Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten

von Laura Birnbaum und Stephanie Winkler

Kurz nach Ostern fand die Animuc 2019 statt und dekorierte mit ihren Besuchern das Gelände des Kloster Fürstenfeld. Zwar war das Motto dieses Jahr „Piraten“, doch dank des sehr wechselhaften Wetters war das Feeling mehr Nordsee denn Karibik. Dennoch herrschte dank des versatilen Indoor-Programm und Geländes gute Laune unter den Besuchern.

Die Animuc ist neben der Leipziger Buchmesse die zweite große Convention im Frühjahr. Zieht es vor allem Nord- und Ostteile der Community zur Buchmesse, sind die anderen meistens in Fürstenfeldbruck bei München anzutreffen, um die Saison einzuläuten. Hier, in der Heimatstadt des Animexx e.V., veranstaltet der Verein seit elf Jahren die Animuc, die neben einem wirklich einzigartigen Gelände auch ein umfangreiches Programm mit vielen Aktivitäten und Shows zu bieten hat. Kein Wunder, dass zum Beispiel der Vorentscheid für den C4 (Clara Cow’s Cosplay Cup), einen der internationalen Cosplaywettbewerbe, hier stattfindet und auch internationale Gäste wie Hiko oder v-0-3 sich die Ehre geben.

Alles, was es zu entdecken gab, konnte man einem Programmheft entnehmen, das einen gut sortierten Überblick über alle Aktivitäten sowie Bühnenproramm, Händler und auch die Convention- und Cosplayregeln gab. Dazu gab es praktischerweise einen separaten Faltplan mit Geländeüberblick und Programmübersicht. Dies zeigt, dass sich die Organisatoren die Kritik vorangegangener Jahre zu Herzen genommen haben, welche sich hauptsächlich mit der Unübersichtlichkeit des Geländes und der mangelhaften Hilfestellung bei der Suche nach den Veranstaltungsorten einzelner Programmpunkte beschäftigt hatte.

© Animuc / Alexander Saake
© Animuc / Alexander Saake

Das Gelände: rustikal, modern und viel Natur

Das Erste was einem freitags auffiel, als man das Congelände betrat, waren die Grünflächen. Das lag nicht an einem Mangel an spannenderen Beschäftigungen, sondern am strömenden Regen, der die Besucher vorwiegend unter die Kolonnaden und den fest installierten Pavillon gedrängt hatte. Dort nahm das Gros der Besucher das Aprilwetter mit Humor und machte es sich mit Decken und Tee gemütlich. Man sollte meinen, dass die Gebäude aus allen Nähten platzen – doch es war überraschend aushaltbar. Die Tenne mit Händlerraum, Artist Alley, etc war natürlich sehr voll, aber im Hauptgebäude selbst hatten die Organisatoren genug Ausweichfläche gelassen, sodass jeder der wollte, auch einen Platz im Trockenen und Warmen erhaschen konnte.

Wer keine Lust darauf hatte, konnte sich mit dem, auch freitags schon gut sortierten, Programm beschäftigen. Ab kurz vor 19 Uhr wurde es ohnehin leerer, da der Cosplayball begann und viele Tanzfreudige (die vorher ein Ticket ergattert haben) in den Ballsaal strömten. Oder man kehrte in eine der beiden zum Klosterkomplex gehörenden Gaststätten ein, die nicht nur herausragende Süß- wie herzhafte Speisen haben, sondern auch absolut fair, freundlich und interessiert gegenüber Cosplayern sind.

Am Samstag und Sonntag sah man als erstes – volle Parkplätze. Bereits um 10 Uhr (für Conbesucher also sehr früh) waren die Parkplätze des Veranstaltungsforums voll. Viele Fragezeichen taten sich über den Köpfen der Besucher auf, die nun sehen mussten, wo sie ihr Auto lassen konnten. Erschwerend zu der generell recht geringen Anzahl an Ausweichparkmöglichkeiten kamen noch einige Sperrungen aufgrund eines Volksfestes, das pünktlich zur Animuc begann, hinzu, sowie am Sonntag ein Markt, der einige Straßenzüge lahmlegte. Grundsätzlich wäre es mittlerweile durchaus ratsam sich einen Park&Ride Parkplatz in der Nähe zu suchen und von dort aus zu pendeln, da die vorhandenen Parkmöglichkeiten durch die wachsende Besucherzahl völlig ausgelastet zu sein scheinen.

Ansonsten war das Wetter am Rest des Wochenendes mit den Piraten. Vor allem die Cosplayer konnten sich an den großartigen Outdoorgegebenheiten der Anlage freuen. Wo viele andere Conventions mit liebevoll gestalteten Fotospots arbeiten müssen, bietet sich hier eine tolle Kulisse. Angefangen bei den Rasenflächen mit Blumenbeeten, Obstbäumen und alten Mauern über einen nahen, von Bäumen umsäumten Bach, Metallkonstrukte und Gemäuer im Wald bis hin zu offenen Wildwiesenflächen blieben hier quasi keine Wünsche offen – wenn das Wetter mitspielt.

Workshops, Workshops, Workshops

Indoor war nicht nur freitags einiges los: Das Workshop-Programm der Animuc war dieses Jahr wieder umfassend aufgestellt, wobei der klare Cosplay-Fokus der Veranstaltung sehr stark zu spüren war. Es gab zwar einzelne Workshops und Vorträge zu Fanfiction, Schriftstellerei und Zeichnen, unter anderem auch von den geladenen Comiczeichner-Ehrengästen, doch schon rein mengenmäßig machten Cosplay-Herstellung, Cosplay-Präsentation und damit verknüpfte Themen wie Cosplay-Fotografie oder Videografie die absolute Mehrheit der Workshops aus.

© Animuc / Alexander Saake
© Animuc / Alexander Saake

Durch die vielen parallel stattfindenden Programmpunkte musste jeder Besucher Prioritäten setzen. Dass die ersten Workshops Samstag und Sonntag schon direkt um 10 Uhr mit Öffnung der Veranstaltung starteten, war nicht nur für die Besucher sehr früh, sondern auch die Workshopleiter hatten damit zu kämpfen, dass die Ordner sie erst zum Einlass in das Gebäude lassen wollten. Allerdings gab es trotz kleiner Reibungen wie dieser, dieses Jahr glücklicherweise weniger Ausfälle bei den Workshops zu beklagen.

Sehr viel Anschauungsmaterial hatten Samstagvormittag Cita und Feder, die als Team Felix Felicis 2019 für Deutschland zum WCS fahren werden, für ihren Workshop über Bühnenperformances im Gepäck. Sie gaben anhand ihrer eigenen Erfahrungen vielfach Tipps und Tricks weiter, wie ein Bühnenauftritt im Cosplay zum Erfolg wird, auch unterstützt von diversen Videos früherer Auftritte. Am Ende des Workshops gab es noch ein wenig Körpereinsatz für alle Teilnehmer: Mit ein paar einfachen Schauspielübungen wurden Grundlagen der Bühnenpräsenz vermittelt. Rundherum unterhaltsam und informativ!

Über meditativere Techniken wurde sich etwas später bei Symphonia ausgetauscht: Stickereien. Symphonia, die als eine Hälfte des Teams Daiphonia 2018 Deutschland beim WCS repräsentiert hatte, gab einen Überblick über Sticktechniken, die für Cosplay nützlich sein können. Dabei arbeitete sie sich vom „normalen“ zum „exotischen“ vor – zunächst ausgehend von der Garnstickerei über die Bandstickerei zur Perlstickerei und letztlich zur Goldworks-Stickerei. Der Vortrags-Workshop sollte dabei explizit nicht im Detail Arbeitstechniken vermitteln, sondern eher die Möglichkeiten und Anwendungsbeispiele breiter bekannt machen, da Sticken zeitaufwändig ist und sich gleichzeitig relativ gut aus Büchern lernen lässt. Die beeindruckenden Bilder der gefertigten Projekte motivierten, sich selbst einmal daran zu versuchen.

Den Workshop zum 3D-Druck haben wir leider verpasst – denn dieser war vollkommen überfüllt, sodass wir bei gerade noch pünktlicher Ankunft nicht mehr in den Raum kamen. Hier zeigt sich, wie es manchmal auch an der Raumplanung scheitern kann: die größte Räumlichkeit am Ende des Gangs war aufgrund des anscheinend vorzeitigen Endes eines anderen Workshops zwar frei, aber umdisponieren ging wohl nicht mehr.

Am Sonntag ging es nach morgendlichen Anlaufproblemen mittags zum Bildbearbeitung-für-Anfänger-Workshop. Hier wurde gezeigt, wie mittels Lightroom und Photoshop eine einfache Nachbearbeitung durchgeführt werden kann, bei der zunächst Farben und Licht des Bildes angepasst werden, um dann eine einfache Beauty-Retusche anzuschließen. Ohne Anspruch an Professionalität wurden hier einfach nachzuahmende Schritte für die Cosplay-relevante Bildbearbeitung gezeigt. Gerade für Cosplayer, die bisher keine Ahnung von Bildbearbeitung hatten immens hilfreich!

Am Sonntagnachmittag folgte dann noch der prestigeträchtigste Cosplay-Wettbewerb der Animuc, der Clara Cow‘s Cosplay Cup-Vorentscheid. Der C4, wie er auch offiziell abgekürzt wird, ist ein internationaler Cosplay-Team-Wettbewerb mit Finale auf der holländischen AnimeCon (dieses Jahr erstmals in Rotterdam, früher in Den Haag), der 60% der Wertung auf den Auftritt legt, und die Kostüme entsprechend weniger gewichtet.

Shopping zwischen altem Gebälk

In der sogenannten Tenne, einem großen scheunenartigen Nebengebäude war auf zwei Ebenen alles untergebracht, was das Shoppingherz begehrt sowie die Stände von Fanprojekten und natürlich auch dem Animexx e.V. selbst.

© Animuc / Alexander Saake
© Animuc / Alexander Saake

Im Erdgeschoss reihten sich viele Händler und bekannte Größen der Convention-Shoppingmeilen zwischen den hölzernen Säulen. Hier war wirklich jeder Zentimeter ausgereizt und es gab doch die eine oder andere unangenehme Engstelle. Die mehreren Zugänge der Tenne halfen, dies zumindest zeitweise etwas zu entzerren, doch ist klar, dass die Kapazität des Gebäudes definitiv ausgereizt ist und keinen Platz für Wachstum bietet. Dies sah man auch im oberen Stockwerk, wo die Artist Alley, ein mittlerweile bei Besuchern sehr geschätzter und beliebter Teil des Kaufvergnügens, im Gegensatz zu anderen Veranstaltungen doch recht sparsam wirkte.

© Animuc / Alexander Saake
© Animuc / Alexander Saake

Ein ganz großes Lob geht wieder an das Team der Cosplay Corner der Animuc, die bei allen Cosplay-Problemen mit Rat, Tat und Sicherheitsnadel zur Hand waren und für kleinere sowie größere Maleure schnell eine Lösung parat hatten. Außer bei Haarspray, das bei dem recht stürmischen Wetter viel gefragt war, da dieses in den Gebäuden wegen der Feuermelder nicht erlaubt ist.

Das Bring&Buy war auch auf dieser Con wieder sehr gefragt. Hier boten viele Szenegänger ihre gebrauchten Sachen in der Hoffnung an, dass sie in neue Hände abgegeben werden können.

Weniger erfreulich war die diesmal immense Wartezeit bei der Abholung der übrig gebliebenen Waren, die das Ende der Con dann komplett verstreichen ließ – während man in der Schlage stand. Ob und wie sich das ggf. besser lösen lässt, ist natürlich fraglich.

Bayrische Herzlichkeit mit viel Programm

Keine Frage – für viele Teile der Community ist München schon ziemlich weit entfernt, um für ein Wochenende eine Con zu besuchen. Aber es lohnt sich! Nicht nur das tolle Programm und das vielfältige Angebot, in das die Organisatoren jedes Jahr viel Energie stecken sind es wert. Hier trifft man auch viele neue Leute aus Österreich oder der Schweiz, kann eine sagenhafte Kulisse erleben und zu guter Letzt sich eben auch mit Freunden an Biergartenatmosphäre und Windbeuteln erfreuen. Egal wie das Wetter ist – die Laune ist gut und der Rest – Basst scho!

 

Artikelbilder: Animuc / Alexander Saake, Bearbeitet von Verena Bach

 

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein