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Neben Damien und dem Hadal-Projekt ist Ein Sommernachtstraum ein weiteres Abenteuer des blauen Zyklus der TIME-Agency. Es führt uns in eine Welt voller Fabelwesen und Gefahren. Wir haben unsere Mission vergessen, wissen nicht mehr, warum wir hier sind. Werden wir es herausfinden oder uns in dieser mystischen Welt verlieren?

Wir erwachen auf grünem, weichem Moos gebettet. Über uns stehen die Sterne am Nachthimmel und vor uns fließt ein stiller Fluss. Überall sind Bäume und Sträucher. Sind wir in einem Wald? Wundersame kleine Wesen fliegen glitzernd und funkelnd um uns herum. Am anderen Ufer tanzen Schemen um ein Feuer zu leiser Musik. Es herrscht eine Idylle, die kaum vorstellbar scheint. Wir richten uns auf und bemerken die Weinkelche in unseren Händen, in denen noch ein Rest roter Flüssigkeit umherschwappt. Wann haben wir das getrunken? Hinter einem Stein vor uns, direkt am Fluss, taucht plötzlich eine eigenartige Kreatur auf und schaut uns grinsend an. Kann das denn wahr sein? Es ist Robin Gutfreund, Puck, der Hofnarr Oberons! Langsam dämmert uns, was dies für eine Welt ist. Doch warum wissen wir nicht mehr, warum wir hier sind? Puck wendet sich uns zu und klärt uns auf: Der Wein habe uns all die schönen Erinnerungen genommen. Wie nur bekommen wir diese wieder?

Ein Sommernachtstraum ist ein weiteres Abenteuer aus dem blauen Zyklus der TIME Stories. Nachdem wir uns im Hadal-Projekt in die Tiefen der Ozeane begaben und uns mit Avataren anlegten, befinden wir uns hier in der Welt des guten alten Shakespeares, in welcher uns Titania höchstselbst die erste Aufgabe erteilt. In bisherigen Abenteuern wussten wir stets, was unser Ziel, unsere Mission ist, in diesem jedoch nicht. Wir wurden verzaubert und müssen zuerst Titanias Wünschen nachkommen und mit Oberon verhandeln, bevor sie den Zauber von uns nimmt und wir uns der eigentlichen Mission zuwenden können. Verflixt noch eins! Wir sind auf die Hinweise und Informationen der hier beheimateten Kreaturen angewiesen, die stets nur in Reimen zu uns sprechen. Können wir denen immer zu 100 Prozent vertrauen?

Ein weiteres Abenteuer der Agency führt uns in eine wilde Fantasiewelt voller wundersamer Begegnungen.

Wie bereits alle anderen Szenarien beider Zyklen, ist auch dieses vollkooperativ.

Für diese Mission haben wir erstmalig die Experience-Erweiterung (XP) mit aufgenommen, welche die verschiedenen Abenteuer zu einer Kampagne verbindet. Doch dazu später mehr.

Freuen wir uns auf eine magisch-mystische Welt voller eigentümlicher, teils bekannter Gestalten, wundersamer Wesen sowie gruseliger und gefährlicher Gegner. Wenn Realität zu Illusion wird und wir das Wahre vom Falschen trennen müssen, um am Ende Zeit, Raum und Dimensionen zu retten, dann befinden wir uns in einem weiteren Abenteuer der TIME-Agency.

So tauchen wir ein in ein Paralleluniversum im Jahre 4951.

Spielablauf

Der gesamte Spielaufbau sowie der Ablauf sind nahezu identisch mit dem des Hadal-Projekts. Es gibt ein paar kleine inhaltliche Veränderungen, die aber nicht ins Gewicht fallen. Beispielsweise gibt es anstatt Gold nun Magie als Ressource, der Umgang hiermit ist aber der gleiche.

Schaut gern in den vorherigen Artikel, um euch ein Bild über den Ablauf und die Unterschiede zwischen dem weißen und dem blauen Zyklus zu machen.

Ausstattung

In diesem Abenteuer stehen uns diese vier Wesen aus Sagen und Legenden als Charaktere zur Auswahl.

TIME Stories Revolution: Ein Sommernachtstraum kommt mit weniger Material aus als der Vorgänger. Für unsere Mission stehen uns insgesamt 227 Karten zur Verfügung, welche nicht zwangsläufig alle im Spiel benutzt werden. Es gibt kein Spielbrett und anstelle der Würfel treten die sogenannten Schicksalskarten. Diese reduzieren die Zufälligkeit von Proben und machen unsere Handlungen somit planbarer.

