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Wonder Woman erlebt diesen Monat ihr erstes Comic-Event seit 31 Jahren: In Wonder Woman – Nubia und die Amazonen wird Nubia die neue Königin der Amazonen, während in Wonder Woman – Kampf der Amazonen die drei Stämme der Amazonen aufeinander treffen. Hat sich das Warten auf ein Wondy-Event gelohnt? Paul berichtet.

Dieser Monat steht ganz im Zeichen der Amazonen! Wonder Woman bildet mit Superman und Batman die sogenannte Dreifaltigkeit (Trinity) von DC, nüchtern betrachtet wird sie aber oft vernachlässigt. Ihr erster eigener Film kam erst 2017 heraus, Jahrzehnte nach Batman und Superman. Aber auch in den Comics hat sie nicht immer die Präsenz, die man ihr als eine der ersten Superheldinnen zugestehen möchte. Zu den gefühlt dutzenden amerikanischen Reihen zu Superman, Batman und ihren Angehörigen hat Wonder Woman meistens nur eine. Und während die beiden Superhelden fast jährlich ihre eigenen Comic-Events und welterschütternden Geschichten bekommen, war das letzte, in dem Wonder Woman im Mittelpunkt stand, Krieg der Götter – von 1991.

Doch langsam wendet sich das Blatt. Nach zwei Kinofilmen und weiteren Auftritten im DCEU werden jetzt Wonder Womans Comics überholt, mit einigen Änderungen des Status Quo und einem neuen Event. Nubia und die Amazonen führt die neue Königin der Amazonen von Themyscira ein und stellt dabei die Grundelemente von Wonder Womans Welt vor. Im direkt daran anschließenden Event Kampf der Amazonen stoßen die drei Amazonenstämme aufeinander: Die Amazonen von Themyscira, zu denen Wonder Woman gehört, die kämpferischen Bana-Mighdall aus Afrika und die Esquecidas aus Südamerika. Viel Vorwissen ist für diese Reihen nicht nötig, da Nubia und die Amazonen die meisten Figuren und ihre Welt genügend vorstellt.

Wonder Woman – Nubia und die Amazonen

Wonder Woman – Nubia und die Amazonen ist streng genommen ein irreführender Name, da Wonder Woman selbst in dieser Reihe gar nicht auftaucht. Stattdessen wird das Volk und damit die Herkunft der Heldin in ihrer Abwesenheit vorgestellt. Wonder Woman ist auch bekannt als Diana, Prinzessin der Amazonen. Zur Zeit von Nubia und die Amazonenist Wonder Woman allerdings verschwunden. Ihre Mutter, Königin Hyppolita von Themyscira, beschließt, die Rolle ihrer Tochter aufzunehmen und mit der Justice League die Erde zu beschützen. In Abwesenheit von Königin und Prinzessin braucht Themyscira, auch bekannt als die Paradies-Insel, aber eine neue Königin und Hyppolita ernennt als Nachfolgerin Nubia, die bisher Champion der Amazonen war. An der Seite von Nubia, die ihr neues Amt kennenlernen muss, werden die Leser*innen mit der Heimat von Wonder Woman bekannt gemacht.

Das Tor des Untergangs
Das Tor des Untergangs

Die Geschichte der der Amazonen beginnt in grauer Vorzeit, als sich fünf griechische Göttinnen zusammenfanden. Sie gaben Frauen, die gewaltsam getötet wurden, ein zweites Leben, indem sie ihre Seelen in den Brunnen auf Themyscira sandten. Aus diesem Brunnen konnten die Seelen als Amazonen wiedergeboren werden: alterslose Frauen mit übermenschlichen Begabungen, die dafür aber ihr vorheriges Leben vergaßen. Die Göttinnen planten, dass die so gesegneten Amazonen der Welt Frieden und Fortschritt bringen würden. Leider wollten aber kriegerische Könige und Halbgötter wie Hercules ihre Macht nicht aufgeben, sodass die Amazonen sich schließlich auf ihre Insel zurückzogen. Dort erfüllten sie ihre zweite Pflicht, auf Themyscira befindet sich neben dem Brunnen der Seelen nämlich auch das Tor des Untergangs. Diese Pforte führt in die Unterwelt des Hades und Tartaros und die Amazonen müssen stets Wache stehen, damit keine Monster ausbrechen.

Manche Amazonen waren jedoch nicht damit zufrieden, sich zurückzuziehen. Einige beschlossen, die Welt der Menschen mit Gewalt zum Frieden zwingen zu wollen und siedelten sich als Bana-Mighdall in Afrika an. Der dritte Stamm, die Esquecidas (Portugiesisch für Die Vergessenen), leben im Amazonas-Wald in Südamerika und beschützen das Gleichgewicht von Mensch und Natur.

Das klingt nach einem ganz schönen Lore Dump, wird aber im Comic organisch und verständlich präsentiert. Nubias Zeit als Königin beginnt mit der ersten Geburt neuer Amazonen seit Jahrhunderten. Außerdem versucht Meduas, eine alte Feindin der Amazonen, durch das Tor des Untergangs dem Hades zu entfliehen. Nubia bewachte dieses Tor als Champion von Themyscira zuvor für Jahrhunderte. An Nubias Seite lernt man auch die Amazonen von Themyscira kennen. Die Heerführerin Philippus, die Gelehrte Clio, die Schmiedin Io, die Seherin Penelope und Magala, die Hüterin des Brunnens der Seelen, sind genau wie Nubia wiederkehrende Nebenfiguren bei Wonder Woman.

Nubia lässt sich beraten
Nubia lässt sich beraten

Der Zeichenstil von Nubia und die Amazonen ist gut, aber nicht weiter auffallend. Die Figuren sind realistisch gezeichnet und es ist schön zu sehen, dass jede Figur detaillierte, eigene Gesichtszüge aufweist. Die erste Hälfte des Bandes ist von Emilio Lopez in satten Farben koloriert, die farbliche Abstufungen aufweisen und manchmal eine Pinseltextur, die an Gemälde erinnert. Die zweite, von Romulo Fajardo Jr. kolorierte Hälfte, wirkt im Vergleich kühler und technischer. Hier sind Flächen einfarbig, mit höchstens digitalen Schatten, und es fallen im Vergleich zur ersten Hälfte vermehrt weiß gelassene Hintergründe auf. Insgesamt sind die Zeichnungen aber in Ordnung.

Nubia und die Amazonen ist ein gelungener Comic. Als Einführungsband in die Welt von Wonder Woman funktioniert er sehr gut und stellt Themyscira, die Amazonen und ihre Geschichte verständlich vor. Die Figuren wirken allesamt verständlich und sympathisch. Die Handlung ist größtenteils sehr ruhig, Kampfszenen und Action gibt es hier wenig. Die Handlung um Nubia, die als neue Königin mit den ersten neuen Amazonen seit Jahrhunderten konfrontiert wird, ist trotzdem interessant.

Die harten Fakten

  • Autor(en): Stephanie Williams, Vita Ayala
  • Zeichner(in): Alitha Martinez, Emilio Lopez, Romulo Fajardo Jr.
  • Seitenanzahl: 132
  • Preis: 16 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini

 

Wonder Woman – Kampf der Amazonen

Kampf der Amazonen führt Nubia und die Amazonen direkt fort. Nachdem Nubia ihre erste Probe als Königin von Themyscira bestand, suchen die Amazonen nun einen neuen Champion, um das Tor des Untergangs zu bewachen. Um diesen ehrenvollen Posten zu besetzen, richten die Amazonen einen heiligen Wettstreit aus, an dem alle Stämme teilnehmen. Zwischen den Stämmen gibt es jedoch Spannungen: Die philosophischen, hoch-kulturellen Amazonen von Themyscira liegen schon lange im Zwist mit den praktischen, kämpferischen Bana-Mighdall. Die Esquecidas waren, passend zu ihrem Namen, lange vergessen und offenbarten sich erst vor kurzem wieder der Welt. Themyscira-Amazonen und Bana-Mighdall sind ihnen gegenüber verständlicherweise umsichtig und argwöhnisch. Als nach dem ersten Tag des Zusammentreffens Wonder Womans Mutter Hyppolita, die ehemalige Königin von Themyscira, vergiftet aufgefunden wird, ist die Lage also kurz vorm Eskalieren. Der Wettstreit hat jedoch schon begonnen und muss, da die Götter selbst über ihn wachen, durchgeführt werden, egal was passiert …

Die Teilnehmer des heiligen Wettstreits

Kampf der Amazonen ist im Vergleich zu Nubia und die Amazonen deutlich handlungslastiger. Dort wurde die Welt eingeführt, hier geschieht nun etwas mit ihr, und diese Aufteilung funktioniert ausgezeichnet. Der Fokus liegt in diesem Teil auf den Teilnehmerinnen des Wettstreits, aber die zuvor eingeführten Nebenfiguren, vor allem Philippus und Penelope, spielen auch ihre Rollen. Im Wettstreit kämpft Yara Flor für die Esquecidas, Philippus für Themyscira, Donna Troy für Bana-Mighdall und Wonder Woman selbst für die geeinten Amazonen. Philippus wurde in Nubiavorgestellt und Wonder Woman ist natürlich die bekannte Heldin. Yara Flor ist das dritte und neuste Wonder Girl, eine freche amerikanische junge Frau, die entdeckte, dass sie von einer Esquecidas-Amazone abstammte. Donna Troy war das erste Wonder Girl, mittlerweile geht sie aber ihre eigenen Wege als Heldin, oft als Mitglied der Superheldengruppe Titans.

