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Auch 2021 winkt mit leeren Conventionhallen und abgespeckten Online-Alternativen. Die Cosplayszene wirkt wie eingeschlafen. Deshalb stellen wir hier fünf Alternativen zu Cosplay vor, welche ähnliche Aspekte wie Cosplay abdecken und die man (größtenteils) auch in den eigenen vier Wänden ausleben kann.

Wie sehr das Hobby die Freizeit gestaltet, zeigt sich so richtig, wenn der Jahresurlaub eingereicht werden soll – und dieser sich 2021 nicht um die üblichen Convention-Daten dreht. Cosplay kann auch neben dem Urlaub viel der eigenen Freizeit einnehmen, gerade für diejenigen, die ihre Kostüme selbst erstellen. Natürlich existiert das Hobby auch ohne Conventions – wir haben in einem Artikel bereits aufgelistet, was es in Zeiten der Kontaktbeschränkungen an Alternativen für Cosplayer*innen gibt. Die Luft dafür scheint momentan jedoch raus zu sein.

Welche Alternativen gibt es also außerhalb von Cosplay, die dennoch einen oder mehrere der beliebten Aspekte des Hobbys abdecken?

Für die Kreativen

Basteln, Nähen, Handwerken – für viele Cosplayer*innen gehört die Handarbeit einfach zum Hobby dazu. Natürlich ist Nähen noch immer möglich. Aber wenn die Kostüme nicht adäquat präsentiert werden können, schwindet die Motivation. Warum nicht also einmal die Fühler nach anderen Nähprojekten ausstrecken?

Das Beste daran: Die gewonnene Übung kommt zukünftigen Cosplays zugute. Wie oft denkt man sich bei der Kostümauswahl, dass für einige beliebte Designs das Technikwissen fehlt? Aufwändige Stickereien oder Strickteile, die komplizierteren Mustern folgen, können abschrecken. Die Deadline für die nächste Convention lässt das Erlernen und das damit einhergehende Ausprobieren einfach nicht zu.

Nun, jetzt ist die Zeit! Und zwar für (kleinere) Projekte, die nichts mit einem Kostüm zu tun haben, sondern auf lockere Weise und ohne Präsentationszwang an das Handwerk heranführen. Wieso nicht einmal unserem Tutorial für den Ziegelstich folgen und sich so das Sticken aneignen? Die erarbeiteten Teile, egal ob es nun selbstgestrickte Socken oder bestickte Kissenbezüge sind, sind zudem auch hervorragende Geschenke für die Liebsten.

Sticken ist eine beliebte Handarbeit, zu der es zahlreiche Anleitungen und Mustervorlagen im Internet zu finden gibt © izhorov
Sticken ist eine beliebte Handarbeit, zu der es zahlreiche Anleitungen und Mustervorlagen im Internet zu finden gibt © izhorov

Wenn wir allerdings von größeren Projekten sprechen wollen, bieten sich zwei Sparten besonders an: Alltagsklamotten und das sog. Historical Costuming.

Alltagsklamotten nähen

Die Idee klingt wie ein Selbstläufer. Doch wie viele nähbegeisterte Cosplayer*innen haben tatsächlich schon einmal Klamotten für den Alltag erstellt? Meistens fehlt dafür die Zeit oder Motivation, wenn ansonsten rund um die Uhr mindestens ein Cosplay-Projekt auf dem Nähtisch liegt.

Alltagsklamotten haben den Vorteil, dass sie potentiell höhere Tragezahlen haben als ein Kostüm. Zusätzlich erstellt man ein Teil, das im besten Fall wie angegossen passt und Individualität in den eigenen Kleiderschrank bringt. Und der Stolz, der mit Selbermachen kommt, ist auch für Alltagsklamotten gegeben.

Beim Nähen für den Alltag sollten die Materialien richtig vorbereitet werden. Stoffe vorzuwaschen und die Nähte so sauber wie möglich zu verarbeiten, sorgt dafür, dass das neue Lieblingsteil länger hält. Wieso also nicht einmal einem Online-Tutorial oder einer Schnittmusteranleitung folgen und an dieser Stelle kreativ werden? Übrigens: Diese Alternative ist besonders gut, um dem leidigen Stoffberg daheim entgegenzuwirken.

Historical Costuming – historische Kostüme nähen

Das 18. Jahrhundert ist eine beliebte Epoche in der Costuming-Community © zadiraka
Das 18. Jahrhundert ist eine beliebte Epoche in der Costuming-Community © zadiraka

Wenn Alltagsklamotten nicht die gewünschte Herausforderung bieten – wie wäre es stattdessen mit historischer Kleidung? Historical Costuming: eine faszinierende Welt, in der vor allem Geschichtsliebhaber*innen aufgehen können. Die interessanten Perspektiven der Costuming-Community können auch Cosplay-Kostümen zugutekommen. Im Gegensatz zu Cosplay werden allerdings keine bestehenden Charaktere, sondern existierende Teile oder Malereien und Illustrationen der jeweiligen Epochen als Inspiration zur Hand genommen.

So entdeckt man Techniken, die heute nicht mehr oder kaum noch verwendet werden, aber dennoch einiges an Praktikabilität zu bieten haben. Man kann lernen, wie man Unterkleidung erstellt, die historische Silhouetten ermöglichen – zum Beispiel die von vielen Disney-Prinzessinnenkleidern – und sich einmal wie eine Hofdame/ein Hofherr in Versailles im 18. Jahrhundert oder wie ein*e Bewohner*in von Downton Abbey fühlen. Das bietet Historical Costuming.

Auch in der Costuming-Szene gibt es dedizierte Events wie Bälle oder Treffen, diese sind allerdings im deutschsprachigen Raum spärlich gestreut. Das Gute daran ist, dass die Community sich deshalb noch stärker online zusammenfindet. Es geht um das Ausprobieren und Lernen und um den Austausch untereinander. Zugegeben, Historical Costuming ist nicht unbedingt für jede*n etwas. Wir warnen jedoch: Einmal in das Loch dieser faszinierenden Welt gefallen, kann es sich durchaus schwierig gestalten, wieder hinauszuklettern.

Für die Theater-Liebhaber*innen

Wer gerne die Charaktere, die er darstellt, ausspielt, der vermisst vermutlich den Theater-Aspekt von Cosplay am meisten. Zwei Hobbys rund ums Rollenspielen können hier eventuell Abhilfe schaffen: Pen-and-Paper-Spiele sowie Larp.

Beide Hobbys spielen sich typischerweise, ähnlich wie Cosplay, auf Conventions ab. Jedoch gibt es auch zahlreiche Online-Communities, die digitale Spielerunden und Events anbieten. Meistens ist Social Media da der beste Helfer, um in das Hobby einzusteigen: Discord-Server oder Facebook-Gruppen sind leicht unter den jeweiligen Stichworten zu finden. Dann braucht es nur noch eine kleine Portion Mut, um einer Runde beizutreten.

Pen-and-Paper

Beim Pen-and-Paper, oder auch Tischrollenspiel, erzählt und erlebt eine Gruppe gemeinsam ein Abenteuer. Eine*r übernimmt dabei die Rolle der Spielleitung, um die Rahmenhandlung wiederzugeben und Nebencharakteren die Stimme zu leihen. Der Rest der Gruppe erstellt sogenannte Spieler*innencharaktere, die die Handlung durch ihre Interaktionen mit der Welt beleben. In den allermeisten Fällen kommt dann noch das Element des Zufalls hinzu, in Form von Würfeln. Diese bestimmen dann, ob eine Handlung gelingt.  

Besonders gute oder schlechte Würfe sorgen für Emotionen am (virtuellen) Spieltisch © paulzhuk
Besonders gute oder schlechte Würfe sorgen für Emotionen am (virtuellen) Spieltisch © paulzhuk

Die Cosplay- und Pen-and-Paper-Szenen haben in den letzten Jahren vor allem durch Dungeons & Dragons-Shows wie Critical Role und The Adventure Zone Schnittstellen bekommen. Viele Cosplayer*innen haben dadurch bereits selbst zum Hobby gefunden. Aber auch über D&D hinaus gibt es unzählige Systeme, die es sich lohnt, zu entdecken. Zum Glück hat Teilzeithelden ein Pen-and-Paper-Ressort, in dem unsere Redakteur*innen fleißig rezensieren. Ein Blick lohnt sich!

In das Tischrollenspiel einzusteigen, ist online relativ einfach, da es spezielle Plattformen gibt, wie zum Beispiel Roll20, die ein immersives Erlebnis ermöglichen. Diese bieten hilfreiche Materialien wie ausfüllbare Charakterbögen und Würfel-Bots für verschiedenste Systeme. So muss theoretisch kein Geld ausgegeben werden, um dieses Hobby einmal auszuprobieren.

Larp

Larp steht für Live Action Roleplay (zu Deutsch Liverollenspiel) und erfreut sich großer Beliebtheit. Die Überschneidungen zum Cosplay liegen auf der Hand: Es wird ein bestimmter Charakter dargestellt. Dieser trägt oftmals auch ein dediziertes Kostüm. Beim Larp, wie beim Tischrollenspiel auch, ist es jedoch der/die Spieler*in selbst, der/die dem Charakter Leben einhaucht und dessen Werdegang bestimmt.

Es gibt zahllose Settings im Larp, in die eingetaucht werden kann – für Cosplayer*innen besonders interessant dürften jedoch diejenigen sein, die populäre Fandoms bespielen. Als Beispiel für ein solches Fandom-Setting wäre hier das Universum von Rick Riordan aufzuführen. In diesem Fall stellen Spielende eigene Halbgötter dar und leben wie Percy Jackson im Camp Half-Blood, um sich für kommende Abenteuer zu rüsten. Kaum etwas in dieser Sparte schlägt jedoch in Sachen Beliebtheit die Harry Potter-Settings, wo Spieler*innen einen eigenen Zauberer(-Lehrling) darstellen. Wer möchte nicht selbst einmal den Zauberstab schwingen und magische Schulen erkunden?

Zugegeben, Online-Events sind hier etwas rarer, und die Schwelle für den Einstieg ist etwas höher. Der Cosplay-Bonus ist, dass Kostümteile oftmals schon vorhanden sind in Form von Perücken und Accessoires. Wir führen Larp an dieser Stelle hauptsächlich als Alternative für diejenigen auf, die den Theater-Aspekt im Cosplay als zu niedrig erachten und sich mehr davon wünschen. Schließlich sollte man den Blick auch auf die Zeit nach Corona richten. Die Corona-Zeit lässt sich dann dazu nutzen, sich zu informieren. Über Larp schreibt bei Teilzeithelden das hauseigene Larp-Ressort.

Für die Szene-Menschen

Es ist legitim, sich nicht gänzlich von der Cosplayszene abwenden zu wollen. Schließlich ist die Szene das, was Cosplay oftmals ausmacht: das Zusammenkommen, das Zelebrieren von Kreativität und geteilten Interessen. Dahinter steht immer eine Vielzahl von Menschen, die die Events möglich machen, davon berichten oder sich anderweitig engagieren. Warum also nicht eine dieser Personen werden?

Engagement zeigen

Auch digitale Conventions brauchen fleißige Helfer*innen, die hinter den Kulissen das Programm gestalten oder für einen reibungslosen Ablauf sorgen. Der Animexx e.V., der Verein hinter Conventions wie der Connichi, ist ehrenamtlich aufgestellt. Und auch Teilzeithelden freut sich immer über neue Redakteur*innen im Cosplay-Ressort, die Lust haben, die Szene redaktionell abzubilden – ob als festes Teammitglied oder als Gastautor*in. Wir sind uns sicher, auch anderen Szene-Outlets geht es da wie uns.

Events und Community bedeuten Teamwork. Wieso also nicht Teil eines solchen Teams werden?
Events und Community bedeuten Teamwork. Wieso also nicht Teil eines solchen Teams werden? © william87

Wer Engagement zeigen möchte, wird garantiert eine passende Option innerhalb der eigenen Zeit- und Energiereserven finden. Unterstützungsbereitschaft stößt überall auf Anklang, denn jede*r hat eine eigene Perspektive und eigene Stärkten, die Community-Projekten zugutekommen. So gibt man der Szene etwas zurück und lernt dabei stetig Neues.

Cosplay wird zurückkehren …

… doch bis dahin sorgen die mit der Corona-Pandemie einhergehenden Kontaktbeschränkungen dafür, dass die Szene zu einem großen Anteil eingeschlafen ist. Wir sehnen uns nach Optionen, um diese ganz speziellen Bedürfnisse weiterhin auszufüllen, die Cosplay als Hobby bietet.

Alle oben genannten Tipps für Alternativen sind Hobbys, die innerhalb unseres Ressorts ausgelebt werden. Man könnte sagen, wir haben sie für euch getestet – und für gut befunden. Ich persönlich bin im Pen-and-Paper aufgeblüht und habe das Historical Costuming neu für mich entdeckt. Deshalb hoffen wir, dass wir den einen oder die andere dazu anregen konnten, sich ebenfalls auf etwas Neues einzulassen. Bis die Cosplayszene wieder aufwacht, und wir auf Conventions erneut dieses faszinierende Hobby gemeinsam feiern können.

Artikelbilder: © depositphotos, Rechteinhaber’in wie gekennzeichnet
Layout und Satz: Annika und Roger Lewin
Lektorat: Saskia Harendt

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