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Mit Shadow and Bone ist auf Netflix die langerwartete Verfilmung von Leigh Bardugos Grisha-Trilogie erschienen. Damit nimmt Netflix eine weitere große Fantasy-Reihe in sein Programm auf, die in eine fremde Welt voller Magie entführt. Dabei unterscheidet sich die Serie von anderen ihres Genres vor allem durch das russisch angehauchte Setting.

Mit Shadow and Bone – Legenden der Grisha ist eine lang erwartete Serie endlich auf Netflix. Die Serie setzt nicht nur den ersten Band der Grisha-Trilogie, Goldene Flammen, um, sondern erzählt auch eine Vorgeschichte zu Leigh Bardugos anderer Reihe im selben Universum: Das Lied der Krähen.

Die Serie ist gesamt acht Folgen à ca. 50 Minuten lang und spielt in einer Welt, die sehr stark an das zarische Russland angelehnt ist. Dabei spielen die Grisha – Magier*innen mit der Fähigkeit, verschiedene Elemente zu kontrollieren – eine zentrale Rolle in der Handlung.

Story

Das Königreich Ravka ist zerrissen – wortwörtlich. Seit ein Schattenbeschwörer vor mehreren Generationen eine dunkle, von Monstern bewohnte Schattenlandschaft geschaffen hat, ist das Land in zwei Teile gesplittet: Ost-Ravka und West-Ravka. Um Waren vom Hafen in West-Ravka in den Osten zu bringen, müssen regelmäßig Soldat*innen die gefährliche Schattenflur, wie das Schattenland genannt wurde, durchqueren. Dass das Land zusätzlich noch im Krieg mit seinem Nachbarland steht, macht die Situation nicht einfacher. Auch nicht, dass West-Ravka sich nach Unabhängigkeit sehnt.

In dieser geladenen Situation kommt die Kartographin Alina Starkov in das militärische Lager an der Ödsee, um die dort positionierte Armee zu unterstützen. Auch ihr bester Freund aus Kindheitstagen, Mal, ist Teil dieser Armee, doch noch während die beiden sich über ihr Wiedersehen freuen, wird Mal für die nächste Versorgungsfahrt durch die Schattenflur eingeteilt. Panisch darüber, ihren Freund eventuell zu verlieren, verbrennt Alina einige Karten, damit sie mit nach West-Ravka geschickt wird. Während ihrer Fahrt durch die Schattenflur kommt es jedoch zu einem Unfall und das Schiff wird von Volcra angegriffen, die Art Monster, die in der Schattenflur leben. Als es jedoch danach aussieht, als wäre die Expedition verdammt, beschwört Alina ein helles Licht und vertreibt damit die Volcra. Sie ist die lang schon prophezeite Sonnenkriegerin, die die Macht besitzen soll, die Schattenflur aufzulösen. Dies bedeutet jedoch auch, dass sie bereits jetzt wieder von Mal getrennt wird, um ausgebildet zu werden, und schon bald das Ziel vieler Attacken werden könnte.

Zur gleichen Zeit kämpfen Kaz, Inej und Jesper – eine Diebesbande, die sich auch als „die Krähen“ bezeichnet – in West-Ravka mit ihren eigenen Problemen. Ihnen eröffnet sich jedoch eine neue Chance, als ihnen viel Geld dafür geboten wird, die neu aufgetauchte Sonnenkriegerin zu entführen und nach West-Ravka zurückzubringen. Da sie das Geld gut gebrauchen können, nehmen sie also den gefährlichen Weg durch die Schattenflur auf sich und machen sich auf die Suche nach Alina.

Shadow and Bone ist sehr deutlich merkbar die Verfilmung einer Jugendbuchreihe. Man muss sich erst einmal darauf einlassen, dass all diese Charaktere, die teilweise schon viel Erfahrung und komplexere Hintergründe haben, nicht älter als 20 sind. Das ist eine Eigenschaft, die sich aus dem Genre ergibt, am Anfang jedoch schnell irritierend sein kann, wenn man es weniger gewohnt ist.

Dennoch ist Shadow and Bone eine interessante Serie, die mit vielen charismatischen Figuren punkten kann. Jedenfalls gilt das für die eine Hälfte der Handlung – dem Teil, der von den drei Krähen handelt. In der anderen Hälfte – der Geschichte rund um Alina – ist dies nur bedingt gegeben. Hier lassen sich verschiedene Figuren eher von den Ereignissen um sie herum tragen und werden erst im späteren Verlauf der Geschichte wirklich aktiv.

Leider ist es ein wirklich auffälliges Muster, das sich durch die ganze Serie zieht: Der Handlungsstrang rund um die Krähen ist deutlich besser und interessanter geschrieben als die Geschichte Alinas. Dabei ist Alinas Geschichte das Kernstück der Serie, was es sehr ärgerlich macht, dass die Handlung rund um sie oft überstürzt, schlecht aufgeteilt und einfach weniger spannend ist. Umso mehr, da gerade in der zweiten Hälfte der Serie Wendungen in ihre Geschichte eingebaut werden, die nicht wirklich Sinn ergeben und nicht ausreichend erklärt werden.

Was im Rahmen der Serie auch auffällt, ist, dass einige Weltenbau-Elemente weniger gut erklärt werden. Diese Elemente werden zwar eingeführt, allerdings nicht ausreichend ausgearbeitet, als dass sie für jemanden ohne Vorkenntnis der Bücher klar verständlich wären. Das lässt zumindest aufmerksame Zuschauer*innen, die sich für diese Dinge interessieren, am Ende mit mehr Fragen als Antworten zurück.

Dankbarerweise sind allerdings die Krähen als wichtiger Bestandteil der Handlung da und können viel der Serie durch ihr gemeinsames Charisma und die Gruppendynamik tragen. Das sorgt dafür, dass die Handlung dennoch nie langweilig wird oder man sich zu lange an logischen Lücken oder schlecht erklärten Elementen aufhält.

Figuren & Darsteller*innen

Shadow and Bone © Netflix
Shadow and Bone © Netflix

Shadow and Bone hat als Serie einen relativ großen Cast an wichtigen Charakteren, kann es sich aber dank über sieben Stunden Laufzeit in der ersten Staffel auch erlauben, diese alle auszuarbeiten.

Alina ist die zentrale Protagonistin der Serie und wird von Jessie Mei Li dargestellt. Leider ist sie das schwächste Element unter den Hauptfiguren, hat sie als Figur doch recht wenig Motivation. Auch ihre Dialoge sind nicht sehr gut geschrieben, was es teilweise sehr anstrengend macht ihrer Handlung zu folgen und leider auch bedeutet, dass Li nicht das beste Material hat, um damit zu arbeiten. Viele ihrer Szenen wirken übertrieben dramatisch, was teilweise auch das Gefühl von übertriebener Schauspielerei aufkommen lässt, was jedoch wahrscheinlich einfach dem Drehbuch geschuldet ist.

Parallel zu Alina gibt es ihren Kindheitsfreund Mal, dargestellt von Archie Renaux. Bei ihm handelt es sich alles in allem um die wohl blasseste Figur in der Serie. Seine ganze Motivation dreht sich um Alina, eigene Motivation darüber hinaus fehlt ihm. Entsprechend hat Renaux auch wenig, um mit der Figur zu arbeiten. Auch dies ist eher dem Drehbuch zuzuschreiben als dem Schauspieler.

Die Highlights unter den Figuren waren definitiv die drei Krähen: Kaz, Inej und Jesper.

Kaz wird von Freddy Carter dargestellt und ist der Anführer der Krähen. Aufgrund einer Beinverletzung humpelt er. Im Vergleich zu Alina und Mal wird die Figur mit viel Charisma dargestellt, sowohl vom Drehbuch her als auch von Carter. Dabei ist der einzige Aspekt, den man schauspielerisch kritisieren kann, dass Carter in verschiedenen Szenen scheinbar vergisst, dass der Charakter hinkt und dies daher sehr ungleichmäßig tut.

Inej derweil wird von der Nepali-Schauspielerin Amita Suman gespielt. Sie hat von den Hauptfiguren definitiv die größte schauspielerische Breite, was allerdings erneut eng damit zusammenhängt, dass das Drehbuch es für Inej auch erlaubt. Die Figur hat einige sehr coole Actionszenen, hat aber ebenso Szenen, in denen sie über ihre Situation verzweifelt. Das macht sie zum Highlight unter den Hauptdarsteller*innen der Serie.

Als letzte Krähe haben wir noch Jesper, dargestellt von Kit Young. Auch er ist auf seine Art ein Highlight, bringt Young doch eine riesige Menge Charisma zu dem Charakter. Fraglos ein Grund, warum er bei vielen Zuschauer*innen zu den Favoriten unter den Charakteren gehört. Vor allem sei Young auch sehr für seine Arbeit in den Action-Szenen zu loben, die er ebenfalls sehr souverän darstellt.

Als weitere Figur hätten wir noch General Kirigan, den Dunklen, der von Ben Barnes gespielt wird. Barnes wurde fraglos aufgrund seines Aussehens und Charisma für diese Rolle gewählt, die ebenfalls zu den Rollen mit größerer emotionaler Breite gehört. In dieser ist Barnes auch sehr souverän, selbst wenn das Drehbuch besser sein könnte, in Bezug darauf, wie die Figur für die Serie geschrieben wurde. Leider ist in den meisten Szenen seine Situation nicht besonders klar und es erscheint häufig, als wäre die Regieanweisung „Schau dabei hübsch aus“ gewesen.

Zuletzt haben wir noch die Figuren Nina und Matthias, dargestellt von Danielle Galligan und Calahan Skogman. Leider hetzt bei ihnen das Drehbuch sehr durch die Handlung durch, was dafür sorgt, dass die Figuren nicht besonders viel Tiefe bekommen, selbst wenn sie von den beiden Darsteller*innen charismatisch dargestellt werden.

Inszenierung

In Sachen Inszenierung ist die Serie so solide, wie man es mittlerweile von Netflix erwarten kann, vielleicht sogar ein wenig besser.

Man sieht der Serie vor allem an, dass sie ein für eine Serie größeres Budget gehabt hat. Vor allem die Effekte und computergenerierten Elemente sind auf einer ähnlichen Ebene, wie wir es auch von modernen Kinofilmen erwarten. Das heißt nicht, dass sie perfekt sind – gerade die wabernden Schatten der Schattenflur stechen in einigen Hintergrundaufnahmen sehr künstlich hervor – doch sie sind allgemein sehr solide und können sich in den meisten Szenen wirklich sehen lassen.

Nicht ganz so perfekt sieht es mit dem Bühnenbild aus. Dieses ist zwar ebenfalls in großen Teilen grundsolide, doch es gibt mehr als eine Szene, in der sehr deutlich ist, dass sie auf einer Soundstage aufgenommen wurde. Auch einige der Szenen, die deutlich an vor Ort gedreht wurden, wirkt die Szenerie sehr klein, was vielleicht damit zusammenhängt, dass für die Dreharbeiten nicht viel abgesperrt werden konnte.

Damit eng zusammen hängt die Kameraführung, die in vielen Szenen sehr eng bei den Charakteren hängt, was es teilweise verhindert, dass man ein gutes Gefühl für die Räumlichkeiten bekommt, in denen sich die Charaktere aufhalten. Erneut hängt dies vielleicht damit zusammen, wo gedreht wurde, aber auffällig ist es doch.

Ebenso nicht ganz perfekt ist das Make-Up. Gerade, wenn es um Special Effect Make-up, wie beispielsweise in Bezug auf Wunden geht. Diese sehen zu großen Teilen einfach nicht überzeugend aus und wirken selbst dann sehr oberflächlich, wenn sie es eigentlich nicht sein sollen, wie es beispielsweise bei einer Schusswunde der Fall ist.

In den anderen Aspekten der Inszenierung kann die Serie jedoch überzeugen. Die Kostüme sind außerordentlich gut gelungen und bieten auch eine Menge Detailarbeit, die für aufmerksame Zuschauer*innen sicher ins Auge fällt.

Auch der Soundtrack der Serie ist wirklich gut komponiert und gehört definitiv zu den besseren Seriensoundtracks, die von Netflix aufgenommen wurden. Ein besonderer Bonus ist, dass der Soundtrack tatsächlich mit einem Orchester aufgenommen wurde, statt – wie heutzutage oftmals üblich – in einer Computersoftware synthetisiert worden zu sein. Das gibt dem Soundtrack noch ein wenig mehr Atmosphäre.

Allgemein ist es in Bezug auf die Umsetzung der Serie vor allem die Atmosphäre, die überzeugen kann. Die Serie ist sehr dicht und schafft es im Gesamtbild die einzelnen Szenen gut zu untermalen, so dass man als Zuschauer*in gänzlich in dieser Welt aufgehen kann.

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Erzählstil

Ein wenig verwirrend ist der Erzählstil der Serie in den ersten beiden Folgen, da sich die zwei verschiedenen Handlungsstränge – der rund um Alina und der Handlungsstrang der Krähen – nicht parallel zueinander abspielen. Tatsächlich spielt, wie man später erfährt, die Handlung der Krähen ganze zwei Wochen nach der Handlung mit Alina und Mal, dies wird jedoch erst in Folge 2 aufgedeckt, was einzelne Aspekte der ersten Episode sehr verwirrend macht.

Leider ist auch darüber hinaus nicht ersichtlich, wie viel Zeit in welchem Handlungsstrang vergeht. Denn alles deutet darauf hin, als würde Alina gleich mehrere Monate mit ihrem Grisha-Training verbringen, während es so wirkt als würde der Handlungsstrang der Krähen, der wie gesagt zwei Wochen nach Alinas beginnt, sich innerhalb nur weniger Tage abspielen. Dieses hin und her kann für Zuschauer*innen durchaus verwirrend sein.

Wie zu erwarten ist, wird die Geschichte zu großen Teilen linear erzählt, selbst wenn es hier und da immer wieder Flashbacks, beispielsweise auf die Vergangenheit von Alina und Mal gibt. Das ändert jedoch wenig an der größtenteils linearen Natur der Serie.

Ein wenig frustrierend von der Erzählung her ist derweil die Tatsache, dass die Serie zwischenzeitlich bis zu vier verschiedene Handlungsstränge hat: Alina, Mal, die Krähen und dann noch die Handlung rund um die Entherzerin Nina und dem Grisha-Jäger Matthias. Gerade letzterer Handlungsstrang ist leider häufig sehr frustrierend, hat er doch nichts mit dem Rest der Geschichte zu tun und reißt Zuschauer*innen damit immer wieder aus der Handlung heraus.

Die harten Fakten:

  • Regie: Lee Toland Krieger, Dan Liu, Mairzee Almas, Jeremy Webb
  • Darsteller*in(nen): Jessie Mei Li, Archie Renaux, Freddy Carter, Amita Suman, Kit Young, Ben Barnes
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprachen: Englisch, Deutsch, Französisch, Russisch, Türkisch
  • Format: Serie
  • Preis: Im Netflix-Abo enthalten
  • Bezugsquelle: Netflix

 

Fazit

Shadow and Bone ist die neuste der Netflix-Serie und eine Erweiterung des phantastischen Programms von Netflix. Die Serie ist eine Verfilmung von dem ersten Buch der Grisha-Saga Goldene Flammen und erzählt gleichzeitig eine Vorgeschichte zu Das Lied der Krähen. Dies ist zum einen zum Vorteil der Serie, da gerade die Krähen am meisten überzeugen können, zum anderen aber auch zum Nachteil, da sich gleich mehrere Handlungsstränge parallel entwickeln und der zeitliche Bezug zueinander teilweise nicht sehr klar ist. Leider ist auch der Weltenbau an einigen Stellen zumindest innerhalb der Serie nicht sehr klar und könnte besser ausgearbeitet sein.

In Sachen Inszenierung weiß die Serie in großen Teilen zu überzeugen. Effekte und Kostüme sind wirklich sehr gut gelungen, gerade für eine Serienproduktion. Auch der Soundtrack ist sehr positiv zu bewerten und bietet vor allem durch die Aufnahme mit dem Budapest Art Orchestra eine gute Stimmung. Einzig die Kulissen könnten in einigen Aspekten besser sein, wirken sie doch oft sehr eingeengt.

Auch schauspielerisch kann die Serie alles in allem überzeugen, selbst wenn sich feststellen lässt, dass ausgerechnet Hauptfiguren Alina und Mal definitiv die schwächsten Glieder in der Kette sind, was allerdings weniger auf das Talent der beiden Darsteller*innen, als auf das für sie schwache Drehbuch zurückzuführen ist.

  • Spannende Handlung
  • Gute Effekte
  • Charismatische Schauspieler*innen
 

  • Teilweise eng wirkendes Szenenbild
  • Unklare Zeitabläufe
  • Unklarer Weltenbau

 

Artikelbilder: © David Appleby / Netflix
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Nina Horbelt

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