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Subtiler Horror dürfte zu den schwierigsten Genres für Autoren von Büchern, Filmen oder Graphic Novels gehören. Jeff Lemire konnte im ersten Band von Gideon Falls diese schwierige Disziplin jedoch mit Bravour meistern und die Graphic Novel erhielt zu Recht die Bestnote. Gelingt auch dem Nachfolger dieses Meisterstück?

Jeff Lemires Black Hammer Graphic Novel und Gideon Falls Bd. 1: Die Schwarze Scheune konnten bei den Teilzeithelden stets gute bis sehr gute Bewertungen erzielen. Der Pilotband zur subtilen Horror-Reihe Gideon Falls punktet durch mehrere Elemente. Lemire lässt sich Zeit, seine Charaktere und Handlung aufzubauen. Das Resultat ist ein Spannungsbogen, der im Laufe der Handlung immer mehr zum Mitfiebern einlädt. Die subtile Horroratmosphäre wird dabei von Andrea Sorrentinos herausragenden Zeichnungen gestützt.

Erbsünden setzt die Handlung seines Vorgängers nahtlos fort. Allerdings müssen im Vergleich zu Die Schwarze Scheune ein paar Abstriche hingenommen werden. Welche das sind besprechen wir in unserem Kurzcheck von Gideon Falls Bd. 2: Erbsünden.

Handlung & Charaktere

Getrieben von den Erlebnissen des ersten Bandes geraten sowohl der Außenseiter Norton als auch Pater Fred immer tiefer in den Sog um die Wirkung der Schwarzen Scheune. Dabei ist es unerheblich, dass Norton in der hektischen Großstadt und Pater Fred im ländlichen Gideon Falls verweilen. An beiden Orten hat das seltsame Gebäude seine Spuren hinterlassen. Zusätzlich sind sie in ihren Nachforschungen nicht mehr alleine. Während Norton seine Therapeutin Angela zur Seite steht, findet der Priester in Sheriff Clara Miller eine Mitstreiterin.

© Splitter
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Doch bald müssen alle Beteiligten erkennen, dass die Lage nicht so einfach ist. Immer wieder werden ihnen Steine in den Weg gelegt. Von wem? Man weiß es nicht genau. Doch hat man als Leser schnell den Eindruck, dass etwas Übernatürliches die Nachforschungen sabotieren will. Beispielsweise sieht sich Fred plötzlich mit Visionen einer Mordserie aus vergangenen Zeiten konfrontiert. Norton dagegen werden immer mehr Zweifel eingeflüstert, dass seine Verbindung zur Schwarzen Scheune nur seinem eigenen Wahn entspringt. Jedoch lässt sich der junge Mann von seiner Suche nach dem unheimlichen Gebäude nicht abbringen.

Erbsünden verdichtet die Atmosphäre, die im ersten Teil etabliert wurde. Man taucht tiefer in die Geschichten um die Schwarze Scheune ein und bekommt durch die Protagonisten direkt mit, auf welche Art und Weise sie ein Leben durcheinander bringen kann. Das macht die Erzählung von Jeff Lemire in ihrer Entwicklung so konsequent und glaubwürdig.

Gleichzeitig kommt bei diesem zweiten Band stellenweise ein Gefühl auf, das ich bei Die Schwarze Scheune nie hatte: Zähigkeit beim Lesen. Lemire verstand es im ersten Band die schwierige Balance zwischen Kurzweil und langsamem Spannungsaufbau zu erzielen. Erbsünden gelingt dies an vielen Stellen, jedoch nicht immer. Gerade im Mittelteil der Handlung zieht sich diese in die Länge.

Das ist, zugegeben, Kritik auf hohem Niveau. Doch besonders im Hinblick auf den nahezu makellosen Vorgänger fallen solche Punkte umso deutlicher auf.

Zeichnungen & Kolorierung

Wie schon im Vorgänger wird Lemires erzählerisches Geschick durch die Zeichnungen von Andrea Sorrentino und Kolorierung von Dave Stewart harmonisch ergänzt. Ausdrucksstarke Mimik und Gestik bringen die Emotionen der Charaktere besonders gut zur Geltung. Das liegt auch an der Entscheidung für einen sehr reduzierten Einsatz von Hintergründen. Die Akteure der Handlung sind unübersehbar der Fokus.

Besonders gegen Ende der Handlung setzen die Bilder einige übernatürliche Effekte stimmig in Szene. Es fasziniert dabei immer wieder zu sehen, wie viel in Gideon Falls über den klugen Einsatz von Kolorierung hervorgehoben wird. So findet sich auf den letzten Seiten ein Abschnitt, der durch den vielfältigen Einsatz der Farbe Rot eine ganz besondere Wirkung hinterlässt.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Splitter
  • Autor: Jeff Lemire
  • Zeichner: Andrea Sorrentino, Dave Stewart
  • Sprache: Deutsch
  • Seitenanzahl: 136
  • Preis: 22,00 EUR
  • Bezugsquelle: Amazon

 

Fazit

Das Dreamteam Lemire, Sorrentino und Stewart setzt seine Erfolgsgeschichte bei Gideon Falls Bd. 2: Erbsünden fort. Zwar kann der zweite Band nicht mit der Makellosigkeit seines Vorgängers mithalten – dazu ist die Handlung an einigen Stellen zu sehr in die Länge gestreckt –, jedoch überzeugt Erbsünden abermals mit einem grandiosen Spannungsaufbau, nachvollziehbaren Charakteren und einer angespannten Atmosphäre. Die visuelle Umsetzung ist auch über sämtliche Zweifel erhaben. Somit kann abermals eine Kaufempfehlung ausgesprochen werden.

Wann die Geschichte um die Schwarze Scheune fortgesetzt wird ist unterdessen noch nicht klar. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Rezension ist der Termin für den dritten Band noch nicht bekannt gewesen.

 

Artikelbild: Splitter, Bearbeitet von Verena Bach
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

 

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