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Die Community des vielfach ausgezeichneten Doom-Metal Dungeon-Crawlers Mörk Borg ist außerordentlich lebendig. Im Rahmen des Programms Mörk Borg Cult werden Inhalte der Fans von den Autoren lektoriert und gelayoutet. Mörk Borg Feretory ist die erste offizielle Publikation, die in diesem Rahmen entstand und das Grundspiel auf gelungene Weise erweitert.

„Death, devilry and strange, forbidden knowledge“ das verspricht der jüngst erschiene Band Mörk Borg Feretory (Feretory bedeutet auf Deutsch so viel wie Reliquienschrein). Das liebevoll gelayoutete Heft steckt voll interessanter Zusatzmaterialien zum Grundspiel. Das Besondere daran: Bis auf wenige Ausnahmen wurden diese Inhalte von kreativen Spieler*innen selbst beigesteuert. Im Rahmen des Programms Mörk Borg Cult, das Fans zur Beteiligung einlädt, wurden diese von den Autoren Pelle Nilsson und Johann Nohr mit einem für das System typischen, liebevoll-düsteren Layout versehen. So bietet das kleine, gelbe Heft nicht nur eine Menge Anregungen, Hintergrundmaterialen, zwei Abenteuer und vier neue Klassen, sondern ist – ebenso wie das Grundregelwerk – auch ein Augenschmaus für all diejenigen, die vom Düsteren und Korrumpierten fasziniert sind. In diesem Artikel möchte ich einen Überblick darüber geben, was die erste Publikation des Mörk Borg Cults zu bieten hat.

Inhalt

Jagen, Töten, Essen – Spielhilfen und Anregungen

Feretory bietet insgesamt acht Spielhilfen bzw. Zusatzmaterialien, die vorrangig dabei helfen, das Spiel zu bereichern und die öden, dem Untergang geweihten Lande auszuschmücken. Sollte die SL entscheidungsmüde sein, kann – wie auch im Grundregelwerk – alles ausgewürfelt werden.

Zunächst wäre da der „Monster Generator“, der es ermöglicht, ein Monster auszuwürfeln. Wie sieht die widerwärtige Kreatur aus? Welche Werte hat sie? Was ist ihr Ziel und welches sind ihre Grundeigenschaften. Einige zufällige Würfe ergeben z. B. Folgendes (aus dem Englischen übersetzt): Es nähert sich eine Kreatur, die offensichtlich einst ein Mensch war. Ihr Körper ist von langen Stacheln durchsetzt, mit denen sie alles aufspießen kann. Sie absorbiert alle Geräusche um sich herum und wandelt somit in unheimlicher Totenstille. Das Ziel des Wesens ist, eins mit einer anderen Kreatur zu werden. Dabei bewegt sie sich entsetzlich schnell.

Roads to Damnation

Die Spielhilfe „Roads to Damnation“ bietet einen Überblick darüber, wie lange die Reisen zwischen verschiedenen Orten der Spielwelt dauern. Zudem können der Zustand der Straße, Zufallsbegegnungen und -ereignisse ausgewürfelt werden. Beispielsweise reist die Gruppe auf einer heillos verfallenen Handelsstraße, als das Wetter umschlägt und Grabeskälte über sie hereinbricht. Als sie die Straße verlassen, stoßen sie nach einem halben Tag auf den von Flechten überwachsenen Tempel eines vormenschlichen Gottes. Vielleicht werden sie auch vom „Schwarzen Salz“ („The Black Salt“) überrascht, einem im wahrsten Sinne des Wortes ätzenden Wetterphänomen, das auch schon mal das Fleisch von den Knochen frisst.

Wenn die Truppe auf der Reise Hunger hat und auf die Jagd geht, hilft hier „Eat Prey Kill“.

Eat Prey Kill – Die Monster des Friedhofs Graven Tosk

Je nach Landstrich werden diverse (meist wenig appetitliche) Kreaturen vorgestellt. Ebenso kann ausgewürfelt werden, was bei der Jagd schiefgehen kann und was man im Magen der Beute findet: Auf dem Friedhof „Graven Tosk“ könnten die Charaktere auf eine „Meatroach“ stoßen, eine delikate, aber giftige Riesenschabe. Leider stellt sich heraus, dass sie untot ist und von einem irren Nekromanten kontrolliert wird.

Die Tabellen „d100 Items and Trinkets“ und „The Tenebrous Reliquary“ bieten neue Gegenstände, die gefunden werden können, wie Daumenschrauben, eine Flasche mit rotem Gift, die Zunge eines Tyrannen oder den Kessel der Lügen. Diese Dinge sind entweder vollkommen unbrauchbar oder aber nützlich, dafür fast samt und sonders gefährlich. Neu sind auch die „Tablets of Ochre Obscurity“, die Zugang zu besonders mächtigen Zaubern gewähren, auch wenn diese – wie alle Zauber – natürlich fehlschlagen können.

The Tenebrous Reliquary – Plunder und Gefährliches

Mit „The Grey Galth Inn“ kann man Essensangebot und Gastwirt*in einer heruntergekommenen Taverne auswürfeln. Außerdem wird ein Würfelspiel vorgeschlagen (ebenso wie die wenig vertrauenserweckenden Mitspieler*innen). Was kann es wohl Schöneres geben, als eine schwarze Suppe mit gebackenem Schweinekopf zu essen, während man von dem*der Wirt*in (mit Hakenhand) erfährt, dass vor Kurzem eine gefährliche Räuberbande wiedererweckt wurde.

Es handelt sich hierbei wohlgemerkt samt und sonders um Material, das nicht unbedingt notwendig ist, aber helfen kann, die Spielwelt jenseits des bloßen Dungeon-Crawls lebendiger zu gestalten. Das Auswürfeln bringt auch stets die Gefahr mit sich, dass sich unter Umständen kuriose Kombinationen oder unpassende Situationen ergeben.

Dunkle Kulte und widerliche Goblins – Zwei Abenteuer

Illustration zu „The Death Ziggurat“

Mit „The Death Ziggurat“ und „The Goblin Grinder“ gibt Feretory der Spielleitung zwei von Fans verfasste Abenteuer an die Hand. Hinzu kommt als Beigabe das sehr simple Solo-Abenteuer „Dark Fort“, mit dazugehörigen Charakterblättern, bei dem man sich als Abenteurer*in mit dem Namen Kargunt durch eine dunkle Festung voller Monster und Fallen kämpft.

In „The Death Ziggurat“ machen sich die Charaktere im Auftrag einiger Mönche auf denWeg, um den Dämonen Akünh zu besiegen und zu verhindern, dass sich dessen Einfluss auf die ohnehin schon sterbende Welt ausbreitet. Dabei stößt man in einer unheiligen Paralleldimension nicht nur auf eben jenen Dämonen, sondern auch auf dessen verfaulende Priester*innen.

„The Goblin Grinder“ bietet die Möglichkeit, die Straßen der Stadt Galgenbeck von einer unerfreulichen und infektiösen Goblin-Plage zu reinigen. Dabei erhält man ‚Hilfe‘ vom Alchemisten Nagel Krat, der allerdings ganz eigene Pläne verfolgt. Beide Abenteuer bieten dabei alle notwenigen Informationen, um sofort loslegen zu können.

Verlorenen Seelen – Neue Klassen

Illustration zu „The Goblin Grinder“

Feretory bereichert das Grundspiel mit vier neuen Charakterklassen, die wie im Grundbuch auf je einer Seite zusammengefasst sind:

  • „The Cursed Skinwalker“, mit der Fähigkeit die Gestalt zu wandeln und viele Tierformenanzunehmen
  • „The Pale One“, eine außerweltliche Wesenheit mit seltsamen Fähigkeiten
  • „The Dead God’s Prophet“, von der beeindruckenden Präsenz eines sterbenden Gottes erfüllt
  • „The Forlon Philosopher“, dessen Verstand an der korrumpierten Welt zerbrach

 

Leider fällt es schwer, die relativ vagen Klassen präziser zusammenzufassen, da deren spielerische und regeltechnische Eigenheiten – vielleicht mit Ausnahme des Gestaltwandlers – nicht sehr deutlich werden.

Erscheinungsbild

Eine Charakterklasse – „Cursed Skinwalker“

Das kleine Heft, dessen Umschlag im Gelb des Grundregelwerks gehalten ist, wirkt – ohne glänzenden oder kartonierten Einband – bewusst „undergroundig“ bzw. wie eine inoffizielle Publikation. Vom Cover starrt dem Betrachter ein gehörnter Schädel mit glitzernden Augen (im Print) entgegen. Der Schriftsatz und die aufwendigen und liebevollen Illustrationen erinnern an die Ästhetik von Doom-, Black- und Death-Metal-Alben. Ganz allgemein lässt sich über das Erscheinungsbild von Mörk Bork Feretory das Gleiche sagen wie über das der Grundregeln, und es verdient ebenso viel Lob. Nachdem man sich mittlerweile bereits an die Art des Layouts gewöhnen konnte, ist auch die Übersichtlichkeit keinerlei Problem mehr, und man findet sich schnell zurecht. Durch recht kleine Schrift, Nutzung der Umschlag-Innenseiten und der Rückseite des Heftes, wird trotz aufwendiger Bebilderung kein Platz „verschwendet“.

Auf der Innenseite des vorderen Umschlags befindet sich ein Inhaltsverzeichnis. Die Zusatzinhalte wechseln sich mit den beiden Abenteuern ab. Ganz am Ende des Regelwerkes sind die vier neuen Klassen zu finden. Die Orientierung im Regelwerk ist somit einfach und problemlos möglich. Zur Verwendung der Erweiterung wird das Grundregelwerk benötigt, da bisweilen Tabellen referenziert werden.

Cover Feretory

Die harten Fakten:

  • Verlag: Ockult Örtmästere Games & Stockhol Kartell/ Free League Publishing
  • Autoren: Pelle Nilsson (text and game design), Johan Nohr (graphic design and art) et al.
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Sprache: Englisch
  • Format: Softcover/Heftbindung (DIN A5) (inkl. PDF)
  • Seitenanzahl: 62
  • ISBN: 978-91-89143-07-4
  • Preis: 17,02 EUR (inkl. PDF), 8,24 EUR (PDF)
  • Bezugsquelle: Fachhandel, DriveThruRPG

 

Bonus/Downloadcontent

Einige der in Feretory enthaltenen Materialien lassen sich auf der Homepage von Mörk Borg kostenlos herunterladen.

Fazit

Mörk Borg Feretory vereint einige der besonders herausragenden Fan-Ideen und einige neue Ideen der Autoren in einem schön aufbereiteten kleinen Band. Dabei sind sowohl Abenteuer als auch Hintergrundinformationen eine hübsche Bereicherung zum Grundspiel. Ein Must-Have ist das Buch auf rein inhaltlicher Ebene dabei nicht. Die neuen Klassen wirken – bis auf den „Cursed Skinwalker“ – wenig konkret und eher beliebig. Das Buch an sich ist indes wiederum schön aufbereitet und stellt somit ebenso wie das Grundregelwerk ein visuelles Kleinod im Rollenspielregal dar.

Zusammengefasst kann Feretory also all denjenigen empfohlen werden, die Fans des Systems sind. Diese werden große Freude bei der Lektüre der Ideen haben und Anregungen daraus ziehen, wie man den armen Verdammten, die die Charaktere sind, das Leben noch schwerer machen kann.

 

Artikelbilder: ©Ockult Örtmästare Games & Stockholm Kartell
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Christin Grigowski

 

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