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Wer schon einmal an einer längeren Kampagne eines beliebigen Rollenspielsystems teilgenommen hat, kennt vermutlich das Problem: Es gibt eine Fülle an Informationen, die im Verlauf der Kampagne weiter zunehmen. Dadurch entsteht eine nicht zu unterschätzende Komplexität. Wie geht man am besten damit um? Und sind viele Informationen überhaupt ein Problem?

Viele Informationen bedeuten höhere Komplexität. Kampagnen, als eine Aneinanderreihung von zusammenhängenden Szenarien, beinhalten automatisch ein gewisses Maß an Informationen. Werden es zu viele, kann man schnell den Überblick verlieren. Im schlimmsten Fall hat niemand mehr Spaß am Spiel. Doch es gibt Herangehensweisen und Möglichkeiten, damit umzugehen und Frust zu verhindern.

Die Problematik

Zu viele Informationen, sowohl auf einmal als auch über einen längeren Zeitraum, können einem schnell über den Kopf wachsen. Da diese Informationen jedoch, im besten Fall, eine gewisse Relevanz aufweisen, sollte man Strategien haben, damit umzugehen.

Die Problematik wird spätestens im Laufe des Spielens klar: Zum einen begegnen den Charakteren der SpielerInnen mehr und mehr NSCs. Wer von diesen für den Verlauf der Kampagne welche Wichtigkeit besitzt ist nicht unbedingt von Anfang an ersichtlich. Insbesondere die Einführung vieler NSCs auf einmal kann dazu führen, dass manche wieder vergessen werden; vor allem, wenn sie unwichtig zu sein scheinen.

Zeitlich lange Abstände zwischen Spielabenden können problematisch sein.

Zudem erhalten die Charaktere nach und nach immer mehr Informationen. Zunächst mag es sein, dass diese nicht miteinander in Verbindung zu stehen scheinen. Doch irgendwann erhält man das fehlende Puzzleteil und muss dann noch in der Lage sein, alles miteinander zu verknüpfen. Ebenso kann es sein, dass bestimmte Informationen schon früh preisgegeben, jedoch erst deutlich später wieder aufgegriffen und relevant werden. Hinzu kommt, dass sich eine Kampagne in den meisten Fällen nicht in wenigen Tagen durchspielen lässt. Je nachdem, wie häufig man sich zu den Spielabenden treffen kann, ist es möglich, dass mehrere Jahre bis zum Vollenden einer Kampagne vergehen.

Durch diese Beispiele entsteht der Eindruck, dass man sich jede noch so kleine Information als SpielerIn merken sollte. Das kann schnell zu einer nicht zu bewältigenden Aufgabe werden. Man muss jedoch nicht alles im Gedächtnis behalten, hierfür gibt es andere Lösungen.

Wie bekommt man die vielen Informationen in den Griff?

Ein nicht zu unterschätzender Faktor ist die Zeit. Langfristige Kampagnen werden ein gewisses Maß an Zeit in Anspruch nehmen, bis sie zu Ende gespielt sind. Dabei passiert es zwangsläufig, dass die SpielerInnen nicht mehr alle erhaltenen Informationen im Gedächtnis haben. Ist es der Gruppe möglich, sich regelmäßig in nicht allzu großen Zeitabständen zu treffen, kann das schon vorteilhaft sein. Aber auch hier können unvorhergesehene Umstände zu Verzögerungen führen. Es ist also ratsam, sich einen Weg zu überlegen, wie die in der Kampagne erhaltenen Informationen allen Beteiligten zur Verfügung stehen.

Zu früh fallengelassene Informationen können zu fatalen Wissenslücken führen.

Beim erstmaligen Durchlesen der Kampagne ist die Spielleitung die erste Person, die eine Vorstellung davon bekommt, wie hoch die Informationsdichte ist. Erscheinen ihr gewisse Informationen irrelevant, können diese weggelassen werden. Aber es ist Vorsicht geboten. Zum einen könnten sie im späteren Verlauf doch noch wichtig werden. Zum anderen nimmt man den SpielerInnen so eventuell Optionen und Handlungsmöglichkeiten. Dadurch kann zu schnell ersichtlich werden, was als nächstes getan werden muss, und die Herausforderung ist dahin. Der Spielleitung obliegt jedoch im Spielverlauf auch die Aufgabe, dass die SpielerInnen die Hinweise und Informationen erhalten, die nötig sind, um weiterzukommen. Natürlich müssen die SpielerInnen auch gewillt sein danach zu suchen, aber das ist ohnehin eine Voraussetzung, die in der Gruppe gegeben sein sollte.

Als Spielleitung kann man wichtige Passagen im Text markieren und Notizen anfertigen. Im Gegensatz zu den SpielerInnen kennt sie bei Spielbeginn bereits die Kampagne, oder zumindest einen Teil davon, und das mit allen enthaltenen Informationen. Somit ist es leichter, sich diese zu merken und einzuordnen, da das größere Ganze bekannt ist.

Für die SpielerInnen gibt es auch einige Möglichkeiten, mit vielen Informationen so umzugehen, dass sie jederzeit abrufbar sind. Die Spielleitung kann sie dabei unterstützen.

Zunächst einmal, als simpler Anfang, ist es sinnvoll, wenn sich alle SpielerInnen zu den einzelnen Teilen der Kampagne kurze Notizen macht. Das beinhaltet zum Beispiel das Aufschreiben der Namen neu auftauchender NSCs. Um sich diese Person besser merken zu können, wäre das Hinzufügen einer kurzen Beschreibung möglich, und sei es nur der Beruf oder ein besonderes Merkmal, das sie aufweist. Auf diese Notizen sollte man achten, sodass sie auch später noch zur Verfügung stehen.

Beim Einführen eines neuen NSCs kann die Spielleitung den SpielerInnen auch ein Bild geben. Wenn dies nicht bereits von der Kampagne zur Verfügung gestellt wurde, bedeutet das zusätzlichen Aufwand für die Spielleitung, aber die SpielerInnen haben damit nicht nur einen Namen, sondern auch ein Bild, das sie mit dieser Person verknüpfen können. Das kann besonders hilfreich sein, wenn in kurzer Zeit viele unbekannte NSCs auftauchen.

Um andere Informationen zu konservieren, wie etwa wichtige Geschehnisse an bestimmten Orten oder Zeitabläufe, kann man sich diese ebenfalls notieren. Allerdings wäre es wohl zu viel, wenn alle SpielerInnen ständig damit beschäftigt sind, sich alles aufzuschreiben. Es kann helfen, einem Spieler oder einer Spielerin, natürlich auf freiwilliger Basis, die Aufgabe des/der SchreiberIn zu geben. Diese Person notiert sich die Ereignisse des Spielabends, solange die Erinnerungen daran noch frisch sind, und kann diese beim nächsten Treffen vortragen. Oder die ganze Gruppe schreibt am Ende des Spielabends die für sie wichtigen Dinge auf. Alternativ kann der Schreiber die Notizen auch direkt während des Spielgeschehens anfertigen. Das ist besonders passend, wenn der/die betreffende SpielerIn einen Charakter mit einem passenden Hobby oder Beruf, wie JournalistIn, verkörpert.

Informationen direkt am Spieltisch notieren – sofern dies die Immersion der SpielerInnen nicht stört.

Generell ist es sinnvoll, vor jedem Spielabend zu rekapitulieren, was beim letzten Mal passiert ist. Somit werden die Erinnerungen aufgefrischt und Nachfragen während des Spielens reduziert.

Wenn man jederzeit Zugriff auf die bereits erhaltenen und gesammelten Informationen haben möchte, dann bieten sich Internetseiten wie Trello an. Sie können helfen, die Informationen in Kategorien zu unterteilen, und sie sind jedem Mitglied der Kampagne zugänglich.

Zu wenige Informationen?

Aber wie sieht es aus, wenn es zu wenige Informationen gibt? Hierfür kann es mehrere Gründe geben. Zum einen kann es an der Kampagne selbst liegen und daran, wie sie geschrieben wurde. Das kann entweder Absicht sein, oder der/die AutorIn hat unterschätzt, wie viele Informationen benötigt werden.

Informationen nachträglich einzubauen erfordert Improvisationstalent.

Des Weiteren kann es auch der Spielleitung passiert sein, bestimmte Informationen nicht im richtigen Moment preiszugeben, oder die SpielerInnen haben es nicht geschafft, die nötigen Informationen herauszufinden. Das kann besonders fatal werden, wenn ein Hinweis den Charakteren nicht bekannt ist, aber erst einige Spielabende später wichtig wird. Oder er ist wichtig um weiterzukommen. Je nach Situation kann es dann für die Spielleitung schwierig werden, diesen nachträglich glaubhaft einzubauen. Eine unelegante Lösung wäre hier, dass man den SpielerInnen und nicht den Charakteren die fehlenden Informationen zukommen lässt. Am Besten ist es natürlich, wenn so etwas gar nicht erst passiert. Aber das ist manchmal leichter gesagt als getan, da SpielerInnen dazu neigen, Dinge zu tun, mit denen die Spielleitung nicht gerechnet hat.

In allen Fällen ist wohl ein gewisses Improvisationstalent seitens der Spielleitung vonnöten.

Trello

An dieser Stelle soll etwas genauer auf die Internetseite Trello eingegangen werden. Dort ist es möglich, sich einen kostenlosen Account zu erstellen. Dieser reicht vollkommen aus. Auf dieser Seite ist es möglich, Informationen übersichtlich und geordnet zusammenzutragen.

Zunächst erstellt eine Person ein sogenanntes Board. Dieses kann beispielsweise den Namen der Kampagne tragen. Die anderen Spieler und Spielerinnen können nun eingeladen werden und haben darauf Zugriff. In diesem Board werden dann Listen erstellt; je nachdem, welche Kategorien gewünscht sind. Zum Beispiel eine Liste zu den Spielercharakteren, eine Liste zu wichtigen Orten und eine Liste zu wichtigen Personen. Innerhalb einer Liste können dann sogenannte Karten hinzugefügt werden, die Informationen und Bilder zu den Personen oder Orten enthalten. Jede Karte kann mit farbigen Labels versehen werden, durch die man auf einen Blick Informationen erhält, wie, dass dieser NSC ein Feind und ein anderer NSC ein Freund ist.

Die Spielercharaktere sollten auf jeden Fall eine eigene Liste erhalten. So können die SpielerInnen etwa ein Bild ihres Charakters und bekannte Infos über sie oder ihn einstellen. Auch für die Spielleitung kann dies nützlich sein, um stets einen Überblick über die SCs zu haben. Da jedes Mitglied des Boards auf alles darin zugreifen kann, muss man darauf achten, dass sensible Infos, die nur für die Spielleitung bestimmt sind, entweder nicht eingestellt oder entsprechend markiert werden. Die anderen SpielerInnen werden in diesem Fall hoffentlich vernünftig und fair genug sein, diese nicht zu lesen.

Beispiel für ein gefülltes und strukturiertes Trello-Board.

Ein großer Vorteil der Seite ist, dass jedes Mitglied der Kampagne nicht nur auf die Informationen zugreifen, sondern auch Veränderungen oder Ergänzungen vornehmen kann. Und natürlich kann man, mit einer vorhandenen Internetverbindung, jederzeit darauf zugreifen, auch über das Handy. Dadurch können Informationen direkt am Spieltisch in Trello eingetragen werden, sofern dies die Immersion der SpielerInnen nicht stört.

Eine Sache der Gruppe

Wie eventuelle Probleme mit zu vielen Informationen gelöst werden, liegt letztendlich bei jeder Gruppe selbst. Auch hier gilt, wie bei allen anderen Problemen oder Herausforderungen: Miteinander reden ist der beste Weg, eine Lösung zu finden, mit der alle einverstanden sind. In diesem Fall klingt das ernster, als es im Endeffekt hoffentlich ist. Denn alle, sowohl die Spielleitung als auch SpielerInnen, sollten daran interessiert sein, dass eine Kampagne nicht scheitert, weil sich niemand mehr an entscheidende Informationen erinnern kann. Auf welche Weise das letztendlich geschieht sei dahingestellt, aber es sollte auf irgendeine Weise geschehen.

Die hohe Informationsdichte von langfristigen Kampagnen kann eine Herausforderung darstellen und Organisation erfordern. Aber mit Zusammenarbeit ist es zu bewältigen und kommt letztendlich dem Spielspaß zugute.

 

Artikelbilder: © avlntn, © DimaKozitsyn | depositphotos.com, © Pegasus Spiele, © Ulisses Spiele GmbH, © Space Orange, © Wizards of the Coast,  Bearbeitung: Melanie Maria Mazur

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