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Des Ritters bester Freund ist das Kettenhemd, und auch für ein Cosplay benötigt man vielleicht mal ein Kettenteil aus Metallringen. Was man aus den filigranen Ringen ganz einfach selbst zaubern kann, und was dabei beachtet werden muss, erklärt das folgende Tutorial.

Wenn es um Kettenringe geht, dann ist wohl das Erste, woran man denkt, das Kettenhemd eines Kriegers. Doch die kleinen Ringe finden in geflochtener Form an vielen Stellen ihren Einsatz, sei es als zusätzlicher Schutz in Form einer Haube, unter einem Helm, als Kettenfetzen zur Deko an der Robe eines Untoten oder als Verzierung für einen Gürtel. Immer wieder bedienen sich Designs von Videospielen, Filmkostümen und Mangas solcher Techniken und stellen damit Cosplayer*innen und Larper*innen vor Herausforderungen. Wie holt man das traditionsreiche Handwerk des Kettenknüpfens ins eigene Wohnzimmer, und wie fängt man am besten damit an?

Der Herr der Ringe

Es gibt unzählige Ringe mit unterschiedlichen Größen, Farben und Strukturen, sodass einen die schiere Auswahl am Anfang durchaus überfordern kann. Je nachdem, was für ein Projekt man angeht, sollte man sich informieren, welche Art von Ringen dazu passt.

Die wichtigsten Anfänger*innen-Punkte sind dabei Gewicht (und damit gleichzeitig das Material) und Größe. Je größer die Ringe, desto einfacher ist es, sie beim Knüpfen anzuordnen. Ein Nachteil hierbei ist, dass sie größere Löcher hinterlassen. Als Faustregel kann man sagen: Je kleiner die Ringe, desto schwieriger das Flechten, aber desto engmaschiger wird das Endprodukt aussehen. Empfehlen würden wir Ringgrößen zwischen 6,5mm-8mm, wobei letzteres als Standard-Größe gilt. Beide eignen sich für einfache Kettenteile bis hin zu Kettenhemden.

Hier ein Päckchen, in denen die Kettenringe üblicherweise geliefert werden.

Das Gewicht wird bestimmt vom Material, aus dem die Ringe gefertigt sind. Besonders für Cosplays ist es empfehlenswert, etwas Leichtes zu nehmen, damit man, besonders bei großen Teilen wie einem Kettenhemd, nicht früher oder später das Tragen verflucht. Hierfür eignen sich Ringe aus Aluminium perfekt. Sie haben zwar auch ihr Eigengewicht, sind aber deutlich leichter als Edelstahl.

Das Material entscheidet über den Look und die Farbe des Ergebnisses. Möchte man eine klassische silberne Kettenhaube, dann sind Aluminium und Edelstahl die richtige Wahl. Für einen goldenen oder bronzenen Look wären wiederum die Messing- und Siliziumbronze-Ringe perfekt. Hier kann man seiner Kreativität auch mal freien Lauf lassen und verschiedene Materialien kombinieren. Oder man schaut, welche Möglichkeiten es gibt, um die Ringe mit Gebrauchsspuren zu versehen, indem man sie zum Beispiel anrosten lässt. Dies sollte jedoch vorher gründlich recherchiert werden, um zu vermeiden, dass durch die chemischen Reaktionen das Endergebnis nicht zufriedenstellt und die ganze Arbeit für die Katz war.

Eine Auswahl der Materialien, die für Anfänger*innen des Kettenknüpfens ausreichen.

Alles was man braucht – Eine Einkaufsliste

  • Eine glatte Oberfläche
    (Am besten ohne ein Muster, damit man die einfarbigen Ringe immer sofort sieht.)

  • Zwei Flachzangen
    (Empfehlungswert sind hier Zangen mit einer breiteren Greiffläche und ohne Zacken, da diese bei zu festem Druck das Metall der Ringe zerkratzen können.)

  • Wahlweise eine schmale Pinzette
    (Besonders für den Anfang sehr praktisch, um präziser die hinteren Teile zu verbinden.)

  • Ringe, viele Ringe (Die meisten Kettenhemden bestehen aus circa 20.000 Ringen, je nach Körpergröße und Umfang.)

Kettenflechten für Anfänger – „4 in 1“-Tutorial

Im Folgenden wird das für Anfänger*innen geeignete „4 in 1“-Geflecht erklärt. Besonders zu Beginn kann es für die ungeübten Finger kniffelig werden, die Ringe in die richtige Position zu bringen. Hierbei gilt: Übung macht den Meister. Je mehr man übt und je länger man flechtet, desto schneller gehen die Handgriffe in automatische Bewegungen über. Wichtig ist nur, dass man stets den Überblick über die fertigen Teile behält und die Ringe nicht ständig verrutschen. Am besten legt man das Geflecht-Teil immer flach vor sich, sodass sie sich nicht ineinander verhaken oder verdrehen. Das hilft auf die Dauer enorm, keine Fehler ins Geflecht zu bringen.

Schritt 1 – Vorbereitung

Es lohnt sich, den Arbeitsplatz gut sortiert vor sich zu haben. Das heißt, man befüllt eine große Schale mit Ringen, sodass man sie stets in großer Menge parat hat. Auch die Werkzeuge sollten stets in Griffbereitschaft sein, da man immer mal wieder wechseln muss.

Füllt man die Ringe in kleine Schalen, dann hat man sie für jeden Schritt griffbereit.

Um das Grundteil für das „4 in 1“-Geflecht zu bekommen, benötigt man insgesamt fünf Ringe. Vier davon werden ganz einfach mit den zwei Flachzangen an ihrer Schnittstelle geschlossen, Ring Nr. 5 bleibt offen und wird gegebenenfalls noch weiter geöffnet, wenn kein Ring hindurchpasst. Hierbei ist zu beachten, den Ring niemals zu weit zu öffnen, da er sich sonst verformen würde, sobald man ihn wieder zusammendrückt.

Schritt 2 – Das Grundteil

Für das „4 in 1“-Geflecht müssen nur vier Ringe über einen weiteren gezogen werden. So erhält man ein Quintett.

Nun schiebt man alle vier geschlossenen Ringe über die geöffnete Seite des 5. Rings, sodass sie wie an einer Kette baumeln. Der 5. Ring wird daraufhin wie die anderen geschlossen, sodass man ein Teil aus insgesamt fünf ineinander hängenden Ringen erhält. Dies ist das Grundteil des gesamten „4 in 1“-Geflechtes. Prinzipiell besteht es nur aus diesen Stücken und jeweils einzelnen, geöffneten Ringen, die als Verbindungsstücke genutzt werden, um die einzelnen 5er-Paare (auch Quintett genannt) miteinander zu verbinden. Es kann daher zeitsparend sein, wenn man zuvor einen Haufen dieser Quintette vorbereitet, sodass man sie nur noch verbinden muss.

Hier die zwei wichtigsten Geflechtstücke: Ein Quintett und ein Zwischenstück.

Schritt 3 – Die Verbindung

Nun geht es daran, zwei 5er-Paare von oben nach unten zu verbinden. Achtung! Beim Zurechtlegen müssen beide Teile, mit dem Ring in der Mitte, in die exakt gleiche Richtung zeigen. Sie werden dann wie im Bild an vier Ringen übereinandergelegt. Die unteren beiden Ringe vom oberen Quintett schieben sich über die oberen beiden Ringe des unteren Quintetts. Jetzt kommt der geöffnete Verbindungsring zum Einsatz, was vor allem am Anfang Zeit kosten wird. Dieser Ring muss nämlich, in dieselbe Richtung der anderen Mittelringe, zwischen die Teile geflochten werden. Das Bild dient hierfür als Orientierung. Hat man es geschafft, das filigrane Stück durch alle Lücken zu fädeln, kann man den Ring mithilfe der Flachzangen verschließen.

Diesen Prozess kann man so lange fortführen, bis man die gewünschte Länge des Kettenteils erreicht hat.

Schritt 4 – Seitwärts

Im 3. Schritt wurde erklärt, wie man ein Kettenteil von oben nach unten zusammenbringt und damit die Länge justieren kann. Im 4. Schritt wird nun dargestellt, wie man die Teile seitwärts verbinden und das gesamte Geflecht verbreitern kann.

Man legt die beiden Teile so aneinander, dass auf beiden Seiten die gleiche Anzahl von Ringen liegt. Sie sollten im besten Fall auf einer Höhe liegen und sich an einem Berührungspunkt spiegeln. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass alle mittleren Ringe in dieselbe Richtung zeigen, andernfalls kommt das Kettengeflecht durcheinander. Liegt alles richtig, kann man wie beim Schritt zuvor einen geöffneten Verbindungsring nehmen und ihn zwischen den Lücken der Schnittstellen hindurchfädeln, sodass man ein „4 in 1“-Quintett erhält. Auf den Bildern ist dieser Prozess wieder dargestellt.

In Schritt 4 werden nun zwei Stränge, die man aus der Technik von Schritt 3 geflochten hat, miteinander verbunden. Der mittlere Ring verbindet vier Ringe wie bei dem zuvor abgebildeten Quintett.

Schritt 5 – Wiederholung

Mit den vorherigen vier Schritten kann man munter knüpfen. Je nachdem, wie groß das Kettengeflecht werden soll, kann man sich in rechteckigen Teilen voran arbeiten und sie später zusammenfügen. Besonders zum Ende hin wird ein Schnittmuster, das man auf Papier gebracht hat, einen guten Dienst erweisen. Legt man die einzelnen Teile darauf, kann man gut erkennen, wo etwas fehlt und gegebenenfalls die eine oder andere Reihe nachknüpfen, bevor man die Schnittteile endgültig zusammenbringt. Wenn man möchte, kann man zusätzliche gestalterische Maßnahmen vornehmen. Zum Beispiel kann man bei einem Kettenhemd die Ränder an Ärmel und Halsausschnitt mit einem Kunstlederband einfassen, damit es ordentlicher aussieht.

Achtung! Hier kein Vernieten!

Dieses Tutorial beschreibt das Knüpfen von einfachen Ringen, ohne sie zu vernieten, also ohne sie mit kleinen Keilen dauerhaft zu schließen. Dies hat den Vorteil, dass man sie bei Fehlern immer wieder neu öffnen und schließen sowie ein Kettenteil an den*die Träger*in anpassen kann. Ein Nachteil ist hingegen, dass bei stärkerer Nutzung Reibungsstellen, wie unter den Armen, dazu führen können, dass sich die Ringe verformen und ungewollt öffnen. Es entstehen Löcher, die man jedoch mit Ersatzringen flicken kann.

Niemals verzagen – dem Ende entgegen!

Was lange dauert, nimmt langsam Form an. Bei großen Projekten kann man auch mehrere, kleinere Teile knüpfen und sie am Ende zu einem großen zusammenfügen.

Bedenkt man, dass ein einzelnes Kettenhemd aus bis zu 20.000 Ringen bestehen kann, gibt dies einen Vorgeschmack auf den Zeitaufwand, den man in die Arbeit mit dem Knüpfen eines Kettengeflechtes verbindet. Über 150 Stunden können bei großen Teilen mal zusammenkommen, und es sind noch mehr, wenn man die Anfangszeit betrachtet, in der man nur mäßig vorankommt. Ähnlich aufwändig ist zum Beispiel auch das Ziegelstich-Sticken, das Redakteur Lukas bereits erklärt hat. Sitzen aber erstmal die Handgriffe, dann kann das Knüpfen ziemlichen Spaß machen. Vor allem, weil man immer vor Augen hat, wie man Teil für Teil seinem Ziel näherkommt. Es lohnt sich auf jeden Fall, am Ball zu bleiben und niemals aufzugeben. Am Ende ist das Knüpfen auch nur eine Sache der Übung, und Fehler können in den meisten Fällen einfach ausgebessert werden. Also: Ran an die Ringe!

 

Artikelbilder: © Lisa Murach
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Rick Davids
Fotografien: Lisa Murach

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