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Die Inquisition ist hinter uns her. Wir, die Mitglieder eines mächtigen Vampirclans, wollen die Stadt unterwerfen, uns eine ewige Blutquelle sichern. Doch das sogenannte „Gute“ ist uns auf der Spur und möchte dies verhindern. Aber unsere dunklen Fähigkeiten und düsteren Machenschaften helfen uns. Die Tagwandler haben keine Chance, oder etwa doch?

Es gibt keine weitere Chance, dieses Mal muss es klappen. Zu viel Zeit haben wir im Schlaf verbracht, versteckt vor der Inquisition. Reichten diese Jahrzehnte endlich aus, ihr zu entkommen? Wir treffen ein in dieser neuen Stadt, sehen uns um, wittern das warme Blut in den Adern der Ahnungslosen. Der Durst ist unerträglich, liebend gern würden wir ihn jetzt sofort in Form eines guten alten Massakers stillen. Doch das wäre das Ende unseres Clans. Wir müssen dieses Mal vorsichtig sein, dürfen uns nicht erwischen lassen. Im Verborgenen agieren wir, heuern Lakaien an, machen uns die Stadt mehr und mehr untertan. Doch in der Sonne lauern sie, die Agent*innen der verhassten Inquisition. Sie müssen eliminiert werden, bevor sie Laut geben können. Wir haben einen Plan, einen guten Plan. Wir spüren es, dieses Mal hält uns nichts auf. Dieses Mal gehört die Stadt uns!

Masters of the Night ist ein voll kooperatives Spiel für ein bis fünf Spieler*innen, in welchem wir das Böse in Form von Vampiren verkörpern. Ähnlich wie in Village Attacks sind nun die Guten unsere Feinde und tun alles, um uns endgültig von der Erdoberfläche zu tilgen.

Wir müssen zusammenarbeiten, unsere besonderen Fähigkeiten einsetzen und die Stadtviertel versiegeln, um am Ende das Blutmond-Ritual vollziehen und die Stadt ein für alle Mal unterwerfen zu können. Dementgegen stehen die Agent*innen der Inquisition, welche uns am Tag schwere Steine in den Weg legen und uns an unserem Tun hindern.

Jede Entscheidung unsererseits kann den Verlauf des Spiels nachhaltig beeinflussen, zu keiner Zeit ist der Sieg oder die Niederlage gesichert.

Kommt mit uns auf die dunkle Seite, gut und rechtschaffen zu sein, ist doch schon lang nicht mehr in Mode. Begebt euch in die Nacht und tut, was auch immer ihr wollt, solange ihr unauffällig bleibt.

Spielablauf

Bevor wir eine Partie beginnen, müssen wir uns entscheiden, wie viele Vampire teilnehmen sollen. Hierbei ist die Anzahl der Mitspielenden ausschlaggebend. Bei drei, vier oder fünf Spielenden darf jeweils nur ein Vampir gewählt werden. Beim Spiel zu zweit können wir entscheiden, ob jede Person einen oder zwei Vampire ins Feld führt. In einer Solopartie können wir bis zu fünf Vampire übernehmen, es müssen aber mindestens zwei sein.

Für die ersten Partien werden bestimmte Charakterkonstellationen empfohlen, um etwas einfacher ins Spielgeschehen zu finden. Dies ist nur zum Teil nachvollziehbar, denn die Konstellationen basieren nur auf den jeweiligen Fähigkeiten der Vampire und darauf, diese auch ständig und aufeinanderfolgend aktivieren zu können – was im eigentlichen Spielgeschehen nicht oft möglich ist. Unsere Empfehlung ist daher, sich nach ein oder zwei Partien ruhig selbst an die Vampirauswahl heranzuwagen und zu spielen, wonach der Sinn steht.

Haben wir uns für unsere Vampire entschieden, führen wir den weiteren Spielaufbau durch. Dafür erstellen wir beispielsweise einen Ereigniskartenstapel, bereiten die Agent*innen und Lakaien vor und bestimmen den Würfelpool. Auch die mächtigen Relikte werden in einem verdeckten Stapel auf dem Tisch platziert und wir bestimmen den anführenden Vampir (Startspieler*in) anhand der spitzesten Eckzähne am Tisch. Die Partie kann beginnen.

Das Spiel ist schnell aufgebaut und benötigt nicht zu viel Platz auf dem Tisch.

Masters of the Night läuft über mehrere Runden, die jeweils aus zwei Phasen bestehen, der Tag- und der Nachtphase. Gestartet wird immer mit der Tagphase, in welcher die Inquisition aktiv ist. Hierbei werden verschiedene Effekte von Stadtvierteln aktiviert, Ereignisse abgehandelt und möglicherweise Kämpfe durchgeführt.

All dies kann sowohl gute als auch schlechte Auswirkungen für uns haben, je nachdem, wie effektiv wir gegen die Feind*innen vorgegangen sind, wie der Würfelpool aussieht und wie viele neue Helferlein wir angeworben haben. Die Ereigniskarten haben allerdings meist negative Auswirkungen auf uns.

Der Hauptteil des Spiels ist die Nachtphase, denn hier werden wir aktiv. Jeder Vampir hat eine gewisse Anzahl an Aktionspunkten, welche für unsere Taten ausgegeben werden können. Was wir tun können, hängt davon ab, wie viele Gegner*innen wir bereits besiegt haben, denn mit jedem Opfer steigt unsere Kraft und wir können neue Aktionen aktivieren. Anfangs stehen uns beispielsweise die Aktionen „Bewegen“, „Kämpfen“ und „Lakaien anwerben“ zur Verfügung. Im späteren Verlauf können wir dann auf die Jagd gehen, mächtige Relikte erhalten oder unsere dunklen Fähigkeiten aktivieren. Es ist also eine Art Level-Spiel, bei welchem wir durch das Erledigen von Gegner*innen selbst stärker werden.

Jeder Vampir hat zwei spezielle Fähigkeiten, welche je nach Machtstatus im Verlauf des Spiels aktiviert werden können.

Nacheinander führen wir in jeder Nachtphase unsere Aktionen aus, bis wir so mächtig sind, dass wir die Stadtviertel mit unserem persönlichen Siegel versehen und letztendlich das Blutmond-Ritual vollziehen und uns die Stadt untertan machen können. In diesem Fall haben wir das Spiel gewonnen.

Je nach Schwierigkeitsgrad haben wir 18, 15 oder 12 Runden Zeit, diese Siegbedingung zu erfüllen, andernfalls verlieren wir gegen die Inquisition.

Diese ist uns auf der Spur und will um jeden Preis verhindern, dass wir tun, was wir eben tun. Das ganze Spiel ist so konzipiert, dass es mit dem Verlauf der Zeit immer schwieriger wird. Immer mehr Feind*innen kommen in Spiel und schlimmere Ereignisse treffen uns. Waren wir zu unvorsichtig oder zu langsam in unserem Tun, werden wir enttarnt und haben verloren. Die Menschen finden die Wahrheit über uns heraus und die ganze Stadt macht Jagd auf uns. Das können wir nicht überstehen.

Was etwas zäh beginnt, da noch nicht viel auf dem Spielfeld passiert, wird schnell zu einem Wettlauf gegen die Zeit und die Inquisition. Bald schon haben wir nicht genug Aktionen, um auf alles reagieren zu können. Wir müssen Entscheidungen treffen, Prioritäten setzen und dabei stets im Team agieren, sonst haben wir keine Chance.

Ausstattung

Das Spiel kommt mit wenigen Materialien aus, welche vorwiegend aus Pappe bestehen. Lediglich die Würfel und die Miniaturen sind aus Kunststoff. Die Optik und Verarbeitung dieser ist gut, die Würfel haben einen Schimmer-Effekt und erinnern mit etwas Fantasie an Blut, thematisch also top. Die Miniaturen sind zwar nicht sehr detailreich gefertigt, aber dennoch von guter Qualität und stabil auf ihren Flächen befestigt. Überflüssig sind unserer Meinung nach die Marker der Charaktere, welche wir anstelle der Miniaturen verwenden können. Im Ernst, wer nutzt Pappmarker, wenn Miniaturen vorhanden sind? Hier hätte man eher in beispielsweise stabilere Charakterbögen investieren können, denn: Leider greifen sich die Pappmaterialien schnell ab. Nach nur zwei Spielrunden lösen sich die Ränder einiger Stadtviertel etwas ab und Vorsicht ist geboten, um diese nicht noch weiter zu beschädigen. Die Charakterbögen sind zudem so dünn, dass sie mit der Zeit knicken. Hier wäre eine Lösung aus Kunststoff oder zumindest dickerer Pappe wünschenswert gewesen.

In der exklusiven Kickstarter-Variante waren viele der Materialien aus Kunststoff und grundlegend hochwertiger. Schade, dass dies nicht mindestens zum Teil in die frei verkäufliche Version übernommen wurde.

Positiv zu erwähnen ist allerdings das Artwork aller Inhalte. Es sticht hervor, ist liebevoll ausgearbeitet und die Farben sind kräftig. Einige Karten haben einen Zeitungseffekt erhalten und fügen sich so schön in die Thematik ein. Die Stadtviertelteile erinnern in ihrer Aufmachung in rot-schwarz etwas an Sin-City, was Fans durchaus erfreuen könnte.

