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Das Nintendo Switch Online-Abonnement liefert neben Online-Features auch einen NES-Emulator und eine Vorauswahl an Spielen. Wie gut sind die Spiele aus der NES-Ära gealtert und welche machen besonders viel Spaß? Warum wir für den Fortschritt in der Spielentwicklung dankbar sind, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Nintendo Switch Online nennt sich das Online-Abonnement für Besitzer*innen der Nintendo Switch. Es ist zu unterschiedlichen Tarifen verfügbar, beispielsweise für 19,99 EUR im Jahr und zwingend notwendig, um Online-Features in Spielen nutzen zu können. Darüber hinaus ermöglicht das Abonnement Speicherdaten in die Cloud zu laden. Außerdem kommt es mit gleich zwei Emulatoren, die das Spielen ausgewählter Titel für das Nintendo Entertainment System (NES) und das Super Nintendo Entertainment System (SNES) ermöglichen. Wie viel Spaß steckt in dem Inklusivangebot? Wir haben für euch einen Blick in die Spiele geworfen.

Spiele im Wandel der Zeit

Früher war alles … anders. Dass Videospiele sich im Laufe der Jahre mit steigender Beliebtheit grundlegend verändert haben, ist nicht weiter verwunderlich. Steuerkonzepte und Schwierigkeitsgrade wurden für breitere Massen zugänglicher gemacht. Viele Spiele legen inzwischen mehr Wert auf die Geschichte, die sie erzählen. Aufwendige Animationen und epische Orchestralmusik gehören zum Gaming-Alltag. Wie spielen sich die Spiele der Achtziger- und Neunzigerjahre aus heutiger Perspektive?

Anleitung? Fehlanzeige

Tutorials? Wegweiser? Ein klares Ziel? Danach sucht man in den meisten NES-Spielen vergeblich. Praktisch alle Spiele werfen die Spielenden ohne Erklärung ins Geschehen. Beim Ausprobieren der Titel im NES-Emulator waren wir froh, wenn wir wussten, in welche Richtung wir mussten. Besonders dankbar sind hier natürlich lineare Plattformer wie etwa Super Mario Bros. (Nintendo) oder Ninja Gaiden (Tecmo), bei denen es nur eine mögliche Richtung gibt. Doch das ist alles andere als die Regel. Spiele wie Metroid und The Legend of Zelda (Nintendo) geben keinerlei Hinweise, wo sich das nächste Ziel befindet.

Scheinbar unendliche Schächte erwecken nicht den Eindruck, auf dem richtigen Weg zu sein. © Nintendo

Gerade beim Klassiker Metroid ist das besonders negativ aufgefallen. Einige der Wege darin sind erst zu durchqueren, wenn gewisse Power-Ups ergattert wurde. Zum Beispiel muss Samus erst erlernen, sich zusammenzurollen, um an gewisse Stellen zu gelangen. Das ist erstmal nichts Besonderes und auch heute noch üblich. Allerdings ist es gleich mehrmals passiert, dass wir uns durch einen anstrengenden Parcour mit Scharen von Monstern kämpften, nur um am Ende festzustellen, dass wir hier noch gar nicht weiterkommen. Also durften wir das Ganze rückwärts durchmachen – nur um später wiederzukommen. Da vergeht der Spaß recht schnell.

Die Sache mit der Steuerung

Was die Steuerung angeht, verhält es sich ähnlich. Bei nur acht Tasten lassen sich die grundlegenden Kommandos recht einfach durch Ausprobieren herausfinden. Doch das führt auch dazu, dass mehrere Spiele auf besondere Tastenkombinationen zurückgreifen, die man teilweise nur durch Glück herausfinden kann. Daher kann es sein, dass man nach einer halben Stunde Spiel erst zufällig bemerkt, dass es diese oder jene Tastenkombination gibt. Andererseits kamen Spiele damals noch mit mehrseitigen Anleitungen, sodass diese Informationen zumindest in Papierform vorhanden waren. Im Emulator ist man hingegen auf sich allein gestellt, beziehungsweise auf Internetrecherche angewiesen.

Ein Point-and-Click-Adventure macht mit einem Controller nur bedingt Spaß. © Ultra Games

Ein weiteres Manko ist, dass manche Spiele aufgrund der begrenzten Tastenanzahl ein umständliches Steuerkonzept verwenden. In Nightshade (Ultra Games), einer Art Point-and-Click-Adventure, muss man zum Einsetzen von Gegenständen immer wieder die Minustaste drücken, um ins Menü zu gehen, dort in das Untermenü „Items“ navigieren, und dort den Gegenstand auswählen, den man einsetzen möchte. Das wird schnell mühselig, wenn der Einsatz von Gegenständen zum Lösen von Rätseln ein zentraler Bestandteil des Spiels ist.

Früher war alles schwerer

Drei Lebenspunkte, keine Ahnung, wohin man muss und überall Monster, aber nicht eines davon lässt heilende Power-Ups fallen. Dieses Szenario war beim Ausprobieren der Spiele leider keine Ausnahme. Nicht nur bei Rygar (Tecmo) hatten wir bald keine Lust mehr, weil wir nach langer Zeit des Spielens immer noch nicht wussten, wo unser Ziel ist. Auch bei Zelda II: The Adventure of Link (Nintendo) haben wir uns die ganze Zeit gefragt, ob wir hier richtig sind, zumal die Monster schnell nahezu unüberwindbar wurden.

Hohe Schwierigkeit und der gelegentliche Designfehler wirken sich leider auf den Spielspaß aus. © Sunsoft

Bei Journey To Silius (Sunsoft) wussten wir stets, wohin es geht, doch die Schwierigkeit ist erbarmungslos: Immer wieder tauchen unerwartet Monster auf, die uns unter Beschuss nehmen. Heilung suchen wir vergeblich. Zudem ist es beim ersten Bosskampf gleich mehrfach dazu gekommen, dass wir gestorben sind, nachdem wir dem Boss den finalen Schuss versetzt hatten. Sobald unser Schuss saß, ignorierte das Spiel jegliche Tastendrücke, sodass wir einem der letzten gegnerischen Schüsse nicht mehr ausweichen konnten. Ein Level wegen solcher Design-Schwächen nochmal spielen zu müssen, sorgt schnell für Frustration. In solchen Fällen greifen wir gerne auf die zusätzlichen Funktionen zurück, die der Emulator mit sich bringt.

Erweiterte Emulator-Features

Purist*innen mögen darüber die Nase rümpfen, aber Nintendo hat den Emulatoren zwei elementare Zusatzfeatures hinzugefügt. Zum einen lassen sich die Spiele mit einem langen Druck auf die beiden hinteren Schultertasten zurückspulen. Somit lassen sich Missgeschicke rückgängig machen. Natürlich kann dieses Feature einem Spiel die Spannung nehmen, wenn es exzessiv genutzt wird. Allerdings kann es hilfreich sein, um allzu große Frustrationen zu vermeiden.

Ein weiteres wichtiges Feature ist die Möglichkeit, zu speichern. Mit einem kurzen Druck auf beide Schultertasten öffnet sich ein Menü. Von diesem aus kann man zur Spielauswahl zurückkehren oder das Spiel jederzeit in jeweils vier Slots speichern. Wie wir in unserem Artikel über Speichern in Videospielen beleuchten, kommen viele Spiele aus der NES-Ära ohne integrierte Speicherfunktion, sodass dieses Feature besonders willkommen ist.

Unsere Empfehlungen

Was das Spieldesign und Balancing angeht, haben die Super Mario Bros.-Titel von Nintendo den übrigen Spielen der Auswahl einiges voraus. Statt diese auf dem NES-Emulator zu spielen, bietet es sich jedoch an, die Super Mario All Stars-Varianten im SNES-Emulator zu spielen, da diese nicht nur eine hübschere Grafik haben, sondern auch über eine flüssigere Steuerung verfügen.

Kirby’s Adventure besticht mit einfachem Leveldesign und einer klaren Richtung. © Nintendo

Kirby’s Adventure, ebenfalls von Nintendo, kommt in Sachen Design recht nah an die Super Mario-Titel ran. Die Schwierigkeit ist hier geringer – vielleicht zu einfach. Ein weiteres Manko ist die Performance: Befinden sich mehrere Monster auf dem Bildschirm und Kirby aktiviert eine Monsterfähigkeit, kann es zu drastischem Lagging kommen. Das ist schade, erschwert das Spiel aber glücklicherweise nicht.

Mit unserem Zauberstab können wir auch strategisch Eisblöcke platzieren oder entfernen. © Tecmo

Fire ‚N Ice und Solomon’s Key sind zwei nette, levelbasierte Puzzle-Spiele von Tecmo. Beim ersteren geht es darum, alle Flammen mit Hilfe von Eisblöcken zu löschen, in letzterem gilt es, jeweils den Levelausgang zu finden. Die Spiele bringen einiges an Knobelspaß mit sich und die Schwierigkeit zieht schnell an.

In Wario’s Woods steuern wir Toad, der Puzzlesteine umherträgt, um Kombinationen zu erzeugen. © Nintendo

Darf es etwas simplerer Puzzle-Spaß sein, gibt es einige Super Mario-thematische Tetris-Varianten wie Mario & Yoshi, Wario’s Woods oder Dr. Mario von Nintendo. Jedes setzt auf einen eigenen kreativen Ansatz der Tetris-Formel. Bei Mario & Yoshi wollen wir möglichst viele der Monster zwischen zwei Eierschalen einschließen, um die größten Boni abzustauben. In Wario’s Woods sind wir selbst Teil des Puzzles und müssen die Spielsteine durch die Gegend tragen, um Kombinationen auszulösen. In Dr. Mario gilt es, gleichfarbige Kapseln zu kombinieren, um den Bazillen den Garaus zu machen. Besonders letzteres Spiel macht absurd süchtig. Ein Vorteil von allen: Sie lassen sich zu zweit gegeneinander spielen.

Einmal ausgestiegen, kann Jason in Blaster Master auch Leitern erklimmen. © Sunsoft

Trotz des unkreativen Namens hatten wir mit Blaster Master von Sunsoft unerwartet viel Spaß. In einem mit Schusswaffe ausgerüsteten Gefährt namens „Sophia die Dritte“, fährt unser Hauptcharakter Jason in Plattformer-Manier durch die Welt und schießt Monster ab. Doch das ist nicht alles: Jason kann aussteigen und sich zu Fuß den Gefahren stellen. So kann er in Höhlen einsteigen, die wir in der Iso-Perspektive erkunden, um neue Waffen zu finden. Der kreative Ansatz und die Tatsache, dass viele Monster heilende Power-Ups fallen lassen, machen das Spiel zu einem herausfordernden, aber frustfreien Spaß.

Balloon Fight – eins der besten Arcade-Games der Auswahl. © Nintendo

Nicht zuletzt glänzt die Auswahl an NES-Spielen mit einigen Arcade-Titeln, die sich teilweise kooperativ spielen lassen. Ice Climbers, The Original Mario Bros. und Clu Clu Land von Nintendo sind einige Beispiele. Besonders positiv in Erinnerung geblieben ist Balloon Fight, ebenfalls von Nintendo. Darin gilt es, die Ballons der Konkurrenz zum Platzen zu bringen, um ins nächste Level zu gelangen. Das simple Spielprinzip und die verständliche Steuerung machen das Spiel zu einem der besten Arcade-Games der Auswahl. Ein Manko ist der Koop-Modi aller genannten Titel: Einmal raus, bleibt man raus, bis das Spiel vorbei ist. Dennoch bietet die Auswahl Spaß für Zwischendurch, wenn man nicht in ein vollwertiges Koop-Game investieren möchte.

Fortschritt sei Dank

Viele der damaligen Probleme von Videospielen sind inzwischen durch besseres Design und ausgefeilte Steuerkonzepte behoben. So gibt es unzählige Entwicklungen, die Videospiele nicht nur für Veteranen verständlicher machen, sondern auch für Neulinge den Zugang erleichtern. Tutorials und Hinweise zur Steuerung helfen beim Einstieg. Darüber hinaus ist die Spielendenführung wesentlich ausgereifter: Minimaps mit Zielmarkern oder ein Kompass, der in die richtige Richtung zeigt, helfen bei der Orientierung. Questlogs geben den Spielenden ein Verständnis davon, was von ihnen erwartet wird und wie sie an ihr Ziel gelangen können.

Weiterhin sind Spiele im Allgemeinen wesentlich frustrationsfreier geworden. Bonusleben und die Möglichkeit, weitere zu erlangen vermeiden unnötigen Ärger durch allzu schnelles Game Over. Schwierigkeitsgrade sind gesunken oder zumindest einstellbar geworden. Selbst schwerere Schwierigkeitsgrade sind heute größtenteils nicht mehr so frustrierend wie die einzige Einstellung in älteren Spielen. Es hat sich viel getan – und das ist gut so.

Dennoch ist in der Auswahl definitiv Spaß zu finden, besonders wenn man sich nicht zu schade ist, die Zurückspul-Funktion einzusetzen. Während eine Menge Ramsch wie River City Ransom (Technos) oder Kung Fu Heroes (Culture Brain) dabei ist, sind vor allem die Arcade-Games eine hübsche Möglichkeit, mit Freund*innen zu spielen, ohne Spiele kaufen zu müssen.

 

Artikelbilder: © Nintendo, Ultra Games, Sunsoft, Tecmo
Layout und Satz: Verena Bach
Lektorat: Sabrina Plote

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