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Die Prämisse von The Spider King wirkt von Beginn an verlockend: Wikinger*innen, die mit außerirdischen Waffen auf boshafte Besucher aus einer anderen Welt eindreschen? Was soll dabei schiefgehen? Wir haben uns die Graphic Novel angesehen und prüfen, ob sie wirklich überzeugen kann.

Wer schon immer Wikinger*innen-Geschichten außerhalb eines historischen oder mythologischen Kontextes vermisst hat, darf sich besonders über die Graphic Novel The Spider King In diesem irrsinnigen Abenteuer kombiniert das Kreativteam mittelalterliche Fantasy und Science-Fiction zu einer faszinierenden Erzählung.

Wir prüfen in unserem Kurzcheck, was den besonderen Reiz dieses Werkes ausmacht und warum man sich vom Cartoon-Stil nicht frühzeitig in die Irre führen lassen sollte.

Triggerwarnungen

Explizite Gewaltdarstellung

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Handlung & Charaktere

Bereits zu Beginn der Geschichte meint es das Schicksal nicht gut mit Hrolf, dem König des Laxdalen-Clans. Seit dem Tod seines Vaters sieht er sich in verzweifelte Kämpfe verstrickt, die das Überleben seiner kleinen Schar bedrohen. Als er endlich den Verräter Aarek und dessen Söldnerheer stellt, kann er die Bedeutung dieser Nacht für sein weiteres Leben nicht ahnen. Inmitten des Gemetzels fällt auf einmal Feuer vom Himmel, welches die Kämpfenden trennt. Schon bald stößt Hrolf mit seinen wenigen verbliebenen Mitstreitern auf eine seltsame Maschine, die sie mit besonderen Waffen ausstattet. Doch leider hat auch etwas Schrecklicheres seinen Weg auf unsere Welt gefunden, das mit Hilfe von Aarek zu einer Bedrohung für die ganze Bevölkerung des hohen Nordens werden könnte.

The Spider King ist auf den ersten Blick eine geradlinige Geschichte um Rache und Machtkämpfe. Mit der Ankunft der außerirdischen Besucher wandelt sich die Graphic Novel in eine herrlich absurde Story, die von einem Spektakel zum nächsten gelangt. In Kombination mit dem schwarzen Humor sorgt dies für kurzweilige Leseunterhaltung. Stellenweise fühlt man sich an Klassiker wie Das Ding aus einer anderen Welt erinnert, wenn eine kleine Schar mutiger Frauen und Männer stets neue Herausforderungen bewältigen muss, die ihnen ein unheimlicher Gegenspieler entgegenwirft.

Der Bösewicht von The Spider King verfügt zwar über keine sonderlich originelle Hintergrundgeschichte, doch weiß Autor Josh Vann, ihn gelungen zu inszenieren. Bereits seine Einführung macht deutlich, mit welch einer skrupellosen Gestalt man es zu tun hat. Mehrere Überraschungen und Wendungen im Laufe der Story sorgen dafür, dass sich die Charaktere nie sicher fühlen dürfen.

Hrolf und seine Mitstreiter*innen selbst werden auch keine Auszeichnung für ihre Originalität erhalten. Allerdings finden sich vereinzelt Charakterentwicklungen, und besonders die Lombardenkriegerin Sigrid bringt eine interessante Dynamik in die Gruppe. Die Interaktionen zwischen den Figuren sind glaubwürdig, und besonders die ersten Gehversuche mit der außerirdischen Technologie verursachen Schmunzler.

Zusammenfassend überzeugt The Spider King trotz seiner tendenziell oberflächlichen Figuren durch die vermittelte Atmosphäre und eine kurzweilige, unterhaltsame Geschichte.

Zeichenstil

Der bereits auf dem Cover auffällig ins Auge stechende Cartoon-Stil täuscht. The Spider King ist trotz der kindlich anmutenden Visualisierung eine brutal inszenierte Graphic Novel, die nicht mit expliziten Szenen geizt. Das beginnt mit den Kämpfen zwischen den menschlichen Charakteren und endet bei den Konfrontationen mit den außerirdischen Wesen. Probleme mit zerberstenden Köpfen, abgetrennten Gliedmaßen oder grausigen Wunden sollte man nicht haben, wenngleich der überzeichnete Stil einen Teil des Gräuels mindert.

Positiv ins Auge fällt das Design der außerirdischen Elemente der Erzählung. Sowohl Technologien als auch Gegenspieler heben sich vom Design der mittelalterlichen Welt sichtlich ab, sodass hier eine gelungene Mischung der beiden Genres zu beobachten ist. Die auffällige Kolorierung der extraterrestrischen Aspekte sorgt für einen weiteren Kontrast in der tendenziell dunklen und düster gehaltenen Welt.

Zum Ende des Bandes finden sich zudem noch einige Kurzgeschichten, welche von der Haupthandlung losgelöst agieren, sich jedoch weiterhin auf die wichtigsten Protagonist*innen fokussieren. Diese kurzen Abstecher in die Welt von The Spider King weichen teilweise deutlich vom Zeichenstil der Hauptgeschichte ab. Da es sich jedoch um selbstständige Erzählungen handelt, fällt dies weniger ins Gewicht. Zum Abschluss findet sich zudem eine Covergalerie, die ansehnliche Zeichnungen enthält.

© Cross Cult

Die harten Fakten:

  • Verlag: Cross Cult
  • Autor*in: Josh Vann
  • Zeichner*in: Simone D’Armini
  • Erscheinungsjahr: 2022
  • Sprache: Deutsch
  • Format: Hardcover
  • Seitenanzahl: 151
  • Preis: 35,00 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

The Spider King ist ein kurzweiliges Actionspektakel, das Elemente klassischer Fantasy mit Science-Fiction kombiniert. Der übertriebene Zeichenstil sollte dabei nicht den Eindruck erwecken, dass es sich um eine Kindergeschichte handelt. Das verantwortliche Team geizt weder in Text noch in Darstellung mit expliziten und brutalen Szenen. In diesen werden besonders die Boshaftigkeit und Skrupellosigkeit des Gegenspielers deutlich.

Generell ist der Antagonist einer der Aspekte, der zum Gelingen dieser Graphic Novel beiträgt. Trotz seiner zu Beginn oberflächlichen Ausgestaltung entwickelt sich das Wesen zu einem Treiber für das Gefühl von Bedrohung und Unruhe. Mehrmals stellt man sich die Frage, wie es die Held*innen mit einem solch perfiden Monstrum aufnehmen soll, das ihnen technologisch, körperlich und technisch so weit voraus scheint.

Leider erstreckt sich diese Faszination nicht auf meisten Charaktere, von denen mit Ausnahme von Kriegerkönig Hrolf und der temperamentvollen Sigrid wenige Tiefgang aufweisen. Somit ist es nicht verwunderlich, dass die meisten zu reinem Beiwerk verkommen.

Dennoch bildet The Spider King im Gesamtbild ein unterhaltsames Lesevergnügen, das zwei verschiedene Genres der Phantastik zu einer unterhaltsamen Graphic Novel kombiniert.

  • Kurzweilige Actiongeschichte mit dunklem Humor

  • Gelungen inszenierter Gegenspieler

  • Interessanter Einsatz cartoonhafter Zeichnungen in einer erwachsenen Geschichte

 

  • Zum Großteil oberflächliche Charaktere

 


Artikelbilder: © Cross Cult

Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Simon Burandt
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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