man improvisieren. Und eigentlich erfüllen sich die vorher gemachten Pläne nie 1:1, denn irgendwas ist ja immer.

Resümee

Erfahrene Supporter, die routiniert die Neuheiten erklären? Ein Traum. Leider auch nicht mehr. Denn spontane Änderungen lassen sich oft nicht vermeiden, und neue Spiele, die erst zur Messe erscheinen, kann man eben schlecht vorher üben – das liegt in der Natur der Sache.

Allerdings ist auch nicht alles schlecht. Viele Supporter sind begeisterte Spieler, leidenschaftliche Fans – genau wie die Besucher. Wir sind alle zusammen eine Szene, und wenn man bedenkt, dass der Mensch an sich Negatives viel stärker wahrnimmt als Positives, kann man wohl sagen: Es gibt auch viel guten Support und reichlich Support, der so gut ist, wie er unter den Umständen nur sein kann. „Sch…“ Support bleibt vielleicht mehr im Gedächtnis, bildet aber dennoch die Ausnahme.

Hinzu kommt, dass es eben auch zu wenige Supporter gibt – daran könnte theoretisch fast jeder etwas ändern. Geht mit offenen Augen über die Messe, und wenn euch die Spiele eines Verlages gefallen – warum nicht dort supporten? Fragt doch gleich mal nach, ob sie für nächstes Jahr noch Hilfe gebrauchen können.

Denn es lohnt sich! Es mag zwar chaotisch und stressig sein, aber es macht auch Spaß. Glaubt mir, abends mit seinem Team essen zu gehen nach einem erfolgreichen 10-Stunden-Tag ist klasse. Und ein wenig Taschengeld kann zur Messe ja eh jeder gebrauchen, oder? Und übrigens – morgens vorm Einlass am Pulk vorbei durch den Ausstellereingang zu gehen ist herrlich entspannend – das wiegt den Stress der folgenden 10 Stunden fast auf!

Artikelbilder: Michael Fuchs, Teilzeithelden, Bearbeitet von Verena Bach

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