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Das Spiel des Jahres 2004 Zug um Zug ist seit 20 Jahren als Familienspiel kaum wegzudenken. Nach vielen Erweiterungen kehren wir auf den Grundspielplan zurück, den wir uns aber erst erpuzzeln müssen in der Legacy-Variante Legenden des Westens. Ob wir dabei auf Gold stoßen, erfahrt ihr bei uns.

Karten: Die ersten Puzzleteile fügen sich zusammen – die Start-Karte.

Zug um Zug von Alan R. Moon hat seit seinem Erscheinen und Sieg des Spiels des Jahres 2004 mittlerweile eine Menge Erweiterungen und vor allem neue Spielplan-Alternativen erhalten. Länder verteilt über die ganze Welt, sowie auch Städte und ganze Kontinente können erschlossen werden, um unsere kleinen Züge sowie teilweise auch Schiffchen zu platzieren.

Jetzt also können wir auch eine Kampagne erleben, ähnlich wie bei anderen Erfolgstitel, wie Pandemie oder Machi Koro, zu denen auch Legacy-Versionen erhältlich sind. Neben dem Spieleautor des Originals, sind auch Rob Daviau, der Erfinder des Legacy-Systems, und Matt Leacock, der uns bereits das originale Pandemie beschert hat, mit an Bord. Sie nehmen uns mit auf eine Reise in den Wilden Westen, bei der wir im ausgehenden 19. Jahrhundert das amerikanische Streckennetz Richtung Pazifik erweitern. Wie wild das wird, wollen wir euch zeigen, ganz ohne Spoiler natürlich.

Triggerwarnungen

keine typischen Trigger

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Spielablauf

Wer Zug um Zug bereits kennt, fühlt sich sofort zu Hause, denn für das erste Spiel gibt es nur wenige Änderungen zum Original, die wir später gesondert aufzeigen. Hier geht es direkt zur Box mit den Unterschieden.

Starthand: Vier Karten und zwei bis vier Ziele haben alle zu Beginn.

Zug um Zug – Zug um Zug erklärt

Bei Zug um Zug werden kleine Eisenbahnwagons zwischen Städten platziert und dabei Aufträge erfüllt, um bestimmte Städte miteinander zu verbinden, wofür Geld, also Siegpunkte winken, und wie üblich gewinnt die Person, die am bei Ende der Partie am meisten davon besitzt.

Im Spiel haben die Spielenden in jedem Zug reihum immer eine Aktion, die wir aus drei auswählen können:

  • Wagenkarten nehmen
  • Eine Strecke beanspruchen
  • Zielkarten ziehen

Bei Wagenkarten nehmen dürfen zwei der fünf stets offen ausliegenden Karten genommen (oder vom Stapel gezogen) werden, um Wagons in den sechs verschiedenen Farben zu erhalten. Wer eine ausliegende Lokomotive (alle Farb-Joker) nimmt, darf nur diese eine Karte ziehen. (Wenn die Lok vom Stapel kommt, hat man einfach Glück gehabt.)

Mit der zweiten Aktion Eine Strecke beanspruchen legt man dann eine Anzahl gleichfarbiger Handkarten ab, die der Länge der Strecke zwischen zwei Städten entspricht (zu Beginn eins bis vier). Wenn drei gelbe Wagons abgebildet sind, braucht es also drei gelbe Wagonkarten oder Joker. Entspricht diese Strecke der eigenen Spielfarbe winkt ein Extrapunkt, und falls mindestens eine der grün umrandeten Großstädte beteiligt ist, darf sofort noch eine weitere Karte vom Stapel gezogen werden.

Spielauslage: Aus immer fünf Karten dürfen wir wählen.

Die meisten Punkte werden jedoch durch Ziele erwirtschaftet. Zu Beginn erhalten alle vier Zielkarten und müssen mindestens zwei davon behalten. Um weitere zu bekommen, darf man als Aktion auch Zielkarten ziehen. Dort erhält man dann drei Karten und muss wiederum mindestens eine davon zu den eigenen legen. Ziele verbinden immer genau zwei Städte über die Karte verteilt. Wer das Ziel besitzt und diese beiden dann über das eigene Streckennetz verbunden hat, erhält die Punkte, die auf der Karte abgedruckt sind; nicht erreichte Ziele allerdings bringen die gleiche Menge an Minuspunkten. Je weitere die Städte auseinanderliegen, umso mehr Punkte gibt es natürlich.

Platzieren: Zwei weiße Wagonkarten abwerfen, zwei unserer Wagons auf diese Strecke setzen.

Es wird so lange gespielt, bis eine Person nur noch weniger als drei der eigenen Wagons besitzt. Dann sind alle noch einmal dran, einschließlich der Person, die das Ende eingeleitet hat.

Regelunterschiede zum Original

Es gibt keine sofortigen Punkte für die unterschiedlich langen Züge. In Zug um Zug erhalten wir beispielsweise nur einen Punkt für eine Strecke, die einen Zug lang ist, während eine Strecke mit der Maximallänge von sechs satte 15 Punkte bringt. Ebenfalls gibt es keine zehn Extrapunkte für die längste Strecke. Die Aufträge am Ende des Spiels sind der primäre Punktetreiber.

Dafür gibt es einen Extra-Punkt, wenn wir auf einer Strecke bauen, die der unserer Eisenbahngesellschaft/Spielendenfarbe entspricht. Außerdem sind bestimmte Städte als Großstädte markiert, und sobald wir eine Strecke erschließen, die an mindestens einer Großstadt endet, dürfen wir direkt eine Wagenkarte vom Stapel nehmen. In diesem Stapel befinden sich zudem Zeitungskarten, durch die wir Ereignisse von einem stetig aktualisierten Stapel ziehen dürfen.

Legenden des Westens – Das Legacy-Spiel

Zwölf Spiele erwarten uns, deren Zeitangabe mit 20 bis 90 Minuten recht gut angegeben ist. Die ersten Runden spielen sich ziemlich flott, gerade wenn das Grundspiel bereits bekannt ist, später dauerte jede weitere Partie bei uns gut fünf Minuten länger. Bei späteren Partien winkt neues Material: Wie direkt zu sehen ist, wird die Landkarte um zusätzliche Puzzleteile erweitert und die Wagons werden mehr (zu Beginn sind nur 20 der 56 verfügbar). Nach kurzer Zeit kann man in den Westen oder nach Florida expandieren, und erhält den neuen Kartenabschnitt, damit verbundene Ziele, aber auch neue Mechaniken. Einige, die sich bereits in anderen Zug-um-Zug-Varianten bewährt haben, aber auch komplett neue – stets werden sie thematisch eingebunden.

Zeitung: Erscheint eine Zeitung im Stapel, lesen wir eine Event-Karte vor.

Diese sind, anders als bei einigen anderen Legacy-Spielen nicht einfach Erweiterungen des bestehenden Regelwerks; manche begleiten uns nur eine gewisse Zeit, und bieten so unterschiedliche Ansätze, um Punkte zu machen. Selbstverständlich gibt es die genreüblichen Mechaniken wie Vorteile für die gewinnende Person, wie auch ein Catch-Up-System für weniger erfolgreiche Spielende. Und dann gibt es noch ein Accessoire, welches den berühmten königlichen Pömpel aus The Rise of Queensdale vielleicht als coolste Spielmaterialbeigabe ablöst. Sehr früh kommt er hinzu und ist zentrale für das Spiel und mag für manche ein Kauf-Argument sein, aber da es sich dabei natürlich um einen kleinen Spoiler (wenn auch keinen inhaltlichen/storybezogenen) handelt, verstecken wir ihn, für diejenigen, die sich komplett von allem überraschen lassen wollen.

SPOILER für ein zentrales Accessoire des Spiels, welches schon sehr früh ausgepackt werden darf:

Spoiler

Alle Zugbegleiter*innen brauchen sie – die Lochzange.

 

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Ausstattung

Die großen Landkartenplatten-Puzzleteile sind schön dick und wertig, auch wenn schon schnell zu erahnen ist, dass die gesamte Karte ordentlich Tischfläche einfordern wird. Die sonstigen Papp- und Plastikmaterialien sind von gewohnt hoher Qualität, was bei dem Preis zu erwarten ist. Alles ist dabei in stimmigem Design zum Thema gehalten, die Wagenkarten haben ein schönes grafisches Upgrade bekommen, die Ziele sind Fahrkarten nachempfunden und dann gibt es da noch die bereits in den Regeln erwähnten Postkarten.

Das Anfangsmaterial kommt uns noch ziemlich bekannt vor.

In den einzelnen Landschaftskisten, die selbst relativ instabil sind, aber nur als einmalige Verpackung gedacht, befinden sich einige nette Gimmicks. Auf diese können wir an dieser Stelle natürlich nicht eingehen, aber das wird alles vom oben genannten Spoiler-Accessoire geschlagen, welches das Spiel noch mal um einiges aufwertet.

© Days of Wonder

Die harten Fakten:

  • Verlag: Days of Wonder, Asmodee
  • Autor*in(nen): Rob Daviau, Matt Leacock, Alan R. Moon
  • Illustrator*in(nen): Cyrille Daujean, Julien Delval
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 20-90 Minuten pro Spiel bei 12 Spielen
  • Spieler*innen-Anzahl: 2 3 4 5
  • Alter: 10+
  • Preis: ca. 140 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Spieleseite bei Days of Wonder sind die deutschen Regeln erhältlich.

Fazit

Zug um Zug – Legenden des Westens belebt das Legacy-Genre wieder einmal mit einem weiteren Titel, der auf allen Ebenen überzeugt. Pandemie, Zug um Zug, ja auch Risiko waren alles einmal Spiele, die ich viel und gerne gespielt habe, aber denen ich entwachsen bin. Eine gute Legacy-Integration schafft es, aus einem soliden Spielprinzip mehr zu machen: ein Spiel, das ich unbedingt zwölfmal spielen will, da sich jede Partie anders anfühlt, und man vor und nach der Partie ein wenig Story, neue Herausforderungen und Spielhandlungsoptionen erhält.

Spielende: Die Karte ist voll – das Geld/die Punkte werden gezählt.

Oft werden Legacy-Spiele dafür kritisiert, dass sie nicht nachhaltig sind, und das ist am Ende nicht ganz von der Hand zu weisen. Auch wenn man fast alle davon am Ende quasi als individualisierte Version unendlich weiterspielen könnte, tue ich es nicht. Ich spiele sie ebenso wenig wie einige andere Spiele, die in meinem Schrank liegen, bis sie nach ein paar Jahren auf den Verkaufsstapel wandern. Aber auch wenn sie sich leider nur mäßig bis gar nicht weitergeben lassen, habe ich sie bis dahin eben ein/zwei Dutzend Mal gespielt und damit häufiger als die meisten Nicht-Kampagnen-Spiele bei mir auf dem Tisch landen werden. So dass zumindest aus monetärer Sicht knapp über zehn Euro pro Spiel ein eigentlich fairer Preis ist, den insbesondere manche Kickstarter-Projekte pro Spiel nie erreichen werden.

Spiele wie My Island fügen ein alternatives ewiges Spiel bei, andere wie Charterstone können mit Recharge-Pack immerhin zwei Mal gespielt werden. Auf BoardGameGeek befindet sich auch eine Datei, mit der man mit einigen Ausdrucken und Listen, die man statt Sticker verwendet, die Kampagne wiederholen können soll. Und ich könnte mir durchaus vorstellen, sie irgendwann noch einmal zu spielen. Doch am Ende bleibt vor allem der Wunsch nach mehr. Mehr Legacy-Varianten von guten Spielen und auch nach Legenden des Ostens, Nordens oder Südens.

Daher bekommt Zug um Zug – Legenden des Westens von uns fünf von fünf kleinen Regenbogen-Joker-Lokomotiven.

  • Sehr abwechslungsreiche Kampagne
  • Frische Ideen und cooles Material
  • Großartiges Gimmick schon früh in der Kampagne

 

  • Einiges an Material dient nur einmaliger Benutzung
  • Macht Lust auf mehr

 

Artikelbilder: © Days of Wonder
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur
Lektorat: Sabrina Plote
Fotografien: Daniel Hoffmann

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