Da die Themiscyra-Amazonen schon eingeführt wurden, hat Kampf der Amazonen ordentlich Platz, um die beiden neuen Amazonen-Stämme vorzustellen. Die Esquecidas bleiben etwas blass, die Bana-Mighdall mit ihrer arroganten, streitsüchtigen Königin Faruka machen aber sofort Eindruck. Faruka wird von Hyppolitas Schwester Antiope als Generälin begleitet sowie der rothaarigen Artemis, dem Champion der Bana-Mighdall. Außerdem ist noch Cassie Sandsmark unterwegs, das zweite Wonder Girl. Während dem Kampf der Amazonen wird Cassie damit beauftragt, die Mörderin von Hyppolita zu entlarven. Hoffentlich hat sie ein paar Detektiv-Tricks von ihrem Young Justice-Kollegen Robin aufgeschnappt …

Tatort Themyscira – Der Amazonen-Krimi
Tatort Themyscira – Der Amazonen-Krimi

Die Handlung von Kampf der Amazonen ist interessant und man wird schnell in den Konflikt gezogen. Der Band sammelt die amerikanische Event-Reihe sowie Nebengeschichten zu Wonder Woman, den Wonder Girls und Nubia. Die Handlung fließt aber gleichmäßig und konzentriert fort und das bei anderen Events oft auftretende Gefühl eines belanglosen oder aufgezwungenen Ablegers gibt es hier nicht. Einzig das Nubia-Krönungsspecial am Ende sticht da etwas heraus. Es ist zwar die Folge von Kampf der Amazonen, hat mit der eigentlichen Handlung aber nicht direkt zu tun. Kampf der Amazonen ist als Event interessant, spannend und Ereignisse ergeben sich logisch aus den Charakteren der handelnden Figuren. Das einzige Problem ist das etwas abrupte Ende. Es ist mittlerweile leider ein Klischee, dass jeder Superheldenfilm mit einem notfalls an den Haaren herbeigezogenem Riesenkampf endet. Muss das jetzt auch in den Comics so sein?

Abgesehen davon bietet Kampf der Amazonen aber solide gezeichnete und gut geschriebene Unterhaltung für einen ordentlichen Preis.

Die harten Fakten

  • Autor(en): Becky Cloonan, Stephanie Williams, u.a., Vita Ayala
  • Zeichner(in): Joelle Jones, Laura Braga, Skylar Patridge, u.a.
  • Seitenanzahl: 244
  • Preis: 29 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini

Fazit des Monats

Wie schneidet das erste Wonder Woman Event seit 31 Jahren nun ab? In einem Wort, gut. Die Zeichnungen sind solide, die Geschichte spannend, die Figuren sympathisch und interessant. Im Vergleich zu vielen anderen Comic-Events ist Kampf der Amazonen kurz, knackig und konzentriert. Es macht genau das, was es will, ohne sich in zahllosen Nebengeschichten oder Koordinations-Problemen der verschiedenen Autoren zu verfangen. Das Ende hätte etwas besser geraten können, ist jedoch weniger an sich problematisch und fällt eher durch den Kontrast zum guten Rest auf. Nubia und die Amazonen ist vielleicht ungewöhnlich ruhig für ein Mainstream-Superhelden-Comic, aber trotzdem interessant. Beide Bände zusammen stellen die Welt von Wonder Woman und den Amazonenstämmen auf eine fesselnde Art vor. Mit diesem Event wurde ein vielversprechender neuer Status Quo  geschaffen. Hoffentlich wird dieses lange brach liegende Potenzial endlich genutzt und die Amazonen ihren Platz im DC-Universum einnehmen können.

 

  • Gute Einführung
  • Interessante Charaktere
  • Setting mit Potential
 

  • Mittelmäßiges Ende
  • Esquecidas bleiben geheimnisvoll

 

Artikelbilder: © Panini Comics
Layout und Satz: Milanko Doroski
Lektorat: Denise Hollas
Fotografien: Paul Menkel
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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