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Modern Horizons 2 bringt viele alte Schätze aus Magics Vergangenheit wieder ans Tageslicht und auf die Spieltische. Klassiker wie Braids, die Kabbalistin, und die Dauthi erstrahlen in neuem Rahmen. Auch alte Bekannte wie die Eichhörnchen und Sturm erfahren neue Aufmerksamkeit. Mehr über dieses neue Set erfährst du in diesem Artikel.

Die Macht der Nostalgie

Man ist nur ein einziges Mal jung. Die erste Liebe. Der erste Kuss im Sommerregen. Das Öffnen der ersten Magic-Packungen. Momente, die nicht wiederkommen.

Außer…

Ab und an lässt sich dieses Gefühl der vergangenen Zeit vielleicht doch noch einmal einfangen und wieder erleben. Manchmal kann und darf man wieder dreizehn Jahre alt sein. Menschen sind gefühlsbetonte Wesen, und als solche wollen wir auch angesprochen werden.

Für jemanden, der irgendwann um 1998 herum mit den Sets Portal und Sturmwind seine Reise mit Magic the Gathering begonnen hat, bietet Modern Horizons 2 eine Fülle an Erinnerungen an frühere Zeiten: Viel zu lange hat es keine Dauthi gegeben, die ihren Konflikt mit den Soltari und Thalakos auf der Welt Rath ausfechten. Leider hat es mit dem Dauthi-Leerenwanderer lediglich ein Vertreter dieser Spezies in die Moderne geschafft. Schade, eine verpasste Gelegenheit, noch tiefer in die Geschichte dieses tollen Spiels einzutauchen. Vielleicht kommt ja einmal ein Set namens „Neu Rath“…

Ebenfalls gefiel mir in diesem Set der Ansatz besonders gut, die klassischen Kartenrahmen wieder zu verwenden, auch wenn es nur ein paar Karten betrifft. Die alten Rahmen fühlen sich wie die Seiten eines Zauberbuches an, welche man als Spieler*in aufschlägt, um seine*ihre Sprüche zu wirken. Das wird neueren Spieler*innen natürlich anders gehen, aber Nostalgie ist, wie schon gesagt, ein mächtiger Faktor bei der Entscheidung, ob einem eine Karte zusagt oder eben nicht.

Das Set

Wie bereits Kollege Marc Baecker in seiner Review zu Kaldheim beschrieb, kommt auch Modern Horizons 2 mit drei Arten von Boostern: Draft-, Set- und Sammler-Booster. Diese Aufteilung ist sehr spannend, bedient sie doch die Bedürfnisse aller Spieler*innen, je nachdem, was sie eigentlich von einem Booster haben möchten. Während es Premium-Booster schon länger gibt, ist die Aufteilung für Drafter*innen und Sammler*innen doch sehr sinnig. Letztere waren eher auf die Überreste der Drafts beziehungsweise Zwischenhändler angewiesen, wollten sie nicht Booster auf gut Glück aufreißen. Für leidenschaftliche Drafter*innen dürfte sich damit mit am wenigsten geändert haben.

Wie schon Modern Horizons hat dieses Set keine eigene Geschichte, sondern bietet vor allem – aber nicht nur! – Neudrucke bekannter und beliebter Karten aus älteren Sets.

Pringels und Foils

Die gute Nachricht zuerst: die Karten aus Modern Horizons 2 sind schön plan und haben eine minimale Krümmung (abgesehen von einer gewissen Krümmung, die sich bei Karten nicht verhindern lässt).

Auf der anderen Seite gibt es eine schlechte Nachricht für alle Spieler*innen, die gerne Foils sammeln. Die Beschichtung ist in diesem Set zu stark geraten. Gerade, wenn man direkt unter einer etwas stärkeren Lichtquelle spielt, sind die Karten kaum lesbar. Das ist sehr schade für Spieler*innen, welche gerne mit Decks mit ein wenig Dekadenz spielen möchten. Für reine Sammler*innen dürfte dies aber weniger relevant sein, da die Karten sowieso ihren Platz in den Sammelmappen finden werden.

Modern

Eine besondere Freude dürften alle Modern-Spieler*innen mit dem Neudruck der Fetchländer gehabt haben.

Dieses Sicherstellen einer gelungenen Manakurve war lange ersehnt und mit Modern Horizons 2 sind diese Länder deutlich leistbarer geworden. Diese Neuerungen sind definitiv toll.

Mit der Fragmentlosen Agentin hat Simic Kaskade (auch bekannt als Living End) Auftrieb bekommen. Auch dieses Deck freut sich über günstigere Fetchländer.

Eine weitere Karte, die für Aufsehen gesorgt hat, ist der Unedle Hierarch (eine Reminiszenz an die Edle Hierarchin). Neben dem Goblin Anarchomanten hat Gruul zwei sehr feine Karten für die Manakurve erhalten (obwohl gerade Gruul da in Modern nicht die größten Sorgen haben sollte…).

Unter den spannendsten Neuzugängen für Modern befindet sich Urzas Sage. Die Mischung aus Verzauberung und Land dürfte für viele artefaktbasierte Decks wie Hammer Time interessant sein. Andere Decks wie Five-Color-Elementals ziehen gleich einen Großteil ihrer Kreaturen-Basis aus Modern Horizons 2. Urza’s Kitchen hingegen versucht sich an einer Kombo der Unterweltköchin mit ihrem Kochbuch. Das Set hat definitiv seine Spuren in Modern hinterlassen, und das nur wenige Wochen, nachdem es erschienen ist. 

Rakdos hat schließlich mit Chainer, dem Nachtmahr-Adepten, eine alte Legende aus den Zeiten von Torment wieder aufleben lassen. Ebenso wie Braids, die Kabbalistin, stammt er noch aus der dunklen Zeit der Neunziger, als so etwas wie „Netdecking“ und optimierte Decks nur den kompetitivsten Spieler*innen vorbehalten waren.

Pauper

Das leistbare Legacy-light-Format wurde mit Modern Horizons 2 gleich doppelt durcheinander gewürfelt – Schnattersturm und die neuen Artefaktländer sind nur zwei Beispiele, wie schnell Formate auf neue Karten reagieren:

Schnattersturm brachte gleich zwei alte Aspekte von Magic wieder auf den Spieltisch – Sturm und Eichhörnchen. Sturm, wohl eine der am wenigsten ausgewogenen Mechaniken des Spiels, harmoniert besonders gut mit einem Format, in welchem es sehr viele günstige Sprüche gibt. Die durch Schnattersturm erzeugten Eichhörnchen sind wohl mehr ein Gag als wirkliche Spielmechanik (wobei Wizards zumindest darauf geachtet hat, den Stamm Eichhörnchen im Draft spielbar zu machen) und hätten genauso gut ein beliebiger anderer Stamm sein können. Die schiere Anzahl an 1/1ern, die damit ohne weiteres erzeugbar sind, rechtfertigen ein Spiel-Set dieser Karte in einem darauf ausgelegten Deck auf jeden Fall.

Das andere Pauper-Deck, das eindeutig von Modern Horizons 2 profitiert hat, ist Affinität. Dieser Archetyp ist seit den Zeiten des originalen Mirrodin-Sets geliebt, gehasst und gebannt worden. Nicht ohne Grund sind die originalen Artefaktländer in Modern gebannt.

In Pauper hingegen genießen Karten mit der Affinitätsmechanik ihre Existenz und sind ein starker Archetyp, der mit den neuen unzerstörbaren und doppelfarbigen Artefaktländern nur noch stärker geworden ist. Gerade gegen Decks wie monoschwarze Landzerstörung freut sich der*die Artefakt-Spieler*in.

Arena und Magic Online

Da Modern Horizons 2 „nur“ in Papierform erschienen ist, hatten die neuen Karten leider keinen Einfluss auf Magic Arena oder Magic Online.

Modern Horizons 2 im Draft 

Ich konnte (seit dem Erscheinen des Sets im Juni) einen Draft zu Hause mit drei Freunden spielen. Alle Teilnehmer*innen waren erfahrene Spieler*innen, die ihren ersten Draft bereits hinter sich hatten. Dennoch wurde weniger kompetitiv gespielt, sondern es ging vielmehr darum, endlich wieder Booster zu öffnen.

Wir hatten am Ende von Booster Nummer Drei mehrere unterschiedliche Deckarchetypen gezogen – Rakdos Wahnsinn, Blaue Amöben, Gruul Stompy und Orzhov Flieger. Rot war etwas überdraftet, aber das ist schließlich immer spielbar. Wir hatten eine gute und interessante Mischung aus Kreaturen, Sprüchen und Kampftricks.

In den Einzelspielen und einer großen Mehrspieler*innenrunde zeigte sich wieder einmal, dass es wie in jedem anderen Set auf eine ausgewogene Mana-Kurve ankommt, um das Spiel zu gewinnen. Es war sehr angenehm, dass die gelungene und ausgewogene Kreaturen-Auswahl des Orzhov-Spielers die Partien gewann, und nicht etwa ein überstarker Spruch, gegen den niemand etwas hätte tun können. Gerade diese über weite Strecken gegebene Ausgewogenheit machte die Spiele interessant.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Wizards of the Coast
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 15 Minuten bis zu mehreren Stunden, je nach Format
  • Spieler*innenanzahl: Ab zwei
  • Alter: Ab 13 Jahren empfohlen
  • Preis: um die 7 EUR für einzelne Draft-Booster, etwa 9 EUR für einzelne Set-Booster
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

Fazit

Modern Horizons 2 bietet eine Fülle spannender Karten und möglicher Decks. Es bietet für mehrere Formate Karten, die man in seine Decks integrieren und spielen möchte. Und es verfügt über eine interessante Auswahl, welchen Kartenstil man dabei bevorzugt.

Es ist kein Set für neue Spieler*innen und Leute, die nicht genau wissen, was sie wollen. Durch die Aufteilung in drei Typen von Boostern muss man gezielt und bewusst kaufen.

Wie schon in der Einleitung beschrieben, sind Nostalgie und Erinnerung an vergangene (bessere?) Zeiten sehr starke Emotionen. Man kann diese zwar nicht zurückbringen. Aber manchmal kann man den ein oder anderen Moment von früher wieder aufleben lassen. Und sei es mit den Archetypen und Spielmechaniken eines Sammelkartenspiels.

Manchmal kann und darf man wieder dreizehn Jahre alt sein. Viel Spaß dabei.

  • Es ist Magic the Gathering, das beste Kartenspiel der Welt.
  • Sowohl alte Klassiker als auch neuere Konzepte werden bedient.
  • Augenzwinkernde Reminiszenzen an Magics Vergangenheit.
 

  • Es ist Magic the Gathering, das frustrierendste Kartenspiel der Welt.
  • Mit den Karten Schnattersturm und den Artefaktländern wurden in Pauper die Decktypen Affinity und Squirrel Storm dominant.
  • Die glänzende Schicht auf den Foils ist zu stark reflektierend.

 

Artikelbilder: © Wizards of the Coast
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Giovanna Pirillo

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