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Unter den deutschen Conventions für Phantastik und Rollenspiele ist der DreieichCon bereits seit Langem eine feste Größe. Im November 2020 wird die Veranstaltung gleich zwei besondere Jubiläen feiern. Grund genug, mit der Orga der Convention über die Highlights des vergangenen Jahres und Pläne für die nahe Zukunft zu sprechen.

Der November 2020 stellt für das Orga-Team des DreieichCons einen ganz besonderen Monat dar. Die Convention wird nicht nur 25 Jahre alt, sondern findet seit Bestehen auch zum 30. Mal statt. Die Teilzeithelden haben diese bevorstehenden Jubiläen zum Anlass genommen, um mit Laura Schobel über den DreieichCon 2019, Pläne für die kommende Veranstaltung und Orgaarbeit im Allgemeinen zu sprechen.

Laura Schobel
Laura Schobel

Laura ist mit 24 Jahren das “Küken” im Kernorga-Team. 2016 begann ihre Laufbahn mit dem Bewachen des Hinterausgangs in einem etwa knielangen, zeltartigen Helfer-Shirt. Gleichzeitig war dies auch ihr erster DreieichCon, denn obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Jahren leidenschaftliche Rollenspielerin und nur einen Katzensprung entfernt von Dreieich aufgewachsen war, hatte sie bislang nie etwas von der Veranstaltung gehört.

In den Folgejahren wurde ihr Bändchenkontrolldienst in das vom DreieichCon genutzte Stadtcafé verlegt, und 2018 konnte sie sich am Infostand austoben. Im gleichen Jahr wurde ihr angeboten, im Bereich Social Media auszuhelfen. Was als reine Zuarbeit begann, ist inzwischen zu Lauras Hauptfunktion im Team geworden. Sie verwaltet als Bereichsleiterin sämtliche Social-Media-Kanäle der Veranstaltung, übernimmt darüber hinaus Schreibarbeiten, fungiert für Aussteller als Ansprechpartnerin und engagiert sich als eine von zwei Koordinatoren im Con-Team.

Teilzeithelden: Hallo Laura, danke, dass du dir die Zeit nimmst, mit uns zu sprechen. Der DreieichCon 2019 war nicht nur in puncto Besucherzahlen, sondern auch bei den angebotenen Spielrunden bemerkenswert. Wie viele Gäste durftet ihr im November begrüßen?

Laura: Wir hatten 2019 mit rund 1.500 Besucher*innen den bislang größten DreieichCon seit Bestehen der Veranstaltung. Da jedoch bei mehrtägigen Veranstaltungen zwei verschiedene Zählweisen kursieren, muss man dazu sagen, dass wir unsere Besucher mit Zwei-Tages-Ticket nur einfach zählen, andernfalls kämen wir auf 2.700 Besucher*innen. Nichtsdestotrotz sind wir damit, nach dem NordCon, die zweitgrößte freie Con für phantastische Spiele und Literatur in Deutschland, und mit über 200 Spielrunden hat uns der letzte DreieichCon sogar zur größten Pen-&-Paper-Rollenspiel-Convention im deutschsprachigen Raum gemacht. 

Teilzeithelden: Eine wirklich bemerkenswerte Leistung. Sind neben den in der Szene allgemein bekannten Rollenspielen besondere Regelsysteme oder Rollenspielevents angeboten worden?

Laura: Von Seiten der Orga werden keine Spielrunden oder Rollenspielevents initiiert. Wir verwalten und organisieren lediglich die von Spielleiter*innen angebotenen Runden. Dementsprechend sind wir bei besonderen Spielevents auf die Kreativität unserer Spielleiter*innen angewiesen. Aber natürlich sind wir was tolle Events betrifft für Alles offen.

Neben den Besucher*innen steht es selbstverständlich auch den Verlagen frei, selbst Demorunden anzubieten. 2019 haben wir uns zum Beispiel über Runden für Private Eye mit Ulrike Pelchen von Redaktion Phantastik, MILAN mit Tabitha Urban und New Hong Kong Story mit Christian Blaßmann vom Black Mask Verlag gefreut.

Blick von der Bühne in den Großen Saal
Blick von der Bühne in den Großen Saal

Teilzeithelden: Also jede Menge Gelegenheiten zum Spielen für alle Besucher*innen. Welche Angebote hat euer Programm über die Spielrunden hinaus enthalten?

Laura: Auf dem jüngsten DreieichCon haben wir zwei Räume ausschließlich für unsere Programmpunkte geblockt. Somit hatten wir in beiden innerhalb von zwei Tagen insgesamt 15 Stunden durchgängig Programm. Dabei kamen wir auf 25 Programmpunkte: 12 Workshops/Vorträge, 10 Lesungen, 2 Podiumsdiskussionen und eine Preisverleihung.

Unsere Highlights und die am besten besuchten Programmpunkte waren die Verleihungen des Szenepreises PEN&P, liebevoll auch Goldener Stephan genannt, die erstmalige Vergabe des von uns gestifteten PEN&P-Sonderpreises für besondere Verdienste um die Rollenspiel-Szene durch Philipp Lohmann von nerds-gegen-stephan.de, die Lesung aus dem siebten Band der Phileasson-Saga von Robert Corvus und Bernhard Hennen sowie die Ulisses-Präsentation zu der neuen DSA-Kampagne Sternenträger, die ihre “Geburtsstunde” durch Ideen unserer Con-Leitung, Christian de Ahna, gewissermaßen auf dem DreieichCon 2016 hatte.

 Teilzeithelden: Konntet ihr besondere Gäste begrüßen?

Laura: Es mag wenig verwundern, dass wir vor allem viele Gäste aus der Rollenspielszene begrüßen durften. Neben unserem Premium-Partner Ulisses, der wieder mit großem Verkaufsstand und vielen Programmpunkten vertreten war, waren auch wieder zahlreiche weitere Rollenspielverlage dabei. An dieser Stelle möchte ich Nikolas Tsamourtzis mit seinem Rollenspiel ULTIMA RATIO – Im Schatten von MUTTER sowie Tabitha und Malissa Urban mit ihrem Rollenspiel MILAN hervorheben, die nicht nur ihre eigenen Rollenspiele auf den Markt gebracht haben, sondern auch zum ersten Mal als Aussteller dabei waren.

Besonders haben wir uns auch über Jörg Podlinski, den Bildungsreferenten und Geschäftsführer der Waldritter Südwest und seine vier wunderschön gewandeten “Löwenritter” gefreut, die sogar zum ersten Mal überhaupt auf einer Pen-&-Paper-Convention waren und unbedingt wieder dabei sein möchten. Zudem hatten wir einen “Special Guest” aus Portugal mit an Bord: João Paulo Santos, den Creator of Mass Effect d20 – a fanbased Mass Effect tabletop RPG. Sogar der ein oder andere aus unserem Orga-Team konnte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen und spielte während der eigenen Veranstaltung eine Mass Effect P&P-Runde mit João. 

Teilzeithelden: In der Rollenspielszene werden immer wieder Unkenrufe laut, die besagen, es gäbe keinerlei Nachwuchs mehr und das Hobby und die entsprechenden Conventions würden aussterben. Als Orga seid ihr durchgehend mit der Szene in Kontakt. Wie nehmt ihr die Entwicklung der Szene wahr? Tut ihr etwas für die Nachwuchsförderung?

Laura: Ich denke hierbei muss man immer zwischen Rollenspieler*innen und Con-Gänger*innen unterscheiden. Ersteres ist für uns nur schwer zu erfassen. Wenn ich aber alte Geschichten von Rollenspiel-Conventions höre, die sich meistens irgendwann während meiner Kindergartenzeit zutrugen, habe ich leider immer wieder das Gefühl, dass die eigentliche Blütezeit dieser Szene irgendwie vorbei ist, ehe sie für mich richtig beginnen konnte.

Workshop: „Waffen und Rüstungen in der Fantasy und in der Geschichte” von Andrej Pfeiffer-Perkuhn in der Arena der Stadtbücherei Dreieich
Workshop: „Waffen und Rüstungen in der Fantasy und in der Geschichte” von Andrej Pfeiffer-Perkuhn in der Arena der Stadtbücherei Dreieich

Auf der anderen Seite sehe ich wie viele, gerade junge Leute, sich für dieses phantastische Hobby begeistern lassen. Viele von ihnen spielen bereits seit Jahren in ihren heimischen Wohnzimmern, haben aber noch nie von einer Veranstaltung wie unserer gehört. Eine traurige Geschichte, wie sie leider auch auf mich und meinen gesamten nerdigen Freundeskreis zutrifft.

Ohne die genauen Zahlen zu kennen, ist meine Wahrnehmung, dass die Rollenspielszene im Allgemeinen relativ konstant geblieben zu sein scheint, während die Zahl der Rollenspieler, die tatsächlich Conventions besuchen, gefallen ist. Ein nicht zu unterschätzender Punkt ist dabei die in meinen Augen leider lange verpasste Nachwuchsförderung. Die Spieler*innen im Alter von 15-25 Jahren sind auf vielen Rollenspiel-Conventions beinahe nicht anzutreffen. Vor 10-20 Jahren dürfte das noch ganz anders ausgesehen haben.

Uns liegt dieses Thema sehr am Herzen, daher reden wir nicht nur seit 2017 jeden DreieichCon-Samstag in Form einer Podiumsdiskussion über Nachwuchsförderung, sondern versuchen in unserem Rahmen auch aktiv Ergebnisse umzusetzen. So pflegen wir bereits seit Jahren Kooperationen zu Organisationen wie dem ansässigen Leseclub für Jugendliche JuLiD oder der Dragon Legion e.V. und versuchen diese in unser Programm oder sogar in unser Team einzubinden. Viele unserer jungen Helfer*innen sind über die Jugendliteraturjury JuLiD zu uns gekommen und haben Pen & Paper bei uns kennen und lieben gelernt.

Darüber hinaus laden wir entsprechende Vereine, wie zuletzt den Waldritter e.V. oder den Rollenspielverein Kurpfalz, zu uns ein und versuchen unsere Reichweite im jüngeren Publikum zu erhöhen – digital durch Social Media und vor Ort durch die Con-Tour unseres Messe-Teams. Dabei wollen wir nicht nur als DreieichCon Präsenz zeigen, sondern gerade auf den Nicht-Rollenspiel-Veranstaltungen wie Comic- und Cosplay-Conventions unser Hobby vorstellen, für es werben und somit ein wenig Missionarsarbeit betreiben. 

Teilzeithelden: So große Ziele kann man nicht ohne ein entsprechendes Team bewältigen. Wie viele Personen waren von Seiten der Orga am Con beteiligt?

Laura: Mit dem Begründer des DreieichCons, Christian de Ahna, der nach wie vor die Con-Leitung übernimmt, sind wir ein 6-köpfiges Kernorga-Team. Zählt man die verschiedenen Bereichsleiter dazu, kommen wir dann insgesamt auf rund ein Dutzend Personen in der Orga.

In Summe waren am DreieichCon-Wochenende 2019 inkl. der Stadtbücherei, dem Bürgerhaus und unserem Helfer-Team etwa 90 fleißige Bienchen an der Durchführung der Veranstaltung beteiligt. 

Teilzeithelden: Und sicher wird jedes Teammitglied gebraucht, um die Veranstaltung zu einem vollen Erfolg zu machen. Was sind deiner Erfahrung nach die größten Herausforderungen, wenn man einen eigenen Con veranstaltet?

DreieichCon-Tasse 2019
DreieichCon-Tasse 2019

Laura: Mal davon abgesehen, dass man irgendwann glaubt, dass es für das richtige Con-Feeling tatsächlich Schlafmangel braucht, empfinden wir Kommunikation sowie die eigenen Zeit- und Qualitätsvorstellungen als die größten Herausforderungen. Wir bauen derzeit unser Team weiter aus und etablieren neue Bereiche. Dadurch erreicht man zwar eine Verteilung der Arbeit auf mehr Schultern, mehr Schultern bedeuten in diesem Fall aber auch mehr Personen, mit denen man in Kontakt stehen muss. Wir sind in der Vergangenheit mit dem “Stille-Post-Prinzip” recht weit gekommen, aber man kann sich das Leben auch einfacher machen, weshalb sich aktuell der “junge Teil” unserer Orga diesem Thema widmet.

Zu den eigenen Zeit- und Qualitätsvorstellungen kann ich nur meine erste Lektion, die ich als frischgebackene Orga lernen musste, wiederholen – auch wenn ich sie zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht hören wollte: 80% sind vollkommen in Ordnung. Auch wenn es sich manchmal nicht danach anfühlt, arbeitet unser Team ehrenamtlich und das sollte im Zweifelsfall immer nach Gesundheit, Familie und jenem Job kommen, der einem am Ende des Monats die investierte Arbeitszeit tatsächlich in Geld verwandelt. Für mich und alle anderen kleinen Perfektionisten ist das ein Punkt, den man erst mal akzeptieren muss.

Teilzeithelden: Solche Lektionen sind in der Tat häufig schwer zu verinnerlichen. Schließlich gibt es auch viele positive Seiten an der Tätigkeit, oder? Welche Teile deiner Arbeit liegen dir besonders am Herzen?

Laura: Natürlich liegt mir meine Abteilung, sprich der Bereich Social Media, besonders am Herzen. Mit dem Zugang zu den DreieichCon-Accounts hat mir der bisherige Verwalter, Thorsten Schreck, sowie der Rest der Orga einen riesigen Vertrauensvorschuss gewährt. Dieser Aufgabe verdanke ich es schlussendlich auch, dass der DreieichCon ein fester Bestandteil meines Alltags geworden ist.

Mir macht diese Arbeit, gerade in Kombination mit den vielen Con-Besuchen durch unser Messe-Team, unsagbar viel Freude. Es ist schön, zumindest in einem kleinen Rahmen Problemlöser für alle möglichen Anfragen von Besucher*innen, Spielleiter*innen und Aussteller*innen zu sein, die in der Regel bei mir auf Facebook landen, wenn die Con-Leitung in der Hochphase mit den Mails kaum noch hinterherkommt.

Teilzeithelden: Nach dem Con ist also vor dem Con. Was erwartet eure Gäste denn 2020? Welche Ziele habt ihr euch für euer großes Jubiläum gesteckt?

Thorsten Schreck (DreieichCon Kernorga, Programmgestaltung) in einer “Mass Effect d20 - a fan based Mass Effect tabletop RPG” Runde mit dem Erfinder João Paulo Santos.
Thorsten Schreck (DreieichCon Kernorga, Programmgestaltung) in einer “Mass Effect d20 – a fan based Mass Effect tabletop RPG” Runde mit dem Erfinder João Paulo Santos.

Laura: Da wir in diesem Jahr mit unserem 25-jährigen Bestehen und dem 30. DreieichCon nicht nur ein, sondern gleich zwei Jubiläen zu feiern haben, müssen wir wohl mit ein paar Specials aufwarten. Das Programm für unser doppeltes Jubiläum am 21.-22. November 2020 ist derzeit noch in Planung und kann, darf und soll an dieser Stelle noch nicht zu sehr thematisiert werden. Es ist wohl aber nicht zu viel verraten, wenn ich darauf hinweise, dass gerade die DSA-Elfen irgendwie schon Tradition bei uns haben. Ansonsten verweise ich auf unsere Social-Media-Accounts, die ich mit entsprechenden Ankündigungen versorgen werde, sobald diese spruchreif sind.

Teilzeithelden: Die Erfolgsgeschichte geht also weiter. Was wünscht ihr euch als Team für die kommenden Jahre?

Laura: Neben all den Neuerungen, die es schlichtweg braucht, wenn man nicht auf der Stelle treten will, möchten wir natürlich auch Traditionen, die den Charakter und Charme des DreieichCons ausmachen, bewahren. Diesen Spagat zwischen Innovation und Altbewährten würden wir gerne auch in Zukunft schaffen. Nichtsdestotrotz haben wir in Sachen Jugend- bzw. Nachwuchsförderung in der Rollenspielszene noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht und möchten in diesem Bereich gerne noch aktiver werden.

Teilzeithelden: Vielen Dank für deine Zeit und das angenehme Gespräch. Uns bleibt nichts weiter, als euch für den DreieichCon 2020 und alle folgenden Veranstaltungen alles Gute zu wünschen. Gibt es etwas, das du unseren Leser*innen zum Abschluss mit auf den Weg geben möchtest?

Laura: An dieser Stelle würde ich gerne indirekt das Wort an Niklas, meine erste Verstärkung im Social-Media-Team, weitergeben. Niklas ist ein wunderbares Beispiel für einen langjährigen Rollenspieler, der Pen & Paper nur aus dem heimischen Wohnzimmer kannte. Erst als er von der Orga der “DreieichCon-Poké-Liga” – ein Spin-Off-Event der “GrugaPark Poké-Liga”, das 2019 erstmals in gemeinsamer Kooperation bei uns stattfand – als PokéTuber eingeladen wurde, verschlug es ihn auf seine erste Rollenspiel-Convention.

Seine Eindrücke von seinem ersten DreieichCon hat er in einem Video zusammengefasst, das ihr euch anschauen solltet, wenn euch der DreieichCon noch unbekannt ist.

 

Artikelbilder: Rogar Murmann, Tobias Brinke, Thorsten Schreck, Bearbeitet von Verena Bach

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