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Die Marke Marvel steht für die Charaktere, eine Prise Humor und viel Action. Davon gibt es diesen Monat wieder reichlich: Hulk startet eine Revolution gegen die Weltwirtschaft, Spider-Woman beginnt einen Job als Bodyguard, während Falcon & Winter Soldier Hydras interne Machtkämpfe behindern. Wir sagen euch, was einen Blick wert ist.

Bei Hulk beginnt eine neue Storyline. Die erste Hälfte der Saga um den unsterblichen Hulk ist zu Ende erzählt. Der beste Zeitpunkt, um einzusteigen. Nun zieht er in den Krieg gegen Roxxon, die wie keine andere Firma für Ausbeutung steht, und diesmal wird er zum Leitbild einer ganzen Generation. Spider-Woman startet auch endlich wieder mit einer eigenen Reihe. Als Mutter muss sie Geld ins Haus bringen. Dabei kommt ihr ein Angebot eines Millionärs gerade recht, der jemanden sucht, der seine Tochter beschützt. Doch hinter dem Job steckt sehr viel mehr, als es zunächst den Anschein macht, und ihre kompletten Familiengeheimnisse erscheinen in einem neuen Licht. Zuletzt macht der neue Comic über Falcon & Winter Soldier Lust auf die neue Disney+-Serie. Zusammen stoßen sie auf einen besonders begabten jungen Killer, der von Hydra eingenommen ist. Über ihn erfahren sie von internen Kämpfen um die Macht der Terrororganisation. Natürlich mischen sie sich hier ein, doch ist Baron Zemo wirklich zurückgekehrt?

Bruce Banner: Hulk #6 – Gamma-Kriegserklärung

Hulk hat die Shadow Base besiegt. Nun herrscht er selbst über die restlichen Teile der Organisation und kann auf deren Technologie zurückgreifen. Die Absurdität, dass Millionen in so eine Militärstation geflossen sind, die nur das Ziel hatte, ihn zu jagen und Waffen aus seinem Körper zu erschaffen, anstatt die wahren Probleme der Menschheit wie Hunger oder Klimawandel zu bekämpfen, macht ihn sauer. Und so entschließt er sich, der Weltwirtschaft einen Rüffel zu verpassen und plant einen Anschlag auf Roxxon. Dessen Geschäftsführer Dario Agger macht inzwischen keinen Hehl mehr daraus, sich in seiner Minotaurus-Gestalt zu zeigen und versucht, die sinkenden Aktienkurse nach dem War of the Realms auszugleichen. Hulks Schlag trifft das Unternehmen ins Schwarze, und plötzlich gibt es eine weltweite grüne Revolution, die sich Hulks Gesicht als Maske aufsetzt. Doch man legt sich nicht einfach so mit Roxxon an.

Auszug – Bruce Banner 6 © Panini Comics
Auszug – Bruce Banner 6 © Panini Comics

Die Hulk-Reihe wird mit 50 US-Heften enden. Das entspricht 10 deutschen Paperbacks. Somit sind wir hier exakt bei der Hälfte der Reihe angekommen, und inzwischen sollte klar sein, dass man diese Comics gelesen haben muss. Die Mischung aus ungewöhnlicher Mythologie, Monster-Kämpfen und einem Antihelden, der nicht sterben kann, ergibt eine so originelle Reihe, wie sie schon lange nicht mehr bei Marvel im Programm war.

Ein Teil des Erfolgs sind die stets großartigen Bilder von Joe Bennett, die einen ganz besonderen Horror transportieren. In dieser Ausgabe bekommt er Unterstützung von zwei Kollegen, welche ein Kapitel über zwei Nebenfiguren beisteuern. Sie ergänzen sich wunderbar und lassen sich klar voneinander trennen. Der Perspektivwechsel wird somit auch zeichnerisch unterstützt.

Großartig, obwohl es einer der schwächeren Bände der Reihe ist

Das Cover des Paperbacks verspricht einen Kampf gegen Xemnu, einem Wesen, das noch vor Bruce Banners erstem Erscheinen als Hulk bezeichnet wurde. Wer dies erwartet, wird enttäuscht, da das Titelbild dem letzten Panel des Buches entspricht. Andere Cover hätten sich eher angeboten.

Leider passiert in diesem Comic nicht viel Überraschendes, was auch daran liegt, dass hier eine neue Storyline aufgebaut wird und auch Dario Agger als Antagonist etabliert werden muss. Dafür ist dieser Comic erfreulich verständlich für Neulinge. Wer die ersten fünf Ausgaben verpasst hat, könnte auch hiermit einsteigen. Ich würde aber dennoch empfehlen, mit dem ersten Band anzufangen. So erfährt man mehr über die Hintergründe, die aus Bruce Banner den Antihelden gemacht haben, der er aktuell ist.

Dazu besteht dieser Comic zum größten Teil aus Monsterkämpfen, die zwar stets eine Augenweide sind, aber meiner Meinung nach nicht der Hauptaspekt der Comichandlung. Die eigentliche Stärke des Comics ist es, die unzähligen Fäden, welche in Hulk-Comics über die Jahre gesponnen wurden, miteinander zu verweben und Leser*innen trotzdem das Gefühl zu geben, etwas vollkommen Neues zu lesen; sogar teilweise nicht einmal zu wissen, was man da gerade konsumiert hat. Dies funktioniert in der vorliegenden Ausgabe weniger als sonst, so dass es diesmal keine Höchstwertung gibt. Doch ich bin mir sicher, dass Al Ewing schon bald wieder zu Höchstform auflaufen wird.

Die harten Fakten

  • Autor*in: Al Ewing
  • Zeichner*in: Joe Bennett
  • Seitenanzahl: 124
  • Preis: 15 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

Spider-Woman #1 – Familiengeheimnisse

Spider-Woman ist auf einem Boot, auf dem ein Kindergeburtstag mit Superheldenthema gefeiert wird. Der Vater von Rebecca, einem Mädchen im Rollstuhl, das sich als Captain Marvel verkleidet hat, hat Jessica Drew engagiert, um auf seine Tochter aufzupassen. Und es dauert nicht lange bis bewaffnete Truppen das Boot angreifen. Wäre es damit nicht genug, muss Jess sich auch noch übergeben. Linda Carter stellt fest, dass sich an ihrem Blutbild etwas verändert hat. Die Titelheldin merkt daraufhin, dass ihre Grippeimpfung vielleicht doch etwas anderes gewesen ist, als es ursprünglich den Anschein gemacht hat, und sie konfrontiert Rebeccas Vater Michael.

Auszug – Spider-Woman 1 © Panini Comics
Auszug – Spider-Woman 1 © Panini Comics

Daraus ergibt sich eine Familienangelegenheit, die mit ihrer eigenen Vergangenheit zu tun hat, als ihr Vater im Auftrag für Hydra Experimente an ihr durchgeführt hat. Die Story versucht, einen Thriller mit vielen Wendungen mit einer Extraportion Action und Humor zu vermengen und so eine explosive Mischung zu erzeugen. Die Jessica dieses Comics springt durch Bürofenster, legt Bruchlandungen hin und reitet auf Dinosauriern. Die ganze Handlung ist gespickt von absurden Details, die vor allem Spaß machen sollen.

Jessica selbst wirkt dabei wie eine Figur mit einem Aggressionsproblem. Sie ist die meiste Zeit schlecht gelaunt und reagiert in vielen Situationen ein wenig heftiger, als es angemessen wäre. Mir fehlt hier die fürsorgliche Seite und alles, was den Charakter in den letzten Versionen ausgemacht hat. Roger und ihr Sohn Gerry tauchen nur in einer Zweitstory kurz auf. Das große Problem dieses Bandes wird deutlich, wenn man ihn vergleicht.

Hält den Vergleich mit der Reihe von Dennis Hopeless nicht stand

Die letzte Comicreihe mit Jessica Drew in der Hauptrolle war von Dennis „Hopeless“ Hallum. Diese führte Roger und Gerry ein und hatte so viel Charm und subtilen Humor, dass man sie gut und gerne zu den besten Marvel-Reihen der letzten Jahre zählen kann. Die Subtilität wird durch brachiale Schadenfreude ersetzt. So schmeißt Jess einen jungen Deadpool-Cosplayer ins Meer, damit er über seine Kostümwahl nachdenken kann. Die neue Autorin Karla Pacheco ist sehr derb und fackelt nicht lange.

Dazu wird man nicht so schnell mit dem Zeichenstil warm. Die Gesichter sind sehr austauschbar, die Actionszenen unübersichtlich und die Farbgebung eintönig. Originell ist immer wieder einmal das Paneldesign. Die Zweitgeschichten dagegen haben einen sehr plastischen Stil, der aber nicht in den Actionszenen funktionieren würde.

Insgesamt bleibt leider ein eher enttäuschender Eindruck zurück. Der Comic selbst ist nicht schlecht gemacht, und auch der Humor findet sicher seine Fans. Doch würde ich, statt diesen Comic zu kaufen, lieber noch einmal den Run von Dennis Hopeless durchlesen, der auch immer noch verfügbar ist (siehe idealo). In dessen großen Schatten kann der Comic leider nicht überzeugen. Zu unsympathisch erscheint die Hauptfigur und zu brachial geht es in der Handlung zu. 

 Die harten Fakten

  • Autor*in: Karla Pacheco
  • Zeichner*in: Pere Pérez
  • Seitenanzahl: 140
  • Preis: 17 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

Falcon & Winter Soldier – Falsche Schlange

Als Bucky Barnes in seinem Zimmer meditiert, wird dieses plötzlich von bewaffneten Truppen gestürmt. Zeitgleich ist Sam Wilson auf der Suche nach Sally McKenzie, einer Frau aus seiner Veteran*innen-Selbsthilfegruppe. Beides führt sie an denselben Ort: das Office of Federal Utilities. Hier wurden diverse Leute umgebracht, und auch schnell taucht der junge Mörder auf, der die Arbeiter*innen auf dem Gewissen hat: Er nennt sich The Natural. Dieser Junge macht die beiden ehemaligen Captain Americas fertig und verkündet gleich darauf die Rückkehr von Hydra. Um es spannender zu machen, gibt er den beiden aber noch die Chance, Hydra aufzuhalten.

So geraten Falcon und Winter Soldier zusammen auf die Spur von Helmut Zemo, der von den Toten zurückgekehrt ist und sich mitten in einem Machtkampf um die Führung Hydras befindet. Dabei stoßen die Helden auf stets skurriler werdende Charaktere, deren Loyalitäten nie völlig klar sind.

Auszug – Falcon & Winter Soldier - Falsche Schlange © Panini Comics
Auszug – Falcon & Winter Soldier – Falsche Schlange © Panini Comics

Dieser Comic macht schon Spaß, wenn man mit dem skurrilen Humor klarkommt. Zwiegespalten bin ich mit den Antagonist*innen. Die Helden verbünden sich immer wieder mit diesen Figuren, nur um dann in der nächsten Szene wieder gegen sie zu kämpfen. Hier fehlt es mir an Konsistenz. Dazu sind alle Antagonist*innen Abziehfiguren, deren Motive wenig logisch erscheinen. Sie tragen den humorvollen Unterton des Comics mit, doch die Schlüssigkeit der Handlung leidet darunter.

Lässt man sich auf die seltsame Handlung ein, folgt ein Actionspektakel, das in vielerlei Hinsicht an die neue Disney+-Serie erinnert. Es ist offenkundig, dass dieser Comic geschrieben wurde, um die Fans des MCUs abzuholen und ins Comicuniversum zu führen. Dazu ist hier eine sehr einstiegsfreundliche Handlung geschrieben worden. Man sollte wissen, dass Falcon und Winter Soldier beide einmal Sidekicks von Captain America waren und zeitweise seinen Schild übernommen haben. Der Rest ergibt sich aus den Panels heraus.

Action und Humor ohne Kompromisse

Ähnlich wie schon im oben besprochenen Spider-Woman sticht der Humor teilweise ins Gesicht und schlägt über die Stränge. Hier funktioniert es aber auf Grund der sympathischen Protagonisten besser. Ihre kleinen Sticheleien schaffen es, ohne große Einführung ein Gefühl für die beiden Figuren entstehen zu lassen. Dazu sind sie, im Vergleich zu den schrillen Nebenfiguren, stets ausgeglichen und bedacht.

Die Zeichnungen sind sehr kantig und zackig. Hier wurde mit wenigen Linien und einfachen Hintergründen ein solider Gesamteindruck erzeugt, der nur darauf wartet, dass es gleich wieder zur Sache geht. Im Vergleich zum letzten Winter Soldier-Band gibt es eine digitale Kolorierung mit bunten Flächen und Lichteffekten, welche den wilden Actionmix gut unterstützen.

Im Vergleich zu eben diesem Winter Soldier-Band fällt aber auch auf, dass die Handlung hier nur Mittel zum Zweck ist und Leser*innen schnell in die nächste Actionszene führen soll. Die Erzählung selbst ergibt wenig Sinn und zwischen einigen Szenen muss man sich fragen, was in der Zwischenzeit wohl passiert sein mag. Kombiniert mit den übertriebenen Nebenfiguren und der Brutalität ergibt sich hier ein zwiegespaltener Eindruck. Dennoch macht der Comic gerade Spaß, weil er keine Kompromisse eingeht, sondern die Figuren in immer neue Situationen führt, die nicht so einfach zu bestehen sind.

Die harten Fakten

  • Autor*in: Derek Landy
  • Zeichner*in: Federico Vicentini
  • Seitenanzahl: 116
  • Preis: 14 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo, Panini Shop

 

Fazit des Monats und Ausblick

Ob man von diesem Monat enttäuscht sein wird oder nicht, hängt davon ab, was man erwartet. Der aktuelle Hulk-Band ist ein etwas Schwächerer aus einer unglaublich starken Reihe, über die jeder Zweifel erhaben ist. Spider-Woman ist endlich wieder mit einer neuen Reihe dabei, die aber nicht mit dem Run von 2014 mithalten kann. Falcon & Winter Soldier macht Lust auf die Serie, doch auch hier ist erst vor kurzem ein wesentlich besserer Comic erschienen. Abgesehen von ihren Vorgängern kann man die Comics dennoch alle empfehlen. Und dann startete diesen Monat das neue X-Men-Event X of Swords, über das wir dann im nächsten Monat genauer berichten werden. Bleibt gespannt!

 

Artikelbilder: © Panini Comics
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Saskia Harendt
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

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