Das Regelheft

Das Regelheft ist mit 20 Seiten recht kurz und übersichtlich. Es ist gut strukturiert, die verschiedenen Phasen werden gut erklärt und für einige Abläufe gibt es Beispiele. Für jede Rubrik verfügt es über eine eigene Passage mit Erklärungen, beispielsweise sind die Sieg- und Niederlagebedingungen separat aufgeführt und detailliert dargestellt. Auch der Kampf ist gesondert aufgeführt und nicht in die Aktionserklärung eingebaut. So findet sich schnell eine Antwort auf Fragen, die sich aus den ersten Partien ergeben. Hervorzuheben ist hier auch die Seite mit häufig gestellten Fragen, welche uns das eine oder andere Mal Licht ins Dunkel brachte. Die Bilder und Story-Texte sind schön anzusehen und spiegeln das gesamte Artwork des Spiels auf jeder Seite wieder.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Ares Games, Asmodee
  • Autor*in(nen): Nikolay Aslamov
  • Erscheinungsjahr: 2021 (deutsche Ausgabe), 2021 (englische Ausgabe)
  • Sprache: Deutsch
  • Spieldauer: ab 45 Minuten
  • Spieler*innen-Anzahl: 1 2 3 (4) (5)
  • Alter: 12+
  • Preis: 40 EUR
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon, idealo

 

Fazit

Masters of the Night ist ein simples aber aufregendes Spiel mit unvorhersehbaren Wendungen, einem schönen Artwork und wenig Zeitaufwand. Für diejenigen unter uns, die eine große Herausforderung suchen, ist es gewiss etwas zu einfach gehalten, aber dennoch eine wunderbare Abwechslung für Zwischendurch und keinesfalls langweilig. Das etwas andere Setting, in welchem wir die Bösen spielen, bringt zudem Abwechslung ins Regal. Wer möchte schon immer nur gut sein?

Die Regeln sind mit nur 14 Seiten fix verinnerlicht, die Abläufe und Mechaniken simpel und leicht zu verstehen. Trotz des dunklen Themas gibt es keine schauerlichen Darstellungen und auch das Morden als solches, was Vampire nun einmal tun, wird nicht thematisiert, sodass es bedenkenlos mit Kindern spielbar ist.

Durch verschiedene Faktoren, wie beispielsweise die Teilnahme von mehr als zwei Vampiren, lässt sich das Spiel erschweren, ohne dabei die Regeln verändern zu müssen. Aber auch mit nur zwei Vampiren schenkt es einem nicht den Sieg und bleibt bis zuletzt spannend.

Jedoch ist es anfangs etwas zäh, es gibt einiges an Down-Time am Tisch, bis es endlich richtig losgeht. Dies passt zwar gut ins Thema – die Inquisition muss schließlich erst einmal merken, dass wir wieder da sind – aber es führt anfangs zu einer gewissen Planlosigkeit, da noch nicht viel zu erledigen oder überhaupt möglich ist. Danach spielt das Glück eine große Rolle, nicht nur bei den Würfelwürfen sondern auch beim Aufdecken der Karten. Ob es nun Relikte oder Ereignisse sind, das, was darauf steht, bestimmt den weiteren Verlauf und kann sowohl gut als auch schlecht für uns sein. Beeinflussen können wir dies jedoch nicht.

Auch der Wiederspielwert ist endlich, denn irgendwann kennen wir alle Karten, Ereignisse und haben alle möglichen Konstellationen an Vampiren erlebt. Strategien lassen sich entwickeln und das Spiel schneller beenden/gewinnen als zu der Zeit, in der wir noch nicht alles kannten. Die eigentliche Herausforderung geht dabei leider etwas verloren.

Zudem gibt es leider auch keine detailliertere Erklärung zu den einzelnen Vampirfähigkeiten. Dies wäre wünschenswert gewesen, da nicht alle so selbsterklärend sind, wie anfangs angenommen.

Zusammengefasst aber ein solides Spiel, welches sich gut für kurze Runden zwischendurch oder an Tagen mit wenig Zeit eignet. Ebenfalls ist es ein schönes Spiel für wenige Spieler*innen, da es sich am besten zu zweit spielen lässt und so super in eine Zeit passt, in welcher wir unsere Kontakte einschränken möchten.

  • Regeln sind leicht zu verstehen
  • Variabler Schwierigkeitsgrad
 

  • Endlicher Wiederspielwert
  • Glückslastig
  • Anfälliges Material

Artikelbilder: © Mareike Rathmann
Layout und Satz: Annika Lewin
Lektorat: Maximilian Düngen
Fotografien: Mareike Rathmann
Das Produkt wurde kostenlos zur Verfügung gestellt.

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