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Mit My Island beschert uns Reiner Knizia nun sein drittes Legacy-Spiel nach My City, sowie dessen Roll&Write-Variante. In 24 Partien legen wir dieses Mal unsere Inseln um die Wette. Gleiches Konzept – anderes Setting und andere Plättchen. Gelingt die Hexagonisierung des Vierecks?

Zu Beginn ist unsere Insel noch ein unbeschriebener Haufen Sand und Bäume.
Zu Beginn ist unsere Insel noch ein unbeschriebener Haufen Sand und Bäume.

Plättchenlegespiele sind nicht erst seit dem Erfolg von Dorfromantik, dem Spiel des Jahres 2023, wieder auf aller Tische. Bereits 2020 hat uns Reiner Knizia mit My City erfreut, einem Legacy-Titel bei dem wir uns in 24 Kapiteln eine Stadt aus Polyominos (Tetris-Blöcken) zusammenlegen. Nachdem im vergangenen Jahr die Roll&Write-Variante erschien, wurde es endlich Zeit für den schon lang angekündigten Nachfolger My Island. Dieses Mal verschlägt es uns wie der Name sagt auf eine Insel, die wir immer wieder neu bebauen und das in acht Kapiteln zu je drei Partien, mit sich stetig entwickelnden Spielelementen und -regeln. Bietet uns die Insel dabei einen ebenso freudig-frustrierenden Optimierspaß wie ihn uns die Stadt beschert hat?

Triggerwarnungen

Keine typischen Trigger

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Spielablauf

Es gibt zwei Möglichkeiten My Island zu spielen: Die Legacy-Variante, die aus 24 aufeinander aufbauenden Kapiteln mit Regeln besteht, die sich beständig weiterentwickeln; ebenso verändern sich Spielplänen und -material. Sowie das Ewige Spiel, das die andere Brettseite verwendet und ein paar der Regeln einzelner Kapitel zusammenführt. Letzteres kann immer wieder gespielt werden und begegnet so der Kritik an Legacy-Spielen, Wegwerf-Produkte zu kreieren.

Karte umdrehen, anlegen – so einfach ist der Inselausbau.
Karte umdrehen, anlegen – so einfach ist der Inselausbau.

Ähnlich wie beim Vorgänger My City wird jeweils eine Karte aufgedeckt und dann legen alle gleichzeitig das dargestellte Plättchen auf ihrem Inselspielplan an. Doch nicht nur der Spielplan unterscheidet sich: Dieses Mal legen wir keine Polyominos (also Gebilde aus mehreren Quadraten) sondern Plättchen, die aus zwei, drei oder vier Hexfeldern bestehen. Diese zeigen unterschiedliche Spielelemente und beim Legen muss drauf geachtet werden, dass ein Element des neuen Teils an ein bereits liegendes angebaut wird.

Auf dem Plan der Insel gibt es dafür (von außen nach innen) Strand-, Heide-, Palmen- und Urwaldfelder. Zunächst dürfen Plättchen nur auf den Strand und die Heide gebaut werden. Das erste Plättchen muss dabei ein Strandfeld abdecken, die weiteren werden benachbart zum ersten Plättchen gelegt.

Gleiches zu Gleichem – ein Teil muss immer passend angelegt werden.
Gleiches zu Gleichem – ein Teil muss immer passend angelegt werden.

Eine Partie wird so lange gespielt, bis entweder niemand mehr legen kann, beziehungsweise möchte oder der Kartenstapel aufgebraucht ist. Dann werden die Punkte der Partie gezählt. Wer am meisten hat, bekommt zwei Fortschritte (Punkte für die Endwertung der Kampagne), die zweitplatzierte Person noch einen. Platz drei und vier erhalten zwar keine Punkte, dürfen dafür allerdings ihr Spielmaterial mit Aufklebern verändern, was ihnen in künftigen Runden neue Möglichkeiten eröffnet, an Punkte zu gelangen.

Vier verschiedene Farben/Typen, vier verschiedene Formen.
Vier verschiedene Farben/Typen, vier verschiedene Formen.

Die Plättchen selbst zeigen verschiedene Farben/Symbole. Es gibt gelbe Äcker, blaue Mauern, grüne Wege und braunrote Häuser. Im ersten Spiel gibt es jeweils einen Punkt für jedes direkt auf einem Strandfeld gebaute Haus. Jedes unbebaute Strandfeld am Spielende beschert hingegen einen Minuspunkt. Heidefelder sind also erst mal weniger wichtig. Ein Punkt kann jederzeit ausgegeben werden, um ein Plättchen nicht legen zu müssen. Was zu Beginn noch wenig attraktiv scheint, wird in späteren Spielen interessanter, aufgrund weiterer Möglichkeiten an Punkte zu gelangen. Damit dies auch direkt bei Beginn einer Partie möglich ist, wird jeweils bei zehn Punkten gestartet.

 

Wie bei Legacy-Spielen so üblich, können und wollen wir natürlich die weiteren Entwicklungen und Wendungen nicht vorwegnehmen und verzichten auf Spoiler. Die acht Kapitel begleiten die sukzessive Besiedlung und den Ausbau der Inseln. Jeweils drei Spiele werden mit leichten Änderungen absolviert, bevor ein neues grundlegendes Spielelement samt zugehörigem Material aus dem nächsten Umschlag geholt werden darf und die eher dünne „Geschichte“ weitergelesen wird. Bis zur 24. Partie wird also fleißig gelegt und geklebt in einem hoffentlich spannenden Rennen um die schönste Insel.

Ausstattung

Nur ein Minuspunkt, aber einige Strandhütten für Pluspunkte.
Nur ein Minuspunkt, aber einige Strandhütten für Pluspunkte.

Karten und Plättchen wie auch Holzklötzchen sind so, wie man es bei einem Kosmos-Titel erwarten darf. Der Papp-Einsatz ist recht hübsch aufgebaut – am Boden ist das Meer und an den vier Seiten ragen die vier Inseln empor. Da aber selten die großen Umschläge entfernt werden dürften, wird dieses nette Detail den meisten wohl entgehen. Die Regeln sind einfach und verständlich und für jede Partie/jedes Kapitel gibt es immer eine Übersicht, welche Regeln aktuell gelten und was wie viele Punkte einbringt. Es empfiehlt sich auch, dies vor jeder Partie noch einmal durchzugehen, gerade wenn die letzte Runde etwas länger her ist. So wird gewährleistet, dass niemand durcheinanderkommt, vor allem bei Regeln, die sich verändern oder gar komplett ersetzt werden.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Kosmos
  • Autor*in(nen): Rainer Knizia
  • Illustrator*in(nen): Michael Menzel
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 30 Minuten pro Spiel bei 24 Partien
  • Spieler*innen-Anzahl: 2 3 4
  • Alter: 10+
  • Preis: ca. 30 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Acht Kapitel-Umschläge laden ein, entdeckt zu werden.
Acht Kapitel-Umschläge laden ein, entdeckt zu werden.

Wer ist nicht – gerade in der kalten Jahreszeit – reif für die Insel? Familienfreundlich startet das erste Spiel mit wenigen, fast schon zu einfach erscheinenden Regeln. Ständig neue Elemente bringen aber bald Komplexität und uns dazu, unsere Strategien immer wieder anzupassen. Doch das Grundprinzip bleibt: Karte umdrehen, Plättchen angelegen und gegebenenfalls ärgern, dass es mal wieder nicht eins der drei Teile ist, auf die wir so dringend warten. Selten habe ich meine Mitspielenden so oft fluchen und verzweifeln hören, um dann am Ende eines Spiels mit gleicher Vehemenz direkt die nächste Partie einzufordern.

Eins von beiden soll da hin, allein es fehlt die Karte.
Eins von beiden soll da hin, allein es fehlt die Karte.

Hier steht My Island dem geistigen Vorgänger My City in nichts nach. Die Aufholmechanismen, die bei uns im Vorgänger oft dazu geführt haben, dass sich nach ein paar Kapiteln das Blatt wendete und die Letzten die Ersten wurden, scheinen hier teilweise nicht so stark ausgeprägt. Generell fühlt es sich weiterhin frustrierend an, nach einigen Partien immer noch keine Punkte für die Endwertung ausgemalt zu haben, auch wenn das eigene Spielmaterial von vielen schönen Stickern gesäumt wird. Leider bieten manche hiervon sogar nur einen zeitlich begrenzten Vorteil, was den Ausgleichscharakter gegenüber My City noch einmal schwächt. In späteren Kapiteln gibt es aber auch wieder Ziele, die von allen erfüllt werden können, sowie kleine Rennen um Nebenziele. So gibt es Möglichkeiten, auch für die weniger Erfahrenen ein paar Punkte aufzuholen.

Generell ist My Island eine schöne Variation der gleichen Grundidee mit etwas anderem Thema. Während beim Städtebauen alle Plättchen einfarbig waren, können die vielfarbigen neuen Teile jedoch schon mal verwechselt werden, was meist erst später auffällt. Hier sollte besonders drauf geachtet werden. Wir empfehlen zudem, einen Weg zu finden, um anzuzeigen, dass der eigene Zug abgeschlossen wurde und die nächste Karte gelegt werden kann. Das spart unnötige Downtime. Wir haben bei My City die passenden, wenn auch morbiden Tierfiguren (Wolf, Bär, Adler und Hirsch) aus Tainted Grail verwendet und diese in die Mitte gestellt. Da letzteres den Regalplatz räumen musste, helfen aktuell Tiermeeple aus Habitats, aber auch Schleich-Tiere oder neutrale Token wären denkbar. Wir können das Spiel bedenkenlos denen empfehlen, die bereits My City mochten, oder auch Spaß am kooperativen Legen von Landschaften bei Dorfromantik hatten. Daher erhält My Island vier von fünf malerischen Hütten am Strand.

  • 24 Kapitel Knobel-Legacy-Spaß
  • Immer wieder neue Regeln erhöhen den Wiederspielwert
  • Kurze Runden laden ein, direkt weiterzuspielen

 

  • Wutpotential, wenn mal wieder genau das falsche Teil kommt
  • Catch-Up-Mechanismen greifen bei stark unterschiedlichen Vorerfahrungen nur bedingt

 

Artikelbilder: ©Kosmos
Layout und Satz: Mika Eisenstern
Lektorat: Giovanna Pirillo
Fotografien: Daniel Hoffmann
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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