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Die Marvel-Neuerscheinungen haben es in sich: Die Guardians of the Galaxy formieren sich neu, Tonys Bruder Arno wird der neue Iron Man und Captain Marvel wird zum Schurken und bekämpft die Avengers. Während bei Iron Man Dan Slott die Reihe abschließt, übernimmt bei den Guardians Hulk-Autor Al Ewing die Schreibfeder.

Autor*innenwechsel sind bei Marvel an der Tagesordnung. Das ist oft damit verbunden, dass eine Reihe mit einer neuen Nummer 1 neu startet. Im Fall der Guardians of the Galaxy verweigert sich Panini diesem Trend und führt die Reihe mit der Nummer 3 weiter. Auch in Iron Man wird der Band Iron Man 2020 als Nummer 5 fortgeführt. Da danach aber ein Kreativteam-Wechsel ansteht, wird dies der letzte Band der Reihe sein. Aber genug der Zahlenspielereien. Captain Marvel taucht mit einem neuen düsteren Kostüm auf dem Cover auf. Sie legt sich hier mit allen Avengers-Teammitgliedern an. Bei den Guardians kommen mit Nova und Marvel Boy zwei Neuzugänge ins Team. Zusammen legen sie sich mit den griechischen Göttern an. Tony Stark hat derweil verkündet, dass er kein Mensch, sondern eine K.I. ist. So bekommt Arno Stark seine Chance, als neuer Iron Man die Welt zu retten – doch er gerät in Konflikt mit Machine Man und dem Aufstand der Roboter. Steht ihm seine Abneigung gegenüber K.I.s im Weg? Und welche Rolle spielt Tony Stark?

Captain Marvel #3 – Avengers-Jagd

Direkt die erste Szene des Comics ist der epische Kampf zwischen Thor und Captain Marvel. Wie konnte es soweit kommen? Wie wurde Carol eine Schurkin? Steht sie unter Einfluss oder wird sie von jemandem dazu gezwungen? Im Kern kann man hier sehen, wie sie einen der Held*innen nach dem nächsten ausschaltet. Die Actionszenen sind dabei kreativ und abwechslungsreich. Zum Schluss gibt es einen großen Endkampf, der hier aber nicht verraten werden soll.

Es wird relativ schnell klar, dass die Handlung noch eine weitere Ebene hat, wodurch der Spannungsbogen wird zum Ende des Bandes geknüpft wird. So bleiben zwar die Sympathien auf der Seite der Titelheldin, aber die Kämpfe gegen ihre Kolleg*innen verlieren an Bedeutung. Das hätte man eventuell geschickter lösen können.

Die Story selbst ist ein i-Tüpfelchen, das den Band über die Durchschnittskost hebt, die es bei Marvel nur zu oft zu lesen gibt. Ein paar zusätzliche Wendungen hätten der Geschichte aber gutgetan. So startet die Erzählung zwar senkrecht, flacht dann aber etwas schnell wieder ab, nur um dann eine ordentliche Landung hinzulegen.

Gute Geschichte, die man ohne Vorbereitung lesen kann

Die Story steht für sich und ist in sich geschlossen. Die Kenntnis von Der Tod der Inhumans erhöht zwar den Reiz, kann aber auch dazu führen, dass man das Spiel allzu schnell durchschaut. Charakterentwicklung findet keine statt. Dafür hat aber jeder der Avengers seinen ganz eigenen Stil, was dazu beiträgt, dass der Band so abwechslungsreich ist.

Die Bilder haben etwas Wildes und Zackiges, wodurch die Actionszenen besonders gut zur Geltung kommen. Die Anatomie von sehr muskulösen Figuren wie Thor und She-Hulk wirkt dabei etwas unnatürlich, aber das macht nicht viel. Es unterstreicht deren Wucht und Gefahr.

Ich möchte gar nicht zu viele Worte über diesen Comic verlieren, denn er macht wirklich Spaß beim Lesen. Dies ist Action vom Feinsten, kombiniert mit einem moralischen Dilemma für die Heldin. Die Höchstwertung vergebe ich aber nicht, da mir die Handlung dazu insgesamt zu flach erscheint und der Spannungsbogen besser funktionieren könnte. Dennoch möchte ich mehr davon und würde mich freuen, wenn die nächsten Captain Marvel-Comics eine ähnliche Wucht entfalten wie dieser.

Die harten Fakten

  • Autorin: Kelly Thompson
  • Zeichner: Lee Garbett
  • Seitenanzahl: 124
  • Preis: 15 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Guardians of the Galaxy #3 – Götter im Weltall

Nach dem letzten Abenteuer haben sich die Guardians auf Halfworld, der Heimat von Rocket Raccoon, eingefunden und genießen die gemeinsame Zeit. Doch eine Gefahr taucht auf, welche die Existenz der utopischen Kree bedroht: wiedergeborene Götter der griechischen Antike. Nova bittet daher die Guardians um ihre Unterstützung und der Kree Noh-Varr aka Marvel Boy kommt auch dazu. Und wie sollte es anders sein: Wo die griechischen Götter wüten, ist auch Hercules nicht weit.

Uns wird hier ein wilder Tripp voll spannender Wendungen präsentiert, bei dem die Charaktere eindeutig im Fokus stehen. Der Marvel-Experte Al Ewing greift hier wieder etliche alte Geschichten auf, die er zu etwas Neuem verarbeitet. Sie wird Star-Lords mittlerweile gestrichene Ursprungsgeschichte aus den 70ern wieder aufgegriffen, wenn auch bisher nur in seinen Träumen. Und es wird geklärt, was mit Moondragon aus dem Hauptuniversum passiert ist, während eine perfekte Heather aus einem alternativen Universum ihre Rolle bei den Guardians übernommen hat. Auch Drax‘ seltsame Wiedergeburt bleibt nicht unerwähnt.

Ein paar der Figuren, wie Groot oder Phyla-Vell, bleiben noch im Hintergrund, aber das Team ist auch zu groß, um allen den gleichen Raum zu geben. Die Handlung entspinnt sich auf so geschickte Weise, dass man nur hoffen kann, dass noch viele weitere Ausgaben folgen, in der dann auch die anderen Figuren ihren Fokus bekommen.

Anflüge von Genialität

Zu welchen Höchstleistungen dieser Comic kommen kann, sieht man am letzten Kapitel des Comics, in dem die beiden Versionen von Moondragon aufeinandertreffen. Das ist sowohl in seinem Spannungsaufbau, seiner Figurenkonstellation, wie auch zeichnerisch nah an der Perfektion. Mit großen sich überlappenden Kreisen werden verschiedene Ebenen der Geschichte übereinander gelagert und zu einem großen neuen Bild vermengt.

Würde der Teil davor dieselbe Genialität besitzen, wäre hier locker eine Topwertung drin. Doch dieser schwächelt. Das liegt vor allem an den schwachen Antagonisten. Diese wiedergeborenen griechischen Götter haben keine wirkliche Agenda und wirken auch sonst nicht sehr originell. Die Actionszenen beschränken sich auf Faustschläge und Energieblitze. Der Humor macht zwar auch diese Szenen unterhaltsam, doch wirkt das Ganze noch etwas unrund.

Wie schon in der Hulk-Reihe werde ich nicht direkt warm mit Al Ewings Erzählstil. Es scheint, als ob er ein wenig braucht, um seine Figuren dort zu haben, wo er komfortabel Handlungsfäden spinnen kann. Erst wenn unzählige Handlungen verknüpft sind, kann sich die Erzählung entfalten. Durch das Moondragon-Kapitel bin ich guter Dinge, dass hier etwas ähnliches passieren wird. Mittlerweile bezeichne ich seine Hulk-Comics als die besten, die momentan bei Marvel im Programm sind.

Man darf gespannt sein, wie es weitergeht. Auch ohne Höchstwertung ist diese Rezension eine Kaufempfehlung für alle Freunde schräger Weltraumunterhaltung mit interessanten Figuren, die auch emotional überzeugen können.

Die harten Fakten

  • Autoren: Al Ewing
  • Zeichner: Juann Cabal
  • Seitenanzahl: 124
  • Preis: 15 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Tony Stark: Iron Man – Iron Man 2020

Tony stark war tot. Doch er kehrte zurück. Im letzten Band verkündete er, dass er kein Mensch sei, sondern eine künstliche Intelligenz. Eine Kopie des Originals. Seine Firma wurde derweil von Baintronics übernommen. Tonys Bruder Arno fliegt als neuer Iron Man durch die Stadt und arbeitet mit Sunset Bain Er glaubt, dass er sein ganzes Leben nur darauf vorbereitet wurde, die Welt vor der Singularität zu beschützen, einem Galactus-ähnlichen Verschlinger, der die ganze Erde zerstören wird. Nur wenn sämtliche Roboter und K.I.s unter seiner Führung gegen die Singularität vorgehen, kann diese aufgehalten werden.

