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Deutschland quarantiniert sich, um die Verbreitung des Erregers SARS-CoV-2 zu verlangsamen, mit Schulschließungen und Absagen von Veranstaltungen. Das heißt, viele von uns sitzen allein oder nur mit der Familie zu Hause und müssen sich beschäftigen. Ein paar Vorschläge, wie dabei für Cosplayer keine Langeweile aufkommt, haben wir hier gesammelt.

Bis in den Mai hinein sind alle bekannteren Cosplay-Szeneevents abgesagt, und ob im Mai wieder Cons stattfinden ist noch fraglich. Viele Cosplayer waren bei der plötzlichen Absage der Leipziger Buchmesse noch wütend und enttäuscht, mittlerweile hat allerdings der Aufruf zur Vermeidung sozialer Kontakte auch die Cosplay-Szene erfasst. Cons fallen die nächste Zeit als Möglichkeit weg, Cosplay zu tragen – was also tun in der Zwischenzeit? Mit Schulausfall, geschlossenen Universitäten und anderen öffentlichen Einrichtungen ist bei nicht wenigen Cosplayern ja absehbar mehr Freizeit als Möglichkeit, sie zu verbringen, gegeben.

Cosplay zu Hause

Der Aufruf zur Vermeidung sozialer Kontakte, auch unter dem Hashtag #StayTheFuckHome und Variationen verbreitet, macht Cosplay nicht per se unmöglich. An sich ist alles vorhanden, um in den eigenen vier Wänden zu cosplayen: Cosplayer*in, Cosplay. Ta-da!

Okay, sich jetzt nur aus Langeweile die Haare hochzustecken, Make-up ins Gesicht zu klatschen und mit kratziger Perücke und unpraktischem Ledermantel auf dem Sofa Netflix zu schauen ist nicht unbedingt attraktiv.

Self-Shootings auf Social Media

Nahliegend ist natürlich eine sehr weit verbreitete Art des Cosplays: Selbstgeschossene Bilder aus den eigenen vier Wänden auf Social Media posten.

Es braucht dafür nicht zwingend ein großartig eingerichtetes Studio in der Wohnung – aber gute Beleuchtung, ein wenig Platz und ein wenig Dekoration für den Hintergrund machen mehr her als Selfies vor dem Kleiderschrank.

Bibi Klähr © Fotofänger
Bibi Klähr © Fotofänger

Vorweg: eine teure Kamera ist niemals ein Muss, um gute Fotos zu erhalten. Moderne Handykameras geben schon ziemlich gute Ergebnisse, es kommt mehr darauf an, Licht und Bildausschnitt ordentlich zu organisieren.

Ein nützliches Hilfsmittel ist sicher ein Handystativ, mit dem das Handy beim Fotografieren stabilisiert werden kann. Und die Außenkamera der Handys ist eigentlich in jedem Modell besser als die Selfie-Kamera. Die Kamera-Apps haben normalerweise eine Timer-Funktion, damit braucht ihr nicht auf die Selfie-Cam ausweichen.

Tageslicht gibt es auch in der Wohnung, aber natürlich nur tagsüber. Wer eine sehr dunkle Wohnung hat oder einfach eher zur Nachteule veranlagt ist, der kann sich entweder ein paar Stehlampen zusammentragen oder überlegen, ob sich auf Dauer die Investition in Fotolampen lohnt. Inzwischen sehr beliebt sind sogenannte „Ringlichter“, die Gesichter gleichmäßig beleuchten können. Wer bereits Fotoequipment hat, kann natürlich auf die Kamerablitze zurückgreifen.

Der Hintergrund des Bildes ist in der Wohnung nicht so variabel, wie wenn eine Shooting-Location extra dafür ausgesucht wurde. Ordentliche, geschlossene Schrankfronten, mit kleinen Props dekorierte Tische oder eine farbige Wand sind aber besser als das Durcheinander des Näh- oder Schlafzimmers im Alltagszustand. Es braucht nicht viel Platz, um ein paar Fotos zu machen. Sucht euch eine Ecke aus, die ihr ordentlich bekommen könnt, und räumt sie frei. Was hinter der Kamera alles stand, wird nie ein Mensch erfahren.

Probiert euch aus, spielt mit dem, was ihr habt – Ihr habt eine komplette Wohnung voller Utensilien, die ihr nicht erst zur Shootinglocation hin transportieren müsst! Irgendetwas, was zum Charakter passt, wird sich finden lassen. Oder ihr bastelt es noch schnell vorher?

