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Die Nebel Ustalavs verbergen so manche uralte Mysterien und moderne Intrigen – eine gefährliche Mischung für Graf Jeggare und seinen Leibwächter Radovan. Auf der Suche nach einer vermissten Kundschafterkollegin sieht sich das ungleiche Duo kampflustigen Wolfskreaturen, einer Lektion in der Landesgeschichte und den Gebräuchen am Hof und auf der Straße gegenübergestellt.

Die Gesellschaft der Kundschafter ist eine Organisation reisender Gelehrter und Abenteurer, die sich dem Erhalt von Wissen und der Dokumentation der Wunder Golarions verschrieben hat. Graf Varian Jeggare aus Cheliax bekleidet den Rang eines Kundschafterhauptmanns und steht als solcher in Kontakt mit den Agenten im Feld. Verschwindet einer von diesen spurlos, so können die üblichen Risiken einer Reise schuldtragend sein – oder aber etwas weitaus Schlimmeres. Prinz der Wölfe ist ein mitreißender Ausflug in die Welt von Pathfinder.

Story

Radovan © Eric Belisle
Radovan © Eric Belisle

Als der Briefwechsel mit einer Kollegin aus den Reihen der Kundschafter abbricht, reist der halbelfische Graf Varian Jeggare ins ferne Ustalav, um ihrem Verbleib nachzuforschen. Begleitet wird er hierbei von seinem Leibwächter Radovan, seines Zeichens Teufelsblut, Glücksspieler und Frauenheld. Die einstige 600-jährige Herrschaft des Wispernden Tyrannen hat ihre Spuren in einer Nation hinterlassen, unter deren dichten Nebelschwaden ein Intrigennetz die Adelshäuser spaltet und furchterregende Wolfskreaturen ebenso wie Diener der Fahlen Fürsten ihr Unwesen treiben.

Nach einem brutalen Überfall auf ihre Reisegemeinschaft, findet sich Graf Jeggare selbst am Hof von Graf Galdana wieder und nimmt hier die Spur seiner verschollenen Kundschafterin auf – nicht jedoch, ohne eine Verschwörung innerhalb der Mauern des Anwesens aufzudecken. Radovan trifft derweil auf die stumme Klerikerin Azra, die sich den Göttinnen Desna und Pharasma verschrieben hat. Gemeinsam mit ihr entschlüsselt er nach und nach die Rätsel der Sczarni, einem wandernden Volk von Schaustellern und Händlern niederen Standes. Ihre Auflösung bringt Radovan auf einen Pfad, der ihn alsbald schon wieder mit seinem Geldgeber vereint, den er zu diesem Zeitpunkt totgeglaubt hatte. Inmitten von Geistern und Untoten verdichten sich die Indizien die vermisste Kundschafterin betreffend. Das Ziel ihrer Forschung ist untrennbar mit der Geschichte Ustalavs und den Geheimnissen der Sczarni verflochten. Um es zu erreichen, müssen die drei Gefährten tief in das Herz eines verfluchten Landstrichs vordringen und sich sowohl unbarmherzigen Feinden als auch persönlichen Grenzen stellen.

Schreibstil

Der Autor verwendet einen ästhetisch ansprechenden Schreibstil, der mit der jeweiligen Erzählperspektive einigen Modifikationen unterliegt. Die Komplexität des Stils wird dann allerdings störend, wenn viele Informationen, z. B. die Welt betreffend, aneinandergereiht werden und der Leser diese flutartig aufnimmt. Ein weiteres Problem mit den Beschreibungen zur Welt und vor allem zur Geschichte Ustalavs ist, dass diese für Fans und Kenner des Pathfinder-Rollenspiels langweilend wirken kann und für komplette Neulinge stellenweise zu viel ist. Eine Hilfe hierbei, vor allem für die zweitgenannte Gruppe, ist das beigefügte Glossar, das weiter unten in diesem Artikel eine genaue Betrachtung erfährt.

Die Erzählperspektive innerhalb des Romans wechselt zwischen den beiden Protagonisten, Graf Jeggare und Radovan. Während der Erstere einen Bericht niederschreibt, den er seiner verschollenen Kollegin zu überreichen plant, ist die Erzählung Radovans lockerer Natur. Mit den beiden sehr unterschiedlichen Charakteren gehen eine stark voneinander abweichende Wortwahl und interessante, situations- und charakterbezogene Gedankengänge einher. Diese Schreibweise bietet Abwechslung, ohne den Lesefluss zu unterbrechen bzw. zu stören. Die beiden Charaktere sind glaubwürdig zu Papier gebracht und überzeugen durch unkonventionelle Vorgehensweise und differierende Moralvorstellungen. Während die Erzählperspektive von Graf Jeggare eine ernste Nuance hat, sind die Abschnitte, in denen der Leser Radovan begleitet, sehr actiongeladen und mit Humor gespickt.

Der Autor

Dave Gross wurde in Michigan geboren, wobei die Nennung eines exakten Geburtsjahres, aufgrund fehlender Informationen sowohl auf seiner Autoren-Homepage als auch im Wikipedia, leider unmöglich ist. Heute lebt der Autor, Lektor und Spiele-Designer mit seiner Frau und seinen geliebten Haustieren in Alberta, Kanada. Gross gewann Bekanntheit durch Veröffentlichung seiner Geschichten in den Vergessene Reiche-Anthologien Realms of Magic, Realms of Mystery und Realms of the Dragons. Zur dortigen Sembia-Reihe steuerte er gleich zwei Romane bei, die auch hierzulande erschienen sind: Der schwarze Wolf und Herren der Sturmfeste. Im Rahmen seiner Tätigkeiten für Wizard of the Coasts war er zudem unter dem Sammelpseudonym T. H. Lain tätig. Er schloss sich Beamdog als leitender Autor für das Projekt Baldurs Gate: Enhanced Edition (2012) an, das eine Modernisierung und Überarbeitung des PC-Klassikers von 1998 beinhaltete.

Leser haben die Möglichkeit, erneut mit den Protagonisten aus Prinz der Wölfe auf Abenteuer zu gehen: Seit dem 22. Februar 2018 ist Herr der Teufel hierzulande und auf Deutsch erhältlich und führt die beiden Gefährten ins ferne Tian Xia. Im englischen Sprachraum sind bereits weitere Folgeromane erhältlich, so Queen of Thorns, King of Chaos und Lord of Runes.

Erscheinungsbild

Die beiden Protagonisten der Handlung sind auf dem Cover von Prinz der Wölfe zu erkennen – die Charakterbeschreibungen und auch einzelne Ausrüstungsgegenstände wirken dem aufmerksamen Leser vertraut. Das abgebildete Szenario stellt eine kämpferische Auseinandersetzung zwischen den beiden Reisegefährten und zwei Wolfsmenschen in einem nächtlichen Wald dar. Die Abbildung ist stimmig und verleiht der romanimmanenten Atmosphäre Ausdruck.

Negativ ins Auge fällt beim ersten Aufschlagen des Taschenbuch-Romans die verhältnismäßig kleine Schrift. Diese macht das Lesen über weite Teile unnötig anstrengend. Ein Umstand, der nur bedingt durch die passende Nutzung von Absätzen abgemildert wird.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Feder & Schwert
  • Autor: Dave Gross
  • Erscheinungsdatum: 16. März 2017
  • Sprache: Deutsch (aus dem Englischen übersetzt von Jan Enseling)
  • Format: Taschenbuch
  • Seitenanzahl: 372
  • ISBN: 978-3-86762-277-6
  • Preis: 12,95 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Bonus/Downloadcontent

Nach dem Ende der Handlung steht eine Danksagung, die sich an helfende Hände, Erstleser und liebende Menschen aus dem Umfeld des Autors richtet. Das Buch beinhaltet abschließend einen Glossar. Die hierin aufgeführten Orts-, Volks- und Personenbeschreibungen ermöglichen auch Pathfinder-Neulingen bzw. Lesern, die mit dem Universum nicht vertraut sind, sich in dem Roman besser zurechtzufinden.

Für Fans von Graf Jeggare und Radovan ist ein Besuch der Autoren-Homepage interessant. Hier werden nicht nur beide Charaktere noch einmal vorgestellt, sie wurden darüber hinaus von Eric Belisle in zwei treffenden Illustrationen verewigt.

Der Prinz der Wölfe ist überdies in der Pathfinder Society – der weltweiten Kampagne der Gesellschaft der Kundschafter, in der jeder Spieler und jede Spielerin in die Rollen eben jener Agenten schlüpfen und an der Handlung teilnehmen kann – zugelassen. Auf der englischsprachigen Produktwebsite von Paizo werden entsprechende Materialien angeboten. Für interessierte Leser bzw. Spieler können Teile des Romans fließend in die eigenen Erfahrungen in Golarion übergehen.

Fazit

Jeggare © Eric Belisle
Jeggare © Eric Belisle

Prinz der Wölfe ist ein lebendiger Roman innerhalb des Pathfinder-Universums. Er bedient sich glaubhafter Charaktere mit ganz eigenen Stärken, Schwächen und Motivationen. Hierbei begegnen Fans des Pen & Paper-Rollenspiels viele bekannte Namen und Örtlichkeiten, während Neulingen ein erster Eindruck der Welt an die Hand gegeben wird. Indem der Roman versucht, beide potenzielle Lesergruppen anzusprechen, riskiert er für die eine zu viel und für die andere zu wenig zu erzählen, sodass einige Abschnitte eintönig bzw. sich wiederholend wirken. Die Spannungskurve der Handlung wird hierbei zwar gedehnt, nicht aber nachhaltig geschädigt. Insgesamt weiß die Handlung in Verbindung mit den detailliert herausgearbeiteten Charakteren vor allem Pathfinder-Kenner zu begeistern. Die hiermit verbundene Euphorie zur Seite geschoben, sind die zuvor benannten Schwächen dennoch spürbar.

Neben den inhaltlichen Aspekten tritt der Roman mit attraktivem Cover auf und bietet mit dem abschließenden Glossar sowie den weiteren online zur Verfügung stehenden Informationen zusätzliche Boni an. Einzig der Druck ist hier aufgrund der gewählten Schriftgröße zu bemängeln; sie fällt deutlich kleiner aus als in Taschenbüchern vergleichbaren Formats.

Die unten aufgeführte Gesamtwertung des Romans begründet sich durch die zuvor definierten Makel, die vor allem bei nüchterner Betrachtung ihren Einfluss ausüben. Diesen zum Trotz ist zu betonen, dass Charaktere und Handlung – würden sie eine eigene Wertung erhalten – eine Spitzennote verdienen. Vor allem Fans von High Fantasy-Settings dürften mehr als nur Gefallen an Prinz der Wölfe finden und aufgrund des regen Einsatzes phantastischer Elemente das Buch nicht allzu leicht aus der Hand legen.

Obwohl die Handlung in sich abgeschlossen ist, besteht für Fans der Protagonisten kein Grund zur Trauer: In diesem Monat erscheint der zweite Band der Reihe mit dem Titel Herr der Teufel. Weitere Bände sind im englischsprachigen Raum bereits existent und versprechen viele atemberaubende Abenteuer mit Graf Varian Jeggare und Radovan.

mit Tendenz nach oben

Artikelbild: Feder & Schwert, Paizo – Bearbeitung: Verena Bach
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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