Neben der Anleitung enthält die Box noch ein Stanztableau aus Pappe und Kunststoffsteinchen.

Alle Materialien sind hochwertig, die Verpackung klein und handlich. Das Artwork der Karten ist sehr detailreich und schön anzusehen. Die für die Story wichtigen Details sind gut zu erkennen, ohne dabei gezielt in den Vordergrund gehoben zu werden. Die Plättchen lassen sich leicht aus dem Tableau stanzen, ohne dabei beschädigt zu werden.

Das Regelheft

Jede Mission des blauen Zyklus hat ein eigenes Regelheft, welches immer gleich aufgebaut ist, sich aber am Artwork und Inhalt der Mission orientiert.

Nach einer kurzen Einleitung folgt bereits eine ganze Seite, welche den Aufbau der Wirtskarten beschreibt. Danach folgen der Spielaufbau und die Erklärung der einzelnen Phasen. Insgesamt ist alles gut strukturiert, folgt einem roten Faden und ist leicht nachzuvollziehen. Werden Begriffe verwendet, die zuvor noch nicht genau erklärt wurden, ist eine Seitenzahl angefügt, auf welcher diese definiert werden. Es wurden zudem viele Bilder zur Veranschaulichung verwendet, auf denen für die Geschichte relevante Elemente zensiert wurden, sodass es keine Spoiler gibt.

Sehr schön ist auch das Glossar am Ende der Anleitung. Alle relevanten Begriffe werden hier in Kürze erläutert und teilweise wird ebenfalls auf die zugehörige Seite verwiesen.

Die gesamte Anleitung liest sich wie eine Art Vorschrift oder Protokoll, das von der Agency für uns erstellt wurde. Das bringt uns bereits bei den Vorbereitungen in die richtige Stimmung.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Space Cowboys, Asmodee
  • Autor*in(nen): Manuel Rozoy
  • Erscheinungsjahr: 2020 (deutsche und englische Ausgabe)
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: ab 90 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: (1) (2) 3 4
  • Alter: 12+
  • Preis: 28 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit Ein Sommernachtstraum

Wie das Hadal-Projekt gefällt auch diese Mission sehr gut. Sowohl an den Mechaniken als auch am Artwork oder dem Material haben wir nichts auszusetzen. In diesem Setting tauchen verschiedenste Charaktere aus der Komödie von Shakespeare auf, mit denen wir interagieren. Es gibt den verzauberten Wald, den Riesen an der Brücke und viele weitere fantastische Dinge. Fast alle Wesen sprechen in Reimen zu uns, was das Gefühl, sich zur Gänze im Werk des Schriftstellers zu befinden, noch verstärkt. Dabei spielen wir jedoch nicht etwa das Stück nach, auch andere Gestalten aus weiteren Geschichten tauchen auf und sorgen für Freude am Tisch.

Für Freunde und Liebhaber der High- und Low-Fantasy ist es ein durchaus gelungenes Erlebnis und eine spannende Geschichte mit einem überraschenden Ende.

Durch die, im Vergleich zum weißen Zyklus, besseren Mechaniken ist der Spielfluss konstant, ein Spannungsbogen wird aufgebaut und wieder glänzt das Spiel mit hervorragenden Wendungen und Schlüsselmomenten.

Dadurch, dass der Inhalt der Anleitung in jeder Mission nahezu gleich ist, kommt man schnell ins Spiel hinein, ohne sich weitere Regeln durchlesen zu müssen.

Der einzige Kritikpunkt ist und bleibt aber, dass es nur einmal spielbar ist. Zwar wird kein Material zerstört, allerdings besticht das Spiel durch Rätsel und die Unvorhersehbarkeit von Ereignissen. Wenn man diese bereits kennt und weiß, was wichtig ist und was nicht, ist es kein besonderes Erlebnis mehr. Zudem ist gerade vieles darauf ausgelegt, sich Notizen und Kreuze auf seinen Spielmaterialien zu machen.

Alles in allem ist es aber ein durchweg schönes Spiel, welches Köpfchen erfordert, nicht langweilig wird, immer wieder spannende Wendungen bereithält und viel Spaß bereitet.

  • Tolles Setting mit bekannten Inhalten
  • Von anderen Missionen unabhängig
  • Gut funktionierende Mechaniken
 

  • Nur einmal spielbar

 

Die Experience-Erweiterung (XP)

TIME Stories Revolution: Experience (XP) spielt nach den Geschehnissen des weißen Zyklus und setzt an dessen Ende an. Mit dieser Erweiterung haben wir die indirekte Möglichkeit, eine neue Agency aufzubauen. Bis zu vier Charaktere stellen hierbei die Hauptakteur*innen dieser kleinen Revolution dar und entwickeln sich von Mission zu Mission weiter.

