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Nach beinahe 17 Jahren findet die Kingdom Hearts-Reihe mit dem dritten Teil ihr Ende. Als interessante Kombination von Disney– und Final Fantasy-Charakteren begonnen, hat sich Kingdom Hearts über die Jahre zu weit mehr entwickelt. Doch wie spielt sich dieser Abschluss im Kampf gegen die Herzlosen?

Mein jugendliches Ich war von der Prämisse begeistert. Disney und Final Fantasy in einem Spiel vereint? Das musste ich ausprobieren! Und so war Kingdom Hearts tatsächlich der Grund, warum ich mir damals eine PlayStation 2 Und auch der Nachfolger hält einen speziellen Platz in meinem Herzen. Denn Kingdom Hearts 2 war das Spiel, welches ich mir von meinem ersten Gehalt aus einem Ferienjob kaufte.

Dreizehn Jahre sind seitdem vergangen. Und auch wenn für Kingdom Hearts über die Jahre hinweg neue Spiele auf diversen Handheld-Konsolen kamen: Der dritte Teil ließ auf sich warten. Doch nicht mehr länger. Im Januar dieses Jahres wurde endlich Kingdom Hearts 3 veröffentlicht. Kann das Spiel den Erwartungen gerecht werden?

17 Jahre Kingdom Hearts Story: Welch ein Chaos!

2002 erschien mit Kingdom Hearts der erste Teil einer Serie, die inzwischen acht Hauptteile sowie zusätzliche Ableger und Remakes umfasst. Somit hat sich in der Zwischenzeit eine beachtliche Menge an Story angesammelt. Und in der Tat: Kingdom Hearts 3 verlangt zum vollen Verständnis seiner etwa 40 Stunden andauernden Handlung Wissen über alle Vorgänger, nicht nur die ursprünglichen Hauptteile auf der PlayStation 2.

Für Neueinsteiger und Spieler, die ihre Erinnerung auffrischen wollen, empfehle ich deswegen, eine Zusammenfassung der Vorgeschichte auf YouTube anzusehen. Diese gibt es sowohl auf Englisch (beispielsweise hier oder hier) als auch auf Deutsch (als kurze oder lange Fassung). Denn ohne dieses Vorwissen steht man der Geschichte rund um Sora, Donald und Goofy komplett hilflos gegenüber. Zwar versucht Autor Tetsuya Nomura Rückblenden und Erklärungen einzubauen, doch gelingt das nur teilweise. Vorwissen über Themen wie Herzlose, Niemande, Organisation XIII oder verschiedenste Charaktere werden verlangt.

Der dritte Teil setzt dabei direkt nach den Ereignissen aus dem Nintendo 3DS-Spiel Kingdom Hearts 3D: Dream Drop Distance an. Im Kampf gegen die Machenschaften des mysteriösen Xehanort muss Sora seine Kräfte wieder erlangen. Dies erreicht er, indem er abermals verschiedene Welten bereist.

Der Charme der Disney-Welten

In den Disney– bzw. Pixar-Welten wird die Haupthandlung des Spiels clever in die Geschichten der Filme integriert und ist auch ohne Vorwissen zu verstehen. Dabei muss man das verantwortliche Team für die stimmige Kombination von Filmwelten und den Motiven von Kingdom Hearts 3 beglückwünschen. Zum Großteil fühlt sich die Einbindung von Sora und Co. sehr organisch an. Unterstützt wird dies durch individuelle UI-Menüs sowie die Adaption der Protagonisten an den Stil der jeweiligen Welten. So wirken die Helden in der Geschichte zu Toy Story ebenfalls wie Spielzeuge, während sie in der Monster AG selbst etwas monströser wirken.

Bei der Auswahl der Spielwelten liegt der Fokus klar auf den Animationsfilmen aus dem Hause Pixar (z. B. Toy Story & Monster AG) und Walt Disney Animation Studios (z. B. Die Eiskönigin und Baymax). Darüber hinaus gibt es jedoch noch einige Abschnitte aus dem Kingdom Hearts-Universum, wie das bereits im zweiten Teil vorhandene Twilight Town.

Interaktiver Film oder Videospiel?

Die Präsentation der Handlung erfolgt hauptsächlich über Zwischensequenzen. Und davon gibt es viele. Sehr viele. Zwar bezeichne ich mich generell als sehr von Story getriebener Spieler. Doch stellenweise waren selbst mir bei Kingdom Hearts 3 die Einspielungen zu zahlreich. Es stört den Spielfluss, wenn alle zehn Minuten eine neue Einblendung erfolgt. Zwar sind die Videoeinbindungen allesamt hochwertig gestaltet, doch lassen sie Kingdom Hearts 3 stellenweise mehr wie einen interaktiven Film wirken.

Wenig hilfreich ist dabei die Qualität der Dialoge. Kingdom Hearts war schon immer eine klischeebeladene Reihe mit dem Fokus auf Themen wie Freundschaft, Liebe und Mut. Das macht einen Teil seines Reizes aus. Doch in einigen Konversationen wird einem diese Botschaft so kompromisslos aufgedrückt, dass es unnatürlich wirkt. Leider bleibt Kingdom Hearts 3 hier zu sehr in seinen Wurzeln gefangen, um den Anforderungen von modernem Storytelling zu genügen.

Bildgewaltige Action

Deutlich näher am Zahn der Zeit wirkt dabei das Gameplay, allem voran die Inszenierung der Kämpfe. Diese sind actionreich, wunderschön anzusehen und atmosphärisch in Szene gesetzt. In Kombination mit anderen Charakteren kann Sora mächtige Kombos erzeugen, die teilweise den ganzen Bildschirm mit einem Feuerwerk an Effekten füllen. Darüber hinaus gibt es Spezialattacken durch Beschwörungen, beispielsweise von Charakteren wie Ralph aus Ralph reicht’s. Neu dazugekommen sind auch Fahrgeschäfte aus den Disney-Parks, die nach einiger Eingewöhnung durchaus passend erscheinen. Abgerundet wird das ganze durch den Einsatz von Magie und unterschiedlichsten Schlüsselschwertern, von denen jedes ganz eigene Spezialattacken aufweist. Die visuelle Vielfalt ist beeindruckt.

Leider spiegelt sich diese Variabilität nicht notwendigerweise im Gameplay wieder. Zwar steht dem Spieler mit Ausweichen, Blocks, Sprüngen, Magie, Items und den genannten Spezialfertigkeiten eine Menge an Möglichkeiten zur Verfügung. Doch im Großteil der Fälle führt (zumindest auf dem normalen Schwierigkeitsgrad) das repetitive Angreifen ebenfalls zu den gewünschten Ergebnissen. Dies bessert sich aber mit dem Auftauchen spezieller Gegnertypen sowie von Bossen. Hier wird taktischeres Vorgehen verlangt, wodurch eine angenehme Abwechslung im Vergleich zu den sich wiederholenden Kämpfen gegen Standardgegner entsteht.

Zusätzliche Vielfalt wird durch die verschiedenen Rüstungen und Waffen sowie die begrenzte Auswahl von Fähigkeiten erreicht. Dennoch sollte man von Kingdom Hearts nicht den Tiefgang in den Kämpfen erwarten, wie sie beispielsweise God of War oder Spider-Man auf der PS4 aufweisen.

Abwechslung durch Minispiele

Auflockerung soll dem Spieler auch durch kleinere Minispiele gewährt werden. So findet das aus dem ersten Teil bekannte Gummischiff seinen Weg ins Spiel zurück. Für die Reise zwischen den Welten kann man auf sein eigen konfigurierbares Raumschiff zurückgreifen und durch die Weiten des Raums zwischen den Welten navigieren. Hier erwarten den Spieler schnelllebige Kämpfe sowie kleinere Rätsel und Möglichkeiten auf Belohnungen. Für mich persönlich hat dieser Aspekt jedoch sehr schnell seinen Reiz verloren.

Darüber hinaus werden jedoch innerhalb der Welten noch weitere Möglichkeiten zum Zeitvertreib und zur Auflockerung vor den Kämpfen angeboten. Wenn ihr Lust auf Tanzen oder Kochen habt, kommt ihr in Kingdom Hearts 3 ganz auf eure Kosten. Darüber hinaus werden zur Welt passende Aspekte in den Spielverlauf eingebaut, um das Erlebnis aufzulockern. So habt ihr beispielsweise in der Welt von Fluch der Karibik die Möglichkeit, die Kontrolle über euer eigenes Schiff zu ergreifen und Seeschlachten zu führen. Darüber hinaus gibt es auch Sammelaufgaben, wie beispielsweise das Entdecken von Micky-Maus-Symbolen.

Grafisch und akustisch ein Augenschmaus

Darüber hinaus ist die visuelle Umsetzung des Spiels ein weiterer positiver Faktor. Dies macht sich besonders in den animierten Disney-Welten bemerkbar. Stellenweise ist kein Unterschied zwischen Spiel und Film erkennbar. Sora und seine Gefährten werden so harmonisch in das Setting eingebunden, als hätten sie schon in der Vorlage ihren Platz gehabt. Der typische Charme der Spiele und Filme wird dadurch konstant aufrechterhalten. Großen Anteil daran haben auch die liebevoll, wenngleich oftmals sehr schlauchmäßig gestalteten Levels. Man fühlt sich wirklich mitten hinein in die präsentierte Handlung versetzt. Außerdem gab es bei meinem Spieldurchgang keine bemerkbaren visuellen Probleme, die den Spielspaß merklich trübten.

Auch die akustische Umsetzung kann dieses hohe Niveau halten, wenngleich mit kleineren Abzügen. So wird es möglicherweise einige Spieler stören, dass keine deutsche Sprachausgabe verfügbar ist. Zwar ist das Spiel auch auf Englisch leicht verständlich (auch wenn Donalds Quaken eine Herausforderung sein kann!), aber im Vergleich zu den auf Deutsch erhältlichen Vorgängern ist das ein Rückschritt. Die englischen Synchronsprecher leisten aber einen guten Job und sind einige Male sogar die Originalstimmen aus den Filmen. Bei den bekannteren Stimmen, wie beispielsweise Tom Hanks oder Tim Allen aus Toy Story, musste man jedoch auf ähnlich klingende ausweichen. Ähnliches findet auch beim Soundtrack statt, wo beispielsweise in der Welt von Fluch der Karibik nicht die Klänge von Hans Zimmer, sondern lediglich ähnliche erklingen. All das ist jedoch kein wirkliches Problem, da die Atmosphäre dennoch glaubwürdig vermittelt wird.

Die harten Fakten:

  • Entwicklerstudio: Square Enix
  • Publisher: Square Enix
  • Plattform: PlayStation 4, Xbox One
  • Genre: Action RPG
  • Releasedatum: 29. Januar 2019
  • Spielstunden: 40
  • Spieleranzahl: Einzelspieler
  • Altersfreigabe: USK 12
  • Preis: 59,80 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

Zusammenfassend liefert Kingdom Hearts 3 einen würdigen Abschluss der Reihe, der jedoch mit einzelnen Schwächen zu kämpfen hat. Die oftmals konfuse Handlung wird besonders für Einsteiger die größte Herausforderung sein. Doch auch für Veteranen kann sich das Spiel hinsichtlich seiner Präsentation etwas altbacken anfühlen. Zudem stellt sich besonders in den Kämpfen nach einer Weile eine gewisse Routine ein, da das Kampfsystem zwar einige Möglichkeiten bietet, aber wirklicher Tiefgang selten nötig ist.

Positiv hervorzuheben sind jedoch die Atmosphäre des Spiels sowie seine Liebe zu Details. Dem Spieler wird eine Vielzahl von faszinierenden Welten und Interaktionsmöglichkeiten vorgestellt. Die stimmige Integration in die Rahmenhandlung von Kingdom Hearts 3 ist dabei besonders charmant. Und so kam für mich, trotz aller Schwachpunkte, wieder schnell die kindliche Freude auf, Sora bei seinen Reisen zu begleiten. Und ein Spiel, das solche Emotionen hervorrufen kann, hat vieles richtig gemacht.

Artikelbilder: Square Enix

1 Kommentar

  1. Ich bedaure aber sehr, dass auf die deutsche Synchonisation verzichtet wurde. Damit schließt gerade jüngere als Zielgruppe aus. Ich habe den zweiten Teil irrsinnig gerne gespielt, mal schauen ob das beim dritten Teil wieder so wird.

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