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Seit der überraschend unterhaltsamen Disney+ Serie hat das Interesse an Marvels junger Superheldin aus New Jersey einen neuen Höhepunkt erreicht. Daher ist es erfreulich, dass uns Panini Comics mit neuem Futter versorgt. Samira Ahmed schreibt ihren ersten Comic und konfrontiert Ms. Marvel mit einer Doppelgängerin aus dem Multiversum.

Nachdem es die letzte Ms. Marvel-Serie von Saladin Ahmed nicht nach Deutschland geschafft hat, gelingt es nun dem Einzelband seiner Namensvetterin Samira Ahmed. Die Bestsellerautorin der Young-Adult-Dystopie Internment schreibt hier ihren ersten Comic und kann so den Stil ihrer Romane ins Marvel-Universum transportieren. Panini Comics testet hiermit, ob der Markt in Deutschland inzwischen reif für die jugendliche Heldin aus New Jersey ist. Dazu landet Kamala in Chicago und einem Bollywood-Universum und muss sich nach ihrer Rückkehr mit einer Doppelgängerin auseinandersetzen. Und zusätzlich versagen auch noch ihre Kräfte. Was hat das alles mit dem seltsamen Einbrecher zu tun, der sich für sonderbare Technologie interessiert? Wir haben uns die wendungsreiche Geschichte angeschaut und berichten, für wen sich ein Blick lohnt.

Ms. Marvel – Über die Grenzen

Kamala Khan ist zu Besuch bei ihrer Cousine Razia in Chicago. Razia ist Physikerin und beschäftigt sich mit Wurmlochreisen und wie man daraus Energie gewinnen kann. Nach einem kurzen Trip durch die Stadt kommt Kamala in das Labor ihrer Cousine und sieht einen Typen im Trenchcoat, der einen seltsamen Würfel stehlen will. Sogleich wird sie zu Ms. Marvel und verhindert den Raub.  Dabei bekommt sie einen Blick ins Multiversum und kommt nicht umhin, die seltsamsten Versionen ihrer selbst zu sehen. Zurück in New Jersey, verwandelt sich die Welt um sie herum plötzlich in eine Bollywood-Version, in der ihre Familie und Freund*innen immerzu singen und Loki auf einem Elefanten auf sie zu reitet. Doch dann wird sie von einer Doppelgängerin bewusstlos geschlagen. Dabei schafft es nicht nur Kamala, sondern auch die Doppelgängerin zurück in ihre Realität und es beginnt ein verwirrendes Spiel, bei dem nicht klar ist, was eigentlich vorgeht.

Hier ist schon zu erkennen, dass die Handlung viele Wendungen nimmt und es schwer ist, etwas darüber zu erzählen, ohne ganz weit auszuholen. Jedes Kapitel bringt neue Aspekte hinein und man ist gebannt, wohin die Reise gehen wird. Wer aber glaubt, dass am Ende aufgeklärt wird, wer der Dieb im Trenchcoat ist, wird ebenso enttäuscht sein, wie jemand, der erwartet, dass Kamala durch immer neue Universen springt. Beinahe wirkt es, als ob sich die Autorin selbst nicht sicher war, welche Richtung die Geschichte einnehmen sollte und dann immer neue Haken geschlagen hat. Das ist einerseits sehr abwechslungsreich und unterhaltsam, wirkt aber auf Dauer auch ermüdend. Der Comic funktioniert eher auf einer emotionalen als einer rationalen Ebene.

Am Ende gibt es immer ein Happy End?

Die letzten Seiten des Comics verheißen eine Fortsetzung der Geschichte. Für einen Einzelband, der in keine Reihe eingebunden ist, wirkt das wie ein einfacher Trick, um eine potenzielle Fortsetzung verkaufen zu können. Wie vieles in diesem Band wirkt das sehr einfach. Das trifft auch auf die Zeichnungen zu. Die Kolorierung und sämtliche Hintergründe sind minimalistisch. Die Figurenzeichnung ist gelungen, da es die Emotionen der Charaktere klar erkennbar sind und sie die Dynamik der Geschichte mitträgt. Nur wenige Bilder sind aber interessant genug, dass sie den Band um eine besondere Note ergänzen, welche den Comic über den Durchschnitt hebt.

Die Charaktere bleiben, wie in allen Ms. Marvel-Comics, das Highlight. Kamala selbst ist ganz die Heldin, die wir kennen. Bruno, Nakia und Zoe bleiben die besten Freund*innen, die sie sich wünschen kann, und auch der Auftritt von Wasp im letzten Kapitel sorgt für einige spannende Momente. Dazu kommt die Doppelgängerin, die auch als Figur stark ausgearbeitet wird und deren Motivation und Geschichte den Dreh- und Angelpunkt dieses Comics bilden.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini Comics
  • Autor*innen: Samira Ahmed
  • Zeichner*in: Andrés Genolet
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Softcover
  • Seitenanzahl: 124
  • Preis: 15 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

Fazit

Dieser Comic fühlt sich von vorne bis hinten wie ein Ms. Marvel-Comic an. Die Figurenkonstellationen stimmen. Die Antagonist*innen sind ernstzunehmende Charaktere mit eigenen Motivationen und alles ist wohlfühlend seicht. Durch die vielen Wendungen fühlt man sich gut unterhalten und ist stets interessiert, wie es weitergeht. Dabei enttäuscht aber, dass nicht alle Fragen geklärt werden und das bittere Gefühl bleibt, dass ein Teil der Handlung noch fortgesetzt wird.

Leider bleibt so ein fahler Beigeschmack zurück, so dass es der Comic nur durch die Charaktere schafft, über den Durchschnitt zu kommen. Wer noch nie einen Ms. Marvel-Comic gelesen hat, findet bessere Ausgaben, um in das locker-leichte New Jersey des Marvel-Universums einzusteigen. Wer die Figuren bereits ins Herz geschlossen hat, wird sich auch hier gleich zu Hause fühlen. Doch genau deshalb hoffe ich, dass dies nicht der letzte Ms. Marvel-Comic sein wird, der in deutscher Sprache veröffentlicht wird. Denn auch wenn die Handlung nicht ganz durchdacht wirkt, möchte ich mehr von der jugendlichen Heldin und ihren Freund*innen lesen.

  • Sympathische Figuren
  • Viele Wendungen
  • Eine angenehm seichte Geschichte ohne zu viel Drama
 

  • Die Zeichnungen sind einfach gehalten
  • Leider keine abgeschlossene Handlung

 

Artikelbilder: © Panini Comics
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Jessica Albert
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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