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Als Ende April die Nachricht kam, dass eine der beliebtesten deutschen Conventions 2020 wegen Corona die Türen geschlossen hält, war die Trauer groß. Doch die Organisator*innen haben es sich nicht nehmen lassen, ein Alternativprogramm auf die Beine zu stellen: Die erste Online-Connichi! Wir haben die ConLine „besucht“.

In diesem Jahr ist alles ein wenig anderes. Wir haben bereits darüber berichtet, warum die Situation so schwierig ist und was man als Cosplayer*in zu Hause an alternativen Optionen hat. Umso erfreulicher war es, dass die Community zur ConLine zum ersten Mal seit längerem wieder zusammenkam.

Das Konzept

Wie gestaltet man eine Convention, die bisher jedes Jahr im großen Kongresspalais in Kassel stattfand, zu einer digitalen Veranstaltung um? Schaute man vorab auf den Programmplan der ConLine, war auf den ersten Blick alles beim Alten. Vorträge, Bühnenprogramm und sogar ein Händlerraum – das alles blieb uns auch 2020 erhalten, mit dem Unterschied, dass die Angebote mit wenigen Klicks bequem von der Couch erreichbar waren. Und das Beste? Für Zuschauer*innen war die ConLine kostenlos.

Gemeinsam mit dem Animexx e.V., der als Verein hinter der Connichi steht, wurden zwei Livestreams über die Plattform Twitch aufgebaut. Für das Con-Feeling stand zusätzlich der Discord-Server des Vereins zur Verfügung, auf dem sich die Besucher*innen untereinander austauschen konnten. Hier gab es unter anderem auch das beliebte „Bring and Buy“, ein Second-Hand-Markt, wo jede*r Produkte mit Anime- oder Japanbezug zum Verkauf anbieten konnte. Auch die Künstlerallee fand über den Server statt. Künstler*innen konnten hier ihre Shops verlinken und Auftragsarbeiten anbieten.

Das Programm

Natürlich war trotz der Ähnlichkeiten im Programmplan nicht alles so wie in den Vorjahren – das konnte es gar nicht sein. Viele Punkte mussten an das Online-Dasein angepasst werden, und hier und da boten die Umstände sogar Nährboden für Ideen, die „live“ in Kassel so hätten gar nicht stattfinden können.

Die Bühnenshows

Die ConLine präsentierte am Wochenende unter anderem mehrere Showacts in den Streams. So wurde ein Mitschnitt des Konzertes der Band FLOW aus dem letzten Jahr gezeigt, und auch die Sängerin Shiroku sowie das Duo MYUGaku waren mit Konzertaufnahmen dabei. Natürlich durften auch Showgruppen nicht fehlen. Unter anderem wurde das Stück „Shrek 2 – Der tollkühne Held kehrt zurück“ von Horo abgespielt. Auch eine Aufnahme des Stückes „Fire Emblem – Viel Feuer, wenig Emblem“ von Dajobu bekam einen Sendeplatz im Livestream.

Leider müssen wir uns eingestehen: Wir haben das Bühnenfeeling sehr vermisst. Eine Aufnahme bietet nicht ganz das, was im Publikum zu sitzen bedeutet. Als Trostpflaster waren jedoch zumeist Mitglieder der Gruppen im Chat anwesend, die etwaige Fragen beantworten und Lob entgegennehmen konnten.

Als besonderer Beitrag war ab und zu der Connichi online Gruß-Jingle der Musicalgruppe Serenata im Stream zu hören. Dieser zeigt, dass man die Situation auch mit ein bisschen Humor nehmen muss. Achtung, Ohrwurmgefahr!

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ConLine interaktiv: die Wettbewerbe

Auf einer Convention dürfen Wettbewerbe nicht fehlen. Diese bilden einen Grundpfeiler der Community-Interaktivität – und bei der ConLine war dies nicht anders. Nur eben ein bisschen anders gestaltet.

Grob konnten Besucher*innen zwischen zwei Kategorien unterscheiden. Zum Einen gab es diejenigen Wettbewerbe, für die die Anmeldung im Vorfeld lief. So konnten Cosplay-Fotograf*innen, Cosplayer*innen und Tänzer*innen vorab ihre Einsendungen in Foto- oder Videoformat einreichen, die dann im Livestream gezeigt und gekürt wurden. Bei den beispielsweise über 200 Einsendungen für den Foto-Wettbewerb zeigte sich: Resonanz war definitiv vorhanden. Zum Anderen veranstaltete die ConLine aber auch Live-Wettbewerbe, für die die Teilnehmer*innen nur am vergangenen Wochenende Zeit investieren mussten. Dazu zählten zum Beispiel das Otaku-Quiz sowie verschiedene Games-Wettbewerbe.

Besonders hervorzuheben ist an dieser Stelle das Instant-Cosplay. Hier wurde die Begebenheit, dass die Besucher*innen in ihren eigenen vier Wänden saßen, zum Vorteil. Am Freitag wurde ein Thema bekannt gegeben, zu dem Cosplayer*innen das Wochenende über Zeit hatten, ein Kostüm aus den zu Hause vorhandenen Materialien zu gestalten. Das Thema: Hamstern. Teilnehmer*innen konnten ihre kreativen Ergebnisse über die Sozialen Medien Twitter und Instagram unter dem Hashtag #conlinehamstern präsentieren. Platziert wurden ein von der Jury gewählter Kreativpreis und ein Publikumspreis. Am Ende erreichte der Wettbewerb ganze 18 Einsendungen, und es lohnt sich definitiv, den Hashtag einmal durchzuklicken.

Talks und Interviews

Besonders erfreulich war, dass auch auf der ConLine eine Reihe von Gesprächsrunden und Interviews stattfanden. Die Connichi blickt auf eine langjährige Tradition als Kommunikationsplattform zwischen deutscher und japanischer Kultur zurück. Es war schön zu sehen, dass diese Tradition aufrecht erhalten wurde.

Neben Interviews mit Größen der Anime-Szene, wie zum Beispiel dem Drehbuchautor Makoto Uezo (u.a. bekannt für Assassination Classroom und Boruto: Naruto Next Generations) gab es auch erneut Szene-Talks anzuhören. So blickte am Samstag der Annimex e.V. auf über 20 Jahre Vereinsarbeit zurück. Eine starke Leistung! Bereits am Freitagabend wurde über die trans*-Community innerhalb der Cosplay-Szene gesprochen. Das Thema ist in der Szene momentan sehr präsent – auch Teilzeitheldin Stephanie Winkler hat diese Verbindung in einem Artikel über trans* sein und Crossplay beleuchtet.

ie Ehrengäste der ConLine schickten kleine Grußbotschaften per Video, die zwischen den Programmpunkten eingespielt wurden. Quelle: https://online.connichi.de/online/highlights/
Die Ehrengäste der ConLine schickten kleine Grußbotschaften per Video, die zwischen den Programmpunkten eingespielt wurden.

Sonderthema Corona

Natürlich ging das vergangene halbe Jahr nicht spurlos an der Szene vorbei. Daher wurde das Thema Corona-Pandemie am Samstag auch in einigen der Talks und Panels aufgenommen. Es fand sich beispielsweise eine Runde zum Thema „CoVid-19 und Showacts“ zusammen. Einige Stunden später konnten die Besucher*innen einem Panel zum Thema „Sehgewohnheiten von deutschen Animefans und der Einfluss von Corona“ beiwohnen. Ganz im Sinne der „Do It Yourself“-Mentalität gab es schließlich für Frühaufsteher auch einen Workshop zum Nähen einer Maske im Connichi-Style.

Die Reaktionen

Es ist erst einmal ein Schuss ins Blaue, ob ein Konzept wie die ConLine von der Szene angenommen wird. Schließlich ist einer der wichtigsten Aspekte – der soziale – stark eingeschränkt. Am Wochenende stellte sich dennoch ein unüberhörbarer Konsens heraus: Liebes Connichi-Team, ihr macht das super! Das zeigte sich auch in den Zahlen. Die Streams waren gut besucht – besonders für die Konzertaufnahmen schossen die Zuschauerzahlen in die Höhe. Und auch in den Discord-Chats wurden durchgehend Konversationen aufrechterhalten.

Einige Ehrengäste vergangener Jahre haben sich sogar initiativ bereit erklärt, das Programm zu unterstützen. Kleine Videobotschaften zwischen den Programmpunkten zeigten, wie gut es den Gästen bisher in Kassel gefiel – ein großartiges Statement!

Die Mühen der Organisator*innen blieben also nicht ungehört. Besonders schön fasst dies ein Twitter-Beitrag der Userin _KathLady_ zusammen:

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Mit viel Charme und Professionalität

Apropos Team. Neben einem vollen Programm darf ein weiterer Punkt nicht unbeachtet bleiben. Wann immer man am vergangenen Wochenende einschaltete, wurde die ConLine von einer Reihe charmanter Moderator*innen und Organisator*innen begleitet. Vom liebevoll gestalteten „Set“ bis hin zu einem spannenden Kochduell zeigten sich die Personen hinter der Convention stets motiviert, fröhlich und einladend.

Nicht nur sichtbar, auch hinter den Kulissen waren Helfer*innen aktiv. Die digitale Begleitung in den Sozialen Medien war stets aktuell, gut organisiert und lud zum Mitmachen bei den zahlreichen Aktionen und Gewinnspielen ein. Die Discord-Kanäle wollten betreut und die Technik in den Streams zum Laufen gebracht werden. Uns sind keine „Fehlerchen“ diesbezüglich aufgefallen. Eine Top-Leistung!

Auch der gestalterische Rahmen der ConLine strotzte nur so vor liebevollen Details. Das begann schon mit der Benennung der Streams. Der „Festsaal“ und „Blauer Saal“ sind an die altbekannten Veranstaltungsräume des Kongresspalais in Kassel angelehnt. Und in den Channels fand sich unter anderem „Smalltalk-im-Park“. Bei uns weckte dies sofort die Sehnsucht nach dem Connichi-Gelände.

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Endlich wieder (ein bisschen) Con-Feeling?

Es ist beinahe ironisch: Da ich mich momentan im Ausland befinde, war die ConLine die einzige Möglichkeit für mich, in diesem Jahr überhaupt an der Connichi teilzunehmen. Und das ist wohl der größte Vorteil eines jeden Online-Konzepts: Entfernung spielt keine Rolle. Genauso bequem war es, immer mal wieder für die Programmpunkte einschalten zu können, auch wenn man für ein paar Stunden andere Dinge zu tun hatte.

Die Connichi ist nicht die erste Veranstaltung, die ein Online-Programm auf die Beine gestellt hat. Zuvor haben auch schon die Hanami sowie die Animuc ihren Besucher*innen digitale Events präsentiert. Die drei Conventions werden alle vom Animexx e.V. unterstützt und ehrenamtlich organisiert. Damit wir auch in Zukunft wieder geselliges Beisammensein auf deutschen Conventions genießen können, braucht der Verein Unterstützung. Hier gelangt ihr zur Spendenseite. Wer lieber die Connichi direkt unterstützen möchte, kann im Online-Shop ein Unterstützer-T-Shirt erwerben.

Alles in allem bleibt zu sagen: Die ConLine war ein voller Erfolg. Natürlich kann ein Online-Event eine echte Connichi nicht ersetzen, aber die Möglichkeiten wurden hervorragend ausgeschöpft. Ein gut durchdachtes, interaktives und interessantes Programm wurde mit viel Charme in der Moderation abgerundet. An jeder Ecke ließ sich die liebevolle Mühe erkennen, die die Organisator*innen in das Projekt gesteckt haben.

Die nächste Connichi ist für den 05.-07. September 2021 geplant. Wir hoffen, nächstes Jahr wieder vor Ort in Kassel dabei sein zu können und freuen uns darauf!

Artikelbilder: © Connichi
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Susanne Stark

1 Kommentar

  1. Hey, ich schließe mich deinem Kommentar voll und ganz an und fühlte mich sehr heimlich beim Ansehen des Online-Programms ;) Auch de Moderation war sehr charmant, die leichte „Unbeholfenheit“ (so will ichs mal nennen) an mancher Stelle hat manchmal diesen Effekt nur noch gesteigert. Es war alles sehr gut geplant, aber wenn man Dinge zum ersten Mal durchführt, sind doch manchmal kleinere Hürden zu überwinden. Siehe Koch-Duell zum Beispiel. Aber am Ende steht ein sehr positives Fazit ^^

    PS: Das Datum für die nächste Connichi müsste noch auf 03.-05.09.2021 geändert werden

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