Im Untergrund arbeitet Machine Man gegen Sunset Bain und die totale Unterwerfung der Roboter. Doch die wahre Spitze dieser Roboter-Revolution ist Tony Stark, der sich nun nur noch Mark One nennt und seine eigene Menschlichkeit abstreitet. Sie wollen gegen die Unterdrückung vorgehen und fordern ihre Rechte ein. Dabei sind sie rigoros und nehmen auch Kollateralschaden in Kauf. Zu ihren Glaubenssätzen gehört auch, dass die Singularität nur eine Einbildung von Arno sei und Baintronics daran arbeite, den freien Wil-len aller K.I.s zu unterbinden. Ob das stimmt, soll hier nicht verraten werden.

Man sieht im Aufbau der Geschichte verhärtete Fronten. Dies könnte ein wirklich spannendes Szenario sein. Vor kurzem hat das bei Ghost Rider wunderbar geklappt: zwei Helden mit unterschiedlichen Interessen, bei denen nicht ganz klar ist, wer nun im Recht liegt. Sympathien wechseln im Laufe des Bandes und der*die Leser*in ist hin und hergerissen, wohin die Reise gehen wird. Doch in diesem Comic ist das leider ganz anders.

Keine Figur handelt nachvollziehbar

Recht schnell ist klar, dass Arno Stark kein Sympathieträger ist. Zu krass geht er gegen die Roboter-Rebellion vor und arbeitet mit der Schurkin Sunset Bain zusammen, um beispielsweise Jocasta zu unterdrücken. Sein Plan zur Weltrettung steigt ihm zu Kopf. Tony Stark auf der anderen Seite will gar nicht zuhören und schaut auch nur auf seine persönlichen Ziele. Dabei ist er fest davon überzeugt, nichts mit seiner früheren Inkarnation zu tun zu haben. Das wirkt verdammt erzwungen und wird in diesem Band nicht zufriedenstellend aufgelöst.

Die Zeichnungen sind wirklich gut und wirken sehr plastisch. Dennoch fühlen sie sich an wie aus der Zeit gefallen. Und das betrifft nicht nur auf die Bilder: Dieser Comic hätte genauso vor 15 Jahren erscheinen können und es wäre niemandem aufgefallen. Der Titel Iron Man 2020 bezieht sich auf eine Reihe aus den 80ern, in denen zum ersten Mal ein Arno Stark erwähnt wurde. Die moderne Version dieser Figur wurde in Iron Man – Stadt der Zukunft eingeführt. Doch all dies ist in diesem Band nur reproduziert, ohne ihm wirklich etwas Spannendes hinzuzufügen.

Die Idee des Comics ist dabei gar nicht mal schlecht, doch bei der Umsetzung hapert es an allen Ecken und Enden. Charakterentwicklung geschieht zwischen den Panels, Wendungen erscheinen ohne Aufbau und der ganze Konflikt ist an den Haaren herbeigezogen. Und dazu kommen einige Logikfehler, die das Erlebnis ganz und gar erschweren.

Ich hätte diesen Band zu gerne gemocht, doch ich konnte zu oft nur den Kopf schütteln. Hier hätten Geschichten über den freien Willen, über künstliche Intelligenz, dem Konflikt zwischen Brüdern und über Fanatismus erzählt werden können, aber dazu ist die Handlung zu unausgereift. Für einen reinen Unterhaltungscomic fehlt es an klaren Konflikten und einem adäquaten Spannungsaufbau. So bleibt leider nur ein Comic, bei dem ich froh bin, dass er nun zu Ende ist.

Die harten Fakten

  • Autoren: Dan Slott, Christos Gage
  • Zeichner: Pete Woods
  • Seitenanzahl: 140
  • Preis: 17 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Panini-Comics, Amazon, idealo

 

Fazit des Monats

Captain Marvel hat diesen Monat einen sehr guten Band hingelegt, der aber auch nicht viel mehr ist als ein Gekloppe zwischen Held*innen. Das neue Kreativteam bei den Guardians legt einen guten Neustart hin, der aber sich aber erst noch ein wenig einfinden muss. Wenn das aber so famos gelingt wie bei Hulk, dann bin ich auch hier guter Dinge. Beide Bände bekommen eine Kaufempfehlung für Marvel-Fans. Bei Iron Man bin ich froh, dass dies der letzte Band von Dan Slott war. Seine Reihe hat mir nicht gefallen. Das kann nur besser werden. Ab Juni wird es Iron Man: Der Eiserne #1 auf Deutsch geben. Darauf kann man sich jetzt schon freuen.

 

Artikelbilder: © Panini Comics
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Alexa Kasparek
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

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