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Zwei Jahre mussten Loki-Fans warten, jetzt ist der zeitreisende Asgardier zurück mit Staffel 2. Können er und Mobius das Chaos, das Sylvie verursacht hat, wieder geraderücken? Der Auftakt ist zumindest vielversprechend, nicht zuletzt dank eines neuen Charakters, den man schon aus anderen Multiversumseskapaden kennt.

2021 war rückblickend eine andere Zeit. Inmitten der Pandemie begann mit WandaVision die 4. Phase des Marvel Cinematic Universe (MCU). Die Serien brachten etwas Abwechslung für die gebeutelten Fans, die anderthalb Jahre lang kein neues Marvel-Futter bekamen. Seitdem hat die Qualität der Veröffentlichungen im MCU sehr geschwankt, Reinfälle wie Secret Invasion oder Quantumania waren für die mittlerweile 5. Phase bislang kein gutes Omen. Das Fandom dürfte sich also freuen, dass jetzt eine beliebte Serie fortgesetzt wird: Loki und Sylvie dürfen in Staffel 2 wieder maximales Chaos verursachen. Und Schuld an Quantumania sind die beiden auch irgendwie.

Triggerwarnung

Keine üblichen Trigger

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Story

Denn der Oberbösewicht Kang, mit dem bisher nur Ant-Man und sein Team in Kontakt kamen, mausert sich in Phase 5 zum neuen Gegenspieler der Avengers (zumindest laut Ankündigung). Kangs Aufstieg war nur möglich, weil Lokis weibliches Alter Ego Sylvie den Strippenzieher der Time Variance Authority, He Who Remains, im Finale der ersten Staffel ermordete. Dieser hatte die TVA ursprünglich gegründet, um zu verhindern, dass seine Varianten einen verheerenden Zeitkrieg wieder aufflammen lassen. Trotz seiner Warnungen und Lokis Intervention war Sylvie erfolgreich und erstach He Who Remains, der sarkastisch ein baldiges Wiedersehen ankündigte.

Ouroboros, der Auftakt von Staffel 2, knüpft direkt daran an. Die Zeitlinien verästeln sich, in der TVA herrscht heilloses Chaos, und Loki ist in einer Dimension gelandet, in der sich Mobius und B-15 nicht an ihn erinnern. Schnell stellt er fest, dass er unkontrolliert durch die Zeit springt, immer wieder landet er in der Vergangenheit sowie der Gegenwart der TVA. Der „gegenwärtige“ Mobius holt den verschrobenen Techniker O.B. (großartig nerdig gespielt von Ke Huy Quan) zu Hilfe, um Loki zu erden. Während Mobius in einer äußerst komplizierten Mission sein Leben riskiert, mobilisiert die strenge Generalin Dox die TVA-Truppen, um Sylvie zu finden.

Die Post-Credits-Szene zeigt, wo Sylvie sich befindet: Nicht mehr in He Who Remains‘ Zitadelle am Ende der Zeit, sondern in einem amerikanischen Burgerrestaurant in den 1980ern, wo sie prompt alles bestellt.

Darsteller*innen

So weit, so kompliziert. Doch während Staffel 1 mehrere Handlungsebenen öffnete und unterschiedlichen Charakteren folgte, fokussiert sich die erste Folge der zweiten Staffel voll auf Loki. Dessen Dynamik mit dem gestressten Bürokraten Mobius funktioniert wieder bestens dank der guten Chemie zwischen Tom Hiddleston und Owen Wilson. Die beiden Charaktere sind nach den Abenteuern am Ende der Zeit zusammengewachsen, und Mobius‘ Einsatz für das Leben seines Freundes wirkt dadurch authentisch.

Doch weil diese Fixierung auf die beiden Hauptfiguren den Großteil der Handlung einnimmt, kommen einige andere Personen zu kurz: Miss Minutes (Tara Strong) und Ravonna Renslayer (Gugu Mbatha-Raw) fehlen gänzlich, Hunter B-15 (Wunmi Mosaku) läuft vorwiegend im Hintergrund herum und Sylvie (Sophia Di Martino) kommt erst in der Post-Credits-Szene vor, wo sie nicht viel tut. Schade, dass gerade die vielfältigen weiblichen Charaktere zu Beginn der neuen Staffel noch keine große Rolle spielen.

Dafür werden weitere Nebencharaktere eingeführt: General Dox (Kate Dickie, bekannt aus Game of Thrones) ist ein kaltschnäuziger Militär, die um jeden Preis Sylvie festnehmen will, um die TVA wieder ins Lot zu bringen. Noch erfährt man nicht viel über sie, doch ihre Beziehung zu Hunter X-5 (Rafael Casal aus Blindspotting) scheint wohl noch eine größere Rolle zu spielen. Richterin Gamble (Liz Carr aus Good Omens) scheint Loki freundlicher gesonnen als Dox, hat aber ihre eigenen Absichten. Sowohl Dickie als auch Carr sind Veteraninnen des britischen Fernsehens, und Loki profitiert deutlich von ihren Talenten.

Heimlicher Star von Ouroboros ist der gleichnamige Charakter, brillant verkörpert von Ke Huy Quan. Der braucht nach Indiana Jones und der Tempel des Todes, allerspätestens aber nach Everything Everywhere All at Once keine große Einführung mehr. Hatte er doch im Oscar-nominierten Streifen an der Seite von Michelle Yeoh (spielte in Shang-Chi Tante Ying Nan) ebenfalls mit multidimensionalem Chaos zu tun. Beste Voraussetzungen für Loki also. Sollte demnächst Stephanie Hsu eine Rolle im MCU bekommen, wäre die gesamte Familie Wang vertreten.

Der scheue Bürokrat Casey (Eugene Cordero, Star Trek: Lower Decks) kommt auch wieder vor. Ob er in dieser Staffel mehr als nur Comic Relief sein darf? Dem vielseitigen Cordero wäre es gegönnt.

Inszenierung

Komponistin Natalie Holt darf wieder die Episoden mit ihrem tickenden Soundtrack untermalen. Gerade das TVA-Titellied hat immer noch Ohrwurmpotenzial und gehört zu den besseren MCU-Titelmusiken. Allerdings ist zu Beginn der neuen Staffel noch nicht viel Varianz (beabsichtigtes Wortspiel) zu hören.

Nicht mehr mit an Bord ist allerdings Kate Herron, die in allen Folgen von Staffel 1 Regie führte. Sie wollte von Anfang an nur eine Staffel leiten und tritt ab zugunsten eines anderen Regieteams. Vier der sechs Episoden werden von Justin Benson und Aaron Moorhead geleitet. Ob sich dadurch auch der Stil der Serie ändert, wird sich zeigen. Das Retro-Behörden-Ambiente der TVA ist zumindest beibehalten worden.

Erzählstil

Wie erwähnt gibt es in dieser Episode keine so vielschichtigen (und verworrenen) Handlungsstränge wie in Staffel 1. Haupthandlung ist Lokis ungewolltes Zeitsprungproblem, nur ganz am Rande kommen die völlig überforderten TVA-Mitarbeiter*innen vor, die versuchen, die Kontrolle wiederzuerlangen. Das ist an sich kein Problem, immerhin heißt die Serie „Loki“ und nicht „TVA“. Da am Ende von Staffel 1 aber ein sehr großes Fass aufgemacht wurde und die ehemals einzige legale Zeitlinie sich jetzt in unendlich viele Variationen aufsplittet, kommt die Dringlichkeit der Lage nicht so recht herüber. Zudem fehlt ein übergeordnetes Ziel: Zuvor ging es um Sylvies Identität und dann ihre Mission, die TVA zu zerstören. Jetzt geht es darum, sie zu finden und vermutlich die Varianten von He Who Remains aufzuhalten? Es bleibt etwas vage.

Vermutlich will Autor Eric Martin das große Chaos für die zweite Hälfte der Staffel aufsparen, was angesichts der Vorbereitungsarbeit von Staffel 1 nicht nötig wäre. Wie so oft bei Streamingserien ist der Effekt vermutlich ein anderer, wenn man die Staffel am Stück binge-watcht als bei einer wöchentlichen Einzelbetrachtung. Dennoch würde Staffel 2 sehr von häufigeren Auftritten des Oberbösewichts profitieren, sollte es sich dabei wirklich um Kang handeln. Es ist aber gut möglich, dass infolge der Vorwürfe gegen Jonathan Majors dessen Auftritte eingeschränkt wurden. Marvel hält sich wie so oft bei solchen Vorfällen bedeckt.

Dennoch ist der Storyfokus auf Loki unterhaltsam, einerseits, weil sich der Plot wieder auf die Titelfigur besinnt, andererseits, weil so der neue Nebencharakter O.B. ins Spiel kommen konnte. In den kommenden Wochen werden wir sehen, ob die Handlung jetzt etwas herauszoomen und die größeren Zusammenhänge betrachten kann.

Die harten Fakten:

  • Regie: Justin Benson, Aaron Moorhead
  • Buch: Eric Martin
  • Produzent*innen: Michael Waldron, Kevin Feige
  • Darsteller*innen: Tom Hiddleston, Sophia Di Martino, Owen Wilson, Wunmi Mosaku, Ke Huy Quan
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Englisch (Rezension), zahlreiche andere Sprachversionen verfügbar
  • Format: Serie, Streaming
  • Preis: Disney+ Monatsabo EUR 6,99, Jahresabo EUR 69,99
  • Bezugsquelle: Disney+

 

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Bonus/Downloadcontent

Wie erwähnt gibt es eine Post-Credits-Szene, die die Grundlage für Sylvies Handlungsstrang in der kommenden Episode schafft.

Fazit

In der ersten Staffel ging es viel um Lokis „Glorious Purpose“ und die Frage, wer er eigentlich sein will, muss, oder darf. Jetzt muss der Lügengott sich mit seiner eigenen Verantwortung auseinandersetzen und den verursachten Schlamassel wieder bereinigen. Oder zumindest in eine andere Art von Schlamassel umwandeln. Dabei sollten aber Charaktere wie Sylvie und B-15 unbedingt mehr zu tun bekommen.

Ouroboros hat auf Rotten Tomatoes zum jetzigen Stand eine Kritiker*innenwertung von 89% und eine Publikumswertung von 94%, was im Vergleich zu zahlreichen MCU-Titeln der letzten Zeit traumhaft ist. Loki könnte ein wenig alten Marvel-Charme der 2010er zurückbringen und damit das Fan-Wohlwollen für Phase 5 wieder steigern. Staffel 2 startet stark, hoffen wir, dass sie das Niveau halten kann. Und dass Mobius seine Haut behält.

  • Schauspiel immer noch so stark wie in S1
  • Ke Huy Quan macht sich gut im MCU
  • Story kann sich in viele Richtungen entwickeln
 

  • Kein klares Ziel, was ist die neue Mission?
  • Sylvie und Kang fehlen noch

 

 

Artikelbilder: © Disney Inc.
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Rick Davids
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