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Mit Crypt Hunters – Jagd in der Geistergruft bringt Games Workshop ein „Labyrinthbauspiel“ in die Regale einzelner Läden. Darin erkundet eine Truppe der Stormcast Eternals ein unterirdisches Labyrinth, ständig bedroht durch gegnerische Geister. Ob das Spiel überzeugen kann, lest ihr in unserer Rezension.

Wie beispielsweise auch Blitz Bowl Season 2 ist der Dungeon Crawler Crypt Hunters nicht bei Games Workshop selbst oder im Fachhandel zu finden, sondern exklusiv bei ausgewählten Einzelhändlern, namentlich Thalia, Mayersche und EMP. Blitz Bowl konnte uns voll überzeugen – wir sind gespannt, ob das sogenannte Labyrinthbauspiel mithalten kann.

Thematisch geht es in beziehungsweise unter die Stadt Glymmschmiede. Dort soll die größte Gefahr für die Stadt lauern, ein Labyrinth aus Gräbern und Mausoleen, welches auch „Zehntausend Grüfte“ genannt wird. Darin finden sich Schätze und Geister, aber besonders ist, dass sich das Labyrinth verändert.

Die Stadt wird nun belagert, da der Gott des Todes, Nagash, mittels Todesmagie dafür sorgt, dass sich in den Reichen der Spielwelt von Warhammer – Age of Sigmar böse Geister erheben. Die einzige Hoffnung ist ein Relikt namens Hyshianischer Erleuchter, welches sich im Labyrinth unter der Stadt befindet. Mit diesem lassen sich die Untoten durch Lichtmagie bannen. So machen sich drei Castigatoren der Stormcast Eternals mit ihrem Gryph-hound auf den Weg in die Zehntausend Grüfte …

Spielablauf

Im Spiel steuert eine Person die Stormcast Eternals, während die andere die Geister (Chainrasp Hordes der Nighthaunt) kontrolliert. Das Spiel findet auf Hexagon-Feldern statt, die aneinandergelegt werden.

Aufbau

Jede Seite bekommt die entsprechenden Charakterkarten (wobei jene der Geister rein dekorativ sind und keine Spielwerte enthalten), sämtliches Spielmaterial wird griffbereit gelegt. Von den 32 Gruftfeldern wird das Treppenfeld aussortiert (nur im Kampagnenspiel benötigt), das Startfeld kommt mitsamt allen vier Stormcasts auf den Tisch. Das Feld mit dem Hyshianischen Erleuchter kommt nach ganz unten, die restlichen Gruftfelder werden gemischt und kommen verdeckt darauf.

Jede Seite bekommt drei Kraftkarten vom jeweiligen Stapel als Handkarten, dann werden Gruftfelder an das Startfeld angelegt, so wie es generell jede Runde vor dem Aktionsfenster der Stormcast Eternals geschieht.

Zug der Stormcast Eternals

Startaufbau ist fertig, die Stormcasts stehen bereit!

Zu Beginn jeder Runde werden Gruftfelder an die Stellen angelegt, zu denen Stormcast-Modelle eine Sichtlinie hätten, also in gerader Linie. Sobald eine Abbiegung kommt, geht die Sichtlinie nicht weiter. Gezogen und angelegt werden die Gruftfelder von der*dem Nighthaunt-Spielenden.

Danach kann jede Figur der Stormcast einmal aktiviert werden, mit jeweils zwei Aktionen – entweder bewegen oder ein Feld, zu dem Sichtlinie besteht, angreifen. Die vier Charaktere unterscheiden sich dabei alle ein wenig – so kann sich der Gryph-hound statt einem zwei Felder weit bewegen, aber nur angrenzende Felder angreifen, ein Castigator hat 1 LP mehr (3 statt 2), eine andere 1 Angriffswürfel mehr (3 statt 2). Anführer Orris kann jede Runde einmal, nachdem ein Stormcast eine Aktion durchgeführt hat, ein anderes Teammitglied frei bewegen oder angreifen lassen.

Tiefergehend sind die Unterschiede jedoch nicht – auch das Spielgefühl ist nicht wesentlich anders. Beim Attackieren werden die speziellen sechsseitigen Würfel geworfen (im Schnitt 2), beim Blitzsymbol (auf drei der sechs Seiten) wird einer der Geister auf dem Zielfeld entfernt.

Die ersten Schritte sind gegangen, die ersten Geister sind auch schon da.

Zug der Nighthaunt

Dumm gelaufen – zwei Spielfelder sind vorhanden, eines verschwindet mitsamt aller Figuren.

Nachdem alle Stormcasts einmal dran waren, wird geprüft, ob Felder entfernt werden. Schnell und einfach: Alle Felder, zu denen kein Stormcast-Modell eine Sichtlinie hat oder hätte, wenn die Figur ein Feld weit bewegt würde, werden entfernt. Sollten dadurch zwei oder mehr voneinander getrennte Spielbereiche entstehen, werden alle Spielbereiche bis auf eines ebenfalls entfernt – die Entscheidung wird von der*dem Stormcast-Spielenden getroffen. Alle Modelle, die auf entfernten Gruftfeldern standen, werden ebenfalls entfernt und sind verloren. Was bei den Geistern nicht ganz so schlimm ist: Entfernte werden immer in den Vorrat gestellt und können als die generischen Geister, die sie sind, immer wieder neu ins Spiel kommen.

Autsch – zwei Geister, zwei Wunden.

Nun folgen die Verstärkungen der Geister. Auf jedem Feld ohne Figuren, bei denen nicht jeder Weg mit einem weiteren Feld verbunden ist, wird pro offenem Weg ein Geist aufgestellt. Sind bereits vier oder mehr Nighthaunts auf dem Spielfeld, darf das Dreadwarden-Modell statt einem normalen Nighthaunt aufgestellt werden. Wenn dieses im Spiel ist, haben die Geister in ihrem Zug vier Aktionen, ansonsten nur drei.

Mit diesen Aktionen kann sich ein Geist auf ein angrenzendes Feld bewegen (auch durch Wände hindurch), beliebig weit schweben auf ein Feld mit Sichtlinie oder angreifen. Kleine Besonderheit: Beim Angriff greifen alle Geister auf dem Feld an – es kann sich also lohnen, mehrere zusammen zu platzieren (was aber natürlich auch bedeutet, dass ein Stormcast potenziell mehrere auf einmal angreifen kann). Dabei wird für jeden Geist ein Würfel geworfen, wobei ein geworfener Totenkopf (auf zwei der sechs Seiten) eine Wunde zufügt.

Kraftkarten und Sonderfelder

Für jede Seite gibt es jeweils 10 Kraftkarten. Zu Beginn erhalten die Spielenden drei als Handkarten; jede Runde kann eine ausgespielt werden. Darunter sind beispielsweise extra Bewegung oder zusätzliche Würfel, aber auch Sonderregeln wie Feldfähigkeiten ignorieren, Schaden blocken oder ein Feld für eine Runde versperren.

Eine beispielhafte Hand mit Kraftkarten

Wann, wodurch und ob Karten nachgezogen werden, verrät die Anleitung nicht – wir haben dies am Rundenende gemacht. Da die restlichen Kraftkarten griffbereit liegen sollen und die Anleitung zumindest aussagt, dass die Spielenden drei Handkarten haben, sind wir davon ausgegangen, dass wohl immer auf drei nachgezogen wird. Die meisten Karten sind von den Ausspiel-Bedingungen generisch genug, dass tatsächlich nahezu jede Runde eine Karte gespielt werden kann.

Bei den Gruftfeldern selbst gibt es einige mit Sonderregeln. Diese fügen bei Betreten mit Würfelpech Schaden zu, kosten extra Bewegung oder bringen zusätzliche Geister ins Spiel. Auf jeden Fall müssen die Stormcasts das Winde-Feld finden und betreten, um einen Marker zu erhalten, der Voraussetzung ist, um das letzte Feld mit dem Relikt betreten zu dürfen. Dabei ist es egal, ob der Charakter, welcher den Marker erlangt hat, überhaupt noch am Leben ist.

Rechts ist ein Feld durch Marker für eine Runde gesperrt; das lila Feld kostet mehr Bewegung; das grünliche Feld beschwört zusätzliche Geister.

Spielende und Kampagne

Nur ein Feld trennt den Stormcast vom Ziel – doch die Geister hinter ihm können noch angreifen!

Hat die Seite der Stormcasts den Winde-Marker und wenigstens einen Charakter auf dem Feld mit dem Hyshianischen Erleuchter, gewinnt sie. Sind alle Stormcast-Charaktere ausgeschieden (verloren im Labyrinth oder durch Schaden gestorben), gewinnt die Seite der Nighthaunts.

In der Anleitung finden sich zusätzliche Regeln für Kampagnenspiel – was aber eine Mogelpackung ist. Kurzform: Normales Spiel, aber statt dem Relikt suchen die Stormcasts erstmal das Treppenfeld, welches unter die untersten zehn Felder gemischt wird. Erreichen sie dieses mit dem Winde-Marker, wird neu aufgebaut (Verstorbene kehren nicht zurück, Wunden bleiben erhalten), unter die untersten zehn Felder kommt der Hyshianische Erleuchter. Quasi eine verlängerte Partie, Charkterentwicklung, Ausrüstung oder Ähnliches gibt es nicht.

Dafür gibt es aber eine Seite mit Achievements im Regelheft – beispielsweise eine Partie zu gewinnen, ohne die Fähigkeit des Stormcast-Anführers zu nutzen, oder eine Partie im Urlaub zu gewinnen. In ein schmales Feld kann dann der Name der oder des Spielenden eingetragen werden, samt Datum daneben. Bestenfalls nett, wenn das Spiel gerne und häufig auf den Spieltisch kommt.

Zwei Geister gegen Wacker – wer wird obsiegen?

Spielspaß und Wiederspielwert

Die Stormcasts setzen sich scheinbar ab von der Geisterschar.

Das ist aber zweifelhaft. Crypt Hunters funktioniert zwar mechanisch – die Partien sind knapp, die Regeln simpel –, aber Spaß kommt kaum auf. Die Charaktere sind blass und spielen sich monoton, die Geister sind noch blasser und spielen sich exakt gleich. Mangels Szenarien, Bossgegnern oder sonstigem Reiz zum Wiederspielen gibt es kaum einen Grund, das Spiel nach den ersten Partien wieder auszupacken.

Dabei ist es im Ansatz durchaus interessant, sich als Stormcast so zu bewegen, dass diese nah genug beieinander bleiben, um nicht getrennt zu werden. Also bewegt diese Seite die vier Figuren so, dass möglichst viele neue Felder angelegt werden, um den Stapel aus den 30 Stück so schnell wie möglich abzuarbeiten, ohne sich jedoch zu weit zu verstreuen, bis am Ende das Zielfeld kommt. Für die Geisterseite ist es dagegen sehr monoton: Felder dort anlegen, wo es für die Helden Sichtlinie gibt, Geister dahinstellen, wo die Regeln es sagen, bewegen/schweben und attackieren – da sich jeder Geist gleich spielt, ist das alles andere als unterhaltsam. Auch die mageren 10 Kraftkarten je Seite lassen nicht wirklich Spielspaß entstehen.

Ausstattung

Wie kaum anders zu erwarten, ist die Materialqualität des Games Workshop-Spiels hervorragend. Die Karten in Standard-/Pokergröße sind stabil, ebenso die Gruftfelder und Marker aus Brettspielkarton, die sich zudem sehr gut aus dem Stanzbogen lösen lassen. Die weißen Würfel mit schwarzer Gravur sind zwar schlicht, aber hochwertig.

Ein Blick in die Anleitung

Optisch weiß auch die Anleitung zu gefallen, eine Kurzübersicht wäre dennoch schön gewesen. Und natürlich die fehlende Info, ob, wann oder wodurch Kraftkarten nachgezogen werden.

Die Miniaturen dagegen sind hervorragend. Die Geister sind stimmig, keine Miniatur gleicht der anderen, und die Stormcasts wirken wuchtig und heldenhaft – ganz so wie es sein sollte. Der Zusammenbau der Easy-to-Build-Modelle gelingt gut, und hinsichtlich Detailschärfe macht dem Marktführer niemand was vor.

Allerdings erwarten einen keine neuen Modelle – die Geister gab und gibt es mit genau diesem Gussrahmen bereits in zweifacher Ausfertigung in der 2018 erschienenen großen Age of Sigmar-Starterbox Soul Wars, den Gussrahmen der Castigators in der später erschienenen kleinen Starterbox Sturmschlag. Für Spielende einer der Fraktionen lohnt sich der Kauf daher wohl nicht – bestenfalls für jene, die einfach günstig an ein paar generische Geister kommen wollen: Der Einzelpreis für den Geister-Gussrahmen beträgt bei Games Workshop 31,68 EUR, mehr als Crypt Hunters komplett kostet (27,99 EUR). Der Einzelpreis der Stormcasts beträgt 11,70 EUR.

Ähnlich wie bei Blitz Bowl Season 2 gibt es ein schönes Plastik-Inlay, in dem alles seinen Platz hat und die Modelle mit ihrer Base in die entsprechenden Aussparungen eingeknipst werden können. Leider schließen die Gruftfelder (auch mit den Stanzbögen im Karton) nicht bis zum Deckel ab, so dass diese leicht durch den Karton fliegen – ebenso die schönen Plastikfiguren.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Games Workshop
  • Autor*in(en): keine Angabe
  • Erscheinungsjahr: 2020
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: 30 min
  • Spielendenzahl: 2
  • Alter: 12+
  • Preis: 27,99 EUR
  • Bezugsquelle: Thalia, EMP, idealo

 

Bonus/Downloadcontent

Auf der Unterseite des Spiels der Age of Sigmar-Webseite gibt es ein Video zum Zusammenbau und zwei zum Bemalen der Figuren.

Fazit

Drei Geister sind auf der Lauer, bereit zuzuschlagen.

Crypt Hunters ist ein Dungeon Crawler für zwei Personen mit einem sich veränderndem Spielfeld. Was cool klingt, enttäuscht jedoch in der Praxis: Die Helden spielen sich ebenso simpel wie langweilig, die Widersacher sogar komplett gleich. Szenarien oder ein Gefühl von Fortschritt gibt es selbst mit dem „Kampagnenmodus“, der nur eine in die Länge gezogene Partie ist, keine.

Schon die erste Partie konnte nicht begeistern, und mit weiteren Partien wird es nicht besser. Zwar muss auf Seiten der Stormcasts durchaus ein wenig strategisch überlegt werden, und auch die Kraftkarten bringen ein wenig Taktik in das Spiel. Das kann die Monotonie jedoch kaum aufwerten. Schade, denn mit verhältnismäßig leicht umsetzbaren Inhalt wie Szenarien, Ausrüstung, Karten für Bossgegner oder der Option, andere Figuren von Age of Sigmar zu spielen (so wie bei Blitz Bowl weitere Teams von Blood Bowl spielbar sind), hätte der Wiederspielwert deutlich erhöht werden können.

So bleibt festzuhalten, dass Crypt Hunters spielmechanisch funktioniert, aber spätestens nach wenigen Partien keinerlei Reiz mehr bietet. Es ist für rund 28 EUR zwar nicht allzu teuer, aber auch das ist zu viel, wenn es letztlich kaum Spaß macht und nach dem ersten Abend nicht wieder gespielt wird. Für die Miniaturen lohnt es sich genauso wenig – Spielende oder Sammelnde der Stormcast Eternals und/oder Nighthaunt werden die Modelle bereits besitzen. Auch als Einstieg in Age of Sigmar lohnt sich die Box nicht, da als nächster Schritt am besten zu den regulären Starterboxen gegriffen würde und die Figuren dann ebenfalls doppelt beziehungsweise dreifach vorhanden wären. Leider, leider: Der Ausflug ins unterirdische Labyrinth ist auch spielerisch unterirdisch.

 

 

Artikelbilder: © Games Workshop
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Simon Burandt
Fotografien: Michael Fuchs
Dieses Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

1 Kommentar

  1. Crypt Hunters ist stark angelehnt an Lost Patrol, das als Solitairespiel konzipiert wurde und als solches auch erstaunlich gut funktioniert und – zumindest bei mir – in seiner „free to play / Print and Play“ Variante „Patrol:Lost“ immer mal wieder auf dem Spieltisch landet.
    Wenn man CH aus dieser Perspektive betrachtet, steht es in einem ganz anderen Licht.
    Lost Patrol war übrigens auch schon ein GW Produkt ….

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