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Eventfotografie stellt für jeden Fotografen immer eine ganz besondere Herausforderung dar, da kein Moment wiederholt werden kann. So steht bei einer Hochzeit der Fotograf unter einem ganz besonderen Druck, denn diese Augenblicke sind im wahrsten Sinne des Wortes einmalig.

Jedoch hat eine Hochzeit (und viele andere Events) im direkten Vergleich zu einem LARP ganz besondere Vorteile.  Der größte Vorteil ist eine relative Vorhersehbarkeit. Die Hochzeitszeremonie an sich ist eher ein Ritual als ein Event und daher sind die Abläufe immer dieselben.

Ein erfahrener Hochzeitsfotograf kennt die einzelnen Schritte des Rituals und kann sich im Vorfeld in die günstigste Position begeben. Auch ist die Geschwindigkeit, in der die einzelnen Abläufe geschehen, eher langsam und würdevoll, zusätzlich sind die Lichtbedingungen innerhalb eines Kirchengebäudes oder im Standesamt relativ konstant. Auf einem Feld-, Wald- und Wiesen-LARP kommen auf den Fotografen ganz besondere Herausforderungen zu:

§1.  Sei unsichtbar

Auf einem LARP ist für die Spieler nichts furchtbarer als ein Fotograf, der sich in den Vordergrund spielt und die Immersion der Spielenden nachhaltig stört. Du bist zwar vor Ort, um tolle Bilder zu machen, aber nicht auf Kosten des Spielflusses. Das bedeutet auch, dass Blitze, Reflektoren und dergleichen natürlich tabu sind. Ein gutes Zoomobjektiv (z.B. das Tamron 70-200 mm) hilft dir da sehr.

Ein Tipp: Ein guter Telekonverter macht aus deinem 200 mm-Objektiv ein 400 mm- Objektiv und kostet so um die 130,00 EUR. Die Lichtstärke halbiert sich zwar, aber das spielt im Hochsommer keine große Rolle.

§2. Sei eins mit den Spielfluss

LARP untersteht seinen eigenen Regeln und Gesetzen. Fünf Minuten werden in schöner Regelmäßigkeit mal zu einer halben Stunde. Den Protagonisten kommt immer etwas in die Quere. Doch wenn der Fotograf ein offenes Ohr hat, dann bekommt er gute Hinweise, wo sich eine spannende Szene abspielen wird. Auch gibt es relativ homogene Zeiten, an denen wenig passiert – wie beispielsweise in der brütenden Mittagssonne. Natürlich explodiert dann die Aktivität, sobald die Mittagshitze ein wenig erträglicher geworden ist. Ab einer gewissen Uhrzeit sollte man ein lichtstarkes Objektiv in der Tasche haben (und sei es nur das „Pancake“ – 50 mm f1.8 für rund 130,00 EUR)

Als Fotograf ist es sinnvoll, sich im Vorfeld das Plotbuch aushändigen zu lassen, so ist es leichter, einzelne Szenen im Gesamtkontext zuzuordnen. Dadurch kann man gut beurteilen, wo und wann etwas Spannendes geschehen wird. Wenn es dann losgeht, darfst du natürlich nicht im Wege stehen. Spielfluss geht vor Bilder! Wenn du früher als die Spieler an einer Plotlocation bist und dort schon NSCs warten, mach ein paar schöne Bilder von den Mädels und Jungs, die freuen sich und die Zeit geht schneller herum. Auch ist es eine gute Idee, im Vorfeld zu gucken, wo du dich möglichst ungestört hinstellen kannst, wo der Hintergrund hübsch ist und von wo du die Sonne im Rücken hast.

Hinweis: Ich fotografiere mit Canon, daher beziehen sich meine direkten Empfehlungen auf diese Marke.

§3 Jeder hat das Recht auf sein Foto

Als LARP-Fotograf bist du in erster Linie Dienstleister des Veranstalters (auch wenn du ehrenamtlich arbeitest) und in zweiter Linie Künstler. Natürlich möchte jeder LARP-Fotograf die krassesten Szenen und Gewandungen einfangen und das soll er auch, sollte dabei aber nicht die kleinen Szenen vergessen.

Jeder freut sich über sein Bild, seine Erinnerung von der Con. Auch wenn die Gewandung gegebenenfalls noch nicht so ausgefeilt ist wie andere Standards, sollte das kein Hindernis sein, trotzdem ein Foto zu machen. Natürlich wird jeder Fotograf auf einer Veranstaltung, durchaus auch unbewusst, seine Lieblinge haben, aber ein Blick jenseits des Suchers bringt dir viele Sympathien. Es kostet dich ja so gut wie keine Ressourcen.

§4 Respektiere die Wünsche der Spieler

Natürlich wird jeder Spieler, der an der Veranstaltung teilnimmt, die DSGVO unterschrieben und damit seine Erlaubnis gegeben haben, während der Veranstaltung fotografiert werden zu dürfen. Jedoch gibt es trotzdem Teilnehmende, die nicht fotografiert werden wollen und dies gilt es, trotz der Erlaubnis zu respektieren. Zum einen kann das Einverständnis jederzeit wieder zurückgenommen werden und zum anderen – warum solltest du diesem Wunsch nicht nachkommen?

Entweder wirst du direkt angesprochen: „Hi, mich bitte nicht direkt – aber wenn ich Teil einer Gruppe bin, ist das O.K.“ , oder du wirst es an der Körperhaltung bemerken: Wenn du erkannt wirst, dreht sich die Person von dir weg. Manchmal kann es sinnvoll sein, mit der Person zu sprechen. Nicht um nach den Gründen zu fragen, denn ein „Nein“ muss nie begründet werden, sondern um zu fragen, ob man bewusst ein Portrait machen darf, um sich beim Fotosortieren besser an die Person erinnern zu können.

Ich habe ein furchtbares Gesichtergedächtnis und kann hier jede Hilfe brauchen, auch kann das Gesicht bei einer Gesichtskennungssoftware helfen, die Person gezielt zu identifizieren und schneller aussortieren zu können.

§5 Die Würde des Menschen ist unantastbar

Nicht umsonst §1 unseres Grundgesetzes und sollte natürlich in dieser Liste auch auf dem ersten Platz stehen. Ich gehe jedoch davon aus, dass diese Worte den LARP-Fotografen bekannt sind und möchte an dieser Stelle darauf eingehen, was dies für die LARP-Fotografie bedeutet. Fotos zu machen, kann eine Waffe sein. Nicht umsonst ist das Cybermobbing dank Smartphone und Co. massiv angestiegen. Wenn beispielsweise Menschen sprechen und wir diesen Moment einfangen, dann kann das lustige Gesichtsausdrücke festhalten. Das Gleiche gilt beim Essen.

Löscht diese Bilder einfach wieder sofort. Bei einer Rede gilt es, den Moment einer Sprechpause abzuwarten oder einen entspannten Gesichtsausdruck zu finden. Hier kann eine Serie von Fotos helfen. Ein Bild auf Kosten Anderer zu veröffentlichen, ist nicht nur gemein, sondern schadet auch deinem Ruf.

Die Spieler müssen sich sicher sein, dass sie alle in einem vorteilhaften Licht abgelichtet werden. Nur so kann entspanntes Spiel entstehen und die wirklich epischen Situationen können sich entwickeln.

§6 Kenne dein Equipment (habe einen Plan B)

Egal was du machst, richte dich darauf ein, dass du für diese tolle Szene das falsche Objektiv auf den Body geschraubt haben wirst. Wenn du eine Idee hast, welche Szenen entstehen werden, so kannst du das richtige Objektiv vorbereiten. Mit einem langen Teleobjektiv, mache ich beispielsweise gerne unbemerkt Portraits oder Stillleben, während für Szenen mit vielen Menschen (Gruppenbilder, Kämpfe, Rituale) je nach Bildwunsch ein Weitwinkel (z.B. 30 mm) eher zu empfehlen ist.

Die Lichtverhältnisse im Freien ändern sich quasi mit jeder Wolke am Himmel.
Ich empfinde es nicht als Schande, als Anfänger nicht immer im manuellen Modus zu fotografieren, sondern sich von der Elektronik der Kamera ein wenig helfen zu lassen.
Als Anfänger hat man mit dem Bildausschnitt schon genug zu tun. Natürlich geht im vollen Automatikmodus viel von der eigenen Kreativität verloren, aber bevor es von der Veranstaltung keine Bilder gibt, fertig man lieber auch solche Bilder an.

Mit welchem ISO-Wert, bei welcher Blende und mit welcher Belichtungszeit man ein Foto schießt, sollte intuitiv von der Hand gehen. Bei gutem Licht wähle ich meist einen möglichst niedrigen ISO-Wert (100-200) und sehr oft die niedrigste Blende, die mein Objektiv kann, als meine Konstanten. So erzeuge ich eine schöne Tiefenunschärfe und kann ich mich voll und ganz auf die richtige Belichtungszeit konzentrieren.

Sollte eine Kamera oder ein Objektiv wegen beispielsweise zu großer Hitze ausfallen, ist es gut, noch eine Ersatzkamera oder -objektiv in der Tasche zu haben – natürlich gibt das nicht jeder Geldbeutel her und gerade Fotografen, die in dieses schöne Hobby einsteigen, werden diese Möglichkeit nicht haben. Aber wenn es eine zweite Kamera gibt, nimm sie zur Sicherheit mit.

§6b Dein Equipment jenseits der Technik

Du wirst viele Kilometer laufen, vielleicht sogar mehr als mancher Spieler. Deine Füße werden dir ein gutes Schuhwerk danken. Auch ist ein Hut im Hochsommer unverzichtbar. Einen Sonnenstich kann niemand gebrauchen. Außerdem rate ich dir dazu, immer eine Flasche Wasser dabei zu haben. Natürlich gilt für dich wie für jeden Teilnehmer und auch die SL: Wird dir Wasser angeboten, trinkst du einen Schluck, auch wenn du glaubst, nicht trinken zu müssen.

§7 Gib deinen „Modellen“ einen Rückzugsraum

Die Spieler sollten einen Ort haben, an dem sie sich unbeobachtet fühlen können. Daher halte ich Fotos im Lager für schwierig. Zum einen befinden sich sehr oft OT-Gegenstände auf den Tischen (was in Ordnung sein kann, aber auf Fotos unschön aussieht) und zum anderen sitzen dann die Gewandungen oft auch etwas „lockerer“.

Wenn ich bemerke, dass die Spieler ohnehin gerade eine kleine OT-Auszeit in ihrem Lager haben, dann mache ich mich oft bemerkbar und mache ein paar gestellte Portraits, sofern gewünscht.

§8 Lege Rechte und Pflichten mit der Orga schriftlich nieder

Auch wenn kein Honorar fließt, ist es eine gute Idee, einen sogenannten TFP-Vertrag („Time For Pictures“) abzuschließen. Der Vertrag sollte darauf hinweisen, dass alle Teilnehmenden die Fotografenklausel unterschreiben werden und dass die Orga die Verantwortung dafür trägt. Das reine Vermerken dieser Klausel in den Veranstaltungs-AGB ist heutzutage nicht mehr ausreichend. Schreibt auch nieder, welche Rechte du als Urheber selbst an den Bildern behältst und welche Rechte die Orga an selbigen erwirbt.

Die Orga wird die Bilder vielleicht auf ihren Social-Media-Kanälen verwenden wollen, während du eine Auswahl in dein Portfolio auf deiner Website verwenden möchtest. Hier wird es schnell komplex, aber ihr schafft Sicherheit für beide Seiten – und hast du solch einen Vertrag erst einmal geschrieben, kannst du diesen als Vorlage für weitere Gelegenheiten nutzen.“

§9 Zuverlässigkeit ist das A und O

Spieler sind heiß auf „ihre“ Bilder nach einer Con wie Kinder auf Eis im Hochsommer. Daher ist dir bei einer zeitnahen Veröffentlichung ewige Dankbarkeit gewiss. Dabei habe ich zwei Fotografenstile beobachtet. Einige Fotografen bearbeiten ihre Bilder sehr aufwändig und das braucht seine Zeit: sortieren, zurechtschneiden, editieren, die passenden Filter wählen, eventuell noch einen Effekt hinzufügen und was nicht noch alles.

Selbst, wenn ich an einem Bild nur drei Minuten arbeite, sind das bei gerade einmal hundert Bildern fünf Stunden kontinuierliche Arbeit.  Da LARP-Fotografen das als Hobby machen, verwundert es nicht, dass man auf die Bilder schon mal etwas länger warten muss. Solltest du dich als Fotograf jedoch dazu hinreißen lassen, eine Deadline zu nennen, dann solltest du auch dafür sorgen, dass du sie einhältst. Spieler haben, was das angeht, ein Elefantengedächtnis und nageln dich drauf fest. Gib dir lieber einen großzügigen Puffer und überrasche die Community damit, dass du schneller fertig geworden bist. 