Die Experience-Erweiterung verbindet alle Szenarien des blauen Zyklus miteinander.

Es gibt keinen besonderen Spielaufbau oder gar ein Spielbrett. Die Erweiterung agiert hauptsächlich vor und nach dem eigentlichen Szenario und gibt uns als Agent*innen erstmalig richtige Substanz. Sie dient dazu, unsere Charaktere weiterzuentwickeln und nimmt somit indirekt Einfluss auf unsere Wirte. Waren wir vorher irgendwelche gesichtslosen Menschen, die sich die Körper von anderen Figuren der Zeitlinien als Hüllen genommen haben, so erhalten wir nun einen Namen, einen eigenen Körper und persönliche Eigenschaften. Dies alles wird auf einem Charakterbogen und mit einer kurzen Vorgeschichte festgehalten und bringt erstmals Licht in die vorherige Undurchsichtigkeit der Agency.

Vor einer Mission werden die Agent*innen entsprechend gewählt und ausgerüstet. Wir entscheiden als Gruppe, welcher Charakter welche der eigenen Fertigkeiten in die Mission mitnimmt. Bei vier Spielenden kann jede*r bis zu zwei Fertigkeiten auswählen. Hierbei blockieren nicht behandelte Traumata aus vorherigen Missionen allerdings deren Plätze. Diese Traumata sollten also, wenn möglich, behandelt werden. Sobald alle die entsprechenden Fertigkeiten ausgewählt haben, wird die Box beiseitegelegt und die Mission kann beginnen.

Die Missionsrückkehr hingegen folgt nach der eigentlichen Mission und besteht aus vier Phasen, wovon die ersten beiden als Gruppe abgehandelt werden.

Die erste Phase wird durchgeführt, falls wir auf unserer Mission Rekrut*innen gefunden haben. Diese werden nun passiv in die Agency transferiert und sind für spätere Phasen und deren Inhalte hilfreich.

In der zweiten Phase stellen wir uns verschiedenen Bedrohungen. Die neue Agency befindet sich in einer Zeitblase und wird dadurch vom Rest der Welt abgeschirmt. Dennoch lauern von außen wie auch von innen verschiedene Gefahren, die das Reisen durch die Zeit mit sich bringt. Diesen Bedrohungen müssen wir uns nun stellen. Hierzu decken wir eine der Bedrohungskarten auf, führen den Effekt aus oder handeln ein sogenanntes Risiko ab, welches immer eine Probe erfordert. Bestehen wir diese Probe nicht, erleiden wir Traumata und erschweren die nachfolgende Missionsrückkehr.

Haben wir die ersten zwei Phasen als Gruppe hinter uns gebracht, folgt nun die persönliche Entwicklung der Charaktere. Wir können entweder neue Fertigkeiten erlernen oder unsere Traumata behandeln.

Haben wir dies erledigt, folgt die letzte Phase der Missionsrückkehr und somit in gewisser Weise das Herzstück der Erweiterung: die umfassende Rahmenhandlung zwischen den einzelnen Szenarien. Spielen wir mit der Erweiterung, besteht TIME Stories nämlich nicht nur aus unabhängigen Einzelgeschichten, denn sie enthält sogenannte Chronologie-Karten. Diese haben Nummern und einen QR-Code sowie verschiedenfarbige Kreise aufgedruckt. Um keinerlei Hintergrundhandlung mehr zu verpassen, nehmen wir uns am Ende die Chronologie-Karte, die der gerade gespielten Mission entspricht. Hierbei ist es ganz egal, in welcher Reihenfolge wir die Missionen gespielt haben. Unsere erste Mission bekommt die Nummer eins, die zweite die Nummer zwei und so weiter. Je nach aktuellem Bedrohungsgrad, kreuzen wir den entsprechend farbigen Kreis an und scannen den QR-Code. Wir werden auf eine Internetseite geführt, auf welcher ein umfassender Text steht. Diesen lesen wir gemeinsam und folgen dessen Anweisungen, welche Auswirkungen auf nachfolgende Spielrunden haben können.

Am Ende werden alle Materialien in die Schachtel zurückgeräumt. Eine neue Mission kann beginnen.

Alle Agent*innen haben eigene Fertigkeiten. Zudem bestimmt das farbige Rad den Grad der Bedrohung.

Durch die Erweiterung und das Nutzen der Agent*innen nehmen wir Einfluss auf das Spielen der Szenarien. Die charaktereigenen Fähigkeiten geben uns in den Abenteuern bei den verschiedensten Proben und Geschehnissen Hilfestellung. Was sich wie eine starke Vereinfachung der Spielinhalte anhört, wird dadurch ausgeglichen, dass wir insgesamt als Gruppe nur maximal vier Fertigkeiten aktivieren dürfen und jede davon auch nur jeweils ein Mal pro Mission genutzt werden kann. Wir sollten den Umgang mit diesen Besonderheiten also genau besprechen und abwägen, wann ihr Einsatz sinnvoll ist und wann nicht.

TIME Stories Revolution bekommt hiermit eine Hintergrundhandlung, welche einen einzigartigen Einblick in die Arbeit der Agency gewährt und unseren Agent*innen ein Gesicht gibt.

Sie ist allerdings kein Muss für den Spielspaß und die Spannung. Es ist ein nettes Gimmick, um das Gefühl einer Kampagne zu erhalten, welches wir durch den Vorgänger gewöhnt sind.

Die Agent*innen der TIME-Agency

Insgesamt stehen uns vier Charaktere zur Auswahl.

Bei der Entscheidung, wer welchen hiervon verkörpert, sollten wir uns gut absprechen, denn diese Entscheidung ist nicht mehr rückgängig zu machen (Hausregeln ausgenommen):

Die vier Charaktere der Agency: Tess Heiden, Rr’naal Laarnal R’rrr, Dominika Pavlovna Tchekhova und James Higgins.

Tess Heiden ist eine Menschenfrau, welche auf der Erde geboren wurde, deren Wurzeln allerdings auf das Eingreifen der Agency in der Zeitlinie zurückgehen. Sie ist ein wertvolles Bindeglied zwischen dem Team und den neuen Verbündeten. Sie ist jung, impulsiv und eine geborene Anführerin.

James Higgins hingegen ist ein englischer Adliger und Zeitgenosse Königin Victorias. Er ist stets höflich, reagiert aber durchaus verwirrt auf gesellschaftliche Veränderungen wie beispielsweise die Emanzipation der Frau oder standesunabhängige Hierarchien. Im Grunde seines Herzens ist er ein ehrenwerter Mann und treuer Kamerad, sowohl auf Mission als auch daheim im Zentrum der Agency.

Rr’naal Laarnal R’rrr ist als schmächtiger Ganymedaner (ein Echsenmensch) der einzige Nicht-Mensch in der Charakterauswahl. Als Angehöriger einer genmanipulierten Spezies macht sein außergewöhnliches Gehirn ihn zum klügsten Kopf der Agency.

Dominika Pavlovna Tchekhova ist eine russischstämmige Frau, die während des zweiten Weltkrieges als Scharfschützin gedient hat. In Kampfsituationen kann man sich keine bessere Kameradin wünschen.

Ein paar Fakten:

  • Verlag: Space Cowboys, Asmodee
  • Autor*in(nen): Manuel Rozoy
  • Erscheinungsjahr: 2020 (deutsche und englische Ausgabe)
  • Sprache: Deutsch
  • Spieler*innen-Anzahl: (1) (2) 3 4
  • Preis: 20 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit Die Experience-Erweiterung (XP)

Die XP-Erweiterung bringt durch die charaktereigenen Fähigkeiten eine gute Mechanik mit ein, welche uns das ein oder andere Mal buchstäblich den Hintern gerettet hat. Dabei bleibt das Spiel gut ausbalanciert und fühlt sich nicht leichter oder schwerer an. Des Weiteren wird die Geschichte des weißen Zyklus hierdurch fortgeführt und bringt Einblicke in die Hintergründe der Agency, welche wir vorher nicht hatten. Das Material ist gewohnt hochwertig und besticht durch tolle Artworks und Designs.

Doch auch hier ist ein Kritikpunkt, dass die Box quasi nur einmal verwendet werden kann, da die Erweiterung darauf ausgelegt ist, sich Notizen und Kreuze auf seinen Spielmaterialien zu machen.

Alles in allem ist Time Stories Revolution: Experience aber ihr Geld wert und macht das Ganze noch eine Spur runder und in sich schlüssig.

  • Verbindet die Zyklen und Missionen
  • Agent*innen bekommen ein Gesicht
  • Entwicklung der eigenen Charaktere
 

  • Nur einmal spielbar

 

Artikelbilder: © Asmodee
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Saskia Harendt
Fotografien: Mareike Rathmann
Beide Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

1 Kommentar

  1. Da stecken nicht nur Motive von Shakespeare drin, sondern auch ganz viele von François Rabelais! Pantagruel und die Abtei von Thelema führen ja erst zum Schlüssel der Erkenntnis.

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