Geschätzte Lesezeit: 11 Minuten

Wer hat die Morde begangen? In Ravnica geht ein* Attentäter*in um und niemand fühlt sich mehr sicher. Mit diesem Hintergrund beschäftigt sich das neueste Magic: The Gathering Set Mord in Karlov Manor. Doch taugt ein Ermittlungs-Szenario für Magic? Wir haben für euch den Schlapphut aufgesetzt und die Lupe gegriffen.

Die schnelle Abfolge von Magic: The Gathering-Sets geht weiter. Nachdem wir im Winter erst Die verlorenen Höhlen von Ixalan bekommen haben, geht es nun zurück nach Ravnica.

Triggerwarnungen

Fantasy-Gewalt

[Einklappen]

Während es in der Vergangenheit von Ravnica oft um die unterschiedlichen Gilden ging, treten diese hier zwar auch auf, bilden aber nicht den Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Stattdessen geht es um gefährliche Machenschaften und alles, was damit zusammenhängt.

Mord in Karlov Manor ist nicht nur das nächste Standard-Set, sondern führt auch eine neue Art von Boostern ein. Play-Booster sind eine Mischung aus Draft- und Set-Boostern und ersetzen dabei beide. Ob der Wechsel Magic: The Gathering als Produkt gut getan hat, wird sich natürlich erst mit der Zeit zeigen, erste Erfahrungen möchten wir mit euch aber schon teilen. Doch wer wurde jetzt eigentlich ermordet? Und warum?

Keine Hochzeit, dafür ein Haufen Todesfälle – Der Hintergrund des Sets

Zunächst sei erwähnt, dass der nachfolgende Abschnitt natürlich Spoiler zum Hintergrund enthält. Wer nicht wissen möchte, wer die Tat begangen hat, sollte nach diesem Absatz erst weiterlesen.

Die Geschichte beginnt mit einem Treffen im namensgebenden Karlov Manor, wo kurz nach dem Zusammentreffen der unterschiedlichen Gilden Zagana ermordet wird. Die Mörderin scheint mit der Vampirin Etrata schnell gefunden zu sein, diese kann sich jedoch nicht daran erinnern, die Tat begangen zu haben, und ist eher dafür bekannt, mit ihren Morden zu prahlen als diese abzustreiten. Als dann im allgemeinen Durcheinander auch noch die Gastgeberin Teysa Karlov den Tod findet, ist das Chaos zunächst perfekt und unterschiedliche Personen beschuldigen sich gegenseitig, dafür verantwortlich zu sein. Alquist Proft, ehemaliges Mitglied des Azorius-Gildenhauses, macht sich unterstützt von der Planeswalkerin Kaya und dem Omenpath nutzenden Kellan auf die Suche nach den Schuldigen. Eine wilde Suche führt die Ermittler*innen an die unterschiedlichsten Orte Ravnicas. Nach einem weiteren Mord an dem Izet-Forscher Kylox kommen die Protagonist*innen der Lösung immer näher. Dabei läuft ihnen jedoch die Zeit davon, hat doch die Boros-Gilde unter Aurelia angekündigt, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und Krieg gegen die Rakdos-Gilde zu führen, wenn es nicht innerhalb von 24 Stunden eine*n Schuldige*n gibt.

Mit Hilfe diverser Hinweise findet Alquist Proft schließlich die Schuldige: Oba, einer der drei Oberkörper der Dryade Trostani, hat die Morde in Auftrag gegeben und dabei ihre anderen beiden Oberkörper schlafen gelegt. Ihr Motiv ist dabei Rache für die Schäden durch die phyrexianische Invasion in Ravnica. Etrata hätte dabei mit phyrexianischen Ölen experimentiert, Kylox ihre Technologie genutzt und Teysa angeblich vorgehabt, die Seiten zu wechseln, sollten die Phyrexianer gewinnen. Nach einem erbitterten Kampf kann Oba festgesetzt werden und wird von den anderen Dryaden getrennt.

Der Hintergrund des Sets wird wie schon in den vorherigen durch kurze, gut geschriebene Geschichten erzählt. Wer diese, auf Englisch, nachlesen möchte, findet sie auf der Seite von Wizards of the Coast. Darüber hinaus hat man die Spieler*innen selbst auf Nachforschungen geschickt. Mehrere Karten im Set gibt es mit kleinen farblichen Unterschieden. Beispielsweise hat das Stück Stoff auf der Schulter des Verdeckten Krokodelfs unterschiedliche Farben und in einer gewissen Weise deutet dies auf eine Lösung jenseits des Falles hin. Wer all diese Punkte zusammenträgt und damit das Richtige tut, kann sich in MtG: Arena eine Belohnung abholen.

Die Idee der eigenen Nachforschungen ist toll, wo die eigentliche Geschichte hin möchte, ist aber lange Zeit nicht klar. Man schlägt hier zwar den Bogen zurück zu Marsch der Maschinen und den Auswirkungen der phyrexianischen Invasion, das große Ganze ist jedoch nicht erkennbar. Vor allem handelt es sich bei dem vorliegenden Set um die vorletzte Etappe der Omenpath-Kampagne. Und bisher fühlt sich diese leider nur so an, als würde Kellan als Nutzer dieser Omenpaths einfach von einer Welt in die nächste springen, ohne selbst ein Planeswalker zu sein.

Ob es hier also noch den großen Aha-Effekt im nächsten Set gibt, erfahren wir dann im April. Wo die Handlung am Ende nicht so große Veränderungen mit sich brachte, hat sich bei der Produktpalette jedoch ganz schön was getan.

Sind Play-Booster die besseren Booster? – Die unterschiedlichen Produkte des Sets

Mord in Karlov Manor ist das erste Set, das die neuen Playbooster nutzt. Diese sind, wie schon angedeutet, ein Hybrid aus Draft- und Set-Boostern und sollen dabei sowohl für das Limited-Format Verwendung finden wie auch die Kundschaft glücklich machen, die einfach Booster aufreißen möchten. Ein klassischer Draft-Booster, der in Draft- oder Sealed-Formaten Verwendung findet, enthält normalerweise drei nicht ganz so häufige und eine seltene oder sagenhaft seltene Karte. Mehr Karten in den entsprechenden Seltenheiten waren nur enthalten, wenn man im Foil-Slot eine solche Karte zog. In den neuen Boostern finden sich jetzt bis zu vier seltene oder sagenhaft seltene Karten. So sehr man sich beim Aufreißen zu Hause über eine solche Anhäufung freut, so sehr kann sie das Spielerlebnis beim Draft- oder vor allem Sealed-Format beeinflussen. Bei Sealed öffnet man klassisch sechs Booster und baut aus dem Inhalt ein Deck. Führte das in der Vergangenheit dazu, dass jedem Spielenden sechs bis maximal sieben seltenere Karten zur Verfügung standen, ist die Spannbreite hier nun deutlich größer. Dies sorgte auf Prerelease Events für Decks, die zumindest auf den ersten Blick eine deutlich unterschiedlich starke Kartenbasis hatten.

Darüber hinaus ist die Farbverteilung in den Boostern nicht mehr gleichmäßig wie in Draft-Boostern. So kann es sein, dass man einen Booster öffnet und darin eine oder auch gar keine Karte einer bestimmten Farbe findet. Auch das kann das Spielerlebnis in Limited-Formaten merklich beeinflussen.

Für Booster-Öffnende zu Hause ändert sich im Vergleich zu Set-Boostern jedoch wenig. Die Displays sind etwas teurer geworden, was aber schlicht daran liegt, dass sich nun 36 statt 30 Booster in einem Display befinden.

Ob die Entscheidung für Play-Booster eine gute war, wird sich erst in den nächsten Wochen und Monaten zeigen. Es ist aber davon auszugehen, dass Wizards of the Coast noch einige Anpassungen vornehmen wird.

Dieses Mal gibt es zwei verschiedene Artwork-Varianten zu finden. Eine davon ähnelt Fallakten, die andere sieht aus, als würde das Bild auf der Karte durch eine Lupe betrachtet werden. Das Erstere ist dabei subjektiv betrachtet nicht so gut gelungen. Die Idee, eine Fallakte zu zeigen, die gerade aus einem Ordner gezogen wird, ist zwar in der Theorie nett, führt aber in Wirklichkeit dazu, dass der Text der Karte leicht schräg gestellt ist. Auch die Preise auf dem Sekundärmarkt deuten darauf hin, dass diese Variante nicht so beliebt ist. Die andere Version jedoch scheint merklich beliebter zu sein als die reguläre Version der entsprechenden Karten.

Wer besonders viele seltene Karten oder besondere Karten-Artworks aufmachen möchte, greift wie zuvor auch zu Collector-Boostern, die deutlich teurer sind.

Wie so oft gibt es eine Foil-Variante, die nur in Collector-Boostern zu finden ist, dieses Mal das sogenannte Invisible-Ink-Foiling. Bei diesem ist auf einer Fallakte ein zusätzlicher Hinweis erkennbar, je nachdem wie man die Karte ins Licht hält. Eine grundsätzlich nette Idee.

Wer gemütlich ein paar Booster aufreißen möchte, greift logischerweise, aufgrund fehlender Auswahl, zu Play-Boostern. Nur wer spezielle Varianten sucht, ist mit Collector-Boostern besser beraten.

Ergänzt werden die Booster-Varianten um vier Commander-Decks. Diese haben vor allem solide Reprints wie Jeskas Wille, Nekromantie, Akademie Manufakteur und Loran des dritten Weges zu bieten. Teuerste neue Karte ist Paarweise Probleme. Alle Commander Decks sind gut spielbar, wie so oft könnte die Auswahl an Ländern jedoch etwas stärker sein. Angenehmerweise ist dieses Mal der Wert der Karten halbwegs gleich auf alle Decks verteilt. Es ist also davon auszugehen, dass diese im Preis relativ nah beieinanderbleiben.

Ich hätte da noch eine Frage – Neue Mechaniken

Mord in Karlov Manor bringt einige neue Mechaniken mit sich. Verkleiden begegnet uns dabei am häufigsten. Hierbei wird eine Karte für drei Mana als farblose 2/2 Kreatur mit Abwehr 2 aufs Feld gebracht. Für ihre aufgedruckten Kosten kann man sie dann jederzeit aufdecken. Die Fähigkeit erinnert dabei an das früher verwendete Morph, neu ist Abwehr 2 dabei, was die Kreaturen durchaus langlebiger macht. Während Verkleiden die Karte selbst betrifft, erlauben einem einige wenige Karten andere Karten zu Tarnen. Sie werden dann auch zu den genannten 2/2 Kreaturen mit Abwehr 2, können aber potenziell gar nicht umgedreht werden, falls sie keine Kreaturen sind oder die Fähigkeit Verkleiden nicht besitzen.

Verdächtigen ist eine der neuen Fähigkeiten, hier auf einem Fall.

Verdächtigen betrifft ebenfalls Kreaturen. Eine verdächtige Kreatur hat Bedrohlichkeit und kann nicht blocken, ist also komplett offensiv ausgerichtet, kann diesen Status aber auch verlieren.

Beweissicherung hat immer einen dazugehörigen Wert. Wenn man den entsprechenden Zauberspruch wirkt, kann man sich entscheiden, Karten mit einem entsprechenden Manawert aus dem eigenen Friedhof ins Exil zu schicken. Falls man dies tut, hat die Karte einen zusätzlichen Effekt oder wird günstiger.

Als letzte Neuerung gibt es Fälle als neue Variation von Verzauberungen. Neben einem initialen Effekt haben diese Karten einen zweiten Effekt, wenn man im Endsegment gewisse Voraussetzungen erfüllt. Beispielsweise gibt es einen Fall, der als gelöst gilt, wenn man fünf oder mehr Lebenspunkte erhalten hat. Wenn dies erfüllt ist, hat der entsprechende Fall dauerhaft eine zweite Fähigkeit.

Die neuen Mechaniken sind recht eingängig. Wie bei den letzten Sets schon ist aber etwas problematisch zu betrachten, dass Fähigkeiten sich immer wieder ähneln. Morph und Verdächtigen sind beispielsweise sehr nah beieinander. Vor allem bei ausufernden Commander-Runden kann das zu Verwirrung führen.

Frische Opfer, bekannte Täter – Neue Karten und Nachdrucke

Auch in Mord in Karlov Manor gibt es eine Reihe Nachdrucke, die somit ihren Weg zurück ins Standard-Format finden. Neben Klassikern wie Schock sind vor allem Trophäe der Meuchlerin, Mord und Blitzhelix zu erwähnen. Wie man sieht, setzt das Set deutlich auf Karten, die Kreaturen direkt zerstören können, und das ist auch bitter nötig. Zumindest für Limited-Formate befinden sich eine ganze Reihe Karten im Set, die das Spiel gefühlt alleine gewinnen, sollte das Gegenüber diese nicht entfernen können.

Der Venenreißer hat beim letzten Großturnier eine wichtige Rolle gespielt.

Karten wie Einäscherer der Schuldigen, Venenreißer, Rakdos, Mäzen des Chaos oder Vannifar, evolviertes Enigma haben große Chancen, das Spiel in die eigene Richtung zu kippen, wenn sie nicht direkt zerstört werden können. In Constructed-Formaten spielt von den Genannten aber nur der Venenreißer eine größere Rolle. Mit großer Spannung wurden die neuen 10 Länder in den Gildenfarben erwartet. Diese kommen alle getappt ins Spiel und wenden dann Überwachen 1 an. Auf den ersten Blick könnte man sie somit mit den schon bekannten Tempeln vergleichen, die Hellsicht 1 statt Überwachen 1 nutzen. Diese neuen Länder haben aber die jeweiligen beiden Basislandtypen und sind somit über diverse Fähigkeiten aus dem eigenen Deck suchbar. Darüber hinaus ist Überwachen 1 deutlich stärker als Hellsicht 1, legt es die entsprechende Karte nicht unter die eigene Bibliothek, sondern in den Friedhof. Somit filtert man einerseits das eigene Deck und kann andererseits auch über Reanimations-Mechaniken direkt auf die Karten zugreifen. Dementsprechend steigen einige der Länder im Augenblick im Preis, vor allem jene, deren Farbkombinationen Reanimations-Spiel unterstützen. Spannend ist noch die neue Ley-Linie des Gildenbundes. Diese ist fünffarbig, kann jedoch auch nur für grünes Mana gespielt werden. Alternativ kann man sie, wie die anderen Ley-Linien, umsonst von der Starthand ins Spiel bringen. Im Augenblick gibt es Experimente, diese Karte in Formaten mit Nykthos, Schrein von Nyx zu nutzen, um möglichst schnell mehr grüne Hingabe zu erhalten.

Die Auswirkungen des Sets auf bestehende Formate ist bisher etwas überschaubarer als bei den letzten Sets. Mit Karten wie Menschenrechtsverschleimung, Gehetzte Drohnenschmiedin und Kriminalschriftstellerin gibt es zwar auch häufige und nicht ganz so häufige Karten, die Spiel sehen. Große Auswirkungen, wie wir das teilweise bei unterschiedlichen vergangenen Sets gesehen haben, bleiben bisher jedoch aus. Ob sich dies noch in der Zukunft ändert, werden wie immer die nächsten Monate zeigen.

Die harten Fakten:

  • Verlag: Wizards of the Coast
  • Erscheinungsjahr: 2023
  • Sprache: Deutsch/Englisch und weitere
  • Spieldauer: 30min+
  • Spieler*innen-Anzahl: 2+
  • Bezugsquelle: Fachhandel, Amazon (englisch), idealo

 

Mord war sein Hobby? – Das Fazit

Mord in Karlov Manor ist etwas schwächer ausgefallen als die letzten Sets. Das muss nichts Schlechtes sein, macht es aber für Käufer*innen potenziell weniger attraktiv als Die verlorenen Höhlen von Ixalan oder Die Wildnis von Eldraine. Mit gemischten Gefühlen begegnet man zumindest in der Limited-Erfahrung den neuen Play-Boostern, verändern sie doch die Stärke der unterschiedlichen Decks merklich. Wer den Hintergrund von Kriminalfällen mag und mit neuen Karten zurück nach Ravnica möchte, kann sich aber das Set gerne anschauen. Mehr als die eigentlichen Booster können wir die neuen Commander-Decks empfehlen, die grundsolide ausgefallen sind. Ansonsten bietet Mord in Karlov Manor vor allem einen spannenden Blick darauf, wie wohl Standard-Sets von jetzt an aussehen könnten.

  • Spannende neue Länder
  • Commander-Decks mit starken Reprints

 

  • Der Zusammenhang zwischen Hintergrund und Kampagne wird nicht deutlich
  • Play-Booster und starke Einzelkreaturen verzerren Limited-Erfahrung merklich
  • Neues besonderes Artwork trifft nicht den Geschmack aller Spieler*innen

 

Artikelbilder: © Wizards of the Coast, Markus Kastell
Layout und Satz: Melanie Maria Mazur

Lektorat: Katrin Holst

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein