Geschätzte Lesezeit: 9 Minuten

Kann man den alten Geist eines Magic-Sets noch einmal erleben? Dominarias Bund verspricht die Rückkehr zu alten Freunden, alten Feinden und einer Ebene aus den Anfängen. Doch ist es nur Nostalgie, die man spürt, oder hat das Set auch so etwas zu bieten? Wir haben es uns für euch angeschaut.

Bei dem Wort Dominaria werden viele Fans von Magic: The Gathering gute Erinnerungen haben. Die erste Ebene, die das Sammelkartenspiel je betrat, erzeugt bei vielen Spieler*innen ein Gefühl von Nostalgie an die Anfänge. Doch lohnt sich ein neuer Besuch in der alten Heimat oder macht so etwas nur die Erinnerung irgendwie schlechter? Wir haben uns das neue Set angeschaut und alte und neue Freund*innen und Feind*innen aufeinanderprallen lassen.

Ein alter Feind erhebt sich – Der Hintergrund

Wie schon in den vorhergegangenen Standard-Sets geht es in Dominarias Bund um eine Gefahr durch die Phyrexianer. Während diese in den letzten beiden Geschichten jedoch mehr aus dem Schatten agierten und in einer noch intakten Gesellschaft versuchten, die Macht an sich zu reißen, hat sich das in Dominarias Bund deutlich verändert. Hier greifen die Phyrexianer Dominaria direkt an und verwickeln diese in einen ausgewachsenen Krieg.

Somit tauchen in diesen Auseinandersetzungen eine ganze Reihe alter Gefährten auf. Karn, Liliana Vess und Jaya Ballard stellen sich beispielsweise der neuen Bedrohung entgegen. Einige alte Verbündete sind nun aber von den Phyrexianern übernommen worden und kämpfen somit jetzt auf der Gegenseite. So tauchen sowohl Ajani Goldmähne als auch die Wetterlicht in ihrer korrumpierten Version auf, in der sie komplettiert wurden. Die Komplettierung ist dabei der Zustand, bei dem den entsprechenden Personen, oder bei der Wetterlicht Konstrukte, alle ihre ehemaligen Werte und Inhalte entrissen und durch magomechanische Teile aus Phyrexia ersetzt werden. So behalten die entsprechenden Personen ihre Erinnerungen, verlieren aber ihre Seele und werden so verdreht, dass sie nur noch ihren neuen Meistern dienen wollen. Ajani denkt dabei beispielsweise, dass er endlich wieder mit seinem Rudel vereint wäre, und tötet dann Jaya Ballard.

Insgesamt bereitet uns Dominarias Bund auf den nächsten Kampagnenteil vor und bietet, wenn man es so möchte, den Auftakt. Das nächste Set, Der Krieg der Brüder, wird zwar zeitlich deutlich davor spielen, 2023 wird die Geschichte aber fortgesetzt.

Wer Magic: The Gathering nur wegen den Karten liebt, braucht den Hintergrund eigentlich nicht. Wer aber Lust darauf hat, findet sowohl in Kurzgeschichten auf der offiziellen Seite als auch im Text auf den Karten Einblicke in das, was gerade geschieht. Und dieser Hintergrund ist ziemlich ordentlich geworden.

Pappe, wohin man schaut – Der Inhalt des Sets

Dominarias Bund besteht aus 281 Karten, was eine normale Größe für ein Standardset darstellt. Die Verteilung ist dabei recht gleichmäßig auf alle Farben vorgenommen worden. Besonderer Hingucker im Set sind die Stained-Glass-Karten, die wie Kirchenfenster aussehen. Diese gibt es sowohl von allen legendären Kreaturen des Sets, als auch von allen Standardländern. Vor allem Letztere sehen fantastisch aus und dürften sich einer ähnlichen Beliebtheit wie die Pokémon-Länder aus Theros Jenseits des Todes erfreuen. In Foil kommt der Effekt nochmal besser zur Geltung und auch eher schwächere Kreaturen sehen fantastisch aus. Hinzu kommen noch 45 Full Art-Karten, die mit besonders großen oder extra angefertigten Artworks aufwarten können.

Die stained-glass-Optik sieht fantastisch aus, vor allem bei den Ländern.
Die stained-glass-Optik sieht fantastisch aus, vor allem bei den Ländern.

Die seltenen Länder des Sets sind dieses Mal deutlich schwächer, sind es doch die schon bekannten Painlands, die entweder farbloses Mana produzieren oder für einen Lebenspunkt eine von zwei verschiedenen Manafarben. Eine besondere Erwähnung verdient jedoch der Gedenkplatz der Helden. Dieser unterstützt legendäre Kreaturen und fühlt sich daher eher an, als würde er in eins der speziellen Commander Sets gehören.

© Wizards of the Coast
© Wizards of the Coast

Ebenfalls enthält Dominarias Bund drei neue Mechaniken: Abkommandieren, Überblättern und Betäubungsmarken. Abkommandieren erlaubt es dabei, Kreaturen ohne Einsatzverzögerung zu tappen, um deren Stärke der angreifenden Kreatur hinzuzufügen. Dies lohnt sich vor allem bei Kreaturen, die selbst einen Effekt beim Tappen auslösen.

Überblättern betrifft nur Sagen-Verzauberungen, die hierdurch die Möglichkeit erhalten, bei einem beliebigen Schritt zu starten, statt zwangsweise beim ersten Punkt beginnen zu müssen. Das macht diese deutlich nützlicher und besser einsetzbar.

Betäubungsmarken schließlich werden auf eine Kreatur gelegt. Statt diese zu enttappen, wird nur eine der Betäubungsmarken entfernt.

Neben diesen neuen Mechaniken kehren Domäne und Kicker zurück.

Das Set macht insgesamt einen soliden Eindruck. Die Bilder sind wunderschön, die stained glass-Varianten ausgezeichnet gelungen.

Päckchen in jeder Form – Die unterschiedlichen Produkte

Dominarias Bund bietet vier grundsätzlich unterschiedliche Arten von Boostern: Draft-, Set-, Collector- und Jumpstart-Booster. Draft- und Set-Booster folgen dabei dem bekannten Konzept von Booster-Zusammensetzungen. Zu beachten ist, dass die Liste, der Sonderslot in den Set-Boostern, wieder verändert wurde. Waren in Straßen von Neu-Capenna alle Karten von der Liste selten oder sagenhaft selten, findet sich hier wieder die bunte Mischung inklusive häufiger Karten. Leider ein klarer Rückschritt gegenüber dem letzten Standard-Set.

Die Collector-Booster, das Premiumprodukt der Serie, hat ebenfalls wieder Veränderungen zu bieten. Zum einen finden sich nur in diesen Boostern nun textured foils. Diese erinnern optisch auf den ersten Blick an edged foils, nur gibt es einen fühlbaren Unterschied zwischen unterschiedlichen Bereichen der Karte.

Die Bilder der Karten – es handelt es sich bei den textured foils allein um solche im neuen stained glass-Aussehen – sind dabei glatt, wobei das Textfeld aber merklich rauer ist. Zu beachten ist, dass es sich nicht um das textured foiling handelt, das Wizards of the Coast bei den seltensten Karten in Double Masters 2022 genutzt hat.

Die Oberfläche sieht nicht nur deutlich anders aus, sondern fühlt sich auch anders an. Als besonderes Schmankerl besteht die Möglichkeit, in einem Collector Booster eine Karte aus Legends, einem Magic-Set von 1994, zu ziehen. Die Chance beträgt dabei drei Prozent –verschwindend gering, könnte man also meinen. Wer auf einen der großen Treffer aus dem Set hofft, kann aber auch bitter enttäuscht werden. Neben den teuren Karten des Sets finden sich hier diverse Absurditäten, die auch nach all den Jahren keinen Wert entwickelt haben. Eine Jagd nach speziellen Karten aus Legends lohnt sich somit nicht.

Die Jumpstart-Booster ersetzen die bisherigen Themen-Booster. Leider bieten diese, im Gegensatz zum eigenständigen Jumpstart-Set von 2020, kein gutes Erlebnis. Hier finden sich zehn verschiedene Booster-Typen ohne große Überraschungen. Durch die geringe Anzahl an Booster-Typen macht das Spielen der Booster-Decks deutlich weniger Spaß. Darüber hinaus gibt es keine exklusiven Karten in den Boostern gegenüber dem Standardset.

Neben den regulären Boostern enthalten Draft-, Set- und Collector Displays noch einen Box Topper. Diese Karten sind eine von 20 legendären Kreaturen, die eine stärkere Variante einer Karte aus Legends darstellen.

Die unterschiedlichen Booster-Typen sollen somit unterschiedliche Spieler*innen ansprechen. Wer Draft oder Sealed spielen möchte, greift klassisch zu Draft-Boostern; wer nur Päckchen aufreißen möchte, ist bei Set-Boostern richtig. Der hohe Einsatz beim Öffnen von Collector-Boostern lohnt sich vor allem, wenn man an den speziellen Artworks der Karten der Collector-Booster interessiert ist. Von Jumpstart-Boostern können wir eben nur abraten.

Diverse Boosterprodukte stehen zur Auswahl
Diverse Boosterprodukte stehen zur Auswahl

Vier Freund*innen sollt ihr sein – Die neuen Commander-Decks

Dominarias Bund hat zwei vorkonstruierte Commander-Decks im Angebot: Farbenpracht und Erbe der Legenden. Ersteres ist dabei ein fünffarbiges Commander-Deck, das erste seit Draconic Domination. Zweiteres wiederum ist dreifarbig und setzt, wie der Name schon vermuten lässt, primär auf legendäre Kreaturen. Beide Decks sind in gewohnter Weise direkt spielbereit, das fünffarbige Deck hat auf Grund der Einschränkungen eines vorkonstruierten Decks etwas Probleme mit seiner Mana-Versorgung.

Zwei verschiedene Commander-Decks sind verfügbar
Zwei verschiedene Commander-Decks sind verfügbar

Wer gezielt stärkere Karten sucht, um diese in anderen Decks zu verwerten, sollte wahrscheinlich zu Erbe der Legenden greifen oder die Karten direkt einzeln erwerben. Stärkste neue Karte ist wahrscheinlich Das Plünderbeil, eine Ausrüstung, die Schatz-Spielsteine generieren lässt, wenn die entsprechende Kreatur eine*r entsprechende*n Mitspieler*in Kampfschaden zufügt. Um das besser zu erreichen, gibt das Beil auch +1/+1 und Trampeln. Stärkster Nachdruck ist Shizo, Lagerhaus der Toten. Beide sind fantastische Karten, aber natürlich einzeln günstiger als das Deck zu erwerben. Insgesamt hinterlassen beide Decks aber einen guten Eindruck und machen Spaß, auch im direkten Spiel gegeneinander.

Und was ändert sich nun? – Auswirkungen auf unterschiedliche Formate

Wie jedes Set hat Dominarias Bund auch mehr oder minder großen Einfluss auf die verschiedenen Spieltypen, in denen man Magic: The Gathering spielen kann. Alle Formate zu beleuchten, dürfte hier völlig den Rahmen sprengen, aber eine Karte sticht an erster Stelle hervor: Sheoldred, die Apocalypse. Die neue phyrexianische Prätorin kostet vier Mana, bringt selbst 4/5 mit Todesberührung aufs Feld und lässt uns zwei Lebenspunkte dazu erhalten, wenn wir eine Karte ziehen. Unsere Gegner*innen verlieren wiederum zwei Lebenspunkte bei jeder von ihnen gezogenen Karte.

Schnell konnte sich diese Karte in unterschiedlichsten Formaten etablieren, der entsprechende aktuelle Preis hat im Augenblick die 40-Euro-Marke erreicht. Im Standard werden neben Sheoldred noch Karten wie Seele von Windgrace oder die Painlands gespielt, wobei Seele von Windgrace teilweise als eigene Deckstrategie genutzt wird. Auch Liliana mit Schleier, der beste Nachdruck des Sets, wird immer wieder gespielt, sie wiederum aber vor allem im Pioneer. Einzelne Karten könnten auch im CEDH-Format genutzt werden, hier wird die Auswahl aber wahrscheinlich ebenfalls dünn. Niederstrecken und Temporäre Abriegelung haben aber gute Chancen, in einigen Decks einen Platz zu finden.

Insgesamt sind die Auswirkungen von Dominarias Bund auf die aktuelle Meta, zumindest im Vergleich zu den anderen Standard-Sets des Jahres, relativ überschaubar. Natürlich ist Sheoldred eine Karte mit einem gewaltigen Einfluss und in den ersten Subreddits wird auch schon über einen möglichen Bann im Standard diskutiert, aber das Set als Ganzes verändert aktuelle Entwicklungen kaum.

Schade eigentlich, hatten doch sowohl Kamigawa Neon Dynasty als auch Straßen von Neu-Capenna deutlich mehr Einfluss.

Einen durchweg guten Eindruck hinterlässt Dominarias Bund bei allen Constructed-Formaten. Sowohl Draft als auch Sealed machen großen Spaß. Durch die zweifarbigen Länder im Commons-Bereich kann man gut dreifarbig spielen, teilweise auch vierfarbig.

Freudige Rückkehr oder Wehmut? Ein Fazit

Dominarias Bund ist ein wirklich hübsches Set geworden. Die Artworks sind fantastisch, der Hintergrund wirklich lesenswert. Im Vergleich zu den vorhergegangenen Standard-Sets ist Dominarias Bund deutlich schwächer ausgefallen und wird die Meta wohl nicht so beeinflussen wie zuletzt vor allem Kamigawa Neon Dynasty.

Wer aber Magic-Nostalgie verspürt und sich an die Anfänge zurückerinnern möchte, findet hier ein gutes Set. Wer nur den Spielwert sucht, kauft wahrscheinlich besser Einzelkarten als ganze Displays, auch wenn das Öffnen immer wieder Spaß macht.

  • Großartige Artworks
  • Fantastischer Hintergrund
  • Teilweise starke Karten
 

  • Vergleichsweise schwaches Standardset in diesem Jahr
  • Zu geringe Chance auf Legends-Karten

 

Artikelbilder: © Wizards of the Coast
Layout und Satz: Roger Lewin
Lektorat: Alexa Kasparek
Diese Produkte wurden kostenlos zur Verfügung gestellt.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein