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Der Marvel Monthly ist endlich zurück. Die Nächte werden früher dunkel und die Tage kälter. Es ist Zeit, die harten Helden hervorzuholen: Der Punisher führt einen Krieg gegen Hydra und Venom erlebt die Rückkehr von Carnage. Derweil feiern die Fantastic Four eine Hochzeit und Peter Parker kämpft ums Überleben.

Zwei der brutalsten Antihelden von Marvel sind Frank Castle und Eddie Brock, der Punisher und Venom. Beide stammen ursprünglich aus den eher harmlosen SpiderMan-Comics. Durch ihre Soloserien aus den 90ern wurden sie endgültig zu den ambivalenten Figuren, die wir heute kennen. Beide schwanken zwischen Schurke und Held und kennen keine Gnade, wenn es gegen ihre Feinde geht. Um ihr Handeln nachvollziehbar zu gestalten, müssen Feinde her, die noch einmal eine Schippe drauflegen.

So nimmt es der Punisher in seiner neuen Serie mit Hydra auf, während im neusten Venom-Band Carnage zurückkommt. Bei so viel Action und Brutalität brauchen wir dringend auch etwas Herzliches und Mildes. So schauen wir zusätzlich noch in den zweiten Fantastic Four-Band und hoffen, dass wenigstens die Hochzeit zwischen Ben Grimm und Alicia Masters ein gutes Ende nimmt. Außerdem schauen wir uns den Spider-Geddon-Band von Peter-Parker: der spektakuläre Spider-Man an.

Punisher #1: Krieg gegen Alle

Willkommen zurück, Frank! Seit dem Secret Empire, in dem Frank Castle für Hydra arbeitete, ist dieser auf Rachefeldzug gegen eben diese Schurkenvereinigung. Mehr muss man vor dem Neustart seiner Reihe nicht wissen, denn hier geht es direkt brutal zur Sache. Ohne viele Worte zu verlieren, schießt sich der Punisher durch die unzähligen Agenten von Hydra, um zu ihrem Boss, Helmut Zemo, vorzudringen. Doch dabei geht er etwas zu weit und macht auch vor öffentlichen Orten nicht Halt. So bekommt er es zusätzlich mit Helden wie Nick Fury Jr., Luke Cage oder Black Widow zu tun.

Punisher gegen alle © Panini Comics

Fragen der Moral werden in diesem Comic gar nicht gestellt. Stattdessen gerät man von einer Actionszene in die Nächste. Matthew Rosenberg zeigt hier besondere Kreativität dabei, die unterschiedlichsten Tötungsdelikte zu inszenieren. In seiner Coolheit spricht er damit sicher auch das Humorzentrum vieler Leser an. Ansonsten ist dieser Band weitestgehend humorbefreit. Einzig beim „Team-Up“ mit Daredevil ist Frank auch um einen lockeren Spruch nicht verlegen.

Apropos Daredevil: Dieser Comic ist voller Cameo-Auftritte. Es wird sich sowohl aus der breiten Riege der Schurken als auch der Helden bedient. Keiner dieser Figuren bleibt dabei länger als ein paar Panels in der Handlung. Das ist unterhaltsam, wenn man alle Figuren kennt. Ich bezweifle aber, dass man sich damit einen Gefallen tut, wenn man dies in Rahmen einer neuen Reihe macht. Doch abgesehen davon ist dieser Comic wunderbar geeignet, in die Welt des Punishers einzusteigen.

Man bekommt, was man erwartet

Der Linienstrich der Zeichnungen ist ungewöhnlich dünn. Dazu kommen Bilder, die voraussichtlich abgezeichnet oder vektorisiert wurden. Kombiniert mit den realistischen Schraffuren und Texturen, ergibt sich ein Bild, das nah an düstere Fotografien kommt. Der Spawn-Zeichner Szymon Kudranski fängt den Punisher damit genau so dark und gritty ein, wie man es erwartet. Ergeben sich am Anfang noch ein paar seltsame Effekte durch den Einsatz von Computertechnik, fällt das im Laufe des Comics immer weniger auf.

Wer einen Punisher-Comic kauft, wünscht sich hier unzensierte Bilder und eine brutale Handlung. Genau das wird hier mit Bravour geboten. Dazu schafft es der Autor auch, eine spannende Geschichte zu erzählen, bei der nicht sofort klar ist, in welche Richtung es sich entwickeln wird. Der Grund, warum sich der Punisher meistens mit unbenannten Mafiosi oder Söldnern herumschlägt, ist, dass selten ein Gegner die Begegnung mit dem Antiheld überlebt. Man kann sich also auch die Frage stellen, ob Marvel sich wirklich traut, Helmut Zemo auf die Liste seiner Opfer zu setzen.

Mir war klar, dass mir ein typischer Punisher-Band für mein zartbesaitetes Herz zu brutal ist. Ich versuche das nicht in die Wertung mit einfließen zu lassen. Dass ich mich dennoch gut unterhalten gefühlt habe, kann man dem Comic positiv anrechnen. Ich hätte mir gewünscht, dass die Hauptfigur auch einmal vor schwere Entscheidungen gestellt wird. So ist Frank Castle hier die Figur, die nicht darauf wartet, dass die Gegner ihre Deckung verlassen, sondern jemand, der direkt mit dem Panzer durch die Mauer drescht.

Hätte die Handlung nicht ein paar überraschende Wendungen parat, hätte ich mich schon sehr schnell gelangweilt. Fans der Kampfmaschine kann ich diesen Band nur herzlichst empfehlen. Wer mehr von einem Comic möchte als Action oder bei abgerissenen Körperteilen schnell umblättert, sollte tunlichst die Finger davon lassen.

Die harten Fakten

  • Autor: Matthew Rosenberg
  • Zeichner: Szymon Kudranski
  • Seitenanzahl: 124
  • Preis: 14,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics, Amazon

 

Fantastic Four #2: Vier Helden und eine Hochzeit

Nach den gescheiterten Hochzeiten von Kitty und Piotr in X-Men Gold #6 und von Batman und Catwoman in Batman #26 muss man sich fragen, ob Hochzeiten allgemein keine so gute Idee für Superhelden sind. Die Geschichte ist voll von Beispielen. Doch es gibt mindestens eine Hochzeit, die bis heute Bestand hat: die von Reed Richards und Susan Storm. In welcher Reihe lässt sich also besser der Glaube an eine glückliche Ehe wiederherstellen als bei den  Fantastic Four?

Ben Grimm, alias das Ding, und die blinde Bildhauerin Alicia Masters kennen sich seit der US-Ausgabe #8 der Reihe, die Marvel groß gemacht hat. In der ersten Ausgabe der neuen Reihe (dessen erstes US-Heft wir vor einem Jahr besprochen haben) hat Ben ihr endlich einen Heiratsantrag gemacht. Doch da er weiß, dass so eine Superheldenhochzeit nur „Bambule“ macht, wünscht er sich nichts sehnlicher als eine friedliche Feierlichkeit ohne besondere Vorkommnisse. Doch vorher müssen noch Junggesellenabschiede und ein Gespräch mit Alicias Vater, dem Puppet Master, geführt werden.

Der Band besteht aus lauter kleinen Episoden, die natürlich voller Cameos stecken. Auch Tante Petunia darf hier natürlich nicht fehlen. Doch die Hauptfiguren sind ganz klar unsere vier Helden und die Braut. Alle sind wie immer grundsympathisch charakterisiert und Konflikte haben selten bösartige Konsequenzen. Das ist ganz im Stile der alten Comics, von denen mit der alten #8 auch direkt ein Klassiker den Weg in diesen Band gefunden hat. Ob dies bei den vielen Sammlern da draußen eine so gute Idee war, wage ich zu bezweifeln.

Man bekommt leider nicht sehr viel fürs Geld

Die Zeichnungen sind wunderbar abwechslungsreich. Vom Stil alter Comic-Strips über den unverwechselbaren Mike Allred hin zum modernen Superhelden-Stil ist alles dabei. So hat jede Episode ihren ganz eigenen Charme.

Viele der Episoden sind aber sehr kurz und bieten wenig Substanz. Dazu bleibt alles irgendwie austauschbar. Zu einer amerikanischen Hochzeit gehören natürlich Junggesellenabschiede in einem Strip-Club oder einer Bar. Es mag wenig überraschen, dass es natürlich zu „Bambule“ kommt. Auch Tanzunterricht steht auf dem Programm. Und auch die Beziehung des Brautpaars wird noch einmal aufgerollt. Das ist alles solide gemacht, bleibt aber nicht langfristig in Erinnerung.

Wie schon der erste Band taucht man hier in das Leben der ersten Marvel-Familie ein. Das ähnelt manchmal mehr einer Soap-Opera als einer Superhelden-Story. Doch genau damit hatte das Haus der Ideen früher den Zahn der Zeit getroffen. Es ist schwer zu sagen, ob diese Art der Erzählung heute noch funktioniert.

