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Seit dem Auftauchen von Kang im MCU hat einer der wichtigsten Gegner der Avengers eine ungeahnte Popularität erhalten. Für alle Interessierten ist nun ein Comic über das Leben von Kang erschienen. Doch wir erleben Kang hier aus den Augen einer jüngeren Version, die versucht, ihr Schicksal zu ändern.

Die Geschichte von Kang ist lang und unübersichtlich. Er war als Rama-Tut ein Pharao, nannte sich Scarlet Centurion, Iron Lad oder Immortus und kämpfte immer wieder mit oder gegen die Avengers und Fantastic Four. Es brauchte bereits mehrere Retcons, um die Zeitlinien ansatzweise geradezubiegen. Als einer der ersten und mächtigsten Gegner der Avengers war es aber nur eine Frage der Zeit, bis er auch seinen Weg ins MCU findet. In der Loki-Serie fand er eine erste Erwähnung, und im zukünftigen Ant-Man-Film wird er zuerst auf der großen Kinoleinwand zu sehen sein. Nun dürstet es Interessierte nach Material über den Zeitreisenden aus dem 30. Jahrhundert, und Marvel hat die Rufe erhört und einen Comic über den Schurken herausgebracht. Doch sie wollten nicht nur eine Nacherzählung seiner bisherigen Leben liefern, sondern eine Geschichte erzählen, die es so bisher noch nicht gegeben hat: Eine Geschichte über Liebe, welche alle Zeiten überdauert.

Kang der Eroberer – Am Ende der Zeit

Nathaniel Richards ist ein gelangweilter Jugendlicher, der im 30. Jahrhundert lebt, in dem alle Probleme gelöst zu sein scheinen. Doch er will Abenteuer und reist zum Schloss von Doctor Doom, einem seiner angeblichen Vorfahren. Dort angekommen, taucht plötzlich Kang der Eroberer auf, der sich als zukünftige Version von Nathaniel herausstellt. Mit ihm zusammen reist Nathaniel in die Zeit der Dinosaurier, genau ein Jahr vor dem Einschlag des Asteroiden. Hier will Kang seinem jungen Ich alles beibringen, was er weiß, damit dieses nicht dieselben Fehler macht wie er selbst. Dazu gehört, wie ihn die Fantastic Four und später die Avengers besiegen konnten, doch vor allen Dingen, dass er sich niemals verlieben soll. Denn seine Liebe zu Ravonna Renslayer hat ihn einst zerbrochen. Dabei erklärt Kang Nathaniel und den Leser*innen die wichtigsten Begegnungen seines Lebens, und es scheint, als ob der Lauf der Geschichte dadurch geändert werden würde. Doch dann verliebt sich der junge Nathaniel plötzlich.

Die Geschichte bietet alles, was man sich unter einem Zeitreiseabenteuer vorstellt: Es gibt Begegnungen mit zukünftigen Versionen, verschiedenste Zeiten und die typische Frage, warum Zeitreisende nicht aus ihren Fehlern lernen und Situationen nachträglich korrigieren. Natürlich rebelliert Nathaniel irgendwann gegen sein zukünftiges Ich und versucht, die Zeit nach seinen eigenen Vorstellungen zu verändern. Dabei erreicht er aber nicht immer das, was er eigentlich vorhatte. Bei dieser Reise lernt man die Figur besser kennen und kann in ihr Seelenleben eintauchen.

Eine Besonderheit des Comics ist, dass der Protagonist eigentlich nur mit anderen Versionen seines Selbst und seiner großen Liebe interagiert. Dadurch wird klar, dass hier neben einer Charakterstudie auch eine Liebesgeschichte erzählt werden will. Das sorgt für Spannung, da nicht klar ist, wie sich diese Beziehung entwickeln wird.

Wie wunderschön können Zeitreisen sein?

Eine große Stärke des Bandes sind die Zeichnungen. Ob nun in vielen zerfaserten Bildern, als ganzseitige Collage oder als großformatige Splashpage, immer gibt es viel zu entdecken. Die Illustrationen geben einen starken Einblick in das Innerste der Hauptfigur und helfen dabei, die Welt aus ihrer Perspektive wahrzunehmen.

Es ist eine gute Entscheidung, eine junge, unerfahrene Version von Nathaniel Richards als Protagonist zu präsentieren, da es leichter fällt, Sympathie für jemanden aufzubauen, der noch nicht als Eroberer, Zerstörer und Massenmörder unterwegs war. Gleichzeitig kann man beobachten, wie er über die Zeit immer mehr Charakterzüge seines zukünftigen Selbst annimmt. Ganz ähnlich ist beispielsweise auch der Band Thanos – Die Geburt eines Monsters aufgebaut, bei der uns auch vergleichbare Weise ein Schurke nähergebracht wird.

Die Charakterstudie von Kang hat nur einen Haken: Gerade gegen Ende sind einige von Nathaniels Entscheidungen nicht wirklich nachvollziehbar. Hier hat er schon einiges an Kränkungen hinnehmen müssen und trifft Entscheidungen, die klar einem Schurken zugeordnet werden können. Natürlich sehen wir hier auch eine Biografie eines Bösewichtes, doch gerade mit der Fähigkeit, durch die Zeit reisen zu können, hätte es sicher sinnvollere Entscheidungsmöglichkeiten gegeben. Aber zu jeder guten Figur gehört es auch, dass sie Fehler macht. Hier wären einige Erklärungen über die Intentionen von Nathaniels Handlungen sinnvoller gewesen, um die Lesenden nicht mit einem großen Fragezeichen zurückzulassen.

© Panini Comics

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini Comics
  • Autor*innen: Collin Kelly, Jackson Lanzing
  • Zeichner*in: Carlos Magno
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover
  • Seitenanzahl: 132
  • Preis: 16 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

Fazit

Mir hat der Comic gefallen! Er schafft es, gleichzeitig einen großen Schurken für Neuleser*innen begreifbar zu machen und eine interessante Zeitreisegeschichte zu erzählen. Man sieht den Protagonisten im ständigen Kampf mit sich selbst und dem Wunsch, einen anderen Weg einzuschlagen. Dazu kommt eine großartige graphische Gestaltung, die besonders dann überzeugt, wenn große Einzelbilder präsentiert werden. Ich wäre versucht, die Höchstwertung zu vergeben, wenn nicht gerade gegen Ende die Handlungen der Figur immer weniger nachvollziehbar erscheinen würden. Für einen Comic, der eine Charakterstudie eines Schurken sein soll, ist es fatal, wenn eben das irgendwann nicht mehr gegeben ist. Dennoch haben wir es hier mit einem Zeitreise-Comic zu tun, den ich allen ans Herz legen kann, die sich für wilde Zeitschleifen und Zeitreisende interessieren.

  • Ein abgeschlossener Einzelband mit vielen Wendungen
  • Kang wird uns als menschliches Wesen gezeigt
  • Wunderschöne Collagen und Splashpages
 

  • Man muss Zeitschleifen mögen
  • Die Handlungen des Protagonisten sind nicht immer nachvollziehbar
    1.  

 

Artikelbilder: © Panini Comics
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Simon Burandt
Dieses Produkt wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

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