Es gibt jedoch auch die Fotografen, die ihre Bilder „Out of Cam“, also völlig unbearbeitet, herzeigen und keine aufwändige Nachbearbeitung machen oder machen können. Auf der einen Seite bedarf es etwas an Übung, als Fotograf schöne Bilder ohne Bearbeitung zu erstellen, auf der anderen Seite haben die Bilder natürlich nicht den Wow-Effekt, als wenn sie bearbeitet worden wären. Für mich sind sie einfach authentischer, aber das ist dann eine Frage des Geschmacks und des Stils. Vielleicht funktioniert ja eine Kombination ganz gut. Zuerst liefert man eine große Auswahl unbearbeiter Bilder in relativ kurzer Zeit, dann bearbeitet dann noch seine Lieblingsbilder nach eigenem Tempo für den Wow-Effekt.

§10 Die eigentliche „Arbeit“ kommt hinterher – habe einen Workflow

Auf einer Wochenend-Con kommen schon mal locker über zweitausend Bilder zusammen. Diese zu sortieren und zu finalisieren erfordert Zeit, daher ist ein gezieltes Vorgehen immer eine gute Idee. Du kannst, wenn du noch fit bist und Platz, Zeit und Strom hast, bereits am Abend (wenn das Licht zum Fotografieren nicht mehr ausreicht) die Beute des Tages an einem Laptop sichten und auf einer externen Festplatte sichern. Die meisten Fotografen werden im Raw-Format fotografieren. Gerade für die, die nachbearbeiten wollen, ist dieses Format das A und O.

Es kann eine gute Idee sein, in der Kamera einzustellen, dass gleichzeitig auch ein kleines JPG erstellt wird. Das hat jedoch den Nachteil, dass deine Kamera bei Serienbildern etwas langsamer wird, was das Speichern der Bilder angeht.  Eine schnelle Speicherkarte könnte hier Abhilfe schaffen, aber wenn die Speicherkarte schneller speichern kann, als deine Kamera speichert, hilft das auch nicht. Logisch, oder? Was den Speicherplatz angeht, so sind die kleinen JPG-Dateien nicht der Rede wert. Solltest du nur in Raw fotografieren, dann macht es Sinn, die angepassten JPG über eine Stapelverarbeitung zu erstellen. Eine Kantenlänge von 1000px mit einer Auflösung von 250px bei einer Qualität von 80% hat sich bei mir als Vorschauformat bewährt.

Warum so klein? Ich lade nach einer Con die Bilder auf Picdrop hoch. Dort kann man kostenlos drei Galerien anlegen, der Speicherplatz ist jedoch begrenzt. Ich kann die Galerien so einrichten, dass diese nur über einen Sicherheitslink erreicht werden können, diesen lasse ich dann der Orga zukommen. So kann der Veranstalter schon einmal gucken, welche Bilder sie nicht zeigen möchten. Zu diesem Zeitpunkt sollte die Galerie noch auf „kein Download“ geschaltet sein. Die Bilder werden von dem Fotoverantwortlichen mit einer roten Fahne markiert und anschließend von mir gelöscht. Auch auf meiner Festplatte lege ich einen Ordner an: „Rot – Nicht veröffentlichen“. 

Anschließend können die Teilnehmer sich die Galerie vornehmen und die Bilder markieren, die nicht öffentlich gezeigt werden sollen. Nachdem das gemacht wurde, veröffentliche ich die Bilder, beispielsweise via Facebook. Da die Bildkompression von Facebook so manche Bilder unscharf erscheinen lassen kann, hat sich eine Kantenlänge von 2045px auf der langen Kante mit einer Auflösung von 250px bei 90% Qualität als die beste Option erwiesen. Für den normalen Nutzer reicht diese Auflösung auch vollkommen aus. Möchte man die Bilder auch hochauflösend den Spielern zu Verfügung stellen, hat sich eine Übertragung über Wetranfer als die beste Lösung erwiesen.

Hinweis: Natürlich ist das nicht der heilige Gral und jeder hat seine eigene Vorgehensweise, aber vielleicht helfen meine eigenen Erfahrungen euch.

Fazit

LARP-Fotografie ist anstrengend, aber auch sehr lohnenswert. Die eigentliche Arbeit kommt immer erst nach der Con und Geld verdienen die wenigsten Fotografen damit. Aber es macht Spaß, auch als Nicht-LARPer so der Szene nah sein zu dürfen.

Ich freue mich über konstruktive Anmerkungen, Kommentare, Ergänzungen und Hinweise, denn auch ich lerne noch immer hinzu.

Fotografien: Karsten Zingsheim | Fotofänger

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