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In Wytchwood praktizieren wir als alte Hexe mit allerhand kuriosen Zutaten Alchemie und stellen verschiedenste Gegenstände her. Das Spiel setzt dabei auf eine offene Welt und ein ausgeklügeltes Herstellungssystem. Zwischen Fledermausflügeln und Elfenschuhen begegnen wir außerdem verschiedenen Schicksalen und versuchen herauszufinden, warum wir einen Vertrag mit einer Ziege geschlossen haben.

Wir bewegen uns in einer Welt mit verschiedenen Schauplätzen.

Seit Dezember 2021 ist Wytchwood bei Steam erhältlich. Entwickelt von Alientrap und herausgegeben von Whitethorn Games und WhisperGames wird es als „Crafting-Abenteuer in einem Land voller gotischer Fabeln“ angepriesen. Wir bewegen uns in einer Welt mit verschiedenen Schauplätzen: vom morastigen Sumpf über üppige Felder, bis hin zum düsteren Friedhof. Dort suchen wir uns unterschiedliche Dinge zusammen, um magische (Heiltrank) oder auch weniger magische Sachen (Teig) herzustellen. Das tun wir, um zwölf Tierseelen zu sammeln, welche wir benötigen, um die Abmachung mit der Ziege zu erfüllen. Der Stil und die Handhabung des Spiels erinnern dabei stark an Don’t Starve Together. Um das eigene Überleben muss bei Wytchwood aber weniger gekämpft werden.

Setting: Zwölf Tierseelen, um die holde Maid aufzuwecken

Wir erwachen im Sessel einer gemütlichen Hexenhütte, wo ein großer Kessel im Kamin hängt. Das Blöken einer Ziege hat uns aus dem Schlaf gerissen und aufgebracht scheuchen wir sie hinaus. Als wir unser Zauberbuch zur Hand nehmen, müssen wir entsetzt feststellen, dass alle Rezepte daraus verschwunden sind – die Ziege muss sie gefressen haben. Nur die Seite mit der Formel für einen Heiltrank ist noch übrig. Diesen stellen wir auch kurzerhand her, um unsere Rückenschmerzen zu lindern und haben so bereits die Hauptmechanik des ganzen Spiels erlernt.

Die Ziege treffen wir draußen in unserem Garten wieder. Sie hat bereits darauf gewartet, dass wir endlich aufwachen und erinnert uns an ein Abkommen, welches wir mit ihr getroffen haben. Von Erinnerungslücken geplagt wissen wir nichts mehr davon und um unserem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, müssen wir zunächst einen von uns versiegelten Schrein wieder öffnen. Vier verschiedene Objekte werden dazu benötigt, welche wir nur außerhalb unseres beschaulichen Zuhauses finden können. Durch ein Tor in einem Fels gelangen wir an einen Ort, der scheinbar irgendwo zwischen den Welten liegt. Von hier aus können wir durch acht Portale unterschiedliche Schauplätze besuchen, zunächst steht uns nur der Wald zur Verfügung. Dort finden wir die erforderlichen Zutaten und kehren damit nach Hause zurück.

Von diesem Ort aus können wir alle Gebiete schnell erreichen.

Nach erfolgreicher Aktivierung finden wir in dem Schrein in einem gläsernen Sarg eine schlafende junge Frau. Sie aufzuwecken sei uns ein wichtiges Anliegen, so die Ziege, und da wir dazu wohl nicht im Stande sind, haben wir mit ihr einen Vertrag geschlossen. Damit sie uns hilft, müssen wir der Ziege die Seelen von zwölf Tieren bringen – vier davon sind bereits ganz in der Nähe. So beginnt unsere Reise und damit eine lange Reihe von Herstellungs-Aufträgen.

Die mysteriöse Ziege hält sich bezüglich ihrer eigenen Beweggründe eher bedeckt.

