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Eine Vielzahl an Graphic Novels ist 2019 erschienen. Welche davon sollte man unter keinen Umständen verpassen und sich für das eigene Regal zulegen? Wir stellen euch unsere Bestenliste mit Empfehlungen aus verschiedenen Genres zusammen, sodass es euch garantiert demnächst nicht an Lesestoff mangelt!

Das Jahr 2019 neigt sich dem Ende zu und während der letzten Monate hat sich ein beachtlicher Stapel gelesener Graphic Novels gebildet. Doch welche haben den meisten Eindruck hinterlassen? Zum Abschluss dieses Jahres lassen wir unsere Bestenliste nochmal Revue passieren.

Natürlich können wir unsere Empfehlungen nur auf die Bände beschränken, die wir im Zuge unserer Rezensionsarbeit selbst gelesen haben. Ihr seid der Meinung eine Graphic Novel hätte den Platz auf dieser Bestenliste verdient? Lasst es uns in den Kommentaren wissen!

A walk through hell

Diese Graphic Novel stammt aus der Feder von Garth Ennis, unter anderem bekannt durch seine düstere Superhelden-Geschichte The Boys, die übernatürliche Reihe Preacher oder seine Beteiligung an Judge Dredd. A Walk through Hell folgt den beiden FBI-Agenten Shaw und McGregor bei einem Fall, der sie um ihren Verstand zu bringen droht. Als sie das Verschwinden zweier Agenten in einer Lagerhalle untersuchen sollen, finden sie sich in einer psychologischen Hölle wider. Im Laufe der Handlung erfährt der Leser mehr über die Hintergründe der beiden und was ein vergangener Fall mit ihrer aktuellen Situation zu tun haben könnte.

A Walk through Hell zu lesen, ist eine wahre Freude. Die Geschichte ist spannend und intelligent geschrieben. Der Spannungsaufbau erfolgt sehr sorgfältig und schafft die schwierige Balance, den Leser sowohl im Unklaren zu lassen, aber auch immer mehr von der Handlung aufzudecken. Glaubwürdige Charaktere mit Ecken und Kanten runden den Erzählstil ab. Besonders das Zusammenspiel der beiden Agenten Shaw und McGregor ist in dieser Hinsicht hervorzuheben.

Der Einbezug der emotional ausdrucksstarken Zeichnungen von Goran Sudžuka und kräftigen Kolorierung von Ive Svorcina macht die Graphic Novel schließlich zu einem Werk ohne erkennbare Schwächen. Der zweite Band ist erst vor wenigen Tagen im Handel erschienen und wird bald natürlich ebenfalls von uns rezensiert.

Black Hammer

Das Black Hammer-Universum von Autor Jeff Lemire hat sich in den letzten Jahren als eine charmante Hommage an klassische Superheldencomics etabliert. Die Geschichten begeistern mit interessanten Charakteren, sympathischen Anspielungen und emotionalen Handlungen. Die Hauptreihe begleitet eine Gruppe von (ehemaligen) Superhelden auf einer seltsamen Farm. Auf dieser ist das Ensemble nach einem dramatischen Kampf gegen einen galaktischen Bösewicht gelandet. Leider scheint eine Flucht unmöglich: Der letzte Versuch hat das Leben des größten Helden des Teams, Black Hammer, gekostet. Doch allmählich kommt es zu immer mehr merkwürdigen Ereignissen. Eines von diesen ist das Erscheinen von Black Hammers Tochter, die im dritten Band der Reihe Age of Doom Buch 1 einige wichtige Entdeckungen macht. Im November dieses Jahres erschien mit Age of Doom Buch 2 der mittlerweile vierte Band der Hauptreihe.

Erweitert wird das Superhelden-Universum durch Ableger, die sich auf Nebencharaktere der Hauptreihe oder eigenständige Handlungsstränge fokussieren. So spielt Black Hammer: Quantum Age hundert Jahre in der Zukunft und folgt dem Kampf einer Heldentruppe namens Quantum League gegen ein totalitäres Regime. Black Hammer: Straßen von Spiral City enthält neben drei Kurzgeschichten zur Hauptreihe eine Enzyklopädie mit dem Überblick über Lemires geschaffene Welt.

Den meisten Eindruck von allen Bänden konnte jedoch Black Hammer: Doctor Star & das Reich der verlorenen Hoffnung hinterlassen. In dieser Graphic Novel folgt der Leser Jim Robinson, der sich mit der Erforschung der mysteriösen Para-Zone beschäftigt, um ihre Energie zu gewinnen. Als ihm dies gelingt, ändert sich sein Leben und aus Jim Robinson wird der Superheld Doctor Star. In einer unglaublich emotionalen Geschichte wird man Zeuge, wie hoch die Kosten für ein Dasein als Superheld sein können.

Black Hammer liefert somit das perfekte Lesevergnügen für Freunde von Superheldengeschichten, tiefgehenden Charakteren und emotionalen Handlungen.

Deadly Class

Diese Serie von Rick Remender, unter anderem bekannt durch Seven to Eternity, besticht durch die Kombination reizvoller Erzählstile. Deadly Class folgt den Erlebnissen von Marcus an einer internationalen Schule für Auftragskiller. Die Faszination dieser Serie sind ihre vielschichtigen Charaktere und ein stimmungsvoller Mix aus Action-Thriller und Coming-of-Age-Story.

Sowohl der Pilotband von Deadly Class, Die Akademie der tödlichen Künste, als auch der Nachfolger Kinder ohne Heimat konnten die Bestnote ergattern. Der Spannungsbogen wird sorgfältig aufgebaut und Handlungen der Akteure haben Konsequenzen. In der Regel sind diese unangenehm. Dabei wird auch nicht mit brachialer Action gegeizt und man kann als Leser den Schmerz der Protagonisten beinahe spüren.

Auch eine gewisse Langatmigkeit im dritten Band Die Schlangengrube kann den hervorragenden Gesamteindruck nicht trüben. Ihren Charme gewinnt die Reihe auch durch ihren visuellen Stil. Der skizzenhafte Zeichenstil mit der reduzierten Farbpalette vermittelt herausragend die Emotionen und Atmosphäre der Szenen. Der dreckige Underground-Look einer düsteren Welt ist omnipräsent. Actionszenen wirken lebendig und imposant, besonders im dritten Teil.

Deadly Class wird voraussichtlich im Februar 2020 im Band Stirb für mich! fortgesetzt.

Gideon Falls

Ebenfalls aus der Feder von Jeff Lemire stammt die Reihe Gideon Falls. In dieser geht es jedoch nicht um Superhelden; ganz im Gegenteil. Die subtile Horror-Reihe folgt dem Einzelgänger Norton in einer anonymen Großstadt und dem Priester Fred, die beide für sich losgelöst dem Mysterium der schwarzen Scheune auf die Spur gehen. Seltsame Vorkommnisse häufen sich und Mordfälle erschüttern die friedliche Welt des beschaulichen Gideon Falls, in dem Fred als neuer Seelsorger tätig ist.

Der Einstieg von Gideon Falls Bd. 1: Die Schwarze Scheune ist zwar etwas langsamer gestaltet, erlaubt jedoch die saubere Etablierung der Protagonisten. Der daraufhin ansteigende Spannungsbogen baut schließlich eine subtile Horroratmosphäre auf, die immerzu neue Fragen aufwirft und teilweise bereits beantwortet. Doch stets hat man den Eindruck, nur ein weiteres Puzzle-Stück eines großen Mysteriums erhalten zu haben. Die Kombination aus spannender Story, glaubwürdigen Charakteren und herausragenden Zeichnungen macht diese Graphic Novel zu einem wahren Lesevergnügen.

Erbsünden setzt die Handlung seines Vorgängers nahtlos fort. Allerdings müssen im Vergleich zu Die Schwarze Scheune ein paar Abstriche hingenommen werden. Die Handlung ist an einigen Stellen zu sehr in die Länge gestreckt, jedoch überzeugt Erbsünden abermals mit einem grandiosen Spannungsaufbau, nachvollziehbaren Charakteren und einer angespannten Atmosphäre.

In beiden Bänden wird Lemires erzählerisches Geschick durch die Zeichnungen von Andrea Sorrentino und Kolorierung von Dave Stewart harmonisch ergänzt. Ausdrucksstarke Mimik und Gestik bringen die Emotionen der Charaktere besonders gut zur Geltung.

Negalyod

Mit Negalyod hat der französische Künstler Vincent Perriot eine ungewöhnliche und gleichzeitig faszinierende Mischung von Genres erreicht. Die Endzeit-Geschichte erinnert an Szenarien wie Mad Max, Terminator und Jurassic Park. Der Dinosaurier-Hirte Jarri wird durch einen katastrophalen Unfall aus seiner vertrauten Welt gerissen. Durch mehrere Wendungen des Schicksals verschlägt es ihn in die Hauptstadt dieser dystopischen Welt. Dort kommt er in Kontakt mit einer Rebellengruppe gegen das Netz. Diese künstliche Intelligenz und ihre Tyrannei kontrollieren das Wasser und das Leben der meisten Leute, wobei sich stellenweise Widerstand regt. Somit wird Jarri in einen Konflikt hineingezogen, dessen Tragweite ihm erst allmählich bewusst wird.

Negalyod überzeugt mit einer frischen Erzählung, die aus der Kombination verschiedener Inspirationen entstanden ist. Das Ergebnis ist eine geradlinige, doch jederzeit spannende und unterhaltsame Geschichte. Der Charme der von Vincent Perriot geschaffenen Welt ist in jedem einzelnen Panel spürbar.

Neben der interessanten Prämisse ist das den Zeichnungen zu verdanken. Diese transportieren die Essenz der Endzeit-Welt von Negalyod wunderbar zum Leser. Karge Landschaften voll seltsamer Schönheit, die Wildheit der Dinosaurier oder die archaisch und dennoch futuristisch wirkenden Städte: Alle Elemente kombinieren sich zu einer wunderschön anzusehenden Bildwelt. Im Gesamtbild ergibt das eine rundum gelungene Graphic Novel.

The Magic Order

The Magic Order ist eine actiongeladene Geschichte über Machtkämpfe unter Magiern aus der Feder von Comic-Ikone Mark Millar. Seit tausenden Jahren wird die Menschheit von einem magischen Orden vor Monstern und übernatürlichen Gefahren beschützt. Die Familie Moonstone ist Bestandteil dieser Gruppierung, jedoch seit einer Weile intern zerrissen. Doch die Mitglieder müssen wieder zusammenfinden. Denn ein hasserfüllter Konflikt entbrennt, als die rücksichtslose Madame Albany dem Orden den Krieg erklärt. Sie wurde bei der Vererbung eines mächtigen Zauberbuches übergangen und sinnt auf Rache. Dazu nutzt sie einen scheinbar unaufhaltsamen Auftragsmörder.

Mark Millar stellt in The Magic Order sehr eindrücklich dar, wie Mafia-Kämpfe mit Magie aussehen könnten. Die Brutalität der Morde, die beinahe als Hinrichtungen bezeichnet werden können, vermittelt dabei die harte Gangart dieses Konfliktes. Die Charaktere wecken Interesse, wenngleich die Antagonistin blass bleibt. Der Spannungsbogen ist kurzweilig, die Handlung gnadenlos. Lediglich eine Wendung am Ende hat das Lesevergnügen etwas getrübt, da sie zu sehr als Deus ex Machina empfunden werden kann.

Unterstützt wird die Geschichte durch die hervorragenden Zeichnungen von Olivier Coipel. Diesem gelingt der Aufbau einer schmutzigen, aber faszinierenden Welt. Die Magie wirkt eindrucksvoll, aber nie übertrieben. Dabei scheut der Zeichner nicht vor Brutalität zurück. Dieser Krieg wird mit harten Bandagen geführt, und das wird deutlich zur Schau gestellt. Doch neben der bildgewaltigen Action fängt Coipel auch die Emotionen der Figuren hervorragend ein.

The Umbrella Academy

Die Geschichten von Gerard Ways The Umbrella Academy folgen einem ehemaligen Team von Superhelden, die in frühester Kindheit von dem mysteriösen Sir Reginald Hargreeves adoptiert worden sind. Viele Jahre danach hat sich die Familie allerdings entfremdet und wird erst durch ein tragisches Ereignis wieder zusammengebracht.

Diese Geschichte bildet den Einstieg in den Piloten Weltuntergangs-Suite. Der Band überzeugt mit seinem schwarzen Humor und tiefgründigen Charakteren. Zusätzlich weiß die Handlung zu gefallen, die viel mehr die Geschichte einer zerrissenen Familie als eine über Superhelden ist. Der Nachfolger Dallas konnte diese Glanzleistung nochmals toppen. Der Fokus des zweiten Bandes liegt auf dem Familienmitglied Nummer Fünf und dessen sehr turbulenter Lebensgeschichte. Stellenweise ist die Handlung noch durchgeknallter und brutaler als im ersten Band, ohne jedoch ins Niveaulose zu driften. Aufgrund des großen Spaßfaktors erhielt Dallas in unserem Check verdient die Bestnote.

Der dritte Band Hotel Oblivion liest sich im Vergleich zu den Vorläufern deutlich mehr wie eine klassische Superheldengeschichte mit der Ausgangslage Gut gegen Böse. Hier werden die Familienmitglieder mit den Geistern ihrer Vergangenheit als Superhelden konfrontiert, als sich auf einmal eine Vielzahl von Superschurken aus ihrem Gefängnis befreit. Auf der einen Seite ist das von Vorteil, da die Welt von The Umbrella Academy weiter ausgebaut wird. Auf der anderen Seite wird aufgrund der Masse an neuen Figuren aber auch die größte bisherige Stärke vernachlässigt: die tiefschürfenden und interessanten Charaktere.

Die Zeichnungen von Gabriel Bá sind in allen Bänden über jeglichen Zweifel erhaben. Der minimalistische, beinahe grobschlächtige Stil ist inzwischen ein unverkennbares Markenzeichen von The Umbrella Academy geworden. Bá versteht sich trotz scheinbar simpler Illustrationen auf die Schaffung herausragender Bildkompostionen voller Dynamik und Atmosphäre. Die Kolorierung fügt sich harmonisch in das visuelle Gesamtkonzept ein. Der vornehmliche Einsatz flacher Farben passt zur im Ansatz simplen Grundprämisse. Durch eine Vielzahl unterschiedlicher Farbtöne entsteht jedoch ein opulenter Augenschmaus.

Soweit unsere subjektive Liste der besten Graphic Novels 2019. Haben wir Bände vergessen, die auf jeden Fall aufgenommen gehören? Lasst es uns in den Kommentaren wissen! Ansonsten freuen wir uns bereits auf 2020 und viele weitere bildgewaltige und fesselnde Geschichten.

Artikelbilder:  © Panini Comics, © Splitter, © Cross Cult, © Carlsen, © stockart-graf|depositphotos.com

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