Geschätzte Lesezeit: 9 Minuten

Hulk wird dereinst zu Maestro und so zum Schurken. Peter David erzählt nun das letzte Puzzlestück zum Klassiker. Dazu gibt es eine neue reguläre Hulk-Serie von Donny Cates und eine neue Punisher-Serie von Jason Aaron. Tolle Namen, doch können sie den Charakteren wirklich Neues hinzufügen?

Neustarts sind bei Marvel immer ein zweischneidiges Schwert. Einerseits wird dadurch immer wieder etwas Neues erzählt und selbst jahrzehntealte Serien bleiben so spannend, gleichzeitig will aber auch jede*r Autor*in etwas Neues erzählen und schreibt dann gerne mal die komplette Geschichte einer Figur um. Hulk hatte bis vor kurzem wohl die beste Serie seit Jahren. Diese war voller Horror-Elemente und beschäftigte sich sogar mit philosophischen Fragen. Der neue Autor Donny Cates, der eine sehr gute Venom-Reihe geschrieben hat und momentan für Thor verantwortlich ist, wählt einen komplett anderen Ansatz: Er gibt Bruce Banner das Steuer des Hulk. Peter David, der in den 90ern einen der spannendsten Hulk-Runs hatte, begann vor Kurzem die Origin-Story von Hulks zukünftiger Version Maestro zu schreiben. Mit dem nun erscheinenden Band Krieg um die Zukunft schlägt er hier nun den Bogen zum Klassiker Dystopia. Wer hätte gedacht, dass bei dieser Übermacht an Gamma-Kraft das eigentliche Highlight des Monats in einem Neustart der Punisher-Serie zu finden ist? Jason Aaron erzählt hier, wie der Punisher die Faust der Ninja-Organisation Hand wird und konfrontiert den Antiheld in einem Konflikt mit dem Herrn des Kriegs. Dabei hat die Hand etwas, das der Punisher mehr als alles andere wünscht: Die Möglichkeit, Tote zurückzuholen. Was ist ihm dabei mehr wert: Das Leben seiner Frau oder sein Akt der Bestrafung?

Hulk #1 – Der Wut-Antrieb

In Hulk ging es in der Regel um einen Wissenschaftler, der mit seinen inneren Dämonen zu kämpfen hat, die sich in einer optisch sehr erkennbaren dissoziativen Persönlichkeitsstörung äußert. Dies ist in dieser Reihe anders: Bruce Banner hat nun die Kontrolle. Doch statt als Professor Hulk unterwegs zu sein, sitzt er am Steuer seines eigenen Kopfes und reguliert so den wütenden, mächtigen Hulk. Mit Hilfe dieses Antriebs will er in eine andere Dimension verschwinden. Der Auslöser hierfür ist ein noch nicht näher beschriebenes Ereignis. Per Wut-Antrieb macht er sich auf in andere Realitäten und wird dabei von einem Wissenschaftler eines anderen Universums aufgehalten, der sich dem Kampf gegen Abominations verschrieben hat: Bruce Banner.

Der Comic stellt die Frage, ob wirklich der Hulk das Problem ist, oder ob nicht in Wirklichkeit Bruce Banner der Schurke ist, der von der Hulk-Persona zurückgehalten wird. Hier steht das Erkunden einer neuen Welt im Vordergrund, in der die Ursprungsgeschichte von Hulk ein wenig anders verlief und die möglicherweise besser für Bruce Banner lief, aber weniger gut für den Rest der Menschheit. Gleichzeitig gibt es aber auch den inneren Kampf um die Kontrolle des Körpers. Dieser wird sehr explizit dargestellt und wirkt dadurch etwas abstrakt. Bruce Banner hat hier eine echte Schaltzentrale in seinem Kopf errichtet, in dem sich auch eine Betty Ross als Gewissen manifestiert, während der Hulk vor den Toren steht und versucht, diese aufzureißen.

Ist das noch Hulk?

Es ist sehr geschickt, nicht direkt alles zu erzählen und die Welt erst bruchstückhaft mit Details zu bestücken. Welches Ereignis führt zu Banners Reaktion? Wer regiert die neu erkundete Welt? Und warum gibt es dort keine Avengers? Dies alles kommt peu à peu und sorgt so für Spannung. Wenn man eines über die neue Reihe sagen kann, dann dass sie sich sehr originell anfühlt. Das Erkunden neuer Welten ist eher etwas, das man in einem Fantastic Four-Comic erwartet hätte. Banner in seiner Schaltzentrale erinnert an Iron Man. Und die Zeichnungen von Ryan Ottley versprühen weiterhin den Charme von Spider-Man. Doch im Kern erkennt man weiterhin, dass dies ein Hulk-Comic ist: Es geht um Wut, aber auch darum, was passiert wäre, wenn die Experimente mit Gamma-Strahlung geglückt wären.

Ottley, der mit Nick Spencer an The Amazing Spider-Man gearbeitet hat, zeigt uns eine bunte Welt voller Abenteuer und Action. Die Kolorierung und Zeichnungen wirken wie aus einem Guss und haben so gar nichts von dem gruseligen Horrorcharme, den Joe Bennett dem Hulk in der letzten Serie verpasst hat. Die Figuren sind voller Kanten und so sind auch die Charaktere geschrieben. Wer hier eine Fortsetzung der letzten Reihe erwartet, wird stark überrascht und vielleicht sogar enttäuscht.

Der neue Hulk-Comic spricht eine vollkommen andere Zielgruppe an als der letzte. Der Fokus liegt auf Action. Ein paar zusätzliche Spannungsmomente sorgen dafür, dass Lesende dabeibleiben. Gerade die Frage, ob Bruce Banner eigentlich das Monster ist und nicht der Hulk, finde ich spannend.

© Panini Comics

Dabei wird eine alternative Version des Wissenschaftlers eingeführt, die ein anderes Schicksal erlitten hat. Man darf gespannt bleiben, wie es hier weitergeht. Dieser Comic ist aber nicht für jeden. Wer kein Interesse an großen Zerstörungsorgien hat, wird hier wenig Freude finden.

Die harten Fakten

  • Autor*in: Donny Cates
  • Zeichner*in: Ryan Ottley
  • Seitenanzahl: 164
  • Preis: 19 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

Punisher #1 – Der König der Killer

Der Punisher hat eine neue Waffe: die Ninjas der Hand. Wie kam es dazu? Die Erzpriesterin der Hand suchte ihn auf und versuchte ihm weiszumachen, dass er die Faust des Beasts ist. Frank Castle kann wenig mit religiösem Kram anfangen, doch als die Hand ihm anbietet, seine Frau von den Toten zurückzuholen, haben sie ihn an Bord. Gemeinsam stellen sie sich den griechischen Aposteln des Krieges in den Weg. Zunächst ist nicht klar, wer diese Gruppe anführt, doch Kenner*innen des Marvel-Kosmos wird schnell klar, welche Fraktionen sich hier gegenüberstehen.

Der Comic besteht aus einer guten Mischung aus Rückblenden und aktuellen Ereignissen. Auch die Origin-Story des Bestrafers wird noch einmal aufgerollt, ohne dabei langweilig zu sein. Dabei kommen auch immer Verbindungen zur Hand zum Vorschein, von denen Lesende noch nicht wissen, ob es echte Erinnerungen sind oder die Erzpriesterin Castle manipuliert. Das ganze Szenario sorgt für ein enges Geflecht aus Spannungsmomenten und Geheimnissen. Ständige Wendungen halten die Geschichte interessant und sorgen dafür, dass man den Comic schwer aus der Hand geben möchte.

Ist das ein Punisher Comic oder einer über die Hand?

Besonders die Verschachtelung von Rückblenden und der aktuellen Handlung gefällt mir sehr. Jeder Comic zeigt neue Details. Paul Azaceta, der diese Rückblenden zeichnet, erzeugt durch seine einfach gehaltenen Bilder mit dicken Linien und interessanten Perspektiven einen Kontrast zu den atmosphärischen Zeichnungen von Jesus Saiz, bei denen die Tiefe des Raumes stets Teil der Komposition ist. Da wir gleichzeitig auch starke Einblicke in die inneren Strukturen der Hand erhalten, muss man sich zwischendurch fragen, ob sich dieser Comic mehr um die Ninja-Organisation dreht als um Frank Castle. Dennoch bleibt Frank die Hauptfigur, die sich auch moralisch vom Vorgehen der Hand unterscheidet. Für ihn gibt es keine gerechten Morde außer als Bestrafung für Mörder*innen selbst. Die Hand ist eine ganze Organisation von Mörder*innen und er ist nun der König der Killer. Gibt er sich mit dieser Rolle zufrieden oder will er mehr?

Die Figur seiner wiedergeborenen Frau Maria ist ebenfalls ein interessantes Stilmittel. Die Kinder wurden nicht wiedergeboren, doch Maria fragt stets, wann sie zurückkehren. Sie weiß nichts von Franks Arbeit und wird in einem Park von der Außenwelt abgeschirmt. Dieses Konfliktpotential wird sich früher oder später entladen.

Ich hätte nicht gedacht, dass mich ein Punisher-Comic irgendwann einmal so fesseln würde. Die verschiedenen Konflikte sind perfekt inszeniert und miteinander verwoben. Dabei werden Details im genau richtigen Maß hinzugefügt und führen mit Wendungen zu vielen Spannungsmomenten. Fans des Punishers bekommen aber dennoch brutale Kämpfe der perfekten Kampfmaschine. Ob diese den Comic aber als Fortsetzung der Geschichte ihrer Lieblingsfigur wahrnehmen, kann ich nicht beurteilen.

© Panini Comics

Die Handlung wirkt auch gleichzeitig wie ein Kommentar zu rechten Gruppierungen, welche den Antihelden zu einem Vorbild erhoben haben. Jemand, der wie ich sonst wenig mit dem Punisher anfangen konnte, aber den Erzählstil von Jason Aaron mag, sollte hier auf jeden Fall einen Blick riskieren.

Die harten Fakten

  • Autor*in: Jason Aaron
  • Zeichner*innen: Jesus Saiz, Paul Azaceta
  • Seitenanzahl: 148
  • Preis: 19 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

Maestro – Krieg um die Zukunft

In Der Gamma-Tyrann der Zukunft wurde beschrieben, wie aus Hulk der Maestro wurde. Krieg und Frieden zeigte uns den Aufbau seines Reiches sowie einen ersten Konflikt mit Doctor Doom. Doom konnte entkommen und sinnt auf Rache. Gleichzeitig erscheint mit Namor aber noch ein Gegner aus einem Reich, das Maestro noch nicht unterjocht hat. Zusammen mit einem letzten Aufgebot von der ersten Menschlichen Fackel und Abomination versuchen sie, Maestro zu stürzen.

Dieser Comic soll das letzte Puzzlestück darstellen, das zwischen dem ersten Maestro-Band und dem Klassiker Dystopia liegt. Daher ist das Ende der Handlung bereits vorgegeben. Der Comic schafft es aber dennoch zwischendurch zu überraschen, wenn auch auf niedrigem Niveau. Ein wenig problematisch ist hier, dass es keine wirkliche Identifikationsfigur gibt. Maestro ist zwar der Protagonist, aber keiner, mit dem man mitfiebert. Namor oder Doom taugen wenig als Heldenfiguren und die Fackel wirkt wie ein willenloser Android. Die einzige Figur, die wirklich als Projektionsfläche funktioniert, ist damit Emil Blonsky, der ein ähnliches Schicksal erleiden musste wie Maestro im ersten Band und dem eine Illusion vorgespielt wurde. Man erlebt, wie er sich in der neuen Welt zurechtfinden muss und so an Namor und seine Verbündeten gerät. Hier wird aber Potential verschenkt, da er zu schnell zum Opportunisten wird.

War dieser Band noch nötig?

Der erste der drei neueren Maestro-Bände hatte eine gewisse Daseinsberechtigung, da hier etwas erzählt wurde, das bisher unerzählt war. Die Fortsetzung hat dem Ganzen eigentlich nichts hinzugefügt und gleichzeitig auch nichts am Status Quo verändert. Dies ist nun anders, da hier wirklich ein Krieg um die Zukunft geführt wird. Beiden Bänden kann man zugutehalten, dass das Seelenleben des Schurken Maestro genauer erkennbar wird. Es fällt aber schwer, sie als etwas anderes als Prequels zu sehen, die einzig dem Zweck dienen, eine Lücke in der Erzählung zu füllen. Maestro ist eine spannende Figur, aber spätestens mit diesem Comic auserzählt.

Der Band macht wenig falsch. Die Zeichnungen sind stimmig und passen zu der postapokalyptischen Welt. Die Action hat einige spannende Momente und auch für Wendungen und ein paar gute Charaktere wurde gesorgt. Dennoch konnte mich das Gesamtwerk wenig mitreißen. Dazu war der Ausgang zu klar und außer ein paar sich prügelnde Figuren, für die man wenig empfindet, hat der Comic dann auch nichts zu bieten. Dabei ist dieser Band wirklich nicht schlecht, doch letztendlich nichts, auf das die Welt gewartet haben dürfte.

© Panini Comics

Die harten Fakten

  • Autor*in: Peter David
  • Zeichner*in: German Peralta
  • Seitenanzahl: 132
  • Preis: 16 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

Artikelbilder: © Panini Comics
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Alexa Kasparek
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein