Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten

Im Zuge von Klimawandel und Umweltschutz wird auch das Thema Nachhaltigkeit politisch und gesellschaftlich immer aktueller. Die Zusammenfassung des Problems: Ressourcen werden knapper, und die Erde versinkt in Müll. Höchste Zeit, sich einmal im Rahmen des eigenen Hobbys damit auseinanderzusetzen – und ein paar Tipps für mehr Nachhaltigkeit im Cosplay zusammenzutragen.

Man braucht einen gewissen Wohlstand und ausreichend Freizeit, um cosplayen zu können. Wenn man bedenkt, dass Fahrten, Übernachtungen und Eintrittskarten zu und für Conventions dazukommen, kann man sich schnell ausrechnen: Cosplay ist Luxus.

Nun braucht der Mensch Unterhaltung, um dauerhaft glücklich zu sein. Der soziale Aspekt, der für viele Cosplayer die höchste Priorität bei der Ausübung von Cosplay hat, soll dem Hobby ebenfalls nicht abgesprochen werden. Aber an diese Dinge kommt man auch mit deutlich weniger Aufwand – und mit dem Verbrauch von deutlich weniger Ressourcen.

Alles Plastik, oder was?

Was haben Kanekalon (oder jedes andere Perückenmaterial), Thermoplasten und Polyester gemeinsam? Sie alle bestehen aus synthetischen Kunststoffen, oder besser gesagt: Sie sind Plastik. Sie alle werden vielseitig im Cosplay für die Kostümherstellung genutzt.

Plastik ist in unserem Alltag allgegenwärtig. Ein Leben frei von Plastik ist mit einem erheblichen Aufwand verbunden und erscheint in Industrieländern sogar beinahe unmöglich. Alles ist doppelt und dreifach verpackt. Eines der größten Probleme von Plastik ist, dass es (momentan) unüberwindbaren Müll produziert. Deshalb sollte jeder von uns versuchen, seinen Plastikverbrauch im Alltag zu reduzieren – der Umwelt zuliebe.

So möchte sicher kein Cosplayer den schönen See neben dem Gelände sehen © panaramka ukr net
So möchte sicher kein Cosplayer den schönen See neben dem Gelände sehen © panaramka ukr net

Was genau ist Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit beschreibt die Nutzung von (natürlichen) Ressourcen auf eine Weise, die sicherstellt, dass sie schneller regenerieren als wir sie aufbrauchen. Der Begriff wird zusätzlich auch mit der Idee in Verbindung gebracht, Müll zu reduzieren und vor allem Plastik zu vermeiden.

In unserer Konsum- und Wegwerfgesellschaft geht uns der Blick für ein ressourcenschonendes Leben öfter einmal verloren. Oder wird, wie in den aktuellen „Fridays for Future“-Debatten gezeigt, von manch einem scheinbar einfach ignoriert. Zum Glück ist jedoch im Laufe der letzten Jahre das Bewusstsein für diese Themen in der Gesellschaft immer mehr gestiegen. Da kommt manchmal die Frage auf: Wenn wir doch eigentlich Bescheid wissen, warum tun wir dann nichts?

Warum uns das Handeln so schwerfällt

Schon mal von der Status-quo-Verzerrung gehört? Vermutlich nicht, aber das ist nicht weiter schlimm. Das Wort ist eigentlich nur ein Fachbegriff für das, was uns alte Sprichwörter schon lange wissen lassen. „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“, heißt es zum Beispiel. Das bedeutet eigentlich nur eines: Wir Menschen mögen es, wenn Dinge geregelt ablaufen.

Im Zusammenspiel mit anderen kognitiven Verzerrungen (also Effekten, in denen das eigene Gehirn uns quasi austrickst und unlogisch handeln lässt), sorgt die Status-quo-Verzerrung dafür, dass wir nichts gegen alte Gewohnheiten tun. Obwohl wir wissen, dass etwas falsch läuft.

Gewohnheiten machen es uns so schwer, umzudenken © Feodora52
Gewohnheiten machen es uns so schwer, umzudenken © Feodora52

Was jetzt vielleicht wie eine verwirrende Abschweifung vom Thema dieses Artikels klingt, soll eine wichtige Sache zeigen. Umdenken ist (leider) eine aktive Entscheidung, für die man manchmal mit sich selbst kämpfen muss. Wir handeln öfter irrational, als wir uns bewusst sind. Jeder von uns kann etwas tun, um das Hobby nachhaltiger zu gestalten.

Was wir besser machen können

Meckern allein hilft bekanntlich nur selten. Die Verantwortung liegt bei jedem Einzelnen – es gilt, dem irrationalen Denken zu trotzen. Deshalb haben wir ein paar Tipps für euch, wie man Cosplay als Hobby etwas nachhaltiger gestalten kann. Wichtig ist, dass hier gilt: Auch kleine Schritte helfen. Niemand wird über Nacht zum Heiligen, und Cosplay komplett klimaneutral zu betreiben hieße vermutlich, es gänzlich sein zu lassen. Aber vielleicht können wir euch ja inspirieren, die eine oder andere Idee in euren Cosplayalltag zu integrieren.

Regional shoppen

Was für Gemüse gilt, gilt auch für Bastelmaterialien. Vor Ort shoppen ist deutlich umweltfreundlicher, als Waren aus der Ferne zu bestellen. Natürlich wächst Baumwolle nicht in Mitteleuropa, und auch die meisten Kurzwaren werden in Fernost hergestellt. Aber immerhin kommen die meisten Produkte in den Läden in großen Mengen über das Meer statt im winzigen Paket mit zusätzlichem Verpackungsmüll. Und so verringert sich der ökologische Fußabdruck der neuen Packung Ziernieten (und stärkt zusätzlich den Erhalt von lokalen Geschäften – doppelter Sieg).

Ja, manchmal findet man in den hiesigen Stoffläden einfach nicht das, was man braucht. Besonders dann nicht, wenn man aus eher ländlicheren Gegenden kommt. Ja, meistens bedeutet vor Ort shoppen auch, den einen oder anderen Euro mehr auszugeben. Aber es lohnt sich, mit einer Einkaufsliste für die nächsten Cosplays sowie etwas Enthusiasmus zum Stoffmarkt zu fahren. Denn vor Ort kann man vergleichen, die Qualität prüfen, und wenn wir ehrlich zu uns sind, macht shoppen meistens auch einfach Spaß.

Gerade Werkzeuge und Rohstoffe für die Kostüme kann man oft gut regional einkaufen © haveseen
Gerade Werkzeuge und Rohstoffe für die Kostüme kann man oft gut regional einkaufen © haveseen

Übrigens kann man den Begriff „regional“ hier auch gerne etwas weiter fassen: Bestellt eure Perücken doch möglichst aus Europa statt aus Asien. Mittlerweile findet sich auch innerhalb der heimatlichen Grenzen ein ausreichendes Angebot. Werdet kreativ bei der Suche und schaut nach Spezialläden, wenn die großen Online-Händler oder Kaufhausketten das Gewünschte nicht führen. Meistens wundert man sich, was es hierlles im Überfluss gibt.

Und wenn es dann doch einmal eine Bestellung aus Übersee sein soll: Warum nicht Freunde zusammensuchen und eine Sammelbestellung aufgeben? Dann kann man sich auch gleich die Versandkosten teilen und spart so etwas Geld.

Kostüme auch mal öfters tragen

Mit Ressourcen bewusst umzugehen und sie bestmöglich zu nutzen, bedeutet vor allem, sie langlebig zu halten. Wieso nicht also das neue Cosplay von Anfang an für mehrere Conventions und Shootings einplanen? Ja, es fällt manchmal bei all den großartigen Plänen schwer, sich nicht nach der Fertigstellung eines Cosplays sofort auf das nächste zu stürzen. Fast jeder Cosplayer hat wohl diese schier endlose Liste an Kostümen, die umgesetzt werden wollen. Und dann ist da noch der aktuellste Hype …

Umweltbewusste Helden tragen ihr Kostüm oder Teile davon mehrfach! © Teilzeithelden
Umweltbewusste Helden tragen ihr Kostüm oder Teile davon mehrfach! © Teilzeithelden

Trotz alldem hat es auch seine Vorteile, die eigene Kostümaufstellung zu reduzieren und Cosplays öfters zu tragen. Dadurch wird man selektiver, was Herstellung und Charakterwahl angeht – und so meist auch zufriedener mit dem Endresultat. Wenn das nächste Mal jemand aufgeregt auf der Convention auf einen zukommt und fragt, wann man das Kostüm denn das nächste Mal trage, hat man gleich die Antwort parat.

Recycling, Upcycling und Textilcycling

Das Wiederverwerten von ausrangierten Klamotten oder Kostümteilen ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern schont auch noch den Geldbeutel. Das kann zum Beispiel bedeuten, den Reißverschluss aus einem alten Teil herauszutrennen, um ihn dann im neuen Kostüm wiedereinzusetzen. Oder man sucht auf Flohmärkten und dedizierten Internetplattformen wie Kleiderkreisel oder Shpock nach Second-Hand-Kleidung, die man für das eigene Kostüm verwerten kann.

Das gilt übrigens auch für Second-Hand-Kostüme. Einem anderen Cosplayer das mühevoll gestaltete Kostüm abzukaufen, erhöht die Langlebigkeit des Kostüms und erfreut den alten wie neuen Besitzer. Vielleicht findet sich ja sogar unter den Jecken ein neuer Träger? Zu Karneval sind besonders der Populärkultur zugehörige Kostüme sehr beliebt.

Der Weg ist das Ziel

Für die Reise zu Conventions nimmt so mancher Cosplayer weite Wege auf sich. Hier lohnt es sich besonders, etwas genauer auf den eigenen ökologischen Fußabdruck zu schauen, wenn man nachhaltiger mit dem Hobby umgehen möchte. Muss ich wirklich mit dem Auto fahren oder gar fliegen? Oder kann ich auch einen Zug oder Bus buchen?

Auch bei der Anreise zur Convention kann man umweltbewusst agieren © JANIFEST
Auch bei der Anreise zur Convention kann man umweltbewusst agieren © JANIFEST

Wenn es doch das Auto sein soll: Gibt es vielleicht in meinem Umkreis Freunde oder Bekannte, die auch zur Convention fahren möchten und mit denen man sich die Fahrtkosten teilen könnte?

Falls man niemandem im Bekanntenkreis findet, sind Mitfahrerplattformen wie BlaBlaCar ein guter Weg – als Fahrer wie auch als Mitfahrer. Und auch am Conventiontag selbst ist es oft gut, das Auto in der Nähe der Unterkunft stehen zu lassen und die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen.

Weitere Tipps & Tricks

Man kann sicherlich noch einiges mehr tun. Unsere Liste ist keinesfalls als vollständig zu betrachten, und auch wir können noch viel dazulernen. Zum Abschluss gibt es deshalb noch ein paar kleinere Tricks, die eigentlich keiner großen Erklärung bedürfen:

  • Auf waschbare Kleidung oder Kostümteile überall dort achten, wo das Cosplay eng am Körper anliegt. Wer dies gut im Voraus plant, erhöht die Langlebigkeit seines Kostüms enorm.
  • Recycling ist auch bei Hilfsmitteln eine gute Idee: Zeitungspapier funktioniert beispielsweise einwandfrei, um Schnittmuster zu erstellen. Und Schneiderkreide ist umweltschonender als Zaubermarker. 
  • Kunststoff gegen Naturmaterialien tauschen: Baumwolle und Leinen sind – im Gegensatz zu Plastikfasern wie Polyester – biologisch abbaubar.
  • Freunde mit ins Boot holen: Du brauchst doch nur die Hälfte der gekauften Borte? Die halb angebrochenen Packungen an Kurzwaren stapeln sich schon bei dir? Wie wäre es also mit einer kleinen Materialtauschbörse im Freundeskreis?

 

Und was tust du?

Zugegeben, das alles klingt jetzt so, als wollten wir einen Zeigefinger erheben. Ein bisschen stimmt das auch. Klimaschutz und Nachhaltigkeit sind wichtige Themen, zu denen jeder etwas beitragen muss, damit es uns auch zukünftig noch gut geht.

Deshalb bleibt an dieser Stelle nur noch zu wiederholen: Auch die kleinsten Schritte helfen. Wir alle können etwas tun, auch wenn es manchmal schwerfällt. Wenn wir uns dann noch gegenseitig darin bestärken, auch beim Cosplay ein Auge auf das Thema Nachhaltigkeit zu haben, steht einer Verbesserung des Umstandes nichts mehr im Weg.

Dieser Beitrag ist Teil der Kampagne

Artikelbilder: Stockart|depositphotos, Einzelbilder: Wie gekennzeichnet. Titelbild: © Rawpixel

12 Kommentare

  1. Cosplay ist ja schon allein dadurch umweltverträglicher als 905 aller Mode, weil die Cosplayer ihr eigener Sweatshop sind, nach hiesigen Normen und mit hiesigen Mitteln ihre Kostüme produzieren, krankenversichert und ohne Kinderarbeit und Sklaverei.

    An die Giftstoffe die vermutlich beim durchschnittlichen Primark Produkt in die Produktion gehen käme man hier ja nicht einmal ran, wenn man wollte.

  2. ich denke schon, dass Cosplay und Nachhaltigkeit vereinbar sind, allerdings sehe ich ebenfalls, wie die Gelände der con nach einer veranstaltung aussehen. Auf der Dokomi der Nordpark, in kassel der Park neben dem Palais. Viele Cosplayer sind aufmerksam, räumen ihren Kram weg, andere hingegen lassen alles fallen, wo sie gehen und stehen, schmeißen ihren BubbleTea Becher ins Blumenbeet und trampeln auch rücksichtslos alles nieder, um das perfekte Foto zu machen. Gut, dass ihr da auch hinterher seid, die Szene auch ein bisschen zu sensibilisieren. Um es mal nett auszudrücken.

  3. Nö. Nachhaltig ist es nicht, es werden Resourcen für Quatsch verbraucht. Aber naja wo fängt Quatsch an? Plastik Miniaturen, ein grosser Fernseher, SUV Mammis die im 2 Tonner ihren Spross in den Kindergarten gurken, Tonnenweise wegwerf Kleidung bei Primark einkaufen?
    Ich könnte zumindest in meinem Beispiel auf Cosplay, Primark und besonders die SUVs ganz locker verzichten. Bei Miniaturen wird es schon schwieriger für mich.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein