Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten

Ein Spiel mit knuffiger Grafik und süßen, humanoiden Tieren, die in Form bekannter Rollenspiel-Klassen heroisch Monster verprügeln und sich als Gruppe zusammenfinden? Das Ganze mit einem simplen Ärger-Mechanismus? Das mussten wir uns genauer ansehen bei dem Kartenspiel Here to Slay. Wie hat es uns gefallen?

© Asmodee
© Asmodee

Tiere und Kartenspiele scheinen in den letzten Jahren in der Welt der Brett- und Kartenspiele eine beliebte Kombination geworden zu sein. Möglicherweise hängt dies mit der bis heute anhaltenden Beliebtheit von Exploding Kittens Seit dem riesigen Kickstarter-Erfolg gibt es eine nicht enden wollende Flut an Spielen mit den Tieren, die Influencer*innen gerade besonders „cute“ finden, wie beispielsweise Lamas, Alpakas oder Einhörner. Letztere haben uns beispielsweise das Spiel Unstable Unicorns beschert.

Das Spiel von Unstable Games war ein voller Erfolg im Crowdfunding und motivierte das Team, ein weiteres Kartenspiel mit putzigen Tierchen zu machen. Und was soll man sagen? Here to Slay war ein noch größerer Erfolg und spielte über drei Millionen US-Dollar auf Kickstarter ein. Bei dem Spiel mit großer Ähnlichkeit zu Munchkin erwartet uns eine ganze Riege an anthropomorphen Fellträgern: Bären, Katzen, Hasen, Eichhörnchen, Füchse und… schon wieder Einhörner stellen jeweils eine der sechs verfügbaren Klassen dar. 2021 ist es nun endlich auch auf Deutsch erschienen. Ob uns das Spiel mit seinen Take-That- und Set-Collection-Mechanismen überzeugen konnte, lest ihr in unserem Test.

Spielablauf

Der Spielzug

Um Here to Slay siegreich abzuschließen, muss man die Person sein, die zuerst drei Monster erledigt oder eine Gruppe Helden zusammenstellt, die von jeder der sechs verfügbaren Klassen mindestens eine Heldenkarte ausliegen hat.

Alle Spielenden haben in ihrem Zug drei Aktionspunkte zur Verfügung. Für drei Aktionspunkte kann man alle Karten auf der eigenen Hand abwerfen und fünf neue ziehen.

Mit zwei Aktionspunkten darf man eines der drei ausliegenden Monster angreifen. Hierbei ist zu beachten, dass man in der eigenen Auslage die Klassen liegen hat, die beim Monster als Bedingung stehen. Ist die Bedingung erfüllt, würfeln wir und handeln die Konsequenzen ab.

Für einen Aktionspunkt hat man mehrere Möglichkeiten zur Auswahl. Zunächst einmal kann man eine Karte vom allgemeinen Nachziehstapel ziehen. Oder man spielt eine Helden-, Zauber- oder Gegenstandskarte von seiner Hand aus. Ist es eine Heldenkarte, darf man auf den Effekt der Karte würfeln (mehr zu den Effekten und den einzelnen Kartentypen später). Letzte Möglichkeit für einen Aktionspunkt ist es, auf den Effekt einer bereits ausliegenden Heldenkarte zu würfeln.

Die einzelnen Aktionen können beliebig oft und in jedweder Reihenfolge ausgeführt werden, solange man die Aktionspunkte zur Verfügung hat.

Die Kartentypen

Anführerkarten

Dies sind die sechs möglichen Anführer, aus denen die teilnehmenden Personen auswählen dürfen. Jede Karte hat eine der möglichen Klassen und einen besonderen dauerhaften Effekt. In der Endwertung (ob eine Person alle sechs verfügbaren Klassen mindestens einmal besitzt) zählen die Anführerkarten mit, bei den Bedingungen für die Monster nicht.

© Asmodee
© Asmodee
Monsterkarten

Die Monster, wie Riesenschleime, gigantische Spinnen oder Drachen, sind die stetige Bedrohung in der Tischmitte (nun eigentlich keine Bedrohung, da sie nie proaktiv angreifen, aber es sind halt Monster). Jedes Monster hat eine Voraussetzung, die erfüllt werden muss, um es angreifen zu dürfen. Dies sind Kombinationen von einer bis vier Heldenklassen, die in der eigenen Auslage liegen müssen. Ist die Voraussetzung erfüllt und ein Angriff findet statt, werden beide Würfel geworfen. Das Ergebnis wird mit den beiden Konsequenzen verglichen und entsprechend ausgeführt. Die rote Konsequenz ist für die aktive Person ein nachteiliger Effekt, die grüne besagt stets, dass das Monster bezwungen wird. Wurde das Monster bezwungen darf man es in die eigene Auslage legen und von einem weiteren dauerhaften Effekt profitieren.

© Asmodee
© Asmodee
Heldenkarten
© Asmodee
© Asmodee

Essenziell um das Spiel gewinnen zu können sind die Heldenkarten. Zum einen benötigt man sie, um Monster zu bezwingen, andererseits kann man mit einer Party aus allen sechs Heldenklassen das Spiel pazifistisch gewinnen. Die Klassen werden durch je eine Tierart dargestellt: Die Bären sind die Kämpfer, die Füchse sind die Waldläufer, die Katzen sind die Diebe, die Hasen die Magier, die Eichhörnchen die Barden und die Einhörner die Wächter (warum man diese nicht als Paladine übersetzt hat, ist schwer nachvollziehbar). Die Heldenkarten haben neben ihrer Klasse alle noch eine eigene Fähigkeit. Diese wird entweder beim Ausspielen der Karte aktiviert oder auf Kosten eines Aktionspunktes. Um die Fähigkeit durchführen zu dürfen müssen beide Würfel geworfen werden. Nur wenn das Ergebnis gleich oder höher dem geforderten Wert ist, wird sie aktiviert.

Zauber- und Gegenstandskarten

Mit diesen beiden Kartentypen kann man das Spielgeschehen ganz schön durcheinanderwirbeln. Während die Zauberkarten Einmaleffekte besitzen, die sofort ausgeführt werden, sind die Gegenstände dauerhafte Veränderungen an den Heldenkarten. Man kann diese nicht nur an seine eigenen Helden anlegen, sondern auch an die Heldenkarten der anderen Spielenden. Meist tut man dies mit den „Verfluchten Gegenständen“, die die Heldenkarten der anderen massiv schwächen beziehungsweise einen negativen Zusatzeffekt auslösen, wenn die Fähigkeit der ausgerüsteten Karte aktiviert wird.

© Asmodee
© Asmodee
Modifikatoren und Herausforderungen

Um den Take-That-Mechanismus auf die Spitze zu treiben, gibt es neben den Gegenständen vor allem die Modifikator-, und Herausforderungskarten. Dies sind auch die einzigen Handkarten die jederzeit (auch im Zug einer anderen Person) und ohne Kosten von Aktionspunkten gespielt werden können.

© Asmodee
© Asmodee

Die Modifikatoren werden im Anschluss an Würfelwürfe gespielt und erhöhen oder verringern das jeweilige Ergebnis. Werden mehrere dieser Karten gespielt, müssen alle zusammengezählt (oder entsprechend abgezogen) werden. Das Ausspielen der Karten im Zuge anderer ist an keine Reihenfolge gebunden.

Die Herausforderungskarten sind eines der fiesesten Elemente des Spiels. Wann immer jemand eine Helden-, Gegenstands- oder Zauberkarte von der eigenen Hand ausspielen möchte, kann man diese Person herausfordern, wenn man die Karte auf der Hand hat. Beide Parteien würfeln nun mit beiden Würfeln. Hat die verteidigende Person den höheren Wurf, wird die Karte wie geplant ausgespielt. Ist das Ergebnis jedoch gleich oder kleiner des Wurfes des Angreifers, wandert die Karte auf den Ablagestapel und der Aktionspunkt verfällt. Die Würfelergebnisse einer Herausforderung dürfen von allen durch Modifikatoren beeinflusst werden.