Für mich war dies ein Comic, den ich schnell durchblättern konnte, ein paarmal Schmunzeln musste und den ich dann wieder weggelegt habe, ohne mich weiter damit zu beschäftigen. Wer genau so einen gemütlichen Zeitvertreib sucht, ist hier sicher richtig. Eine Charakterentwicklung oder Originalität sucht man dagegen vergeblich.

Die harten Fakten

  • Autoren: Dan Slott, Fred Hembeck, Gail Simone, Stan Lee
  • Zeichner: Adam Hughes, Laura Braga, Marc Buckingham, Fred Hembeck, Mike Allred, Aaron Kuder, Jack Kirby
  • Seitenanzahl: 132
  • Preis: 15,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics, Amazon

 

Venom #3: Der Kult des Killers

Dieser Venom-Band ist etwas ungewöhnlich, denn er beinhaltet nur Geschichten, die nicht in der fortlaufenden Venom-Reihe von Donny Cates erschienen sind, sondern abgeschlossene Episoden aus der losen Anthologie-Reihe Web of Venom erzählen. Nur in einer dieser Geschichten kommt Venom überhaupt vor, oder besser gesagt der Symbiont, der seit der Begegnung mit dem Gott Knull nur noch in Form eines Hundes herumläuft. Dort gerät er im Untergrund von San Francisco an einige Menschen, die von Carnage infiziert wurden.

In der ersten Geschichte des Bandes wird erzählt, wie Nick Fury und Wolverine damals in Vietnam kämpften, in der, wie wir seit der ersten Ausgabe wissen, der Grendel-Symbiont eingesetzt wurde, der in Verbindung mit Knull steht. Eine andere Geschichte handelt davon, was mit Cletus Kasady nach dem Kampf mit den Poisons passiert ist. Hier wird deutlich, dass inzwischen ein Knull-Kult existiert und Carnage als Möglichkeit sieht, mit ihrem Gott zu interagieren. Dieser benutzt nun den Kult, um seine eigenen Ziele zu verfolgen.

In der letzten Geschichte geht es um John Jameson (Man-Wolf) und Misty Knight, die zusammen paranormale Aktivitäten in Doverton untersuchen – die Stadt, die damals der Handlungsort von Carnage U.S.A. war. Wer diesen Comic nicht kennt, hat teilweise das Gefühl, der Story nicht ganz folgen zu können. Es wird kurz erklärt, dass Carnage damals die ganze Stadt und sogar die Avengers übernommen hat. Über die Hintergründe wird nichts gesagt, so dass man sich nicht ganz sicher sein kann, was sich nun auf die nahe Vergangenheit oder eben diesen Vorfall bezieht. Als eine Geschichte irgendwo zwischen Akte X und Twilight Zone funktioniert die Handlung trotzdem.

Insgesamt haben wir hier vier recht unterschiedliche Episoden, die einem das Gefühl geben, dass sie nur der Prolog zu einer noch viel größeren Handlung sind, die nächstes Jahr vermutlich im Event Absolute Carnage gipfeln wird. Alle sind unterhaltsam, auch wenn es manchmal schwerfällt, die Zusammenhänge richtig zuzuordnen. Ich hoffe, sie ergeben wesentlich mehr Sinn, wenn man das Gesamtbild kennt.

Episoden von unterschiedlicher Qualität

Während mir die klaren dicken Zeichnungen der Vietnam-Geschichte und der Wiedergeburt von Carnage sehr gefallen, fällt die Handlung um den Venom-Hund eher durch absonderliche Körperformen und Sabber auf. Dies gehört zum Konzept, führt aber dazu, dass man nicht unbedingt erkennt, was gerade passiert und gleichzeitig auch noch angewidert ist. Die letzte Episode ist insgesamt ziemlich eintönig und verströmt wenig Atmosphäre. Hier sind aber gerade die Gesichter besonders gelungen.

Anthologie-Bände sind in der Regel sehr kurzweilig. Das trifft auch auf diesen zu. Am Ende bleibt man hier aber etwas unbefriedigt zurück, denn viele der einzelnen Episoden sind in eine größere Handlung eingebettet und können deshalb nur schwer für sich allein stehen. Als Leser fühlt man sich am Ende des Bandes nicht wirklich klüger als am Anfang. Dem Gesamtwerk fehlt noch der letzte Kniff, so dass man das Gefühl hat, dass alles wunderbar zusammenpasst. Dabei schafft er es aber auch, dass man gespannt darauf ist, wie es weitergeht und ob die Neuinterpretation der Geschichte der Klyntar wie ein perfektes Puzzle zusammenpasst.

Ich habe mich vom Comic sehr gut unterhalten gefühlt, habe jedoch nicht, wie beim ersten Band, das Gefühl, eine besonders nachhaltige Geschichte gelesen zu haben. Es ist dann doch mehr Stückwerk mit einigen wirklich guten Storys (Vietnam, Carnages Wiedergeburt) und eher durchschnittlichem Tagewerk (der entfesselte Hund und der Carnage-Kult in Doverton). Man darf gespannt sein, wie es weitergeht und ob Absolute Carnage halten kann, was es verspricht.

Die harten Fakten

  • Autoren: Donny Cates, Frank Tieri, Ryan Stegman
  • Zeichner: Danilo Beyruth, Kyle Hotz
  • Seitenanzahl: 140
  • Preis: 16,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics, Amazon

 

Peter Parker: Der spektakuläre Spider-Man #3 – Morlons Rückkehr

In unserer Rezension zum Event Spider-Geddon haben wir uns gefragt, was Peter Parker eigentlich die ganze Zeit gemacht hat. Diese Frage wird nun im dritten und letzten Band der Peter Parker-Reihe beantwortet. Der Titelheld trifft im Central Park auf Morlun, dem Schurken, mit dem die Geschichte der Inheritors ursprünglich angefangen hat. Spider-Man hat ihn bereits drei Mal besiegt. Dummerweise hat Peter diesmal J. Jonah Jameson an der Backe, der ihn gutgemeint beim Kampf unterstützen will.

Im Vergleich zu früheren Kämpfen gegen Morlun, wie dem ersten, der von Michael Straczynski und John Romita Jr. inszeniert wurde, fehlt es diesem Kampf an Epik. Aber so passt es viel besser zur freundlichen Spinne von nebenan. Mit ein paar lustigen Sprüchen ist ein Kampf gegen einen der härtesten Gegner auch viel leichter ertragbar. Doch hier zündet leider nicht jeder Gag. Miles Morales, der einen kurzen Auftritt hat, hat den besten Lacher auf seiner Seite.

Wie in den anderen Ausgaben der Peter Parker-Reihe geht es hier wieder um das Verhältnis zwischen Jonah und Peter. Die beiden sind ja seit kurzem gute Freunde und die Dynamik als Comedy-Duo funktioniert auch weiterhin. Dabei wird die Handlung zum Glück nicht zu albern, leider aber auch selten wirklich spannend.

Ist das nun Teil des Spider-Geddons oder nicht?

Die Zeichnungen überzeugen. In allen Actionszenen weiß man immer, was gerade passiert und spürt trotzdem die Bewegungen aller Figuren. Die Kolorierung ist bunt und kontrastreich. Auch das improvisierte Kostüm des Helden sieht gut aus.

Neben der Haupthandlung, die sich über drei Kapitel zieht, sind noch zwei zusätzliche Geschichten aus dem Multiversum ergänzt worden: eine Episode von Spider-Man Noir und eine, die aus einer Animationsserie zu stammen scheint. Beide sind kurzweilig und schaffen es, auf wenigen Seiten eine eigene Welt zu etablieren. Gerade durch diese beiden Ausgaben ist ganz klar zu erkennen, dass dieser Comic zum Event mit den unzähligen Spinnenfiguren gehört, auch wenn sich die Haupthandlung nur um den Kampf Spider-Man gegen Morlun dreht.

Wer Spider-Man liebt, kann mit diesem Comic wenig falsch machen. Hier wird souveräner Spinnen-Spaß präsentiert, der zwar nicht überrascht, aber noch immer nichts von seinem alten Charme verloren hat. Der Band funktioniert auch außerhalb des Spider-Geddon-Events. Es wird wenig über Peters Privatleben erzählt und man bekommt für sein Geld einen einzigen größeren Kampf gegen einen tödlichen Gegner. Das ist zwar über dem Durchschnitt, aber auch weit von der Höchstwertung entfernt.

Die harten Fakten

  • Autor: Sean Ryan
  • Zeichner: Juan Frigeri
  • Seitenanzahl: 100
  • Preis: 12,99 EUR
  • Bezugsquelle: Panini-Comics, Amazon

 

Artikelbild: Panini Comics
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

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