Cosplay-Videodreh

Lena Brenstein © Fotofänger
Lena Brenstein © Fotofänger

TikTok oder Instagram-Stories: Videoformate sind inzwischen alltäglich und mit dem Handy leicht herzustellen. Auch hier helfen gutes Licht und ein ordentlicher Hintergrund, um den Fokus auf dem Cosplay zu halten. Doch der Anspruch der Zuschauer ist bei den einfachen Formaten nicht hoch, gerade TikTok zieht viel Aufmerksamkeit auch auf die Tonspur, die ja nicht von der gefilmten Person stammen muss. Auch hier steht euch die ganze Wohnung voller Utensilien zur Verfügung, um damit zu interagieren.

Wer mehr als nur einen TikTok-Clip oder ein bewegtes Selfie für Instagram machen möchte, kann hier natürlich die verfügbare Freizeit stärker ausfüllen – ein Drehbuch schreiben, Szenen konzipieren und dann den Film drehen, schneiden und ggf. vertonen kann einige Zeit verbrauchen. Wer also von wochenlanger Schulschließung betroffen ist und vor Langeweile vergeht: Das ist vielleicht eure Chance.

Con-Feeling ersetzen: Cosplay-Videokonferenz?

Noch eine Option ist es, die Freunde, mit denen auf der Con das Cosplay geplant war, virtuell zusammenzutrommeln. Ihr wolltet ein Gruppencosplay machen? Warum nicht einfach trotzdem tun! Ihr habt alle einen Computer, macht eine Videokonferenz in euren Cosplays!

Klar, es ist nicht ganz das gleiche Gefühl, aber so bekommt ihr eure Freunde trotzdem zu sehen. Keiner muss vereinsamen, nur weil die Con ausfällt!

Neue und alte Cosplays!

Der gemeine Cosplayer hat mehr als ein Cosplay im Schrank, mit der Tendenz, einen ganzen Kleiderschrank, oder auch zwei, mit Kostümen zu füllen. Und es kommen dauernd neue hinzu… und noch viel mehr kommen auf die Wunschliste hinzu, wann immer ein Charakter oder eine Serie diese besondere Faszination ausüben. Projekte gibt es genug… Also los, machen!

Nähen und Basteln

Con-Crunch ist abgesagt! Kein gehetztes Last-Minute-Basteln, wir haben freie Zeit!

Solange alle in ihren eigenen Wohnungen sitzen und nur ab und zu digitale Termine wahrgenommen werden müssen, bleibt eigentlich mehr Freizeit übrig… Für die Verabredungen entfallen die Fahrzeiten, und generell sind eben viele Termine weggefallen. Also, nutzen wir die Zeit! Es gibt sicher noch Projekte auf eurer To-Do-Liste. Fangt sie jetzt an!

Klar, ohne Con-Crunch ist es eigentlich nur halb so spannend, und die Motivation leidet unter der fehlenden Perspektive, wann die Kostüme getragen werden können. Doch die Pandemie wird auch wieder ein Ende haben, die Cons werden zurückkehren – und jedes Cosplay, das schon fertig ist, wird dann mit umso größerer Freude getragen werden! Außerdem bleiben durchgehend die Möglichkeiten bestehen, sich digital zu präsentieren.

Einstweilen sind Post und Online-Shopping nicht eingeschränkt. Und wenn wir ehrlich sind: eigentlich haben wir für einige Kostüme schon lange alles daheim. Also Nähmaschine auf den Tisch, Heißluftföhn an und ab ans Werk!

Yvonne Imlints © Fotofänger
Yvonne Imlints © Fotofänger

Fotos bearbeiten, Backlog reduzieren

Oft liegen nicht nur unfertige Cosplays auf der To-Do-Liste, sondern es gibt auch noch alte Fotos, die fertig bearbeitet werden sollten, oder sogar ein halb geschnittenes Cosplay-Video.

Jetzt ist die ideale Gelegenheit, diese Altlasten aufzuarbeiten. Und selbst, wenn der Backlog wirklich leer ist – vielleicht gibt es alte Bilder, aus denen mit den aktuellen Fähigkeiten noch viel mehr herausgeholt werden könnte? Gerade wenn aktuell keine neuen Fotoshootings möglich sind, kann es Spaß machen, sich an ganz alte Zeiten zu erinnern. Und auch auf Social Media können alte Cosplays wieder gut ankommen – nicht jeder neue Follower kennt euren ganzen Katalog seit 2005!

Sich in neue Vorlagen verlieben

Sollte es tatsächlich Cosplayer geben, denen die Ideen ausgehen, was sie als nächstes cosplayen könnten, bietet die Zeit daheim auch viele Möglichkeiten, sich neu inspirieren zu lassen. Netflix hat neben dutzenden Anime-Serien auch den Großteil der Studio Ghibli-Filme im Sortiment, und Cosplay ist unbegrenzt… es gibt genug Filme und Serien zu sehen, die in euch den Wunsch entfachen können, genau diesen Charakter und dieses Kostüm selbst zum Leben zu erwecken.

Auch Manga, Comics und Bücher stehen zur Verfügung – ihr habt sicher auch noch einen Stapel ungelesener Bücher in einer Ecke stehen, und ein paar Manga, die ihr mal gekauft, aber dann nur durchgeblättert habt. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, all das aufzuholen, was zu Hause so liegen geblieben ist.

Und eure Freunde haben ja auch jede Menge Freizeit… da wird sicher die eine oder andere Empfehlung zu holen sein. Vielleicht auch der erste Schritt zu einem neuen Gruppencosplay? Für 2021 vielleicht?

Wissen teilen

Eine weitere Möglichkeit, die Zeit zu nutzen, ist, das eigene Wissen zu teilen. Tutorials zu schreiben, fotografieren und gar zu filmen braucht Zeit – doch davon haben wir ja plötzlich mehr als erwartet!

Für ein gutes Tutorial sollten alle verwendeten Materialien genannt und auch „selbstverständliche“ Zwischenschritte erklärt werden. So können andere von eurem Wissen profitieren, genauso wie ihr in der Vergangenheit sicher von Tutorials und Anleitungen profitiert habt.

Mit eurem Handy samt Kamera, einem Computer und Zeit habt ihr auch hier alle wichtigen Utensilien daheim – also warum nicht einfach mal zeigen, wie ihr etwas macht?

Neue Hobbies entdecken

Ramona Stach © Fotofänger
Ramona Stach © Fotofänger

Wenn euch die Motivation für Cosplay gerade ob der Situation komplett entkommen ist, ist auch das kein Grund zur Verzweiflung. Manchmal braucht der Mensch eine Pause, manchmal entwickeln sich Interessen weiter und neue kommen hinzu.

Ihr habt jetzt auch die Zeit, alte Hobbies zur Ruhe kommen zu lassen und zu evaluieren, was euch Spaß macht und was nicht. Es gibt vielleicht Neues auszuprobieren! Mal ein Videospiel? Oder Pen&Paper-Rollenspiel? Dafür braucht es heutzutage nicht mehr zwingend einen Tisch und Freunde vor Ort, immer mehr Gruppen spielen online.

Es gibt Bücher und Welten zu entdecken. Dank dem Internet steht uns in unseren eigenen Wänden so viel Wissen zur Verfügung wie noch nie zuvor. Wir können neue Arbeitstechniken erlernen, unser Wissen über Dinge vertiefen oder Dinge tun, die bisher immer am Terminkalender gescheitert sind.

Eine neue Sprache lernen? Endlich ein Buch schreiben? Aus den kleinen, krakeligen Skizzen richtige Zeichnungen und Bilder werden lassen? Es gibt so viele Möglichkeiten, und nun sicher die Zeit, ein paar mehr davon zu nutzen.

Und es gibt immer noch genug Probleme neben SARS-CoV-2 und COVID-19, die Aufmerksamkeit und Engagement bedürfen. Die Klimakrise ist noch lange nicht abgewendet, Hunger, Krieg und Leid auf der Welt halten an, auch in Europa, wo sich an der Grenze von Griechenland noch immer brutale Szenen abspielen. Selbst ohne öffentliche Demonstrationen gibt es Möglichkeiten, sich für jene einzusetzen, denen es nicht so gut geht wie uns im Herzen des reichen Europas. Und wenn es nur dafür reicht, dass ihr Ideen entwickelt, wie Cosplay in Zukunft nachhaltiger betrieben werden kann, ist auch das ein kleiner Schritt in eine bessere Welt.

Fazit: Langeweile muss nicht sein!

Die freie Zeit muss nicht in Langeweile münden – die eine oder andere Idee wird euch hoffentlich zusagen. Wenn ihr noch andere habt: Teilt sie mit uns!

Die Vermeidung direkter sozialer Kontakte ist aktuell eine unserer besten Möglichkeiten, die Verbreitung des Virus zu verlangsamen und damit Menschenleben zu retten, weil dann für jeden, der doch erkrankt, ausreichend medizinische Versorgung zur Verfügung steht. Klar, allein daheim sitzen ist auf Dauer nicht ideal, aber wir schaffen das! Und haben am Ende vielleicht eine ganze Menge toller neuer Cosplays oder anderer Projekte vorzuzeigen!

Fotografien: Karsten Zingsheim | Fotofänger, mit freundlicher Genehmigung der Models

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