Ausstattung

Ein großes Merkmal des Spiels wurde bislang noch nicht in der verdienten Ausführlichkeit gewürdigt: Das Artwork ist so unfassbar niedlich, dass ein Zuckerschock nicht ausgeschlossen werden kann. Das Layout der Karten ist sehr aufgeräumt und übersichtlich, die wichtigsten Informationen sind schnell erfasst. Ein kleiner Wermutstropfen besteht darin, dass der Verlag sich gegen eine vollflächige Darstellung entschieden hat. Wobei dies definitiv Geschmackssache ist, für die Lesbarkeit der gefühlt etwas zu kleinen Kartentexte ist es so wie es ist auf jeden Fall besser. Das Design und die Haptik der beiden beigelegten Würfel ist sehr wertig, und die beiden D6 sind ein absoluter Hingucker auf dem Tisch.

Die wunderschönen Würfel
Die wunderschönen Würfel

Was aber gar nicht geht ist die Dicke der Karten. Bei einem Spiel, in dem ein großer Stapel Karten zu Beginn gemischt wird und die Karten auch lange Zeit in der Hand verweilen, muss ein Papier mit höherer Grammatur gewählt werden. So bestand ständig die Angst, die Karten unnötig zu verknicken oder frühzeitig abzugreifen. Dieses Spiel ist darauf ausgelegt, auch mit jüngeren Kindern gespielt zu werden, hier darf man nicht davon ausgehen, dass in den unteren Altersstufen pfleglicher Umgang mit Spielmaterial Usus ist.

Die kurze Anleitung ist gut strukturiert und verständlich. Ungewöhnlich für ein Spiel dieser „Größe“ (aber sehr willkommen) ist ein kleines Glossar über die wichtigsten Spielbegriffe wie „abwerfen“, „opfern“ „bezwingen“ et cetera. In der Schachtel ist ein Sortiereinsatz, der alles an Ort und Stelle hält.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Asmodee, Unstable Games
  • Autor*in(nen): Ramy Badie
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 30 bis 60 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 2 3 4 5 6
  • Alter: ab 10 Jahren
  • Preis: ca. 20 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Webseite des Verlags kann man sich seine eigenen Heldenkarten erstellen oder sich von den erstellten Karten der Community inspirieren lassen. Auf Thingiverse finden sich zudem ein praktischer Aktionspunkte-Slider des Users DannyEss87 und ein Kartenhalter für die allgemeine Auslage von UbelGeist.

Fazit

Ist Here to Slay ein gutes Spiel? Ja, auf jeden Fall. Es ist sehr schnell gelernt, hat einfache Regeln und man hat fix zwei, drei Runden ohne Langeweile gespielt. Das Artwork überzeugt und die Würfel sind ein echter Hingucker. Ist es besser als das offensichtliche Vorbild Munchkin? Bedingt. Es ist vor allem zugänglicher für eine jüngere Zielgruppe und spielt sich wesentlich flüssiger. Gerade die Siegbedingungen sind viel einfacher zu erreichen und ziehen das Spiel nicht unnötig in die Länge. Aber es hat auch seine Mankos. Für viele Spielrunden dürfte es schon zu simpel sein. Der Strategieanteil ist niedrig bis nicht existent und der Glücksfaktor spielt gleich doppelt eine große Rolle durch das Würfeln und das Kartenziehen. Auch die Möglichkeit, anderen die Suppe zu versalzen ist spaßig, aber spätestens zur Hälfte einer Partie schießen sich wie immer bei solchen Mechaniken alle auf die vermeintlichen Spitzenreiter*innen ein. Und das frustet. Auch die Haptik der Karten lässt sehr zu wünschen übrig. Es fühlt sich dadurch leider billig an.

Was bleibt ist ein sehr spaßiges Spiel für Zwischendurch, das noch eine Menge Potenzial liegen lässt, um auch Vielspielende wirklich abzuholen. Wäre das Spiel nur für jüngere Zielgruppen getestet worden, wäre die Wertung höher ausgefallen und hätte vermutlich einen Daumen nach oben erhalten. So ist das Spiel sein Geld durchaus wert, aber es wäre mehr drin gewesen.

  • Süße Grafik
  • Schnell gelernt
  • Lädt zu mehreren Partien in Folge ein
 

  • Sehr glückslastig
  • Karten sehr dünn
  • Gefühlt hat das Spiel noch mehr Potential

 

Artikelbilder: © wie gekennzeichnet
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Rick Davids
Fotografien: Tim Billen
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein