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Der Verlagsname hat etwas mit Fantasy zu tun, im Programm gibt es zwei Fantasybücher, einmal Science-Fiction und einen Ratgeber zur Hundepflege, mehr nicht: Eindeutig ein Kleinverlag. Diese präsentieren sich oft wie ein buntes Sammelsurium verschiedener Bücher, die inhaltlich nicht zusammenpassen, und sind gerade in der Phantastik häufig anzutreffen.

In kaum einem anderen Genre gibt es so viele Kleinverlage für Romane wie in der Phantastik. Auch im Rollenspielbereich gibt es einiges an kleinen Verlagen, allerdings ist der Markt im Ganzen deutlich kleiner. Auch eine für die Szene große Firma wie Ulisses Spiele ist von einer großen international auftretenden Firma wie der Verlagsgruppe Randomhouse Bertelsmann meilenweit entfernt. Manch ein Rollenspielverlag veröffentlicht auch Romane, doch daneben gibt es zahlreiche Kleinverlage, die sich auf Phantastik-Romane konzentrieren.

Kleinverlagen, auch Independent-Verlage genannt, haftet oft der Ruf des Unprofessionellen an, des Gewollten, aber nicht Gekonnten, der schlechten Bücher. Aber stimmt das? Oder kommen von dort die besonders guten Bücher?

Kleinverlag oder kleiner Verlag?

Viele Kleinverlage sind Ein-Personen-Betriebe, oft nicht einmal hauptberuflich. Die Bücher werden in mühevoller Einzelarbeit und mit viel Unterstützung durch Schreibende, Freunde und Familie gemacht. Die Druckkosten sind hoch, die Auflage klein, das Werbebudget nicht vorhanden und auch das Lektorat, oder das Coverdesign, ist mitunter nur mittelmäßig ausgefallen. Dafür steckt sehr viel Herzblut darin, was ein geliebtes Produkt bedeutet. Leider ist das kein Garant für Qualität. Im Gegenteil, einige der Bücher aus Kleinverlagen sind so unfassbar schlecht, dass es einem um das Papier leidtut. Auf der anderen Seite kann sich auch hinter einem mittelmäßigen Cover ein großartiges Buch verbergen.

Außerdem bieten Kleinverlage Lesenden oft auch ein Portfolio abseits des Üblichen. Gerade in der Phantastik werden hier Bücher angeboten, die anderenorts nicht verlegt werden.

So sind beispielsweise Anthologien, die zwar als übliche und für die Entwicklung der Phantastik überaus wichtige Bücher gelten, in größeren Verlagen selten. Sie gelten (nicht zu Unrecht) als schwer verkäuflich, damit unwirtschaftlich, und entsprechend schrecken viele Verlage davor zurück. Gleiches gilt für experimentellere Geschichten oder auch Genres, die eine kleine Fanbasis haben, Steampunk ist hier ein bekannteres Beispiel. Auch an Neuerungen wie Inkas im Weltraum (zB. in Feuerschwingen von Sabrina Železný )würde sich in den großen Verlagshäusern keiner trauen.

Genau auf ungewöhnlichere Genres und Buchformen sind Kleinverlage dagegen oft spezialisiert. Sie bereichern so die ohnehin vielseitige Phantastik abseits des Mainstreams enorm. Dabei ist es umgekehrt auch wichtig, dass die Verlage mitteilen, dass und wie sie sich spezialisieren. Niemand sucht nach „Buch, dass dem Verleger wichtig war“, und auch „Herzensbücher der Verlegerin“ ist alles andere als spezifisch. Mit derartig unklaren Formulierungen wird das potenzielle Publikum schnell wieder verloren, bevor es überhaupt das erste Buch aus dem Kleinverlag gelesen hat. Das ist für Lesende unter Umständen traurig, weil ihnen ein gutes Buch entgeht, für die Verlage kann das wirtschaftlich jedoch fatal werden.


Einige Kleinverlage der deutschsprachigen Phantastik

  • Art Skript Phantastik Verlag: aus diesem Verlag dampfen Bücher in den Genres Steampunk, Space Opera und Dark Fantasy zu ihrem Publikum.
  • Drachenmond: Dieser kleine Verlag bringt vor allem romantische Fantasy, Urban Fantasy und Märchenadaptionen heraus, die auch ohne Drachen auskommen dürfen.
  • Edition Roter Drache: Neben Romanen in den Genres Steampunk und Fantasy werden hier auch Biografien und Sachbücher zum Thema Heidentum veröffentlicht.
  • Ohneohren: dieser garantiert elfenfreie Verlag bringt aus Wien Dark Fantasy und Urban Fantasy, eine Reihe von Anthologien und Science-Fiction unter die Leute.
  • Sternensand: auch in der Schweiz gibt es Kleinverlage, dieser hat sich auf Jugend- und Liebesromane im Fantasy-Genre spezialisiert.

Aktuelle wirtschaftliche Probleme

Kleinverlage aller Genres schwimmen nicht unbedingt im Geld, aber 2019 war wirtschaftlich ein schwieriges Jahr: Im Februar meldete der Großhändler KNV Insolvenz an. Für einige Verlage bedeutete das, dass sie auf das Geld aus dem Weihnachtsgeschäft, also der umsatzstärksten Zeit des Jahres, warten mussten, da dieses nicht innerhalb weniger Stunden vom Buchhandel zum Großhändler zum Verlag fließt. Auch auf der Buchmesse in Leipzig war die KNV-Pleite ein beständiges Gesprächsthema, damit verbunden die Sorgen über das noch ausstehende und jetzt fehlende Geld. Die KNV-Insolvenz betraf Verlage aller Größen, allerdings haben große Verlagshäuser eher die Mittel, Engpässe abzufangen als Ein-Personen-Betriebe.

Im August folgte der nächste Schlag, der diesmal mehr die kleinen Verlage betraf: Der Großhändler Libri, der wie KNV Buchhandlungen und zahlreiche Onlineshops beliefert, nahm eine ganze Reihe Bücher aus Kleinverlagen aus dem Programm. Die Begründung war ein Strategiewechsel auf Seiten Libris, der auch eine Verkleinerung des Lagerbestandes beinhaltete. Laut dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels bot Libri an, dass Kleinverlage entsprechende Bücher gern über Books on Demand drucken lassen können. Dass die Verlage die entsprechenden Bücher noch in gedruckter Form auf Lager haben, spielte dabei offenbar keine Rolle. Auch die Tatsache, dass BoD zu hundert Prozent eine Libri-Tochter ist, könnte an dieser Stelle zu denken geben.

Selbstverständlich lassen sich die Bücher aus kleinen Verlagen weiterhin direkt bei diesen (und in vielen Fällen auch weiterhin bei Amazon) bestellen. Allerdings tauchen die Bücher nicht mehr im Katalog in Buchhandlungen auf, wenn sie der Großhändler als dem Bestand entfernt hat. Es kann also sein, dass es heißt, das entsprechende Buch sei nicht lieferbar. Gute Buchhandlungen recherchieren entsprechend und bestellen auch beim Verlag direkt, allerdings verlieren die Bücher so erneut an Sichtbarkeit. Das ist für Bücher ohne großes Werbebudget noch schlimmer, als wenn „nur“ auf die Werbetafel am Hauptbahnhof verzichtet werden muss. An dieser Stelle wird es für die kleinen Verlage umso wichtiger, dass die Bücher aus ihrem Programm gelesen und gekauft werden.

Teilzeithelden und Kleinverlage

Wir haben bereits einige Bücher aus Kleinverlagen besprochen und planen, das auch in Zukunft weiterhin zu tun. Dabei haben wir zwischen guter Unterhaltung und absoluten Katastrophen schon alles erlebt.

Wir glauben, dass Kleinverlage Abwechslung in die Phantastik bringen. Sie erweitern die Vielfalt, verlegen Genres und Bücher, die als „schwer verkäuflich“ gelten, und greifen Themen abseits des Mainstreams auf. Natürlich sind einige Bücher aus Kleinverlagen schlecht, aber andere sind es wert, gelesen, gekauft und verschenkt zu werden. Letztlich muss hier ebenso sorgfältig ausgesucht werden wie bei Büchern aus großen Verlagshäusern. Die Größe des Verlags ist kein Garant für die Qualität des Buches oder das Lesevergnügen.

Artikelbild: © yulan | depositphotos.com
Verlagslogos: © jeweiliger Verlag

4 Kommentare

  1. Schade das „Die Größe des Verlags ist kein Garant für die Qualität des Buches oder das Lesevergnügen.“ erst zum Schluß einmal erwähnt wird, wo zuvor mehrfach auf scheinbar minderwertigere Qualität der kleinen und Kleinverlage hingewiesen wird, denn das, was sich hinter manchem Großverlag oder gar bekanntem Autor(Innen)Name verbirgt, ist mitunter mindestens ebenso übel und handwerklich schlecht in allen Belangen.

    Dennoch: man kann nicht oft genug daraufhinweisen, das es gerade die Kleinen sind, die Nischen für sich entdecken und abbilden, auf denen man Fantasy und Phantastik auch abseits der ausgetretenen Pfade oder mit wirklich originellen Neuerungen erleben kann.

    Danke dafür.

    • Mea culpa, ich erkenne gerade mit gelinden entsetzen, das man „mitunter mindestens ebenso übel und handwerklich schlecht“ generell dahingehend mißverstehen könnte, alle kleinen und Kleinverlage entsprechend, nun, abwatschn zu wollen.
      Nichts lieget mir ferner.

  2. Sehr schöner Artikel, danke Marie! Ich verfolge das Programm einiger größerer und kleinerer unabhängiger Verlage, weil deren Programme und Veröffentlichungspolitik meinen Geschmack treffen. Häufig ist es m.E. schwierig, den Überblick über die verschiedenen Player und Veröffentlichungen zu behalten und damit auf Neues aufmerksam zu werden. Da hilft nur Information und Kritik, gerne auch über Teilzeithelden. Also bitte mehr davon!

  3. Äh, Sorry… was soll dieser Artikel? Der Titel spricht pro Kleinverlagsszene… der Inhalt jedoch spricht davon, dass alle Kleinverlage schlechte Geschichten liefern, hässliche Cover haben, kein Lektorat leisten können und Marketing ohnehin nicht machen. Der gesamte Artikel zieht allgemein über Kleinverlage her, ohne hier zu differenzieren. In Nebensätzen wird dann erwähnt, dass bei großen Verlagen auch nicht immer alles schön ist und am Ende kommt dann wieder: lest Bücher von Kleinverlagen. Ja, warum sollte ich denn Bücher von Kleinverlagen lesen, wo die doch nach eurer Aussage hier alle voll scheiße sind? Der Text verfehlt sein Ziel! Wir sind uns alle einig, dass es gute und schlechte Verlage gibt. Welche Größe die haben, ist dabei jedoch vollkommen unerheblich. Das kommt hier in diesem Text aber kaum raus. Und es wird ja nicht nur an der Umsetzung der Bücher geschimpft, sondern auch an den Themen, „die Großverlage ja nicht mit der Kneifzange anfassen wollten, weil die kein Geld bringen“… warum? Weil die scheiße sind? Wer also Bücher aus Kleinverlagen liest, liest miesen Schund, weil was anderes machen die ja nicht? Also ehrlich: ich fühle mich hier als Leserin absolut beleidigt! Da versuche ich meinen Freundeskreis davon zu überzeugen, zu Weihnachten Bücher aus kleinen Verlagen, von Selfpublishern und Indie-Autoren zu verschenken… und dann kommt dieser Artikel…

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