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Gangster-Thriller und Horror: Moonshine Band #2 von 100 Bullets-Autor Brian Azzarello verknüpft zwei interessante Genres zu einer Geschichte, in der illegal gebrannter Schnaps und Werwölfe eine wichtige Rolle spielen. Warum der zweite Band der Reihe dennoch mit Problemen kämpft, erfahrt ihr in unserem Graphic-Novel-Kurzcheck.

Lange mussten Leser hierzulande auf eine deutsche Übersetzung von Moonshine Band #2 warten, dessen Veröffentlichung sich immer wieder verzögerte. Verantwortlich für die Mischung aus Gangster-Thriller und Horror ist der amerikanische Autor Brian Azzarello. Bekannt wurde er besonders durch seine Graphic Novel 100 Bullets, einer Verbrechersaga im Stile alter Noir- und Pulp-Titel. Darüber hinaus ist er an verschiedenen Reihen von DC Comics beteiligt, zuletzt Wonder Woman.

Der erste Band hatte aufgrund oberflächlicher Charaktere Probleme in Fahrt zu kommen. Dank eines Anstiegs des Spannungsbogens am Ende, vergaben wir im Test zu Moonshine Band #1 dennoch eine gute Bewertung. Zugute kam Band #1 außerdem, dass Protagonist Lou Pirlo stetig an Profil gewann. Wie entwickelt sich die Kombination aus Gangster- und Horror-Story im zweiten Band?

Handlung & Charaktere

Moonshine Band #2 spielt in den Vereinigten Staaten zur Zeit der Prohibition. Das Alkoholverbot hat eine florierende Schattenwirtschaft geschaffen, in der illegal gebrannter Schnaps zu einem wertvollen Gut geworden ist. Deswegen wird Lou Pirlo von seinem Boss losgeschickt, um mit einer Familie von Schwarzbrennern ins Geschäft zu kommen. Allerdings zeigen sich diese wenig kompromissbereit. Als die Situation eskaliert, spielt die Familie ihren Trumpf aus: Einige ihrer Mitglieder sind Werwölfe!

Inmitten des Konfliktes wird Lou von einer der Kreaturen gebissen. Der Fluch in seinem Blut begleitet ihn auch bei seiner Flucht in den Süden, weit weg vom Machtkampf zwischen Gangstern und Schwarzbrennern. Diese ist jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Lou wird geschnappt und in ein brutales Arbeitslager von gnadenlosen Schindern gebracht. In all dieser Zeit gewinnt die Bestie in ihm mehr an Einfluss.

Moonshine überzeugt mit einer unverbrauchten Ausgangssituation in einer spannenden Zeit der amerikanischen Geschichte. Im zweiten Band folgt der Leser zwei Handlungssträngen. Auf der einen Seite steht der Kampf um den Schnaps zwischen Gangstern und Schwarzbrennern. Dieser wird, aufgrund der Opfer im ersten Band, mit härteren Bandagen ausgefochten. In den Mittelpunkt rückt die junge Tempest, die alle verfügbaren Mittel zum Schutz ihrer Familie einsetzt. Auf der anderen Seite stehen die Flucht und der Überlebenskampf von Lou. Seine Verwandlung bestimmt sein Verhalten immer stärker. Als Leser stellt man sich permanent die Frage, wann die Bestie in ihm ausbricht.

Problematisch in Moonshine Band #2 sind, wie im Vorgänger, die Charaktere. Es fehlt den meisten an Tiefgang. Protagonist Lou ist davon ausgenommen, da er seit dem Ende des ersten Bandes eine stetige Entwicklung durchmacht. Allerdings verschenkt Autor Azzarello viel Potenzial. Charaktere wie Tempest oder der Anführer der Gangster weisen gute Ansätze auf, jedoch verbleibt es stets bei diesen und den gängigen Klischees.

Im Gegensatz zum Vorgänger fehlt es dem zweiten Band außerdem am Fokus. Bei Moonshine Band #1 waren Ausgangslage und Zielsetzung aller Beteiligten klar. In dieser Graphic Novel wirken die Charaktere weniger aktiv und werden von den Ereignissen um sie herum getrieben. Als Leser vermisst man einen klaren Spannungsbogen.

Zeichnungen & Kolorierung

Wie schon bei 100 Bullets wurden die Zeichnungen von Eduardo Risso gestaltet. Das etablierte Team versteht es, im Zusammenspiel von Bild und Text, eine bedrohliche Atmosphäre zu schaffen. Risso setzt auf einen einfachen Stil, der viel Fokus auf die Charaktere legt. Mimik und Gestik werden sorgfältig ausgearbeitet, während die Hintergründe detailarm bleiben. Bei der Ausgestaltung brutaler Szenen geizt die visuelle Inszenierung nicht. Blut und Körperteile fliegen zwar nicht in Massen, doch einzelne Panels zeigen Gewalt in aller Deutlichkeit. Der zweite Band richtet sich damit an ein erwachsenes Publikum, wenngleich der Faktor Brutalität etwas nachlässt.

Unterstützt werden die Artworks durch eine einfache Kolorierung, die pro Seite einen dominanten Farbton aufweist. Die Dominanz dunkler Töne aus Band #1 hat abgenommen. Besonders die Handlung um Lou findet in einer harschen und heißen Umgebung statt. Somit gesellen sich zu den verbreiteten Blau- und Schwarztönen auch Gelb und Braun. Die visuelle Gestaltung von Moonshine Band #2 weiß zu gefallen und verleiht der Reihe Individualität.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Cross Cult
  • Autor: Brian Azzarello
  • Zeichner: Eduardo Risso
  • Sprache: Deutsch
  • Seitenanzahl: 144
  • Preis: 22,00 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, Idealo

 

Fazit

Die Probleme des Vorgängers setzen sich im zweiten Band von Moonshine fort. Trotz der interessanten Hintergrundgeschichte wirken sich die oberflächlichen Charaktere negativ auf das Lesevergnügen aus. Im Gegensatz zum ersten Band findet keine Steigerung des Spannungsbogens statt. Vielmehr wirkt Moonshine Band #2 nicht zielorientiert und wichtige Szenen sind Mangelware. Ein positiver Faktor ist zweifelsohne die stimmige visuelle Umsetzung durch Eduardo Risso. In Kombination mit der Kolorierung verleiht sie der Graphic Novel Individualität. Allerdings hebt das nicht die erzählerischen Schwächen auf.

 

Artikelbilder: © Cross Cult, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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