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Carnage ist einer der wahnsinnigsten Schurken im Marvel-Universum. Es war abzusehen, dass er irgendwann zurückkehren müsste. Doch kann nach Absolute Carnage noch irgendeine Steigerung kommen? Extreme Carnage versucht es mit einem anderen Ansatz: Die Symbionten veranstalten eine Familienzusammenführung. Kann daraus eine interessante Geschichte entstehen?

Carnage ist tot, damit wollen wir beginnen. Irgendwann sagte Marvel einmal, dass sie Figuren nur zurückholen, wenn sie einen guten Grund dafür haben. Dies scheint nun der Fall zu sein. Nach Maximum Carnage, Minimum Carnage und Absolute Carnage kommt nun Extreme Carnage. Hier gibt es viele interessante Charaktere: Die fünf Life-Foundation-Symbionten sind hier ebenfalls dabei, und Flash Thompson, der als Agent Anti-Venom unterwegs ist, ist neben seinem Zögling Andi Benton der Protagonist. Dazu haben sich die Friends of Humanity mit den Symbionten nach den Ereignissen aus King in Black ein neues Feindbild gesucht. Viele süße Zutaten, die hoffen lassen, dass dieser Comic mehr zu bieten hat als einen Serienmörder, der von den Toten zurückkommt. Doch reicht das, um eine interessante Geschichte zu erzählen?

Extreme Carnage – eine tödliche Familie

Seit die Mutanten auf Krakoa leben, haben die rechten Politiker von den Friends of Humanity ihr politisches Feindbild verloren. Es ist schwer gegen jemanden zu wettern, der gar nicht präsent ist. So haben sie nach der Invasion von Knull einen neuen Feind ausgemacht: Außerirdische. Senator Krane nutzt die Angst vor Symbionten, um Politik zu machen und sich als Kandidaten für die Präsidentschaft aufzuschwingen. Derweil hat es der Kodex von Carnage geschafft zu überleben und bahnt sich über unterschiedliche Wirtskörper seinen Weg zu Krane, um ein Blutbad anzurichten. Einzig Agent Anti-Venom versucht ihn aufzuhalten. Als Unterstützung wird Scream, einer der fünf Life-Foundation-Symbionten, von Carnage gerufen. Momentan ist dieser aber in einer Symbiose mit Andi Benton, die als Heldin schon häufiger auf der Seite von Flash stand. Sie muss sich dagegen wehren, dass Carnage die Kontrolle über ihre Klyntar bekommt. Schnell sind die beiden nicht die einzigen Symbionten, die in diesen Konflikt verwickelt sind.

Der Anfang der Geschichte sorgt für einige Überraschungen und für Spannung. Doch schon das dritte Kapitel schafft es nicht mehr, diesen Spannungsbogen zu halten. Zu schnell werden weitere Figuren eingeführt, ohne dass eine Beziehung, ob positiv oder negativ, zu ihnen aufgebaut werden kann. Die vielen Autor*innen- und Zeichner*innen-Wechsel helfen auch nicht dabei, eine stringente Handlung zu erzählen. Zu unterschiedlich sind die Stile.

Dabei funktionieren gerade die Passagen mit Andi Benton sehr gut. Im Gegensatz zu den letzten Comics, in denen sie die Hauptrolle spielte, interessiere ich mich hier für ihr Schicksal und fiebere mit ihr mit. Man sollte die Figur aber bereits kennen, sonst wird man nicht verstehen, was es mit ihrem Pentagramm und den dazugehörigen Fähigkeiten auf sich hat. Für ihre Fans ist dieser Comic dagegen ein Muss.

Was will mir dieser Comic eigentlich erzählen?

Ich bin immer ein großer Freund davon, wenn es keine offensichtlichen Antagonist*innen gibt. Ein Carnage-Comic hat es somit direkt schwer. Ein Held war er bisher erst einmal in seiner Geschichte. Die Einführung der Friends of Humanity in diesen Kontext ist daher eine interessante Idee. Natürlich wollte man hier keinen Abklatsch einer Mutanten-Geschichte erzählen, doch das erzählerische Potenzial wurde nicht ausgenutzt. Es gab zwar beispielsweise Symbionten in ihren eigenen Reihen, doch war da kein Plan zu erkennen.

Dazu wirkten die Kämpfe gegen Riot, Lasher und Phage einfach lieblos. Diese drei Figuren erfüllen keine andere erzählerische Rolle außer als Gegner für Actionszenen herzuhalten, die dazu wenig übersichtlich und interessant gestaltet waren. Später tauchen als Unterstützung für die Held*innen auch noch Toxin und Sleeper auf, wodurch die Anzahl der Symbionten in dieser Geschichte eindeutig überstrapaziert wird. Ein Konflikt mit Flash und Andi auf der einen, Carnage mit ein oder zwei Handlanger*innen auf der anderen und den Friends of Humanity dazwischen hätte vollkommen ausgereicht.

Dazu bin ich der ganzen Symbionten-Geschichten in letzter Zeit ein wenig überdrüssig. Durch die vielen Verschiebungen des zweiten Venom-Films hat Marvel immer neue Serien mit Carnage oder Venom in der Hauptrolle herausgebracht, um zum Kinostart einen potenziellen Verkaufsschlager am Markt zu haben. Die Geschichte ist nicht schlecht, aber sie reißt Leser*innen auch nicht mit.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini Comics
  • Autor*innen: Clay McLeod Chapman, Phillip Kennedy Johnson, Steve Orlando
  • Zeichner*innen: Danilo Beyruth, Gerardo Sandoval, Manuel Garcia, Fran Galánc, Chris Mooneyham
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover
  • Seitenanzahl: 204
  • Preis: 22 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

Fazit

Dieses Event hätte nicht sein müssen. Ich finde es gut, dass Figuren, die nicht so oft im Rampenlicht stehen, hier Möglichkeit bekommen zu scheinen. Dazu wurden auch viele Künstler*innen der zweiten Reihe an Bord geholt, um sich beweisen zu können. Doch außer Clay McLeon Chapman und Chris Mooneyham, welche sich Scream und Andi Benton angenommen haben, sticht keine*r der Kreativen wirklich heraus. Die Entwicklungen um Andi haben mich dagegen bewegt, und ich frage mich, ob ich mit Scream – Carnages Fluch nicht doch einen interessanten Band eben dieses Teams verpasst habe. Man sollte aber im Thema sein, um diesen Band genießen zu können. Extreme Carnage als Gesamtwerk bewegt sich in zu viele Richtungen gleichzeitig und kommt deshalb nirgends wirklich an. Ein guter Grund Carnage zurückzuholen, außer Geld zu machen, ist hier nicht gegeben.

  • Entwicklung von Andi Benton ist spannend
  • Neues Material zu selten genutzten Figuren
 

  • Zu viele Charaktere
  • Zu viele Autoren
  • Zu viel heiße Luft

 

Artikelbilder : © Panini Comics
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Rick Davids
Dieses Produkt wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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