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Brachiale Action in einem gnadenlosen Zeitalter ist ein konstanter Faktor der düsteren Welt von Conan dem Barbaren. Yimirs Tochter bildet dabei keine Ausnahme und entführt den Leser in eine Geschichte angehaucht mit nordischem Flair. Warum sie uns dennoch stellenweise kalt lässt, erfahrt ihr in unserem Kurzcheck.

Die Abenteuer des Cimmeriers Conan wurden von Robert E. Howard ursprünglich in zwanzig Novellen und einem Roman erzählt. Die in Deutschland beim Splitter Verlag erscheinende Reihe greift diese auf, wobei für jeden Titel ein anderes Team verantwortlich ist. Die zugrunde liegende Geschichte von Ymirs Tochter war dabei die erste speziell auf Conan zugeschnittene Originalerzählung.

Die ursprünglich als The Frost-Giant’s Daughter (Die Tochter des Frostriesen) bezeichnete Kurzgeschichte musste bis zu ihrer Veröffentlichung einige Hürden nehmen. Der Grund ist bei einer Betrachtung der Handlung klar: Diese Geschichte zeigt Conan noch nicht als etablierten Charakter, sondern als literarische Gestalt in der Findungsphase durch ihren Schöpfer. Wie liest sich der Kult gewordene Text in Form einer Graphic Novel?

Handlung & Charaktere

Die Mannen von Nordheim sind ein raues und kriegslustiges Volk. Seit Generationen bekämpfen sie sich gegenseitig. Beobachtet werden sie dabei von einer jungen Frau mit leuchtend rotem Haar und wenig Bekleidung. Sie gerät geradezu in Ekstase, als sich auf dem Schlachtfeld Schreie und Blut zu einer Symphonie der Gewalt vermischen. Doch ein unbekannter Pulsschlag eines starken Herzens sticht aus diesem Werk aus morbider Schönheit heraus. Die junge Frau, von Neugier getrieben, muss mehr über den Träger des tapferen Herzens herausfinden.

Ymirs Tochter fokussiert sich auf die Interaktion zwischen der rothaarigen Frau und dem Hünen Conan. Was zu Beginn wie ein Katz-und-Maus-Spiel mit klar verteilten Rollen wirkt, ändert seine Wirkung mehrmals. Ausgerechnet das sorgt für den schalen Beigeschmack. Zu Beginn erweckt die Geschichte den Eindruck des verzweifelten Versuchs eines Mannes, einer übernatürlichen Gestalt zu entkommen. Doch schnell ändert sich diese Auffassung. Gegen Ende könnte man Conan auch als einen brutalen Unterdrücker mit der Absicht einer Vergewaltigung sehen.

Dieser Wechsel der wahrgenommenen „Machtposition“ gestaltet die Ausgangslage abwechslungsreicher, wandert aber am Rande des guten Geschmacks. Zudem verliert sich die Handlung später und präsentiert ein wirres Ende. Dabei kann dieser Vorwurf nicht dem zuständigen Texter und Zeichner Robin Recht gemacht werden. Die Anhänge von Ymirs Tochter verdeutlichen, dass dieser Text als eines der ersten Experimente zur Figur Conans gesehen werden kann.

Zeichnungen & Kolorierung

Die visuelle Gestaltung weist einen hohen Grad an Intensität auf.

Die Illustrationen von Recht sind äußerst positiv zu erwähnen. Das Design der Charaktere spiegelt perfekt ihre angedachten Stereotype wider. Auf der einen Seite steht der grobschlächtige Krieger, auf der anderen die verführerische und selbstbewusste Schönheit. Im Anbetracht des Fokus auf den Interaktionen zwischen den beiden Charakteren ist der hinterlassene Eindruck ein sehr positiver.

Generell fällt an der visuellen Gestaltung der hohe Grad an Intensität auf. Die Farben sind kräftig, die gezeigten Szenen explizit. Sowohl im Hinblick auf Erotik als auch Gewalt richtet sich diese Graphic Novel eindeutig an eine erwachsene Zielgruppe. Jedoch hat man nie den Eindruck, dass diese Elemente zwanghaft verwendet werden. 

Sie fügen sich harmonisch in die erzählte Geschichte ein und vermitteln die brutale, manipulative oder willensstarke Natur der Charaktere.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Splitter
  • Autor: Robin Recht
  • Zeichner: Robin Recht
  • Sprache: Deutsch
  • Seitenanzahl: 80
  • Preis: 18,00 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

Ymirs Tochter leidet unter den Schwächen seiner Originalvorlage. Selbst die grandiosen Zeichnungen können nicht über die stellenweise wirre Geschichte hinwegtäuschen. Zudem erhält die Handlung Elemente, die sie aus moralischer Sicht fragwürdig erscheinen lassen. Somit hinterlässt dieser vierte Band der Conan Graphic Novel-Adaptionen bisher am wenigsten Eindruck. Es fehlt der Abenteuergeist von Die Königin der schwarzen Küste, die Epik von Nathok, der Zauberer und die dichte Atmosphäre von Jenseits des schwarzen Flusses. Das macht Ymirs Tochter möglicherweise zu einem Pflichtkauf für Fans von Conan, aber nicht zu einem rundum überzeugenden Produkt für jedermann.

 

Artikelbilder: © Splitter, Bearbeitung: Melanie Maria Mazur
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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