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2022 ist das Jahr von Black Adam. Als Vorbereitung zum bald erscheinenden Kinofilm legt Panini alle wichtigen Comics zum Antihelden neu auf. Die Black Adam Collection sammelt einige der bedeutendsten Geschichten um Black Adam, von seinem ersten Auftritt 1945 bis ins Jahr 2020. Lohnt sich der Griff in die Geschichte?

Die Black Adam Collection versammelt Geschichten aus 75 Jahren, von 1945 bis zur neusten von 2020. Selbstverständlich weisen die Geschichten dadurch sehr verschiedene Stile und Richtungen auf. Aber können sie insgesamt die Entwicklung, die die Figur des Black Adam über die Jahrzehnte nahm, nachstellen?

Handlung

Die erste Geschichte ist von 1945. Hier führten Otto Binder und C.C. Beck Black Adam erstmals als Feind der Marvel-Family um den Superhelden Captain Marvel ein. Dieser wurde mittlerweile zu Shazam umbenannt und hat keine Verbindung zum Marvel-Verlag oder dessen Superheldin Captain Marvel. Die Hintergrundgeschichte, die hier für Black Adam etabliert wird, hat über all die Jahre fast unberührt weiterbestanden: Der Zauberer, der von den Göttern auserwählt über die Erde wacht, verlieh vor Tausenden von Jahren in Ägypten Teth-Adam Superkräfte, mit denen er für das Gute kämpfen sollte. Stattdessen korrumpierten sie ihn aber zum machtgierigen Black Adam, der vom Zauberer verbannt wurde. Jahrtausende später kam Black Adam nun auf die Erde zurück, um sie zu erobern. Ein harter Gegner für die Marvel-Family, da Black Adam über die gleichen Superkräfte verfügt und im direkten Kampf unbesiegbar scheint…

Die Geschichte stammt aus den 40ern und hat einen für die Zeit typischen lustigen Ton, der sich an Kinder richtet. Für moderne, ältere Leser*innen kann das zu simpel wirken. Wenn man sich darauf einstellt, ist es aber gut gemachte Unterhaltung.

Die zweite Geschichte, „Die Rückkehr von Black Adam“, stammt aus DCs erster Captain-Marvel-Comicreihe von 1977. Hier ist es Captain Marvels anderer Erzfeind Dr. Sivana, „der verrückteste Wissenschaftler der Welt“, der Black Adam wiederbelebt, um sich mit ihm zu verbünden. Die Geschichte ist sogar etwas lustiger als die Erste, der modernere Erzählstil aber besser gealtert.

Die dritte Geschichte von 1982 zeigt das erste Mal, dass Black Adam in Supermans Welt auftaucht. Zur damaligen Zeit war es noch so, dass die ehemals zu Fawcett Comics gehörenden Figuren in einer Dimension lebten, die parallel zu DCs „Erde-1“ mit Superman und Batman liegt. Dies ist die erste ernsthafte Geschichte in der Black Adam Collection. Leider merkt man ihr aber viele Marotten des Autors Roy Thomas an: Zum einen die schwadronierenden, gestelzten Texte, die alles übermäßig erklären. Auch weit hergeholte Zufälle, die die Geschichte in Gang bringen, müssen erwähnt werden. Und natürlich wieder Thomas’ Fanboytum für „Golden Age“-Comics. So ist die Hauptfigur der Geschichte ein Junge, der alte Captain-Marvel-Comics aus den 40ern liest und sich mit dem Helden identifiziert. Das Finale besteht sogar aus einem bewussten und wortwörtlichen Zitat des Endes der ersten Black-Adam-Geschichte von 1945 (und einer selbstgeschaffenen Logiklücke). Ein wenig seltsam mutet auch die Wahl dieser speziellen Geschichte an. Das ist die erste Geschichte, in der Black Adam und Superman auf Erde-1 aufeinandertreffen. Wie eine Fußnote zu Anfang der Geschichte erklärt, haben die beiden sich aber bereits in einer anderen Dimension getroffen.

Danach macht die Black Adam Collection einen Zeitsprung, von 1982 nach 2005. Die nächste Geschichte sind zwei Kapitel, geschrieben von Gail Simone, der Erfinderin des Birds of Prey-Teams. Hier geht es primär um Superman, der Metropolis vor Superschurken verteidigt, die zur Secret Society gehören. Einer von ihnen ist Black Adam, der hier zum ersten Mal seine Tendenz zum Antihelden zeigt. Er drückt Respekt für Superman aus und will nicht, dass seine Verbündeten Zivilist*innen massakrieren. Diese Geschichte ist unterhaltsam, für Quereinsteiger*innen aber wahrscheinlich zu sehr in den damaligen Metaplot eingebunden.

Die darauffolgende Geschichte Freiheitskämpfer von Geoff Johns präsentiert einen Neustart für die Figur des Black Adam nach DCs großem „Das neue DC-Universum“-Reboot von 2011. Hier wird er zum einen in der Antike nicht mehr als Tyrann von Ägypten dargestellt, sondern als Beschützer des fiktiven Landes Kahndaq vor ausländischen Invasor*innen. Im Heute werden die Bewohner*innen Kahndaqs von einer Militärdiktatur unterdrückt. Nur eine kleine Rebell*innengruppe erinnert sich noch an die Legende von Black Adam, der einst schwur, ewig über sein Land zu wachen. Diese unterhaltsame Geschichte ist eine gute Vorstellung von Black Adam als Anti-Held und stellt wahrscheinlich die Grundlage für den Film dar.

Die letzte Geschichte, Eine Rute in meiner Socke, ist ein schöner Abschluss, der Anfänge und Gegenwart von Black Adam vereinigt. In dieser lustigen Weihnachtsgeschichte begegnet er an diesem Feiertag in Kahndaq einem traurigen Mädchen, das Weihnachtsgeschenke vermisst. Der Hüter von Kahndaq kann das nicht auf sich beruhen lassen, und fliegt logischerweise an den Nordpol, um beim Weihnachtsmann anzufragen, was da los ist. Hier trifft der moderne, düstere Antiheld Black Adam auf die lustigen Geschichten der 40er. Damit wird der Kreis geschlossen.

© Panini Comics

Insgesamt passen die meisten gewählten Geschichten gut. Ein paar kleinere Punkte, wie die 1982er Geschichte, oder der undurchsichtige Metaplot bei der 2005er lassen sich verkraften. Schade ist allerdings, dass zwei wegweisende Epochen Black Adams fehlen. Einmal die Power of Shazam-Comicreihe von Jerry Ordway aus den 90ern, in der Black Adam zum ersten Mal als komplexer Charakter dargestellt wurde. Und zum anderen Geoff Johns JSA-Reihe um 2000, in der Black Adam vom Schurken zum Antihelden wurde. Zugunsten einer dieser Wendepunkte hätte man zum Beispiel die Geschichten von 1977 oder 1982 weglassen können. Diese bieten historisch interessante Trivia, wie DC Comics erster Black-Adam-Auftritt oder das erste Mal Black Adam in Supermans Welt, sind für die Entwicklung der Figur aber wenig relevant.

Übrigens: In den 1940ern waren die Captain-Marvel-Comics tatsächlich erfolgreicher als Superman. Natürlich konnte DC Comics das nicht auf sich beruhen lassen und verklagte Facwett Comics, den Verlag, der Captain Marvel produzierte, wegen Plagiats, da Captain Marvel eine Kopie von Superman sei. Die Gerichtsverhandlung erstreckte sich über 12 Jahre, von 1941 bis 1953, und trug dazu bei, dass Fawcett Publications seine Comicabteilung schloss. Da in den folgenden Jahren keine Captain-Marvel-Comics mehr veröffentlicht wurden, lief das Trademark ab und Marvel Comics sicherten es sich 1969 mit ihrem Captain Marvel. 1972 erwarb DC die Rechte am Original von Fawcett, durfte die Comics aber nicht nach ihm benennen. Daher betitelte DC ihre Reihen mit dem alten Captain Marvel als Shazam, nach dem Zauberwort, das ihm seine Superkräfte verlieh. 2011 schließlich wurde der Namen des Helden selbst zu Shazam geändert, um zum Titel des Comics zu passen. Zu den Figuren, die DC von Fawcett aufkaufte, zählte unter anderem auch Black Adam, der also erst seit seiner zweiten Geschichte zum DC-Verlag gehörte.

Zeichenstil

Die verschiedenen Geschichten haben wie gesagt verschiedene Stile, die allgemein für ihre jeweilige Zeit aber gut abschneiden.

Die erste Geschichte wurde von C.C. Beck in seinem berühmten Stil gezeichnet. Für die erzählte Geschichte und die 40er sehr schön, wirkt sie heute etwas einfach. Man kann auch erkennen, dass die Originale für den Nachdruck nicht so hochwertig erhalten sind wie von den anderen Geschichten.

Die zweite Geschichte wurde von Kurt Schaffenberger gezeichnet. Seine klaren, bunten Bilder mit detaillierteren Figuren und cartoonig angehauchten Gesichtern sind eine hübsche Modernisierung von Becks simpleren lustigen Zeichnungen.

Rich Bucklers Zeichnungen der dritten Geschichte sind für 1982 guter Durchschnitt. In Actionszenen sieht man leichte Einflüsse von Neal Adams in den Drehungen der Körper. Insgesamt erfüllen die Zeichnungen den Zweck, ohne zu begeistern.

Die zweiteilige Geschichte von Gail Simone wurde von John Byrne gezeichnet. In den 80ern war Byrne ein Superstar, der nichts falsch malen konnte. Über die Jahre ließ sein Können leider nach, hier liefert er wenigstens immer noch solide bis gute Bilder.

Geoff Johns Geschichte wurde von Edgar Salazar gezeichnet. Die digital düster kolorierten Zeichnungen passen zum ernsten Ton der Geschichte, auch wenn es öfters kleinere Probleme mit perspektivischen Verzerrungen und 90s-Einflüsse bei den Gesichtern gibt.

Die Weihnachtsgeschichte wurde von Anthony Spay ansprechend und realistisch gezeichnet. Ein paar mehr Hintergründe hätten aber nicht geschadet.

Erscheinungsbild

Druckqualität, Lesbarkeit und verwandte Eigenschaften sind alle zufriedenstellend. Das Cover trägt ein Bild von Alex Ross, mit Black Adam im Dunklen und nur vom Licht seines Blitzes erhellt. Sehr cool, und wie für Ross typisch, sieht man dem Bild an, wie gerne er künstlerisch mit Licht und Schattenwurf spielt.

© Panini Comics

Die harten Fakten:

  • Verlag: Panini Comics
  • Autor*in(nen): Otto Binder, E. Nelson Bridwell, Roy Thomas, Gail Simone, Geoff Johns
  • Zeichner*in(nen): C.C. Beck, Kurt Schaffenberger, Rich Buckler, John Byrne
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Paperback
  • Seitenanzahl: 148
  • Preis: 19 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Comics

 

Bonus/Downloadcontent

Vorworte zu jeder Geschichte erklären den Kontext der echten Welt und des Metaplots und helfen somit, in die Geschichten hineinzukommen. Sehr schön und hilfreich gemacht.

Fazit

Black Adam Collection hat laut Rückentext den Anspruch, einige der „prägendsten Geschichten mit Black Adam“ zu bieten und „seine Entwicklung vom Superschurken zum düsteren Helden“ zu zeigen. Beide Ansprüche kann sie nahezu, aber nicht vollständig, erfüllen. Einige der prägendsten Geschichten sind durchaus enthalten, und auch die Entwicklung wird nachvollzogen. Leider fehlen aber gerade Geschichten aus den 90ern und frühen 2000ern, in denen Black Adam vom eindimensionalen Schurken zum komplexen Charakter wird, und die, in denen er sich zum Antihelden rehabilitiert. Die Entwicklung wird hier wiedergegeben, allerdings springen die Geschichten von vollendeter Tatsache zu vollendeter Tatsache, vom Schurken Black Adam zum Antihelden Black Adam.

Die Geschichten an sich sind immerhin unterhaltsam. Für Neueinsteiger*innen liegt zu viel Fokus auf dem Superschurken-Black-Adam des 20. Jahrhunderts, der für den aktuellen Antiheld-Black-Adam nicht mehr sonderlich relevant ist. Ein richtiges Muss ist die Black Adam Collection leider nicht geworden. Für große Fans des Charakters, und solche, die sich für die Geschichte der Comic-Branche interessieren, ist die Black Adam Collection aber eine lohnende Investition.

  • Gute Auswahl von Geschichten
  • Gute Einführung zur Geschichte von Black Adam
 

  • Mit kleinen Schwächen
  • Wichtige Epochen fehlen

 

Artikelbilder: © Panini Comics
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Rick Davids
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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