Wir kehren in den Wald zurück und sollen von hier aus die ersten vier Seelen finden: die Schlange und der Bär im Wald, der Ochse in den Feldern und der Blutegel im Sumpf. Erst wenn wir diese gefunden haben, werden die nächsten vier angezeigt. In welcher Reihenfolge wir sie uns vornehmen bleibt uns überlassen. Beim Verfolgen einer Aufgabe passiert es unweigerlich, dass man direkt über die nächste stolpert oder zumindest das jeweilige Gebiet aufsuchen muss. Die Gegenstände, die für das Erfüllen eines Auftrags nötig sind, sind vielfältig und über die Spielwelt verteilt, sodass beispielsweise für die Seelen im Wald auch der Sumpf oder die Felder aufgesucht werden müssen. Die Umgebungen sind liebevoll gestaltet und werden von einem jeweils stimmigen Soundtrack begleitet. Zusammen mit für den Schauplatz typischen Geräuschen, wie Krächzen von Krähen auf den Feldern oder Surren von Fliegen im Sumpf, kreiert das Spiel eine gute Atmosphäre und transportiert unterschiedliche Stimmungen abhängig vom Ort.

Sehr stimmungsvoll mit der Geräuschkulisse und dem Soundtrack ist zum Beispiel der Sumpf.
Im Journal können wir unsere offenen Aufgaben auf einen Blick sehen.

Zwischendurch können wir uns auch jederzeit einer anderen Aufgabe zuwenden und die angefangene später wieder aufnehmen. Bis auf die Reihenfolge, in der wir die Tierseelen sammeln, haben wir keinerlei Einfluss auf den Verlauf der Geschichte. Dieser ist sehr vorhersehbar: Schon zu Anfang ist klar, dass wir immer vier Seelen sammeln und bei der Ziege abliefern müssen, um die nächsten vier angezeigt zu bekommen. Abweichungen davon gibt es nicht.

Tiere mit menschlichen Zügen und fragwürdigen Absichten

Die Tiere, deren Seelen wir einsammeln sollen, sind anthropomorph. Sie besitzen also viele menschliche Eigenschaften und gehören selbstverständlich in die Gesellschaft in Wytchwood. Zu jeder Tierseele gibt es eine eigene Geschichte und neue Charaktere treten auf den Plan. Sie sind jedoch immer nur für die eine Aufgabe relevant und tauchen nach Beendigung dieser nicht noch einmal auf. Es werden verschiedene Themen angeschnitten und Stereotypen bedient, wie beispielsweise der böse Wolf oder die hypnotisierende Schlange. Desweiteren treffen wir unter anderem noch auf den auf dem Feld arbeitenden Ochsen, den wütenden Bärenfürst, dem sein Honigwein ausgegangen ist, oder den geldgierigen Falken.

Der Bär lässt seine Aggressionen an seinen armen Soldaten aus.

Alle haben dabei etwas gemeinsam: In irgendeiner Weise haben diese Tiere etwas Verwerfliches getan, sind skrupellos oder einfach bösartig. Gewissermaßen fungieren sie also als Gegenspieler in Wytchwood. Die jeweilige Erzählung zielt immer darauf ab, zu rechtfertigen, warum es in Ordnung ist, dass wir ihnen ihre Seelen nehmen dürfen oder es vielleicht sogar erforderlich ist, dass wir sie aus dem Weg räumen. Das gelingt mal mehr und mal weniger gut. Ebenfalls variabel ist die erzählerische Tiefe.

Während einer Aufgabe begegnen wir auch immer vielen Nebencharakteren, wie zum Beispiel dem traurigen Einhorn.

Bei einigen Geschichten setzen wir uns sehr intensiv mit den Beweggründen der Tiere auseinander, in anderen begegnen wir ihnen lediglich zwei Mal. Die Ideen für die Figuren sind aber sehr kreativ und vielfältig. Allerdings sind die einzelnen Schicksale im Endeffekt nicht relevant für das Verfolgen unseres Ziels. Wenn alle Dialoge schnell weggeklickt werden (sie zu überspringen ist nicht möglich), hat das keinen Einfluss darauf, ob wir die Geschehnisse am Ende verstehen. Selbst die Erzählungen, die detaillierter gestaltet sind, haben keine Bedeutung für unseren Vertrag mit der Ziege.

Features: Neue Gegenstände und Rezepte – gleichbleibende Mechanik

Das Herstellen von Gegenständen ist die das Spiel bestimmende Mechanik. Wir fangen damit an, Dinge, die herum liegen, aufzusammeln. Dazu gehören zum Beispiel Äste, Pilze oder Kräuter. Manche werden öfter benötigt, andere lediglich ein einziges Mal. In neuen Gebieten gibt es auch neue Sachen zu finden. In den Feldern können wir Gräser pflücken und Grashüpfer fangen, auf dem Friedhof finden wir Knochen und schwarze Rosen und im Sumpf gibt es Dornenranken und Frösche. Einige Zutaten können wir einfach aufsammeln, für viele benötigen wir allerdings ein Werkzeug. Um Frösche, Grashüpfer oder Glühwürmchen zu fangen brauchen wir einen Kescher, Baumstümpfe lassen sich nur mit einer Axt zerstören und zum Abschneiden von Schilf brauchen wir eine Gartenschere. All diese Werkzeuge werden uns in den ersten Spielminuten zur Verfügung gestellt. Im Laufe des Spiels kommen keine neuen dazu.

Klicken wir auf hervorgehobene Gegenstände wird uns verraten, welches Werkzeug wir benutzen müssen.

Für einige Objekte müssen wir zunächst andere Dinge herstellen. Um Wasser sammeln zu können müssen wir zum Beispiel eine Phiole herstellen, für die wir wiederum Lehm und glühende Kohlen brauchen. Diese Zutaten können wir sammeln, indem wir bei Erd- und Aschehaufen unsere Schaufel einsetzen. Mit der Phiole können wir dann zu einem Brunnen gehen und Wasser aufsammeln oder auch bei einer Kuh etwas Milch melken. Die Rezepte bauen immer aufeinander auf und bekannte Dinge werden auch für die Herstellung neuer Gegenstände gebraucht. Neue Rezepte bekommen wir, während wir Aufträge erledigen oder auch, wenn wir auf neue Gegner und Kreaturen treffen. Diese bekämpfen wir nicht mit einer Waffe, sondern wir scannen sie mit unserem Hexenauge, um ihre Schwachstelle herauszufinden. Auf diese Weise wird uns verraten, mit welchem Gegenstand wir das Wesen unschädlich machen oder zumindest zeitweise außer Gefecht setzen können. Das Rezept ist dann in unserem Herstellungsmenü zu finden und wir können uns auf die Suche nach den Zutaten begeben. So können wir zum Beispiel eine Rauchbombe basteln, mit der wir die Stechmücken im Sumpf betäuben und dann mit der Axt zerlegen können. Dadurch bekommen wir unter anderem den Stachel, der für das Nähset gebraucht wird, ein oft benutztes Objekt. Es entstehen lange Handlungsabläufe von Zutaten sammeln und Gegenstände herstellen, um wieder eine andere Sache erschaffen zu können.

Ereignisse werden immer mit schönen Worten beschrieben, sind aber optisch nicht sichtbar.

Hinzu kommt dann noch das Umherlaufen zwischen den Schauplätzen. Diese Mechaniken ändern sich nicht und das beschreibt bereits alle Tätigkeiten während des ganzen Spiels. Dadurch wird das Ganze sehr repetitiv und die Abwechslung fehlt.

Die Geschichte wird in erster Linie durch Dialoge erzählt. Geschehnisse finden weniger in der Welt an sich statt, sondern werden über ein Dialogfenster vermittelt. Die Umgebung wirkt dadurch etwas lebloser, die Effekte hier sind nur minimal.

Anspruchsloses Abarbeiten von Aufgaben

Wytchwood ist sehr simpel und zugänglich. Wer bei der Beschreibung des Spiels zunächst an viel zu komplizierte Herstellungsmechaniken denkt, kann beruhigt sein. Sie sind sehr simpel gestaltet. Das Komplizierteste daran ist wahrscheinlich, den Überblick zu behalten, um nicht dauernd doppelt laufen zu müssen. Nur allzu schnell passiert es, dass beim Sammeln von Komponenten ein Gebiet mehrmals aufgesucht werden muss, weil man nicht alles im Kopf hatte, was für das anzufertigende Objekt gebraucht wurde. Durch die Portale, die wir in jedem Gebiet freischalten können, kommen wir immer schnell in den interdimensionalen Raum, von dem aus wir zu den anderen Schauplätzen reisen können. Die Wege gestalten sich dennoch teilweise etwas länger. Es lohnt sich also immer, alle möglichen Zutaten nebenbei aufzusammeln, damit im besten Fall alle Komponenten vorhanden sind, wenn wir wieder unsere Alchemie praktizieren.

Einen Wiederspielwert bietet Wytchwood kaum. Die flache Geschichte ist mit einem Durchspielen von circa 12 Stunden erzählt, wenn die Dialoge nicht übersprungen werden. Um genau zu sein ist die Haupthandlung nur zu Beginn und am Ende wirklich relevant. Errungenschaften werden durch das bloße Folgen des linearen Handlungsstranges freigeschaltet, sodass auch hier keine Motivation entsteht, das Spiel nochmal zu spielen.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: Alientrap
  • Publisher: Whitethorn Games, WhisperGames
  • Plattform: PC, PS4, Xbox One, Nintendo Switch
  • Sprache: Englisch, Japanisch, Chinesisch, Spanisch
  • Mindestanforderungen: Windows 7 64bit, Dual-Core Prozessor (Intel Dual Core 2.0 GHz oder AMD Athlon X2 5200+ 2.6 GHz), 2 GB RAM, Geforce 9600 GS, Radeon HD4000, Shader Model 3.0, 512 MB, DirectX Version 9.0c, 1 GB Speicher
  • Genre: Indie-Abenteuer
  • Releasedatum: 27.12.2021
  • Spielstunden: ca. 12
  • Spieler*innen-Anzahl: 1
  • Altersfreigabe: USK 6
  • Preis: 16,79 EUR
  • Bezugsquelle: Steam, Nintendo eshop, Microsoft Store, Playstation Store

 

Fazit

Wytchwood ist ein auf Erkundung und Erzählung setzendes Spiel, in dem es um das Sammeln von Zutaten und Herstellen von Gegenständen geht. Der individuelle Grafikstil und die Atmosphäre sind sehr ansprechend und die Herstellungsmechanik zugänglich. Allerdings mangelt es dem Spiel an Abwechslung und es wird schnell monoton. Die Grundmechaniken und erforderlichen Werkzeuge sind schon in den ersten Minuten erlernt beziehungsweise erspielt. Während des restlichen Spielverlaufs gibt es diesbezüglich keine Neuerungen oder Ergänzungen. Die Haupthandlung stellt einen Rahmen dar, in dem viele kleine unabhängige Geschichten erzählt werden. Diese haben jedoch für das Ziel der Protagonistin keine Bedeutung und könnten theoretisch auch übersprungen werden. Die Figuren sind aber sehr abwechslungsreich und liebevoll gestaltet. Mit seinen knapp 17 EUR und 12 Spielstunden ist Wytchwood ein nettes Spiel für Zwischendurch, bei dem man durch den repetitiven Verlauf gut den Kopf ausschalten kann. Wenn man sich auf den Stil, die Mechanik und die in sich geschlossenen Erzählungen einlässt, kann man mit dem Spiel eine wirklich schöne Zeit haben.

  • Schöner Grafikstil
  • Entspanntes und simples Gameplay
 

  • Repetitive Spielmechanik
  • Geschichte ohne viel Tiefe

 

Artikelbilder: © Alientrap
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Nina Horbelt
Dieses Produkt wurde privat finanziert.

Über die Autorin

Lisa ist in Niedersachsen aufgewachsen, treibt sich jedoch am liebsten in anderen Welten jenseits der heimischen Bildschirme rum. Videospiele begeistern sie seit der ersten Playstation und dem Gameboy Advance, mittlerweile ist sie aber überwiegend vor dem PC zu finden, wo sie am liebsten kooperativ mit Freunden zockt. Auch in den Bereichen Brettspiele und Pen-and-Paper ist sie kein unbeschriebenes Blatt und freut sich über jede Gelegenheit, um ein neues Regelwerk oder Gesellschaftsspiel ausprobieren zu können.

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