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Die erste Erweiterung zu Warhammer Quest: Die verfluchte Stadt erzählt die Geschichte nach den Geschehnissen in „Ulfenkarn in Gefahr“ weiter. Nachdem Radukar the Wolf und seine Schergen besiegt sind, geht es daran, die verfluchte Stadt Ulfenkarn wieder ins Licht Sigmars zurück zu führen und aufzubauen. Alles wird gut werden. Oder?

Warhammer Quest ist eines der ältesten Spielsysteme aus den Urzeiten von Games Workshop. Mit einer Gruppe Held:innen in einer düsteren Fantasywelt Monster verkloppen machte schon in den Achtziger Jahren Spaß. Vor ein paar Jahren wurde dieses klassische Spiel daher, neben etlichen anderen Systemen wie Necromunda, neu aufgelegt (ich warte immer noch sehnsüchtig auf Gorkamorka 2). Kollege Markus Kastell hat bereits im April 2021 das Grundspiel einer eingehenden Untersuchung unterzogen, deswegen werden wir uns in diesem Beitrag lediglich der Erweiterung Nachtkriege widmen.

Alles, was ihr in der Hauptkampagne erreicht habt, ist irrelevant.

In einer klassischen Plotwendung des grimdarken Settings von Warhammer (beziehungsweise passender Age of Sigmar, da Ulfenkarn im neuen aktuellen Setting spielt) konnten die Helden den Antagonisten Radukar the Wolf und seine untoten Handlanger zwar besiegen, die Macht über die vom Untod beherrschte Stadt fiel aber nahtlos an drei andere, weniger mächtige Vampirfürsten, welche sich gegenseitig bekämpfen, aber auch gegen die Held*innen vorgehen. Jetzt liegt es an den Held*innen, diese drei neuen Fürst*innen der Nacht zu besiegen. Jeder Vampirfürst, der fällt, lässt die anderen allerdings stärker werden, da sie ihre Domänen ausbauen können. Somit werden die Missionen natürlich schwieriger. Noch dazu wurde die Stadt durch den „Fluch der unendlichen Nacht“ in stetige Dunkelheit gehüllt. Und irgendwo da draußen streicht Radukar in einer neuen, bestialischen Gestalt umher. Was könnte also schiefgehen?

Es mutet von Beginn an etwas seltsam an, dass die Held*innen (und somit die Spielenden) mit dem Beginn der Erweiterung gleich mal erfahren, dass die Heldentaten ihrer Charaktere den Status Quo eigentlich nur verschlimmert haben dürften. Zwar gibt es die halbwegs geschützte Siedlung Zuflucht (welche selbst auch Attacken von Vampirfledermäusen ausgesetzt ist) und das Flugschiff Adamant liegt vor Anker. Dennoch wird man Warhammer Quest – Nachtkriege nicht nachsagen können, dass es dem Ruf seines Settings nicht gerecht wird.

Neue Antagonisten

Die Rolle des Antagonisten wird in Nachtkriege auf drei Vampire aufgeteilt. Die aristokratische Lady Annika, the thirsting Blade verkörpert den Blutdurst der Vampire und Carmilla DuSang würde mit ihrem Streitkolben und ihrem Plattenpanzer Shaitaan von den Blutdrachen höchstselbst Ehre machen, ist allerdings eine von Carstein unter dem Befehl von Mannfred persönlich. Kritza, the Rat prince verkörpert den tierischen Aspekt des Vampirismus.

Es ist sehr schön, dass sich die Autor*innen Gedanken darüber gemacht haben, den Vampiren jeweils ein eigenes Thema zu geben, auch wenn sie nicht an die Diversität der Bosse im Grundspiel heranreichen. Passend zu ihrem Hintergrund hat jeder dieser drei Vampire eigene Sonderregeln für den Kampf – so ist der Feigling Kritza besonders gut darin, sich nahe an seine Gegner zu bewegen, muss dafür allerdings im Nahkampf immer den*die bereits am schwersten verletzten Helden*Heldin als Ziel wählen. Carmilla duSang ist ein klassischer Nahkampfcharakter, während sich Lady Annika durch das Laben am Blut ihrer Feinde heilen kann.

Radukar the Beast macht seiner Bestiengestalt alle Ehre – zum Einen würfelt er gleich zweimal auf seiner Verhaltenstabelle und wird dadurch besonders flink, dazu darf er noch jeden erlittenen Schaden um zwei Punkte reduzieren. Damit ist er ein echt zäher Brocken.

Schlussendlich runden die großen Fell Bats die Schar der neuen Gegenseite ab. Mit ihren süßen Nasen erinnern sie sehr stark an die Vampirfledermäuse der sechsten Edition von Warhammer (lang ist es her). Sie können neben ihrer normalen Bissattacke gegnerische Held*innen packen und mehrere Felder weit verschleppen.

Insgesamt ist die Auswahl an neuen Gegner*innen in dieser Erweiterung etwas mager. Zwar haben sich die Autor*innen darum bemüht, den einzelnen Antagonist*innen eine eigene Persönlichkeit zu geben, aber es konzentriert sich dann doch etwas zu sehr auf eben diese. Die Grundbox hatte immerhin Zombies (normal und ogergroß), schick gepanzerte Skelette sowie Ratten-und Fledermausschwärme, von den Held*innen ganz zu schweigen.

Mechaniken

Je nach gewählter Mission stellen wir uns unterschiedlichen Gefahren.

Der grundlegende Ablauf des Spieles bleibt auch in dieser Erweiterung gleich. In einer Abfolge von unterschiedlichen Missionen – Säuberung, Sabotage und Brandschatzung – können die Held*innen nach und nach die Macht der einzelnen Vampire schädigen, bis sie diese in einer abschließenden Mission in ihrem Unterschlupf stellen können. In einer eigenen Mission geht es sogar gegen alle drei Vampirfürsten gleichzeitig. Sollte ein Vampirfürst ausreichend provoziert worden sein, kann es auch geschehen, dass die Held*innen ihren Stützpunkt Zuflucht selbst gegen einen Angriff der untoten Horden verteidigen müssen.

An neuen Regeln gibt es riesige Feinde, welche zwei Felder gleichzeitig belegen, und gigantische Feinde. Diese benötigen gleich vier Felder zur selben Zeit. Hier werden vor allem die Bewegungsregeln besprochen, welche zum Einsatz dieser Gegner notwendig sind. Dazu gibt es noch Regeln für geschlossene Durchgänge, welche zunächst von einem*einer Held*in geöffnet werden müssen, um passierbar zu sein.

Für den Abschluss einzelner Reisen in Nachtkriege gibt es eine neue Tabelle für Abholungsereignisse mit dem Luftschiff Adamant.

Inhalt der Box

Neben dem umfangreichen und sehr hübsch gestalteten Questenbuch, welches sowohl den neuen Hintergrund als auch die neuen Mechaniken, Gegner*innen und Missionen beinhaltet, gibt es in der Box eine Fülle an Pappmarkern für Blutpunkte, Lauermarker, Jagdmarker, einen gewaltigen Rattenschwarm, Friedhofstore, Amulette und Spielplansegmente. Dazu befinden sich in der Box 6 Begegnungskarten, 8 Eliteklasseeigenschaftenkarten, 4 Verstärkungskarten, eine Nachtkriegsquestkarte, 5 Feind-Referenzkarten, 20 Entdeckungskarten, weitere Karten für Vampirkräfte und zu guter Letzt 2 Vampirkräfte-Geheimumschläge. Damit ist grundsätzlich einiges Material zum Spielen in der Schachtel enthalten.

Leider befinden sich keine Miniaturen für die Antagonist*innen in dieser Kampagnenbox. Das ist anhand des Preises schon etwas schade, zumindest eine Vampirfledermaus wäre schon nett gewesen.

Das Questenbuch und die Marker sind sehr schön schaurig gestaltet. Die Pappmarker sind dick genug, dass sie auch bei längerem Bespielen nicht gleich abgenutzt aussehen dürften. Die Illustrationen und Flufftexte im Questenbuch sind im selben gelungenen Stil wie im Grundspiel gehalten. Leider wird auch hier die unselige Tradition des Denglischen bei den Eigennamen der Charaktere und Truppen fortgesetzt, es liest sich aber weniger störend als in den ersten Warhammer Armeebüchern der 8. Edition.

Die Illustrationen im Questenbuch sind sehr gelungen.

Zwei witzige Typos („… die gefäßige Annika“ sowie „…oder das Opfer wird einfach losgelassen und seine lauter werdenden Schreie kündigen seine rasche und endgültige Rückkehr auf die gepflasterten Straßen von Zufluch an“) erinnern ein wenig an den „geiligen Imperator“ (Grundregelbuch Warhammer 40.000) und „Malekith den Haxenkönig“, ansonsten sind Rechtschreibung und Grammatik aber in Ordnung.

Unglücklicher ist der Umstand, dass sich zwei Aussagen im Questenbuch direkt widersprechen, ob man die Queste im Grundspiel „Ulfenkarn in Gefahr“ abgeschlossen haben muss, um „Nachtkriege“ beginnen zu können. Auf Seite 3 wird deklariert: Wenn ihr noch an der Queste Ulfenkarn in Gefahr spielt, könnt ihr, wenn ihr wollt, die neuen Verstärkungen, Schatz- und Reichsteinkarten aus diesem Set in euren verbliebenen Partien einsetzen…“. Hingegen heißt es auf Seite 12: „Ihr müsst die Queste Ulfenkarn in Gefahr abgeschlossen haben, bevor ihr die Nachtkriege-Queste beginnt“.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Games Workshop
  • Erscheinungsjahr: 2021
  • Sprache: Deutsch/Englisch
  • Spieldauer: 45-90 Minuten pro Reise
  • Spieler*innen-Anzahl: 1-4
  • Alter: 12+
  • Preis: 36 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, KuTaMi

 

Fazit

Warhammer Quest – Nachtkriege bietet eine weitere Kampagne in den von ewiger Nacht und Vampiren geplagten Stadt Ulfenkarn. Der alte Herrscher wurde vertrieben und wurde durch drei weitere Vampire ersetzt, die die Held*innen jetzt überwinden müssen.

Wer Freude am Durchspielen der ersten Kampagne „Ulfenkarn in Gefahr“ hatte, wird auch hier viel schöne Unterhaltung finden. Das System wird nur um große Gegner ergänzt und wird somit nicht überfrachtet mit einem unnötigen Wust an neuen Regeln, nur weil man es kann. Dazu sind die Illustrationen und der Fluff schön geschrieben.

Abgesehen von dem neuen Questenbuch, ein paar Markern und Karten findet sich jedoch in der Box nicht recht viel. Damit ist die Box – unbeachtet der schönen Illustrationen – nur etwas für sehr, sehr große Fans des Grundspiels.

 

  • Schöne Illustrationen
  • Die neuen Regeln sind übersichtlich
 

  • Wenig neuer Inhalt
  • Keine Miniaturen in der Box
  • Kampagne des Grundspiels ist obsolet

 

Artikelbilder: © Games Workshop
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Katrin Holst
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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