Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten

Auf der Jagd nach der Schatzkarte führt es Sugimoto und Asirpa an die Küste, wo sie unter den saisonalen Lachsfischern einen grausamen Mörder vermuten. Doch dieser hat sie bereits ins Visier genommen. Das rasante Goldsuchabenteuer geht in die nächste Runde.

Nachdem wir vor einer Weile den Manga Golden Kamuy vorgestellt haben, werfen wir nun einen Blick in den neuesten Band, der in Deutschland vor kurzem erschienen ist. Mit Band 5 liegt Deutschland noch 10 Bände hinter der offiziellen englischen Übersetzung zurück. In Japan ist man hingegen schon bei Band 21 angekommen. Dies als kleiner Fakt am Rande, der allerdings zeigt, wie stark die deutsche Übersetzung im internationalen Vergleich hinterher hinkt.

Dem zum Trotz präsentiert uns Manga Cult mit dem Werk aus der Feder von Satoru Noda eine rasante Fortsetzung der Geschichte, die nach anfänglich kleinen Schritten nun mehr Fahrt aufnimmt. Der Leser bekommt es mit neuen Gesichtern zu tun, aber auch mit der interessanten Weiterentwicklung von Figuren, die sich zuvor noch im Hintergrund aufhielten. Bühne frei für die Suche nach dem Gold.

Handlung

Die Geschichte setzt dort ein, wo Band 4 aufgehört hat. Auf der Suche nach einem weiteren Puzzlestück der Schatzkarte, die nur auf dem Rücken von 24 Sträflingen, die im ganzen Land verstreut sind, zu finden ist, machen unsere Helden in einem Fischerdorf an der Küste Hokkaidos Halt. Laut dem Wissen von Sugimotos und Asirpas neuem Begleiter Shiraishi, einem Ex-Sträfling und Ausbrecherkönig, soll genau hier, unter all den Fischern, ein gefährlicher Mörder namens Kazuo Henmi untergetaucht sein. Genau dieser Mörder hat sich an die Fersen von Sugimoto geheftet, während dieser realisieren muss, dass sich ausgerechnet die 7. Division ebenfalls in das Fischerdorf aufgemacht hat. Als wäre das nicht genug, ist unter ihnen auch der wahnsinnige Oberleutnant Tsurumi, der allem Anschein nach nicht nur wegen Kazuo Henmi ins Dorf gekommen ist. Ein Katz- und Mausspiel beginnt, an dessen Ende nur eine Seite an den begehrten Teil der Schatzkarte kommen kann.

Währenddessen erholt sich Tanigaki Genjirou weiter im Dorf von Asirpas Großmutter von seinen Verletzungen. Obwohl er eigentlich zur 7. Division zurückkehren muss, entschloss er sich dazu, etwas länger zu bleiben und seine Dankbarkeit für die liebevolle Umsorgung der Ainu mit Arbeit wieder zurückzuzahlen. Doch genau diese Abwesenheit hat zwei alte Bekannte aus der 7. Division auf den Plan gerufen. Ogata Hyakunosuke, ein Schütze, der im ersten Band hinter Sugimoto her und mittlerweile von seinen Wunden beim Sturz von einer Klippe genesen ist, hat sich mit dem bereits bekannten Kouhei Nikaidou zusammengetan. Man lernte ihn an der Seite seines Zwillingsbruders Youhei kennen, allerdings wurde dieser von Sugimoto in dessen Gefangenschaft bei der 7. Division getötet. Die beiden Soldaten haben sich auf die Jagd nach ihrem alten Freund gemacht, da sie ihn fälschlicherweise für den Tod der Kameraden verantwortlich machen, die mit ihm unterwegs waren. Dass sie eigentlich von einem Bären gerissen wurden, ist den beiden scheinbar unbekannt. Daraus resultiert eine schwierige Situation für Tanigaki, der diese Anschuldigungen zum einen nicht einfach stehen lassen will, aber zum anderen die Personen beschützen will, die ihn bei sich aufgenommen und gepflegt haben. 

Was fällt auf?

Man merkt, dass die Story in diesem Band dynamischer und schneller vorankommt als in den bisherigen und es kristallisiert sich die Wichtigkeit von Charakteren heraus, die zu Anfang nur als Nebencharaktere aufgetreten sind. Damit formt sich langsam ein breiteres Umfeld von möglichen Verbündeten und weiteren Gefahren, die womöglich noch einen stärkeren Einfluss auf den Verlauf der Goldjagd nehmen könnten.

Durch das Wiederkehren von Tanigaki setzt der Zeichner neben die eigentliche Geschichte um Asirpa und Sugimoto noch eine zeitgleiche Parallelgeschichte – ein Währenddessen zur Haupthandlung. Durch den Erzählstil überfordert dies nicht, sondern erscheint als gute Gelegenheit, auch mal den Fokus auf andere Figuren zu legen und die Gesamtgeschichte an verschiedenen Fronten zu erzählen. Denn man darf nicht vergessen, dass sich in Golden Kamuy verschiedene Parteien gegenüberstehen und miteinander interagieren. Sich einzig und allein auf die Goldsuche zu versteifen, wäre unrealistisch und würde wahrscheinlich zu sehr langweilen.

Zusätzlich zur eigentlichen Story etabliert Noda auch hier wieder eine Zugabe – ein paar zusätzliche Seiten, die eine Extraszene beinhalten und eine lustige Ergänzung zum Rest darstellen. Auch auf den Seiten, die die Kapitel voneinander trennen, nutzt der Zeichner den vorhandenen Platz für Bilder und Extrainformationen. So zum Beispiel in diesem Band unter anderem zur Vorstellung des Murata-Gewehrs, das Tanigaki benutzt oder des Wal-Tanzes der Ainu, witzig dargestellt von Asirpa, Sugimoto und Shiraishi.

Charaktere

Band 5 rückt einige alte Charaktere zurück in den Fokus der Story, sodass wir mehr über diejenigen Erfahrung bringen, die eben nicht das Hauptcharaktertrio aus Shiraishi, Asirpa und Sugimoto bilden. Wir erhalten sogar einen Parallelstrang um den Soldaten Tanigaki, der noch bis vor wenigen Bänden selbst hinter den tätowierten Sträflingen her war und eine Art Sinneswandel durchmacht. Auf der Suche nach einer Aufgabe hatte es ihn erst einmal zum Jäger Tetsuo Nihei geführt und nach dessen Tod nun in das Ainu-Dorf von Asirpa, in dem er Fürsorge und Nächstenliebe erhält. Trotz aller Gefahren setzt er lieber sein Leben aufs Spiel, als die Menschen des Dorfes in Gefahr zu bringen, was besonders in einer bestimmten Szene des Mangas zu Tränen rührt (Leider wäre es ein zu großer Spoiler, diese hier aufzuführen). Viele Leser, die ihn wohl am Anfang noch kritisch beäugt haben, werden in diesem Band nach und nach von Tanigakis Handlungen überrascht werden.

Besonders interessant ist jedoch das Wiederauftauchen von Ogata, der zuvor nur einen kurzen Auftritt in Band 1 hatte, als er nach einem Kampf gegen Sugimoto bei einem Klippensturz beinahe das Leben verloren hätte. Der Meisterschütze mit den Augen einer Raubkatze offenbart in diesem Band mehr von seinem Charakter, der trotzdem noch immer eine gewisse mysteriöse Aura beibehält. Ob er auch ein Interesse am Gold hat oder doch ein ganz anderes Ziel verfolgt?

Zeichenstil

Satoru Noda haucht mit seinem Zeichenstil dem Manga eine schöne Mischung aus Realität und Comic ein. Es erscheint immer wie eine Balance, die sowohl das kreative Design von typischen Shonen-Mangas (Mangas für junge Erwachsene, wie beispielsweise Naruto oder One Piece) als auch die Abbildungskraft von detaillierten Bildern für sich nutzt. Dabei verliert Noda niemals seinen eigenen Stil und schafft besonders dank abwechslungsreichem Charakterdesign und postkartenreifen Hintergründen eine lebendige Kulisse für die Story. Eine große Stärke des Zeichners ist die Kreation einer ganzen Palette unterschiedlicher Figuren, die sich niemals zu sehr ähneln, sondern immer ein individuelles Aussehen besitzen. Leider hat man bei anderen Mangas manchmal das Gefühl, dass ein Zeichner Figuren oft sehr ähnlich zeichnet, zum Beispiel mit gleichem Körperbau und Gesichtsproportionen, nur mit etwas anderen Gesichtszügen. Das wirkt nach einiger Zeit sehr monoton, was aber bei Golden Kamuy nie der Fall ist. Jede Narbe am Körper einer Figur erscheint als Hinweis auf dessen Geschichte und jeder Gesichtszug birgt neue Facetten der Persönlichkeit. Deshalb achtet man als Leser automatisch schon beim ersten Blick genau auf die Äußerlichkeiten und manchmal streut Noda kleine, lustige Hinweise ein, ob beim Charakter selbst oder im Hintergrund. Es lohnt sich also genau hinzuschauen und sich vollends auf die Zeichnungen einzulassen.

Erscheinungsbild

Die inhaltlichen Seiten in Golden Kamuy sind, bis auf eine Schmuckseite am Anfang, klassisch in schwarz-weiß gehalten. Dafür hat es ein äußeres Design, das wirklich ins Auge sticht. Wenn man das Buch in die Hand nimmt, fällt einem direkt die weiche und matte Haptik auf. Der Buchrücken ist glänzend und passt mit der Farbe perfekt in eine Reihe mit den vorherigen Bänden, während die Vorder- und Rückseite in einem matten Ton gehalten sind. Gepaart mit dem größeren Format des Mangas liegt das Buch beim Lesen sehr gut in der Hand. Positiv anzumerken sind die Balken innerhalb des Mangas, die die Bindung so von den Zeichnungen abtrennt, dass man nie den Manga komplett umknicken muss, um das gesamte Bild zu sehen. Tanigaki Genjirou ist dieses Mal Coverperson zusammen mit Tetsuo Nihei im Hintergrund, den man beim Umdrehen auf die Rückseite sieht. Legt man die vorherigen Mangas mit Band 5 zusammen, entsteht ein perfekt abgestimmtes Layout, was zur Story selbst wohl jedem Leser das Herz aufgehen lässt. Denn so ergibt sich, egal wie man sie ausstellt, ein schöner Anblick, den man im Regal bestaunen kann.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Manga Cult/Cross Cult
  • Zeichner(in): Satoru Noda
  • Erscheinungsjahr: 2020 (7. Mai)
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Taschenbuch
  • Seitenanzahl: 192
  • Preis: 10,00
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Man bekommt das Gefühl, dass Golden Kamuy zunehmend Fahrt aufnimmt und eine gute Mischung zwischen spannender Action und weiter aufbauender Story einnimmt. Gewürzt wird das Ganze durch den individuellen und abwechslungsreichen Zeichenstil von Satoru Noda, aus dessen Feder auch in diesem Band die Liebe zum Detail spricht. Neue und alte Charaktere geben sich die Klinke in die Hand und mehr als einmal muss man als Leser mit unvorhersehbaren Überraschungen rechnen, die die Augen förmlich an den Mangaseiten kleben lassen.

Die Jagd nach dem Gold erhält mehr Tiefe und neue Twists, verliert aber neben dem Ernst vieler Situationen niemals den Anspruch, den Leser auch mal zum Schmunzeln oder sogar Lachen zu bringen. Alles in allem ist Golden Kamuy 5 eine gelungene Fortsetzung der ersten 4 Bände, die Lust auf mehr macht.

Artikelbilder: ©  Cross Cult

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein